Wirtschaft: Was wirklich los ist – Bericht einer Beteiligten

Vor ein paar Tagen geriet ich auf dem Rückweg von einem Termin in eine der von Bauern bundesweit organisierte Demonstrationen. Einige solcher Demos hatte ich schon erlebt, aber so etwas bisher noch nicht. Eine nicht enden wollende Schlange von Traktoren zog an mir vorbei, große Schilder zeigten das Motto der Initiative „Land schafft Verbindung“ und ganz häufig las ich: „Redet mit uns, statt über uns!“.

Die Antwort aus Berlin kam prompt. Julia Klöckner äußerte das obligatorische Verständnis, meinte aber, die Bauern „in die Pflicht“ nehmen zu müssen und ihnen „Zumutungen“ aufbürden zu dürfen, die aber zum Teil finanziell durch Bereitstellung von finanziellen Hilfen wieder ausgeglichen würden. Nur einen Tag später legte die Regierung ihre Klimaschutzgesetze auf den Tisch. Die Aufregung ist groß: Sie seien verfassungswidrig und wirkungslos, Verbände aus der Industrie und der Energiewirtschaft sowie Gewerkschaften kritisieren einhellig das Hau-Ruck-Verfahren, bei dem sie keine ausreichende Zeit gehabt hätten, die Gesetzesvorlage zu prüfen und Stellung zu nehmen. 

Stefan Aust schreibt dazu unter der Überschrift „Deutschland – getrieben vom Panikorchester“ absolut treffend:

„Früher sagte man, Deutschland werde schlecht regiert, aber gut verwaltet. Inzwischen wird es nicht einmal mehr gut verwaltet, denn jede Behörde hat am Ende einen politischen Chef, den Bürgermeister, Landrat, Staatssekretär oder Minister. Inzwischen ist die Politik tief in die Verwaltungsapparate eingesickert und steuert diese – am liebsten gegen die Wand. Widersprüchlichkeit von Entscheidungen regiert die Tagesordnung, oft weiß die eine Hand zwar, was die andere tut – aber es kümmert sie kaum. Hauptsache, es klingt alles gut und entspricht dem aktuellen Tagestrend der Aufregung.“

Das ist eine völlig zutreffende Zustandsbeschreibung. Die Parteien haben sich den Staat zur Beute gemacht. Wie viele honorige Verwaltungsbeamte das erst in eine Art innere Emigration und dann in die frühzeitige Pensionierung getrieben hat, weiß niemand. Die Verwaltung ist an Recht und Gesetz gebunden, für die jüngeren Leser erlaube ich mir den Hinweis, dass man das mal „Rechtsstaat“ nannte. Aber davon hat sich die Politik längst verabschiedet, erlaubt ist, was gefällt. Hauptsache die Kasse klingelt und die Wahlen werden gewonnen. Dabei – und das macht die Sache erst so richtig fatal – haben viele Verbände lustig mitgemacht. Aus purem Opportunismus haben sie ihre Machtposition nicht genutzt, um dem unschönen politischen Treiben Einhalt zu gebieten, sondern sie ritten dieselbe Welle wie die Politik. Dass die Politik sich nun auch gegen ihre früheren Verbündeten stellt, war zu erwarten, die Geschichte bietet unzählige Beispiele dafür. 

Ein Blick in die Wirklichkeit des Wirtschaftslebens

„Made in Germany“, früher ein Gütesiegel, ist zum Warnhinweis mutiert. Es steht für „Achtung, Lügner und Betrüger“. Die sogenannte Elite manipuliert Software, egal ob von Fahrzeugen oder von Menschen. Auf eine solche „Elite“ ist naturgemäß kein Verlass, sie sind zur Führung von Unternehmen und erst recht eines Landes charakterlich komplett ungeeignet. Um des kurzfristigen Gewinnes Willen haben sie das Wichtigste geschrottet, was jede Führung zwingend benötigt: Vertrauen. Und wenn das weg ist, ist es weg. Kippeffekte gibt es nicht nur beim Klima. Ein Blick in die Wirklichkeit des Wirtschaftslebens mag zeigen, wie weg das Vertrauen ist. 

Seit Jahren habe ich Unternehmen aus verschiedenen Branchen beim Aufbau, der Sanierung oder auch schlicht längerfristig beraten. Ein Unternehmen, dem ich verbunden bin, ist in der metallverarbeitenden Industrie tätig. Dabei werden in einem Betriebsteil, der Gießerei, hoch spezialisierte und individualisierte Teile (manchmal übrigens auch Kunstwerke) hergestellt, die in anderen Betriebsteilen maschinell weiterverarbeitet und anschließend an die Kunden zur weiteren Verwendung geliefert werden. In der Produktion gibt es ausschließlich Männer, nicht etwa, weil es von der Geschäftsleitung so gewollt wäre, sondern weil es für diese sowohl technisch wie physisch höchst anspruchsvolle Tätigkeit bisher keine einzige weibliche Bewerberin gegeben hat. Dabei verlangt insbesondere die Gießerei eine mehr als harte Arbeit, weil sie – anders als bei der Massenfertigung in großen Gießereien, die weitgehend automatisiert sind – noch von Menschen direkt am Hochofen ausgeführt werden muss. Generell ist der Umgang mit glühenden Metallen weder leicht noch ungefährlich.

Dieser Betrieb gehört zum Metalltarif, das heißt, bei einer 35-Stunden-Woche werden die bekannt hohen Löhne gezahlt. Zur Klarstellung: Alle dort arbeitenden Männer haben jeden Cent redlich verdient, ich gönne auch jedem von Herzen einen möglichst hohen Verdienst. Allerdings gibt es Konkurrenz aus dem Ausland, auch China ist längst von einem reinen Billiglohnland zu einem Land mit einem hohen Fertigungsniveau geworden, und dort arbeiten die Menschen nicht nur für weit weniger Lohn, sondern auch 12 Stunden am Tag an 6 Tagen die Woche. Bisher hatte „mein“ Unternehmen, das seit mehr als 100 Jahren besteht, aufgrund seines Know-hows einen Wettbewerbsvorsprung, aber der schwindet gerade wie Eis im Hochofen. Hinzu kommen die Energiepreise: Im benachbarten Frankreich, ebenfalls kein Billiglohnland, besteht ein erheblicher Konkurrenzvorteil dadurch, dass Gießereien mit Atomstrom betrieben werden können. Gut für die Umwelt und gut für den Geldbeutel. Und bei uns?

Der Bürokratieaufwand ist kaum zu stemmen

Es sind aber nicht nur generell die Lohnstückkosten hoch, sondern der Bürokratieaufwand ist für ein mittelständisches Unternehmen kaum zu stemmen. Zudem gibt es nicht nur mehr „den Tariflohn“, sondern vielfältige Eingruppierungen, Leistungsstufen und Leistungszulagen. Immerhin hat sich herausgestellt, dass der Grundsatz „Gerechtigkeit durch Gleichheit“ zu „Keiner arbeitet ernsthaft“ führt. Also wurde ein kompliziertes Geflecht von Regularien geschaffen, um die nötige Flexibilität und Angemessenheit der Entlohnung sicher zu stellen. Dass reichlich Regularien der Flexibilität im Wege stehen, dieser Gedanke schien ebenso fernliegend wie die Tatsache, dass formalisierte und transparente, angeblich objektive Leistungsbewertungen nur zu Zwist und Missgunst innerhalb der Belegschaft führen könnten. „Der steht doch nur herum und tut nichts, außer der Chef kommt und guckt zu, dann tut er so, als würde er den Laden allein schmeißen – und der bekommt eine gute Beurteilung und die Lohnerhöhung?“.

Sicher in der Theorie alles gut gemeint, aber in der Realität vor allem von kleinen oder mittelständischen Unternehmen nur Unheil bringend. Es mag durchaus sein, dass in Konzernen derartige Regularien notwendig sind, aber in kleinen oder mittleren Betrieben, bei denen die jeweilige Führungsebene ihre Leute zumeist persönlich kennt und einschätzen kann, ungeeignet. Generell scheinen sich die Tarifparteien eher an den Konzernen zu orientieren, nicht aber am Mittelstand. Anders kann man den letzten Tarifabschluss, der schon finanziell aus der Zeit gefallen ist, nicht erklären, denn es wurde als großes Plus gefeiert, dass die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit flexibel gestalten können, auch einen Anspruch auf Verkürzung der Arbeitszeit haben. 

Praktisch sieht das dann so aus: Ein Mitarbeiter, 26 Jahre alt, möchte einen Tag pro Woche komplett frei haben. Laut Tarifvertrag kann der Arbeitgeber seine Wünsche aus betrieblichen Gründen ablehnen, muss jedoch einen Gegenvorschlag machen, den er für vertretbar hält. Nur ausnahmsweise kann man das Ansinnen komplett ablehnen. In diesem Fall war ein arbeitsfreier Tag betrieblich nicht machbar, denn dann hätte die Schichteinteilung nicht mehr geklappt. Daher schlugen wir ihm vor, dass er die tägliche Arbeitszeit kürzt. Dies wollte er nicht, der zuständige Vertreter der IG Metall zeigte sich wortgewaltig. Wir sollten Leute einstellen und überhaupt den Laden besser organisieren.

Das kam beim Geschäftsführer nicht besonders gut an. Daraufhin nahm der Gewerkschaftsvertreter Zuflucht zu altbekannten Kampfbegriffen wie „ausbeuterische Kapitalisten“, diese auch und gerade gegen mich gerichtet, weil ich natürlich keine Ahnung vom harten Schicksal der Mitarbeiter hätte. Dies war keine kluge Taktik, denn ich habe mittlerweile eine regelrechte Allergie gegen die Propaganda der Vorgestrigen entwickelt, faltete ihn also sauber zusammen, wie es der Geschäftsführer anschließend ausdrückte. Um wieder auf versöhnliche Pfade zu kommen, fragte der Vertreter der IG Metall den Mitarbeiter, warum er denn frei haben wollte. Daraufhin führte dieser aus, er habe ein Mietshaus mit mehreren Wohnungen geerbt, da würde immer Arbeit anfallen und er benötige einen freien Tag, um sich um diese Immobilie und die Mieter zu kümmern.

Es könnte alles gut sein, doch das wäre zu einfach

Bingo! Die Geschichten, die das Leben schreibt, sind immer noch die besten! Tatsächlich hatte ich volles Verständnis für ihn und fand es auch – ohne Scherz – gut, dass er sich um die Wohnungen kümmert. Eigentum verpflichtet bekanntlich. Aber die Arbeit, die er nicht macht, verschwindet nicht einfach, sie muss von den Kollegen zusätzlich gemacht werden. Die Anderen – das sind Männer, die doppelt so alt sind wie er und teils körperlich angeschlagen, denen Mehrarbeit wirklich weh tut. Oder der alleinerziehende Vater, dessen Frau ihn und die kleine Tochter im Stich gelassen hat, weil Mutter sein total anstrengend und uncool ist (auch hier passt die Wirklichkeit nicht zu dem gängigen Klischee…). Wie sagt man dem Vater, seine kleine Tochter sei weniger wichtig als die Immobilie des jungen Kollegen?

Der junge Mitarbeiter akzeptierte unser Angebot. Das bedeutet aber, dass Kollegen aus der Schicht nun keine Zeitverkürzung erhalten können, denn dann müsste man die Schicht streichen, ergo stehen betriebliche Gründe dem entgegen. Jeder kann sich selber überlegen, ob sich die Mitarbeiter von ihrer Gewerkschaft wirklich gut vertreten fühlen.

Aber das ist ja nicht das einzige Problem. Das Unternehmen befindet sich in lauschiger Lage in einer grünen, teils bewaldeten Gegend. Direkt hinter dem Werksgelände ist ein idyllisches Tal mit altem Baumbestand, Fauna und Flora gedeihen dort ungestört. Ungestört? Mitnichten, die Behörden wollen dieses kleine Paradies vernichten. Vor Jahrzehnten haben die Vorfahren dort Abfall aus der Gießerei entsorgt, zum Beispiel Fehlgußteile, denn nicht immer klappt es beim ersten Versuch. Darüber ist Wald gewachsen, lange Zeit störte dies niemanden.

Dann kamen die Behörden und machten die Auflage, Grundwasserprüfstellen einzurichten sowie das Ergebnis der regelmäßigen Kontrollen vorzulegen. Das war, meines Erachtens, eine höchst vernünftige Maßnahme. Die Proben ergeben seit Jahren nichts, das Grundwasser ist also nicht beeinträchtigt, man könnte denken, alles sei gut. Denn, wenn seit Jahrzehnten das Grundwasser nicht beeinträchtigt ist und keine Erdbewegung stattfindet, dann wird das auch so bleiben – sagen zumindest die beratenden Fachingenieure. Aber nein, es könnte alles gut sein, doch das wäre zu einfach.

Gleichgültig, ob Gefahr droht oder nicht, nach den neueren Regeln muss die Deponie mit allem Brimborium gegen Gefahren (die es gerade nicht gibt) abgesichert werden. Dabei reden wir nicht über Pillepalle, sondern über Millionenbeträge. Das Geld ist natürlich nicht da, denn obgleich die Gesellschafter seit Jahren ihre ohnehin eher überschaubaren Gewinne vorsorglich im Unternehmen lassen, reicht das Geld dafür nicht. Banken finanzieren das nicht so einfach, weil derartige Maßnahmen ja nicht zu einem höheren Wert, also beispielsweise erhöhter Produktion mit Gewinnsteigerung, führen. Selbst wenn ein Kredit möglich wäre, so könnte der Geschäftsführer ihn kaum aufnehmen, denn es ist unklar, ob das Unternehmen ihn je würde zurückzahlen können.

Die Zukunft ist wegen nicht vorhandener Gefahren ungewiss

Das Problem ist nämlich nicht nur, dass die Baumaßnahmen über lange Zeit die Produktion erheblich beeinträchtigen, sondern dass auch dringend nötige Investitionen nicht getätigt werden können. Eine Umstellung auf additive Fertigung würde naheliegen, aber es fehlt das Geld, denn dies geht in die sinnlose Naturschutzmaßnahme. Außerdem binden die Projektierung dieser umfangreichen und schwierigen Maßnahme Kraft und Zeit, die ohnehin knapp bemessen sind. Unzählige Besprechungen mit Behörden und Fachfirmen sind nötig, denn ein Wirtschaftsunternehmen kann sich so ein Projektmanagement wie beim BER nicht leisten. Die Zukunft des Unternehmens ist also wegen einer immens teuren Naturschutzmaßnahme, bei der es der Natur aufgrund der Zerstörung des Waldes schlechter geht als vorher und (nicht vorhandene) Gefahren nicht gebannt werden, mehr als ungewiss.

Letztes Jahr im Sommer ging ich nach Beendigung einer Besprechung mit Vertretern der zahlreichen an diesem Projekt beteiligten Behörden zu meinem auf dem Werksgelände parkenden Auto. Dabei traf ich den Betriebsleiter der Gießerei, der nach Schichtende als letzter aus der Gießerei kam. Ich wollte ihm die Hand geben, aber weil diese zu schmutzig war, reichte er mir seinen Ellbogen (der auch nicht viel sauberer war, aber Schmutz macht mir ohnehin nichts aus). Wir kamen ins Gespräch und ich meinte, er müsse nun sehr froh über den Feierabend an diesem heißen Tag sein, bei diesen hohen Temperaturen in der Gießerei zu arbeiten, sei ja wirklich höllisch. Er winkte ab und meinte, bei ihm sei alles gut, sein Job kein Problem. Dann sagte er zu meiner völligen Überraschung: „Sie haben den Scheißjob! Für kein Geld der Welt würde ich mit Ihnen tauschen.“

Diesen Moment werde ich nie vergessen, ich war völlig perplex. Da stand ich, elegant gekleidet, umhüllt von einem Hauch von Chanel aus einem zwar nicht klimatisierten, aber doch ventilierten Besprechungsraum kommend, und der Mann, der einen Knochenjob in der Hölle macht, sagt, ICH hätte den Kürzeren gezogen? Und er meinte es erkennbar ernst!

Während ich ihn noch mit offenem Mund anstarrte, ging sein Blick zur Seite und sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Als ich mich umwandte, sah ich, dass hinter den offenen Werkstoren die Limousinen meiner Gesprächspartner wegfuhren. Mit den Worten „Sehen Sie zu, dass wir unsere Arbeitsplätze behalten, wir wollen hier nur ruhig arbeiten. Und passen Sie gut auf sich auf“, nickte er mir zu und ging.

Wie tief die Kluft geworden ist

Während der gesamten Rückfahrt, die dank des Verkehrs und der großzügig bemessenen Baustellen lange dauerte, ging mir das nicht aus dem Kopf. Mir war in dem Moment klar geworden, dass er „die da oben“ für gefährliche Irre hielt, für eine Art unberechenbare Raubtiere, die nur darauf warteten, normale Bürger zu zerstören und ich mich zu denen in den Ring (oder Käfig) wage. Eine Art Löwenbändiger sozusagen. 

Schon vorher war mir in vielen Gesprächen aufgefallen, wie tief die Kluft geworden ist zwischen „denen da oben“ und der Basis. Das Vertrauen, dass die Interessen der Bürger durch die „Eliten“ vertreten und geschützt werden, ist verschwunden. Viele versuchen zunehmend verzweifelt, „denen da oben“ die Rückmeldung zu geben, dass mehr als nur Details nicht mehr funktionieren, sondern etwas ganz gewaltig im Argen liegt. Der Ökonom Dr. Daniel Stelter drückte es kürzlich so aus:

„Es ist interessant zu sehen, wie sich die Erkenntnis immer mehr durchsetzt, dass wir es in der Tat mit einer Strukturkrise zu tun haben, die meines Erachtens das gesamte Gesellschaftsmodell unseres Landes gefährdet. Die konsequente Erosion der ökonomischen Grundlagen, gepaart mit steigenden Belastungen aller Art, erreichen den Punkt, an dem es kippt. Sobald das der Fall ist, beginnt ein Kollaps, der wohl nicht mehr umkehrbar ist.“

Aber keiner hört zu. Keiner will zuhören. Manchmal kam mir schon der ketzerische Verdacht, es will keiner hören, weil die Verantwortlichen schlicht keine Lösung wissen. Vielleicht ist es nicht so, dass sie es nicht besser wollen, sondern es tatsächlich nicht besser können. Sie sind Gefangene ihrer Ideologien, die zwar erkennbar nicht mehr funktionieren, aber aus denen sie keinen Ausweg finden.

Wie tief der Riss schon geht, dass nicht nur das Vertrauen weg ist, sondern die „da oben“ als gefährliche Irre angesehen werden, war mir zuvor jedoch nicht bewusst gewesen. „Die da oben“ schließt alle „Eliten“ mit ein, die ebenso eifrig im blühenden Phrasenwald gewildert haben wie unsere Politiker. Bei näherem Nachdenken fielen mir auch andere Leute ein, die das wahrscheinlich genau so sehen wie der Betriebsleiter, die Hoffnung, es wäre ein Einzelfall, dürfte trügerisch sein. Seitdem geht es mir nicht allzu gut, denn ich weiß, dass uns schwierige Zeiten bevorstehen. Die ungelöste Eurokrise, die zusätzlich das ungelöste Rentenproblem verschärft, die ungelöste Migrationskrise, die enorm hohe Abgabenlast der Bürger – die Liste ungelöster Probleme ließe sich lange fortsetzen. Es gibt auf Dauer keine einfache Lösung, je länger man vor den Problemen wegläuft, desto härter wird es. Was man dann aber vor allem benötigt, ist das Vertrauen der Bürger, sehr viel Vertrauen sogar.

Und dann kam Greta.

 

Annette Heinisch arbeitet seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der Kleinen und Mittelständischen Unternehmen ("KMU").

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Rudolf Dietze / 25.10.2019

Die Entfremdung von der Arbeit beginnt in der Kindheit und setzt sich in der Ausbildung fort. Welche arbeitenden Menschen erlebt ein Kind? Die Hinterhöfe mit den zahllosen Kleinbetrieben (kurze Arbeitswege) sind entkernt. Heute wird nur auf der grünen Wiese gearbeitet. Kein Kind erlebt den Tischler, Klempner, Bäcker, Fleischer nebenan, wo man neugierig zuschauen konnte und schon beim schauen lernte. Das Ausprobieren findet in einem Praktikum ab 14 statt. Bis in die 50er ‘Jahre ging die mehrzahl der Schüler mit 14 in die Lehre. Die mittlere Reife sowie die Ausbildung im Handwerk ist im Ansehen gesunken. Im Studium wird der Dünkel gepflegt. Danach werden Prozesse im Gang gehalten die stets neue gut dotierte Posten schaffen, die aber mit Wertschöpfung wie Landwirtschaft, Industrie und Handwerk nichts zu tun haben. Von da Oben lässt sich gut über die Einhaltung aller bürokratischen Regeln wachen. Das Leistungsprinzip wird mehr und mehr ausgehebelt. Schon im Lohngefüge sind der leistungsabhängige Lohn schwer durchzusetzen,  da zählen Jahre, Mindestlohn usw.. Ökonomische Hebel fressen dann die Steuer und Abgaben sofort weg. Da läuft es, wie es läuft.

Helmut Driesel / 25.10.2019

  Man muss kein Dr. ök. sein, um das destruktive Gebaren der Gewerkschaften in diesem System zu erkennen. Die ja früher von sich selber sagte, sie seien die Sargnägel des Kapitalismus. Und wer sich hier im Osten an die “Freien” (roten) Gewerkschafter erinnert, der weiß auf Anhieb, warum man in einem planwirtschaftlichen Staat keine richtigen Gewerkschaften gebrauchen konnte. Das hätte nicht ein Jahr lang funktioniert. Das funktionierte in der Bundesrepublik unter dem Label der Mäßigung von allen Seiten, damit aber war spätestens mit der “35-Stundenwoche mit vollem Lohnausgleich” Schluss. Seither haben wir Selbstbedienung, ganz besonders im öffentlichen Dienst. Wohin das führt? - Das zu beantworten gehört in das Feld der Prophetie, das möchte ich nicht wagen. Ich verweise nur darauf, dass etwa der riesige Kreditberg, der im Zuge der deutschen Einheit aufgenommen wurde, nahezu ungetilgt auf den deutschen Schultern lastet. Der inzwischen wohl, Dank Draghi, auf 0 bis 4% umgeschuldet wurde. Ich weiß nicht, wie schlecht die Zeiten werden müssen, damit uns das noch auf die Füße fallen kann. Vielleicht wird eine linke Regierung dann einfach die Rechtsnachfolge für die alte BRD ablehnen, das wäre doch mal ein Gag für die Geschichtsbücher. Es gibt keine Sicherheit, weder für die Reichen noch für die Armen. Aber es gibt immer auch Arbeit, die für die Katz ist, da kenne ich mich aus. Und darum ist es immer schade, auch wenn man nicht selber der Depp ist.

Sandro König / 25.10.2019

Danke für die überaus treffende Zustandsbeschreibung! Unser Land verspielt leider gerade das Wertvollste, was ein Staat zu vergeben hat, nämlich das Vertrauen in seine Zukunft. Es ist längst so, dass die meine Zukunftsvorstellungen über Deutschland umso katastrophaler werden, je intensiver ich darüber nachdenke. Der Link zu Danel Stelter offenbart nahezu alle wesentlichen Teile des gesamten Fiaskos. Wir kümmern uns medial nur noch um aberwitzige Themen und versperren damit den Blick für die wirklich existenziellen Notwendigkeiten unseres Landes. Zukunftstechnologien kommen kaum noch aus Deutschland, öffentliche Investitionen wurden seit der Jahrtausendwende stetig zurückgefahren, dennoch stehen die öffentlichen Kassen von Ländern und Kommunen bereits kurz vorm Kollaps. In Deutschland wachsen in den nächsten zwei Jahrzehnten eindeutg vorhersehbar der Bildungsverfall, die Armut, Rentnerschwemme, Staatsausgaben, Reform- und Investitionsstau, Kriminalität, Zerfall der öffentlichen Ordnung, Werteverfall, Enteignung der Sparer, etc.. Dazu kommt die freiwillige Beschneidung der Automobilindustrie, der Energieversorgung und verprellen der Schwerindustrie. Ich kenne nicht einmal ein rein theoretisches Szenario, wie dieser Berg an Problemen jemals zu stemmem sein sollte. Stattdessen arbeitet sich die Politik lieber an Klima, Weltrettung, ihren Eigeninteressen und an Heerscharen imaginärer Nazis und Rassisten ab, während die paar Echten dabei auch noch problemlos unterm Radar durchschlüpfen. Ich bin Vater von zwei Kindern im Grundschulalter, aber ich kann und mag ihnen kein großes Vertrauen mehr in dieses Land vermitteln. Das ist eine wirklich traurige Wendung, die ich mir noch bei Geburt der Kinder nicht hätte träumen lassenn. Ich erkläre ihnen heute vielmehr, wie enorm wichtig Bildung und Fremdsprachen sind, denn mit dem Rüstzeug kommen sie fast überall in der Welt bestens zurecht, in vielen Teilen sicherlich besser als hier.

Michael Stoll / 25.10.2019

„Sie säen und ernten nicht, aber wissen alles besser.“ Man kann das auch verallgemeinern: „Sie können und wissen nichts, sie haben noch nie in einem produktiven Betrieb Verantwortung getragen, aber wissen alles besser.“ Was früher nur für die Grünen galt, gilt inzwischen für alle Alt-Parteien. Warum ist das so? Warum wird die Wirtschaftsfeindlichkeit und Inkompetenz immer mächtiger? Was läuft in diesem Land falsch? Die sogenannte “Eurokrise” (das dicke Ende kommt erst noch) hat zur Gründung der AfD geführt. Der als “Flüchtlingskrise” bezeichnete, selbstgemachte Kontrollverlust hat die AfD etabliert. Die Folgen der sinnlosen, aber wirtschaftsfeindlichen “Klimaschutz”-Maßnahmen werden zum weiteren Aufstieg der AfD beitragen. Bei jedem, dieser drei existenzbedrohenden Probleme, hat die AfD ein Alleinstellungsmerkmal: Trockener Sachverstand gegen blinde und selbstzerstörerische Ideologie.

Udo Kemmerling / 25.10.2019

“...weil derartige Maßnahmen ja nicht zu einem höheren Wert, also beispielsweise erhöhter Produktion mit Gewinnsteigerung, führen.” Der beste Satz in einem großartigen Artikel. Genau dieser Satz beschreibt die Folgen aller unsinnigern Maßnahmen gegen eine nichtexistierende Klimakrise. Es wird Kosten erzeugen, die mitnichten zu Gewinnen führen. Es werden nur Kosten bleiben, daraus wird Armut resultieren, daraus gesellschaftliche Konflikte und als Sahnehäubchen ein Unrechtsstaat. Dort wird dann gar nicht mehr regiert, sondern diktiert, und aus (ehemals guter) Verwaltung wird Planwirtschaft. Kommt mir alles irgendwie bekannt vor. P.S.: Es gibt im Klima keine Kipppunkte. Auch nur wieder eine der vielen frei erfundenen Geschichten der Klimakirche!

Jörg Themlitz / 25.10.2019

Ist ein weiteres Merkmal der strukturellen Verblödung. Staaten die Beute der Parteien geworden sind, wie auch immer geartete Parteiideologie ist wichtiger als Leistung, entwickeln sich, unaufhaltsam in diese Richtung. Zum Zwecke der Durchsetzung ihrer jeweiligen kruden Ideologie schaffen die, auf Kosten der Nettosteuerzahler, ständig neue Organisationen, Behörden, Stiftungen etc. Diese produzieren, leider in vielen Fällen ausschließlich zur Selbsterhaltung, Selbstrechtfertigung, ständig neue, auf Grund der Vielfältigkeit sich oft widersprechende Regeln, Vorschriften etc. Hofiert wird das Ganze dann von wirtschaftlich abhängigen Verlagen, Werbefirmen, parteiliches Radio und Fernsehen, Oberbegriff Propagandaindustrie. Dazu hat sich in allen Lebensbereichen ein System der kollektiven Bestrafung / Gängelung entwickelt. Was als solches leider nicht oft war genommen wird. Auch wenn es abwegig erscheinen sollte ein Beispiel: Eine gut ausgebaute Straße, in einer Kurve nur 80 km/h. Nie etwas passiert. Einer fährt mit 140 km/h durch und baut einen Unfall. Hängt nach einer Woche ein 60 km/h Schild da. Wir haben mitlerweile Verwaltungen, die Verwaltungen verwalten. In einer Magdeburger Gießerei stand noch vor 90 Jahren im Speisesaal an der Wand “Ehret die Arbeit, Achtet den Mitarbeiter”; Kann man übermalen mit “Mogel Dich durchs Leben und nimm Dir das größte Stück Kuchen vom Teller”! Frau Heinisch, Sie verwenden “die da oben”. Das hat der Kollege wohl so nicht gesagt. Für den sind, wie für viele Menschen, “die da oben” eben nicht “die da oben” Sarkasmus und Ironie liefen in der DDR zur Höchstform auf. Darum hießen “die da oben”, “Unsere Besten”. ...und wem jetzt C. Roth vor dem geistigen Auge erscheint, genau so.

Christian Dirk Bähr / 25.10.2019

Ein Herr Thomas Schmidt bring in den hiesigen Kommentaren alles zum Ausdruck, was über Deutschland/ Mitteleuropa gesagt werden muss. Oswald Spengler kleidete den gleichen Sachverhalt im Jahre 1933 in folgende Worte: “Jede Revolution verschlechtert die außenpolitische Lage eines Landes, und allein um dem gewachsen zu sein, sind Staatsmänner vom Range Bismarcks nötig.” Beste Grüße

Klaus Schmid / 25.10.2019

Die Lage ist hoffnungslos aber [noch] nicht ernst [genug]. Altes Sprichwort.

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