Wahrheit und Lüge können nicht koexistieren. Die Lüge wird immer aggressiv auf die Wahrheit reagieren, weil die Lüge in der Regel mit der Macht verbunden ist und die Wahrheit die Macht bedroht. Man erkennt die Lüge daran, dass sie am Anfang die Wahrheit diffamiert. Wenn das nicht funktioniert, wird sie handgreiflicher. Am Ende steht der unverhohlene Terror. Wir befinden uns wieder einmal mittendrin.
So gehts mir zunehmend seit mehr als 30 Jahren. Das Ergebnis ist ein inzwischen arg reduzierter und überschaubarer Freundes- und Bekanntenkreis. Erfüllung finde ich rund um Haus und Garten und auf Urlaubsreisen. Witzigerweise gibt es dort immer wieder persönliche Kontakte mit Einheimischen, wie auch Touristen, die auf ähnlicher Wellenlänge funken. Das läßt für mich den Schluß zu, daß vielleicht doch ich nicht der “Bekloppte” hier vor Ort sein könnte, sondern sich mein Umfeld über die Jahre zunehmend aus der Realität der hiesigen Verhältnisse verabschiedet hat und sich die Welt rosarot malt, bzw. dem medial vermittelten Zeitgeist kritiklos folgt.
Zwang, um andere vor einem gefühlten Zwang zu befreien… die Idee haben fast alle totalitären Menschheitsbeglücker. Und alle sehen sich im Besitz der Wahrheit, die man der Welt vermitteln muß, damit das Paradies ausbricht. Übrigens ist nicht frei, wer seine Zeit zu verschwenden glaubt, wenn er nichts “Wichtiges” tut.
Sie beschreiben das Dilemma, in dem wir stecken schon ganz gut. Leute, die freiheitlich und eigenverantwortlich orientiert sind und ein echtes Interesse an der Wahrheit haben, haben das Problem, dass sie eher nicht dazu neigen, sich gegen eine Bedrohung gemeinschaftlich zu organisieren. Sie haben die Gründe und Widersprüche, in die man dann verwickelt wird, schon genannt. Man will sich nicht schmutzig machen. Es bleibt aber der Elefant, der im Raume steht: Wenn man von anderen den Krieg erklärt bekommt, kann man dies schlicht und einfach nicht ignorieren! Hier gibt es kein Miteinander mehr. Und wenn Sie sich auf Diskussionen mit einem solchen Vertreter einlassen, sollten Sie daran denken, dass es hier nicht darum gehen kann, einen Erfolg bei dieser Person selbst zu erzielen. Es geht um all die Leute, die drum herumstehen und zuhören. Die gilt es zu gewinnen. Vielleicht sollten wir mehr von den Profis lernen, also von den Linken, die seit über 50 Jahren den Staat subversiv unterwandert haben, alleine schon, um die Menschen darüber zu informieren und sie zu warnen. Und vielleicht sollten wir es auch so machen, etwa tausende kleiner Vereine und NGOs gründen, eventuell mit nur einer Person dahinter, aber mit einem hübschen Namen, der etwa Worte wie “Institut”, “Forschung”, “Initiative”, oder “Hilfe” enthält. Vielleicht all das nur, um diese Systeme ad absurdum zu führen?
Die Wahrheit ist, deshalb braucht sie keine Verteidiger und keine Gewalt, die Lüge ist, von ihrem Grundwesen her, der Bereich des Nichtseins zugeordnet, deshalb braucht sie die Gewalt. Soweit die Theorie. In der Praxis sind wir alle nur Menschen und die meisten sind so, wie Erich Kästner es in seinem Kinderbuch, “das fliegende Klassenzimmer” dem Petrus antworten lässt, der den Menschen die drängende Suche nach Wahrheit und Wissen unterstellt: “Sankt Peter übertreibt entschieden. Wir sind gar nicht so wissbegierig. Den meisten war’s auch viel zu schwierig…. Und Dummheit, Petrus, macht zufrieden.” Aber ab und an wird die Balance der Lüge einfach überschritten, das nennt man dann retrospektiv Diktatur, Tyrannei und wundert sich immer wieder wie es dazu kommen konnte, dabei erleben wir doch gerade etwas, in dieser Frage, sehr lehrreiches! Aber immer wenn die Diskrepanz zwischen Realität und Propaganda zu groß geworden war, brachen die Systeme zusammen, aber die Zusammenbrüche waren immer schrecklich und die meisten Tyrannensysteme entfalteten am Ende so richtig ihren Schrecken. Das sie nur als Warnung geschrieben. Und ja so wie es aussieht gibt es nur die Option “vorbeizuleben” nur werden uns genau das unsere jetzt kleinen Kinder und unsere Enkelkinder vorwerfen. Aber auch das ist so originell nicht.
Ein toller Text. Danke. Gerade heute gab mir eine Bekannte mehrere Bilder von einem Abend am Stammtisch, viele waren darauf, Bauern, Handwerker und Studierte. Dieser Stammtisch existierte auf diesen alten Bilden um 1994 schon 30Jahre. Ich ging gern und regelmäßig hin. Auch schon viele Jahre vor 1989 war ein Diskurs zu allen Themen möglich. Zwei, drei hingen der kommunistische Weltanschauung an, der Rest war konservativer. Wir konnten über alles reden, ohne ins Eingemachte des Anderen zu gehen. Es war ein justieren des Standpunktes. Keiner ist universell und ist Inhaber der letzten Wahrheit. Die Mitglieder wechselten demographisch. In den Eitelkeiten der Neuzeit ist dieser Stammtisch seit 2015 auseinander gelaufen. Dominanzgehabe und mangelnder Respekt war die Ursache. Manchmal trauere ich darüber.
“Schönheit. Ich will Dinge produzieren, die ich schön finde. Schöne Theorien, die elegant und schlüssig die Fragen beantworten, die mich beschäftigen. Schöne Essays, die meine Gedanken und Gefühle gut ausdrücken. Schöne Videos, schöne Gegenstände, Dinge, von denen ich finde, dass sie existieren sollten.” Während ich diese Zeilen lese, färbt der Nachtmodus meinen Monitor golden, ein paar Möwen schreien und leichter Wind weht durchs gekippte Fenster. Es ist Ihnen gelungen, ein wunderschöner Text. Danke, Herr Zweig!
Die richtige Lösung ist es, eine Weltanschauung zu formulieren und mit denen gemeinsame Staaten zu bilden, die es zumindest ansatzweise ähnlich sehen. Würden beispielsweise Konservative und Linke jeweils eigene Staaten haben, hätten wir viele Probleme weniger.
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