„Niemand hat die Absicht, in Berlin einen Flughafen zu errichten.“ Dieses abgewandelte Mauer-Zitat von Walter Ulbricht, das sich binnen Kurzem als Lüge erwies, war der beste Witz über den seit 14 Jahren im Bau befindlichen Flughafen „Willy Brandt“ (BER). Jetzt, am 31. Oktober, in präzise drei Monaten, soll er nun endlich eröffnet werden.
Dazu folgende Richtigstellung:
Über die Berliner Flughafengroteske ist alles gesagt. In aller Welt werden wir Deutschen dafür ausgelacht. In Kürze: Die Kosten werden etwa 7,2 Mrd. € erreichen. Also das Dreifache der Kalkulation. Ein halbes Dutzend Eröffnungstermine mussten abgesagt werden.
Berlins legendärer Bürgermeister „Wowi“ Wowereit, der den Airport unbedingt wollte, ist längst im Ruhestand, Deutschlands beliebteste Fluggesellschaft Air Berlin ist pleite, das größte Opfer von Politik-Chaos und Bau-Pfusch. Und immer mehr junge Leute fragen sich: Wer war eigentlich Willy Brandt?
Für die Kosten des BER hätte man vier neue Hauptbahnhöfe bauen können oder jedem Deutschen etwa 100 Kugeln Erdbeereis schenken. Man hätte dafür auch den alten Flughafen Berlin Tegel noch 60 Jahre weiter betreiben können. Nun wird Tegel stillgelegt und erwartet das Schicksal des Flughafen Tempelhof, des Bierpinsels Steglitz, des Kongresszentrums ICC. Alles gammelt vor sich hin und verrottet.
Für 28 Millionen Passagiere ist der BER gebaut. „Heute schon viel zu klein“, tönte es aus der Berliner Politik noch vor einem Jahr.
Die Realität: Sollten es 2021 fünf Millionen werden, wäre das optimistisch. Das Ende der Groteske: Jetzt, vor der Eröffnung, ist der Flughafen BER dank Corona auf einmal viel zu groß. Da aber bisher kein Staatsanwalt ermittelt und niemand vor Gericht gestellt wurde, hatte wohl alles seine Richtigkeit.
Zuerst erschienen im Euro am Sonntag