Henryk M. Broder / 23.02.2012 / 00:40 / 0 / Seite ausdrucken

Wanderwitz

Es ist noch nicht lange her, dass die grüne Abgeordnete und Vizepräsidentin des Bundestages, Antje Vollmer, eine überparteiliche Initiative ins Leben rief,  die ein Wahlrecht für Kinder vom Tag der Geburt an einführen wollte. Dieses Wahlrecht sollte von den Eltern kommissarisch so lange ausgeübt werden, bis die Kinder das wahlfähige Alter erreichten. Ein Ehepaar mit drei Kinder hätte dann fünf Stimmen gehabt, ein kinderloses nur zwei. Daraus wurde nichts, und der Plan ruht jetzt dort, wo auch die virtuellen Kücken von Tamagotchi ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

Aber Kinder sind nun mal die bevorzugten Steckenpferde von Politikern und so hat jetzt ein CDU-Abgeordneter mit dem programmatischen Namen „Wanderwitz“ vorgeschlagen,  Kinderlose zur Kasse zu bitten,  „um die Sozialsysteme demografiefest zu machen“. Ehepaare ohne Nachwuchs sollten eine „Zusatzabgabe“ für die Kranken- und Sozial-versicherung leisten.

Rechtlich steht die Idee auf ebenso wackeligen Beinen wie der Einfall von Antje Vollmer. Auf die Ausführungsbestimmungen darf man gespannt sein. Soll die Regelung nur für Ehepaare gelten, die keine Kinder haben wollen oder auch solche, die keine haben können? Werden sich dann sowohl die Männer wie die Frauen einer fachärztlichen Untersuchung unterziehen müssen? Kann man sich, wie bei Reisen in ferne Länder, einen Ablass erkaufen, indem man z.B. die Patenschaft für ein Kind in Guinea-Bissau übernimmt? Was ist mit lesbischen und schwulen Paaren, die weder zeugen können noch adoptieren wollen?

Es gibt bereits das Kindergeld und das Elterngeld,  Beihilfen für Mütter, die daheim bleiben und solche, die arbeiten gehen.

Beim Kinderkriegen schaut der Staat den Paaren nicht nur zu, er mischt mit. Man nennt das „familienfreundliche Politik“. Früher brauchte man „Kanonenfutter“, heute muss ein „Familienlastenausgleich“ her. Wie wäre es damit: Familien mit Kindern zahlen eine „Windelsteuer“ und höhere Sozialabgaben, weil sie die Umwelt stärker belasten als Kinderlose. Das Kindergeld wird ab dem 3. Kind nicht erhöht sondern gekürzt. Und wer keinen „Elternführerschein“ hat, der bekommt gar nichts.

Erschienen in der Weltwoche, 23.2.12

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