Quentin Quencher / 19.10.2021 / 11:00 / 45 / Seite ausdrucken

Warum ich kein Grüner wurde

Da einige meiner Freunde, Ende der Siebziger, so begeistert Hesse lasen, dass ich manchmal den Eindruck hatte, die schlafen mit dem „Siddhartha“ unterm Kopfkissen, nahm ich mir „Kinderseele“ sowie „Klein und Wagner“ von ihm vor, um selbst einen Eindruck davon zu bekommen, was an dem Schriftsteller so faszinierend sein soll und warum meine Freunde so begeistert von ihm sind – und merkte doch schnell, mit diesem Autor kann ich nichts anfangen. Jahre später, nun in Westdeutschland, lasen sie dann so Dinge wie den „Papalagi“, waren Fans von Habermas und Adorno und gehörten zu den Anhängern der Grünen.

Es ist diese Mischung aus Hesse, Habermas und Papalagi, die im Grunde bis heute der Horizont der Grünen ist. Erst in dieser Kombination wird der Habermas gefährlich, es mischt sich beim Leser Romantik mit linker Ideologie. Ich war davor geschützt, Hesse und Papalagi fand ich schrecklich verträumt und langweilig, um den Habermas habe ich mich dann nicht mehr gekümmert. Dann las ich lieber den „Mann ohne Eigenschaften“ von Musil oder „On The Road“ von Kerouac.

Ich suchte nie die Wahrheit

Freilich gab es Werke, die wir, meine Freunde und ich, gleichermaßen schätzten – an die von Faulkner erinnere ich mich da beispielsweise, oder James Joyce, Kafka natürlich. Wenngleich wir diese Bücher wahrscheinlich unterschiedlich lasen, sie jeweils in anderem Kontext einordneten.

Es war also nicht eine Auseinandersetzung mit grüner oder linker Ideologie oder gar mit deren politischen Ansichten, was mich davor schützte, ein Grüner zu werden, es ist ihre Kultur, ihr Denken, ihre Träume, womit ich nichts anfangen kann und was mich heute wütend macht, wenn diese Leute, die mal meine Freunde waren und nun meine politischen Feinde sind, mir vorschreiben wollen, was ich tun, was ich sagen und was ich denken darf.

Ich hatte es damals schon geahnt, sie glaubten, die Wahrheit gefunden zu haben, doch die suchte ich nie, mir genügt die Neugierde auf das Leben an sich. Ja, seit diesen Jugendtagen – ich war so um die Zwanzig – hege ich ein tiefes Misstrauen allen denjenigen gegenüber, die von sich behaupten, die Wahrheit zu kennen. Das betrifft heute nun in allererster Linie die Grünen, aber nicht nur die.

Der Text ist ebenfalls auf Quentin Quenchers Blog Glitzerwasser erschienen.

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Leserpost

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Fridolin Kiesewetter / 19.10.2021

Ich konnte schon als Fünfzehnjähriger die allgemeine Begeisterung für Willi Brandt nicht verstehen. Ich erinnere mich, wie wir in der Schule 1972 das konstruktive Mißtrauensvotum gegen Brandt im Fernsehen mitverfolgten. Ich war der Einzige, der für Barzel war. Ich verstand natürlich nicht viel von Politik, aber daß wir unseren Wohlstand Ludwig Erhards Sozialer Marktwirtschaft und der konservativen CDU verdankten, leuchtete mir umittelbar ein (Leistungsgedanke und Selbstverantwortung); und ich wußte durch meinen Vater, daß die SPD seit Gründung der BRD immer gegen Erhardt und die Marktwirtschaft gewettert hatten. Wie konnte man eine Partei wählen, die die Voraussetzung für die Entstehung dieses Wohlstands immer abgelehnt hatte? Das leuchtete mir nicht ein. “Mehr Demokratie wagen” hieß schlicht: Mehr Geld ausgeben und sich damit Wählerstimmen einkaufen. Und auf einen so billigen Trick fallen Erwachsene herein? - Wie gesagt, das konnte sich ein durchschnittlich begabter Fünfzehnjähriger mit gesundem Menschenverstand selbst zusammenreimen; einzige Vorausetzung: Bereitschaft zum Selber- und Querdenken und zum Außenseitersein. Aber daran scheitern eben die meisten. Als dann die Grünen erschienen, war das für mich ein Dejavue, nur schriller und ungepflegter und noch dümmer als die SPD.

Roland Stolla-Besta / 19.10.2021

@ Thomas Taterka Schon im Text von Herrn Quentcher auf den Musil gestoßen, hat mich dann Ihre Leserpost abermals geradezu mit dem Kopf nochmals darauf gestoßen. Den „Mann ohne Eigenschaften“ hatte ich erstmals vor 40 Jahren mir vorgenommen,  jedoch entnervt bald zur Seite gelegt. Und gerade zu Beginn des Monats habe ich mir das voluminöse Werk abermals vorgenommen. Ich kämpfe mich hindurch, muß ich gestehen, habe es gerade bis zum 106. Kapitel geschafft, sehe die Lektüre nun auch sportlich und muß bis zum Ende durchhalten! Ob ich es in diesem Jahr noch schaffe? Vielleicht, wenn ich die „Entwürfe“ im Anhang auslasse… Im übrigen habe ich einst auch den Hesse gelesen, durchaus mit Interesse und Lust. Seine „deutsche Innerlichkeit“ kann ich aber bei den Grünen nicht ausmachen, dafür finde ich bei denen mehr von dem, was Le Bon in seiner „Psychologie der Massen“ schreibt.

Johannes Keil / 19.10.2021

Ein Beitrag, der es auf den Punkt bringt. Völlig unabhängig von dem Spektrum der politischen Farbenlehre neigen viele dazu, ihre politische Orientierung als Ersatzreligion zu begreifen, um mit diesem Verständnis ihr Heil im Missionieren der anderen zu suchen. Und wie Missionare mit Un- oder Andersgläubigen umgegangen sind und bis heute umgehen ist hinlänglich bekannt. Wahrheit ohne Zweifel gibt es aber nicht.

Sascha Hill / 19.10.2021

Vielleicht haben Teile der Grünen-Wähler ein gewisses intellektuelles Niveau, aber der Grünen-Politiker an sich, wohl eher nicht. Ob Roth, ob Künast, Göring-Eckhardt, Özdemir, Baerbock, Habeck, Heinrich oder das neue intellektuelle Bild der Grünen, Gaydukova… alle haben nicht grad die Weisheit mit Löffeln gegessen. - Aber ok, die meisten (wenn nicht gar alle) Ideologien, ob Kommunismus oder Nationalismus etc haben eines gemeinsam, die große Unterstützung selbsternannter Intellektueller.

Nikolaus Szczepanski / 19.10.2021

Um Narren und Quacksalber zu erkennen, bedarf es eigentlich nur einer guten Schuhlausbildung auf dem Niveau einer Realschule. Nur ein Beispiel: Wer das Lebenselixier der Erde CO2 zum Schadstoff erklärt, gehört zu den Narren. Wer darauf seine religiösen Dogmen der Klimareligion aufbaut, gehört zu den Quacksalbern. Die Nähe zu Narren und Quacksalbern verursacht geistige und körperliche Schmerzen. Problem ist nur: Schulbildung ist seit Jahrzehnten ausgedünnt bzw. abhanden gekommen. Wäre es anders, würden die Massen nicht den Narren und Quacksalbern nachlaufen.

Hans Reinhardt / 19.10.2021

Danke, Herr Quencher, danke, dass ich das noch erleben darf! Endlich jemand, der Hesse nicht mag und das auch noch öffentlich. Diesen evangelisch-schwäbischen Erzlangweiler, Vater aller Gutmenschen und Säulenheiliger aller Sandalenträger, allseits gefürchteter Schrecken im Deutschunterricht, Tranfunzel aller Sinnsucher und, ach nee, es reicht, Sie haben mir den Tag gerettet, Herr Quencher, alles wir gut.

Achim Schramm / 19.10.2021

Der IQ dieser Typen liegt, wenn es hoch kommt, zwischen 70 & 72 ! Echte Grüne waren Petra Kelly und Gert Bastian, denen sollten es Habek und Bierböckchen nachtun. Die Weltenrettung wäre sicher. Soviel Arsch hat von denen leider keiner in der Hose.

Frank Mora / 19.10.2021

Kerouac hatte aber auch schon das grüne Lebensgefühl verinnerlicht. Wenn seine Helden (meist sein alter ego) kein Geld haben, bekommen sie ein Stipendium (woher und wofür bleibt ungesagt) und das Leben geht weiter…

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