Moritz Mücke, Gastautor / 31.08.2018 / 06:15 / Foto: Pixabay / 41 / Seite ausdrucken

Wo Familie aufhört und Tribalismus beginnt

Letztes Jahr kehrte mein Bruder von einem Aufenthalt in Süditalien zurück und schwärmte geradezu von dem dort herrschenden familiären Zusammenhalt. Man lebt als Großfamilie und kümmert sich um einander, Oma und Opa werden nicht ins Altersheim abgeschoben, sondern kochen für die Kleinen. Cousins und Cousinen wohnen um die Ecke und stehen einem auch sonst näher, als sie es im kalten Nordeuropa täten, und so weiter. Verlässliche Strukturen also. Warum nicht in Deutschland?

Ich war skeptisch. Ist nicht gerade Süditalien bekannt für Probleme wie Korruption, Mafia und Vendetta? Sind solche Phänomene nicht gerade kulturelle Auswüchse einer gewissen, geradezu exzessiven Fokussierung auf die Kategorie „Blut“? Werden die erfreulichen Aspekte strukturstarker Verwandtschaft nicht erkauft mit den Nachteilen eines labilen Staatsapparats, eines Misstrauens gegenüber abstrakten Institutionen und einer vergleichsweise weit verbreiteten Bereitschaft, die öffentliche Hand zu übergehen? Gewinnt nicht das Kollektiv – wie so oft – auf Kosten des Individuums? Die Fragen eines Liberalen.

Ich dachte dabei auch an ein altes und noch immer lesenswertes Essay aus dem City Journal von Theodore Dalrymple (Dr. Anthony Daniels), in dem er seine Zeit als junger Arzt in den letzten Jahren Rhodesiens, des heutigen Zimbabwes, beschreibt. Eines der zentralen Probleme, die er dort sozusagen diagnostizierte, waren die überbordenden familiären Verpflichtungen, denen sich seine afrikanischen Kollegen ausgesetzt sahen. Er stellte sie folgendermaßen dar: 

„Die jungen schwarzen Ärzte, die das gleiche Gehalt bezogen wie wir Weißen, konnten sich nicht denselben Lebensstil leisten, und zwar aus einem sehr einfachen Grund: Sie hatten eine immense Anzahl von sozialen Verpflichtungen zu erfüllen. Man erwartete von ihnen, für einen immer größer werdenden Kreis von Familienmitgliedern zu sorgen (von denen einige vielleicht in ihre Bildung investiert hatten) und auch für Menschen aus ihren Dörfern, Stämmen, und Provinzen [...] Ihre sozialen Verpflichtungen stiegen im Gleichschritt mit ihren Einkommen [...] Diese Verpflichtungen erklären auch die Tatsache, oft herablassend erwähnt von ehemaligen Kolonialisten, dass als die Afrikaner in die hübschen und gepflegten Villen ihrer früheren Herren einzogen, die Gebäude schnell verfielen [...] Genau wie afrikanische Ärzte technisch gleichermaßen ihren medizinischen Aufgaben gewachsen waren [wie die Weißen], so hatte auch der Verfall der Kolonialvillen nichts mit der intellektuellen Fähigkeit der Afrikaner zu tun, sie aufrecht zu erhalten. Der glückliche Erbe einer solchen Villa war vielmehr mit den Verwandten und anderen überfordert, die einen sozialen Anspruch auf sie geltend machten [...] Das dichte Netzwerk der sozialen Verpflichtungen erklärt warum, während es undenkbar gewesen wäre, die meisten rhodesischen Bürokraten zu bestechen, es innerhalb nur weniger Jahren undenkbar wurde, die meisten zimbabwischen nicht zu bestechen, deren Verwandten sie nämlich dafür verurteilt hätten, die Möglichkeiten ihres Amtes nicht auch zu ihrem Vorteil genutzt zu haben.“

Dalrymples eindrückliche Schilderung sollte nicht als zynische, postkoloniale Tirade abgekanzelt werden. Gerade die ethnozentrischen Vertreter vermeintlicher westlicher Selbstverständlichkeiten verurteilt er ja. Auch hier auf der Achse hat etwa Volker Seitz, früher als Diplomat in verschiedenen afrikanischen Ländern tätig, wiederholt auf das Problem des dort anzutreffenden Nepotismus hingewiesen. Zu den Entwicklungsherausforderungen zählt er unter anderem „die schwachen Institutionen, die Käuflichkeit, die Vetternwirtschaft, de[n] ethnische[n] Abgrenzungseifer und die Rechtsunsicherheit“ . In Kamerun gebe es Bürger, die „sich gerne an die autoritäre Ordnung der Kolonialzeit erinnern, weil sie zumindest den Schein von Gerechtigkeit bot“. Dort seien die „[w]eiße[n] Kolonialherren“ ersetzt worden „durch eine schwarze Feudalklasse“. Es gelinge der Regierung nicht „die Bürger effizient, ohne Korruption und Vetternwirtschaft, mit staatlichen Dienstleistungen zu versorgen“

Die Reise des Sohnes gen Norden als Statussymbol

Diese Tendenzen treten auch in der Frage der Migration zutage. Es sei mittlerweile „ein Statussymbol“ geworden, die eigenen Kinder zur Reise gen Norden zu drängen: „Die Migration nach Europa wurde zum Inbegriff des Erfolgs. Familienangehörige, das Dorf legen zusammen, um die Überfahrt zu finanzieren. Auslandsüberweisungen sind die erhoffte Dividende“ . Aus dem Roman Ketala der senegalesischen Schriftstellerin Fatou Diome zitiert Seitz folgendermaßen:

„...während Makhous Eltern sich mit seinen gelegentlichen spontanen Geldsendungen zufriedengaben, forderten die von Memoria ihren Anteil regelmäßig ein.“ ... „Worauf wartest Du noch, um das Überleben deiner Familie zu sichern? Muss ich erst auf dem Markt den Träger machen und deine Mutter das Dienstmädchen in Dakar? Und unser Kind, unser eigen Fleisch und Blut, das uns sein Leben und seine Erziehung verdankt, lebt in Frankreich? Ich hoffe, dass du mich nicht noch einmal zwingst, dich an deine Pflicht zu erinnern.“ [...] „Der Vater hatte ein neues, großes Geschäft eröffnet, die Mutter wieder ein Dienstmädchen eingestellt, und ihre Geschwister gingen auf die beste Privatschule in Dakar. Als sie ihren Eltern auch noch eine Pilgerreise nach Mekka schenkte, waren deren Herzen so von Dankbarkeit erfüllt, dass ihnen der Mund überging vor Lob: Sie war die beste Tochter von allen!“

Familienbande dieser Art sind freilich nicht auf Afrika beschränkt. Im Alten Testament werden die Israeliten nicht nur nach ihrer übergreifenden Volksangehörigkeit – nämlich als Israeliten – sondern zusätzlich nach Stämmen und Geschlechtern, und schließlich nach Häusern unterschieden (Josua 7,14). Auch heute ist der familiäre Tribalismus im Nahen Osten so stark ausgeprägt, dass The American Conservative im Januar 2003, also noch vor der amerikanischen Invasion im Irak, voraussagte, dass ein Aufbau der Demokratie ebendort nicht gelingen würde. Schließlich sei das familiäre Einheiraten, also Verwandtenehen, dort zu stark verbreitet, als dass sich Gefühle des (für die amerikanische Demokratie so wichtigen) transethnischen Patriotismus, der eine Abstraktion von der Großfamilie voraussetzt, einstellen könnten.

In Europa sind diese Verhältnisse längst angekommen. So berichtete das „Kontraste“-Magazin unlängst, wie der ehemalige Polizeihauptkommissar Peter Bereit an dieser Stelle zusammenfasste, über „kriminelle arabische Großfamilien in Deutschland, die nahezu ungestört ihren Geschäfte[n] nachgehen und dabei ganze Dörfer in den Herkunftsländern mit Geldern aus Straftaten und dem deutschen Sozialsystem sanieren“.

Warum Europa Alternativen zur Großfamilie fand

Wenn überhaupt, bedarf es deshalb nicht etwa einer Erklärung für die familiär-kulturellen Muster Afrikas, des Nahen Ostens oder auch Süditaliens, sondern vielmehr einer Erklärung für die offenbare Abwesenheit dieser Muster in den historischen Keimzellen der modernen westlichen Zivilisation, der Wiege des Individualismus. Dankenswerterweise hat Anfang des Jahres ein Team von Forschern um Jonathan F. Schulz (Harvard) einen hilfreichen Erklärungsversuch vorgelegt. Es folgt die von mir übersetzte Zusammenfassung (Abstract) der über 170-seitigen Studie:

„Jüngere Forschung bestätigt nicht nur die Existenz substantieller psychologischer Variationen auf der Welt, sondern hebt die Besonderheit [peculiarity] jener Bevölkerungen hervor, die Westlich, Gebildet, Industrialisiert, Reich und Demokratisch sind (WEIRD). Wir stellen die Hypothese auf, dass ein großer Teil dieser Variation entstanden ist, als Menschen sich psychologisch an sich unterscheidende familienbasierte Institutionen anpassten – die Zusammensetzung sozialer Normen, welche Abstammung, Eheschließung, Wohnort und zugehörige Bereiche festlegen [governing]. Außerdem stellen wir die Hypothese auf, dass ein Teil der Variation in diesen Institutionen historisch der Ehe- und Familienpolitik der Katholischen Kirche entstammt, welche zu der Auflösung traditioneller europäischer familienbasierter Institutionen beitrug, was schließlich zur Vorherrschaft der Kernfamilien [nuclear families] und unpersönlicher Institutionen führte. Indem wir Daten zu 20 psychologischen Ergebnissen mit historischen Messgrößen von sowohl Verwandtschaft als auch Kontakt [exposure] mit der Kirche kombinieren, finden wir Anhaltspunkte [support] für diese Hypothesen in einem weitreichenden Zusammenschluss länderübergreifender Analysen, zwischen europäischen Regionen und zwischen Individuen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen.“

Anders ausgedrückt: In weiten Teilen des mittelalterlichen (Kern-)Europas entsprach es nicht nur der Politik der Kirche, enge Verwandtschaftsehen zu verhindern; sie war auch in der Lage, diese Politik durchzusetzen. Dadurch entstand langsam ein psychologisches Klima, in dem sich individuelle politische Loyalität vom Stamm und der Großfamilie ab- und abstrakteren Institutionen („der Staat“, „das Land“) zuwenden konnte. Auf diese Weise lässt sich vielleicht auch das scheinbare Paradoxon auflösen, welches die Europäer in einem mentalen Spagat zwischen liberalem Individualismus und naiver Staatsgläubigkeit sieht.

Kein Wunder also, dass beispielsweise die vulgärliberalen Tiraden aus Also sprach Zarathustra („Aber der Staat lügt in allen Zungen des Guten und Bösen; und was er auch redet, er lügt – und was er auch hat, gestohlen hat er's“) der Feder eines selbstbewusst-europäischen Philosophen entsprangen. Auf der anderen Seite erscheint der Songtext  zu Junge von der deutschen Band Die Ärzte („Was soll das Finanzamt sagen?“) plötzlich in einem ganz anderen Lichte. Solche Sorgen hat man, wenn man WEIRD ist.

Wie Technik den Tribalismus überwinden kann

Wie erklärt sich aber die Situation des einerseits erzkatholischen Süditaliens, von dessen starken Großfamilien andererseits mein Bruder sich so begeistert zeigte? Nun, es stand für eine gewisse Zeit unter dem politischen Einfluss des jungen Islam, ähnlich wie das spanische Andalusien. Das würde – wie gelegentlich gemutmaßt – auch erklären, warum diese beiden Regionen Europas sich nicht innerhalb der berühmten Linie wiederfinden, die der Ökonom John Hajnal im Jahre 1965 anhand unterschiedlicher Fortpflanzungsmuster durch Europa zog.

Nur am Rande: Dies ist kein Plädoyer für Kulturpessimismus bezüglich der extraeuropäischen Welt. Nichts ist in Stein gemeißelt. Sowohl Volker Seitz („Internet für Demokratie und Menschenrechte in Afrika“) als auch der Autor dieser Zeilen („Vertrauen ist gut, Bitcoin ist besser“) haben hier auf der Achse schon darüber spekuliert, wie technologischer Fortschritt den Tribalismus überwinden kann – und wird. Auch in Süditalien hat es schon lange keine Vendetta mehr gegeben, die Mafia ist längst auf dem Rückzug. Wie andere Regionen – China oder Japan beispielsweise – in das Bild passen, ist mir übrigens schleierhaft.

Und warum dann darüber schreiben? Sagen wir: Es ist eben schon ein starkes Stück, wenn jemand wie unser Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble sich mit den Worten zitieren lässt, Europa würde „in Inzucht degenerieren“, sollte es sich gegenüber Einwanderung aus tribalistischen Weltregionen abschotten. Oft genug muss der Demos es ertragen, wenn seine Repräsentanten nicht wissen, was sie tun. Wenn diese dann aber auch noch das wortwörtliche Gegenteil von dem glauben, was der Fall ist – dann ist eine Linie überschritten.

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Werner Arning / 31.08.2018

Familienbande können ein materiell wie emotional abgesichertes Leben ermöglichen. Das Leben ist dann oft vorgezeichnet, bietet wenig Freiräume für eigenverantwortliche Entscheidungen. Diese werden vom Familienrat abgenommen. Positiv ist die absichernde Gemeinschaft, die unbedingte Solidarität seitens der Familienmitglieder. Dem persönlichen Werdegang, der persönlichen Entwicklung, der Bildung einer reifen Persönlichkeit, dem Erkenntnisgewinnung sind jedoch Grenzen gesetzt. Risiken werden vermieden. Der Einzelne stellt sich in den Dienst an der Gemeinschaft. In verschiedenen Religionen wird der Weggang und eine Ablösung von dieser Gemeinschaft verlangt, auch von Jesus oder von Buddha, als Voraussetzung für Selbst-oder Gotteserkenntnis. Es werden neue, familienunabhängige, selbst gewählte Verbindungen eingegangen. Im Islam ist das anders und auch die christlichen Kirchen haben das Evangelium nicht in diese Richtung interpretiert, sondern, im Gegenteil, singen ein Loblied auf die „heilige Familie“. Allerdings erlaubt die Kirche die Liebesheirat, welche vor Gott geschlossen wird und erlaubt somit eine Verbindung, die der Ursprungsfamilie übergeordnet wird. Der Islam scheint eine Unterordnung unter den Clan zu bevorzugen, die Entwicklungsmöglichkeit des Individuums werden hierdurch als von vornherein stark begrenzt angesehen, und sind, wenn überhaupt, nur innerhalb eines eng gesteckten Rahmens und immer nur im Sinne ihrer Nützlichkeit für die Gemeinschaft denkbar. Individuelle Entwicklung (Befreiung) wird nicht angestrebt. Auch eine individuelle Gottesbegegnung scheint nicht denkbar zu sein. Insofern lassen sich gar Parallelen zwischen Sozialismus und Islam erkennen. Und zwischen Christentum und Kapitalismus. Die jetzigen Kirchenführer scheinen sich, in ihrem nicht selten linken Ansatz, auch aus diesem Grund dem Islam zuzuwenden und Sympathien zu entwickeln. Aber diese Anmerkungen schweifen doch sehr von Anlass, dem Artikel, ab. Trotzdem seien sie in den Raum gestellt.

Gabriele Kremmel / 31.08.2018

Aufgabe von Familien- und Clanstrukturen sind nicht ohne ein funktionierendes und verlässliches, staatliches Sozialsystem möglich. Ich fürchte, wir Deutschen werden in mittlerer Zukunft auch wieder vermehrt auf Familienzusammenhalt setzen müssen.

B.Kröger / 31.08.2018

Lieber Herr Mücke, wo sehen Sie bitte, dass in Italien die Mafia auf dem Rückzug ist? Weil sich die Mafia jetzt massiv nach Norden ausgeweitet hat?  Oder weil unsere Massenmedien nicht darüber berichten? - Wenn sich Ihr Bruder begeistert über den Zusammenhalt süditalienischer Familien zeigt, dann ist das für mich ein Zeichen von Sehnsucht nach Gemeinsamkeit. Ich sehe die Ursachen des Zerbröselns unserer Familienstrukturen in der verstärkten wirtschaftlichen und geistigen Unabhängigkeit des Einzelnen, insbesondere auch der Frauen. Eine Entwicklung, die Unabhängigkeit und Selbständigkeit fördert, kann auch andererseits zu mehr Vereinsamung führen. Freiheit kann auch einsam machen, aber einen Weg zurück gibt es nicht.

Paul Diehl / 31.08.2018

Ich sehe der Zukunft nicht halb so positiv entgegen wie der Autor. Technischer Fortschritt wird die Lage nicht zum guten wenden. Weder die Fortschrittsgläubigkeit, noch die Ablehnung des Fortschritts, werden dieses Poblem lösen. Ich würde den Begriff “Technik” i.S. Oswald Spenglers lieber in den Kontext der Fragestellung “Mit welcher Überlebenstechnik schafft es die westliche Gesellschaft zu überleben?” setzen und nicht in Zusammenhang mit wissenschaftlichem Fortschritt. Die Zerfaserung großfamiliärer Strukturen durch Individualismus und Fortschritt erfordert als Gegengewicht den Sozialstaat und den starken Staat, der die Großfamilie oder Sipper ersetzt, um den Einzelnen zu schützen und im Notfall zu versorgen (Solidargemeinschaft). Der schwache Staat schafft es aber nicht mehr, seinen Bürgern Schutz zu bieten und verlangt zudem immer mehr Eigenforsorge im Bereich der Solidargemeinschaft. Der Staat zieht sich zusehens immer weiter von seinern Kernaufgaben zurück, gibt stattdessen lieber Ernährungstipps, verbietet das Rauchen und mischt sich in Dinge ein, die ihn nichts angehen. Dem Einzelnen bleibt nichts weiter übrig, als sich (in Ermangelung einer Großfamilie) einen neuen Stamm, eine neue Sippe, zu suchen. Das arbiträre WIR der tolleranten und bunten, liberalen Spaßgesellschaft, wird einer Rückbesinnung auf das Tribalistische weichen. Eine andere Technik des Überlebens sehe ich nicht. Die Ethnie wird zum Symbol der Stammeszugehörigkeit werden und zum Maß der Unterscheidung zwischen “Denen” und “Uns”. Ohne diese “Uns” gibt es nur “Die”. Der tollerante, liberale Individualist der Gegenwart hat keine Zunkunft.

Claudia Maack / 31.08.2018

Alles hat seinen Preis. Die müffelnde Nestwärme der Großfamilie bezahlt man mit totaler Kontrolle über das Leben, das man führt. Nur die Not schweißt zusammen, so dass man in Hunger- und Notzeiten seine persönliche Freiheit einem Teller Suppe zu opfern bereit ist.  Aber nur dann. Wohlstand bedeutet hingegen Freiheit und Unabhängigkeit. Damit können die eingewanderten Grossfamilien nichts anfangen.  Sie leben ihr archaisches Muster in einer Wohlstandsgesellschaft einfach weiter und unterwandern sie damit parasitär.

Dr. Markus Hahn / 31.08.2018

@ jonas callsohn Das sind zwei Ebenen, denke ich. Sie sprechen die transzendierend/spirituelle Ebene an. Die ist den westlichen Kulturen im Rahmen der Säkularisierung zunehmend verloren gegangen, obwohl da ein anthropogenes Bedürfnis besteht. Esoterik, aber auch Ideologien versuchen sich da als Surrogate. Da sind die islamischen Gesellschaften noch straight forward verankert. Was in gewisser Weise zu individueller und gemeinschaftlicher Stabilisierung, andererseits aber auch zu zivilisatorischer Stagnation und totalitären Gesellschaftsstrukturen führt. Der Tribalismus zielt aber vornehmlich auf die gesellschaftlichen Machtstrukturen und deren Loyalitätsebenen ab, die Sicherheit bieten. Ein Bruder erschlägt den anderen Bruder. Eine Familie die andere (Brüder halten zusammen). Ein Clan erschlägt den Anderen (Familien halten zusammen). Eine Nation erschlägt die andere (Clans halten zusammen). Eine Religion erschlägt die andere (Nationen halten zusammen). Das in Kombination mit dem militanten Bekehrungsauftrag des Islam macht die Brisanz der Masseneinwanderung von Muslimen in nicht muslimische Gesellschaften aus. Das westliche Familienmodell war eine Emanzipation vom Tribalismus. Die ideologisch motivierte Auflösung der Familie war der Anfang vom Ende der westlichen Kulturen. Ist halt Evolution….

Nicolette Quigley / 31.08.2018

Ich war von 1994 - 2004 (als es also weder staatlichen Segen noch Gelder, noch Lob dafür gab) mit syrisch-orthodoxen Christen sehr eng befreundet und wurde Familienmitglied mit allen Rechten und Pflichten.  Als Einheimische hatte ich die Familienpflicht, auf Ämter zu gehen, Formulare auszufüllen, deutsche Bräute/Bräutigamme für Scheinheiraten zu suchen, die deutsche Welt zu erklären, mir stundenlang anzuhören, wie böse und kalt die Deutschen wären - nur ich hätte ein gutes Herz - , nächtalang Hochzeits- und Verlobungsfeiern mit frischen Importbräuten zu ertragen. Ich habe mir angehört, dass auch christliche Frauen keusch und jungfräulich zu sein hätte und dass ab 25 Jahren die Braut nicht mehr vermittelbar sei. Ich musste mit ansehen, dass meine syrische Freundin soweit ging, Blut zu spenden, um das Geld dafür mit den anderen Familienmitgliedern für eine weitere Flucht eines entfenten Verwandten (von denen es unendlich viele gibt) zusammelnzulegen. Als endlich die “alte” Schwester von 35 Jahren an einen Brätugam vermittelt wurde, ließ sie sich auf seinen Wunsch vor der Hochzeit die Nase operieren und bat mich, sie mit zu meiner Frauenärztin zu nehmen, um ihr Hymen wiederherstellen zu lassen - nicht, dass sie je Sex gehabt hätte. Es war halt einfach weg. Bei meinem Besuch in Syrien wurde der Vater als Familienoberhaut verehrt, die Männer taten NICHTS und ließen sich bis um Umrühren des Zuckers im Tee und dessen Anreichen bedienen. Ich wurde als Vorwand für einen Ausflug nach Damaskus benutzt. Tatsächlich besuchten meine Freundin sowie ihre Cousine und ich ihre Schwester, die seit 17 Jahren mit 5 Kindern im Untergrund lebte, weil sie einen Halbmoslem geheiratet hatte und es die Pflicht ihres Bruders war, sie aus Familienehre zu erschießen. Dieser Besuch bei der bitterarmen Familie versteckt in den Weinbergen gab mit nach 10 Jahren den Rest. Ich beendete danach radikal die Freundschaft mit dem gesamten Clan, denn halbe Sachen gibt es dort nicht.

Anke Zimmermann / 31.08.2018

Warum Europa Alternativen zur Großfamilie fand, ist auch ein Ergebnis der Aufklärung. Familienplanung bedarf der Vernunft und Ratio. Menschen die dem magischen Denken unterliegen, vertrauen dagegen auf Gott und liefern ihre Kinder Armut, Elend und Unterdrückung aus. In der Verantwortung sehe ich hier die katholische Kirche, die einerseits großzügig für Asyl wirbt, in Afrika aber jegliche Bemühungen für Geburtenkontrolle untergräbt. Bei einer Aufklärungskampagne der UNO in den 90er an der ich selbst als Helferin mitgearbeitet habe, stellte uns Misereor Helfer für die Bestückung einer Aufklärungsbroschüre mit einem Kondom zur Verfügung. Wie sich später heraus stellte, freundliche Nonnen in einem Kloster, hatten hunderte von Kondomen auf Broschüren getackert, obwohl Klebestreifen bereit gestellt waren.

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