Henryk M. Broder / 21.01.2012 / 16:17 / 0 / Seite ausdrucken

Zwei Präsidenten, ein Mufti und eine doppelte Preisträgerin

Bundespräsident Wulff hat zum 70. Jahrestag der Wannseekonferenz eine ordentliche Rede gehalten, in der er eine Verbindung zur Gegenwart zog. „Wenn und wo jüdische Bürger verfolgt werden oder in Gefahr sind, Deutschland fühlt sich ihnen nah und verbunden.“ Die Bundesrepublik, versicherte der Präsident, stehe zudem unverbrüchlich an der Seite Israels.

So weit, so gut. Fast gleichzeitig empfing der Bundespräsident den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörden, Mahmud Abbas, mit allen Ehren, die sonst nur einem richtigen Staatspräsidenten zuteil werden. Bei dieser Gelegenheit versicherte Wulff seinem Gast, Deutschland werde sich auch weiterhin für den Aufbau eines palästinensischen Staates “substantiell engagieren”. Auch daran gibt es nichts auszusetzen.

Es wäre nur nett zu wissen, ob Wulff zu diesem Zeitpunkt von der Rede wußte, die der Mufti der Autonomiebehörde zum 47. Jahrestag der Gründung der Fatah gehalten hat und die so übel war, dass sie sogar Ruprecht Polenz zu weit ging: “Solche hasserfüllten Aussagen müssen auf das Schärfste kritisiert und zurückgewiesen werden. Dazu sind auch die Palästinenser aufgefordert.”

Hat nun Wulff bei seinem Treffen mit Abbas etwas gesagt oder nicht? Hat er Abbas aufgefordert, den von ihm ernannten Mufti zur Ordnung zu rufen? Es sieht aus, als habe er es nicht getan. Vermutlich war er schon mit den Vorbereitungen für seine Rede zur Wanseekonferenz so sehr beschäftigt, dass er an nichts Anderes denken konnte.

Unter diesen Umständen kann man schon von Glück sprechen, dass unser Wulff den palästinensischen “Präsidenten” nur mit den üblichen protokollarischen Ehren, aber nicht mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse bedachte, wie es sein Vorgänger, Horst Köhler, mit Felicia Langer getan hatte, die Israel ungefähr genauso hasst wie der Mufti der Fatah. Bleibt nur noch festzustellen, dass Abbas, nachdem er mit Wulff getafelt hatte, seinerseits einen Preis an Felicia Langer überreichte, die sich bei ihm mit gestammelten Worten bedankte. Und so kommt am Ende doch zusammen, was zusammen gehört.

 

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