Vera Lengsfeld / 17.04.2021 / 06:23 / Foto: Imago / 201 / Seite ausdrucken

„Merkel will keinen CDU-Wahlsieg – Ich kenne sie seit 1990”

In etlichen Kommentaren zum Kanzlerkandidaten-Machtkampf in der Union ist zu lesen, das Spektakel solle von dem geplanten Angriff auf das Grundgesetz mittels Novellierung des so genannten Infektionsschutzgesetzes ablenken. Das ist nicht ganz falsch. Aber es steckt viel mehr dahinter. Es geht um die endgültige Eliminierung des ehemaligen Erfolgsmodells CDU zugunsten einer zweiten links-grünen Partei. Von allen möglichen Kanzlerkandidaten ist nur Markus Söder dumm und/oder charakterlos genug, die Mission von Kanzlerin Merkel zum bitteren Ende führen zu wollen. 

Ich kenne Angela Merkel seit 1990 und weiß aus ihrem eigenen Mund, dass sie die CDU im Grunde immer abgelehnt hat („Mit der CDU will ich nichts zu tun haben“ zu Ewald König. „Ich will nicht aussehen wie eine West-CDU-Tussi“ zu mir). Für sie war die Partei die einzige Option, in die große Politik einzusteigen, nachdem Lothar de Maizière sie erst zu seiner Stellvertretenden Regierungssprecherin gemacht und dann erfolgreich für das Kabinett Kohl vorgeschlagen hat. Sie wurde Ministerin für Frauen und Jugend und beerbte de Maizère als Stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU. 

Aber die Partei, der sie formal nie beigetreten ist, sondern in die sie als Mitglied des „Demokratischen Aufbruchs“ übernommen wurde, hat Merkel nur als Machtvehikel gedient. Eine andere Verbundenheit hat es nach meiner festen Überzeugung nie gegeben. Das war immer Merkels Stärke. Sie konnte frei agieren, ohne durch emotionale Bedenken gehindert zu werden. In ihrer Zeit als Parteivorsitzende, verstärkt als Kanzlerin, hat sie die CDU immer weiter nach links verschoben. 

Atomausstieg als Hochzeitsgeschenk

In der Zeit der ersten Großen Koalition witzelten die Sozialdemokraten, Merkel sei die beste Sozi-Kanzlerin aller Zeiten. Dann verging ihnen das Lachen, weil Merkel zwar sozialdemokratische Politik machte, es der SPD aber nicht nützte, sondern schadete. Die schwarz-gelbe Interims-Regierung hat die Linksverschiebung der CDU zwar gebremst, aber nicht gestoppt. Den Blitzausstieg aus der Atomenergie konnte oder wollte auch die FDP nicht verhindern. 

Offiziell war das Merkels Reaktion auf den Tsunami in Japan, jedoch hatten die Grünen zuvor intern signalisiert, dass es keine Koalition mit der Union wegen der beschlossenen Verlängerung der Laufzeit für die AKW durch die schwarz-gelbe Regierung geben könne. Die Parteispitze der Grünen hätte zwar sehr wohl verstanden, dass Merkel mit dieser Laufzeitverlängerung von den Atomkraftbetreibern das Geld für die Realisierung der Energiewende einsammeln wollte. Die Basis würde das aber nicht mittragen, erklärte mir während einer Sommerparty am Wannsee der Büroleiter von Claudia Roth. In der zweiten Großen Koalition wurden noch mehr grüne Themen fokussiert. Die von Claudia Roth geforderten offenen Grenzen wurden 2016 von Kanzlerin Merkel realisiert.

Eine dritte GroKo sollte es eigentlich gar nicht geben. Aber für Schwarz-Grün reichte es nicht, weil die Grünen 2017 als schwächste Partei in den Bundestag einzogen und man gezwungen war, mit der FDP zu verhandeln. Die aber wurde so arrogant abserviert, dass der genervte Christian Lindner ausstieg. 

Die SPD, statt die Chance zu bekommen, sich in der Opposition zu erholen, musste wieder mitregieren und leidet seitdem an anscheinend unheilbarer Schwindsucht. Warum eine 15-Prozent-Partei noch einen Kanzlerkandidaten aufstellt, hat eher mit der Macht der Gewohnheit zu tun als mit einer reellen Chance, als stärkste Partei bei den nächsten Wahlen hervorzugehen.

Die Grünen sind die treuesten Verbündeten von Merkel

Die vierte Merkel-Regierung ist die ganz große Koalition, denn sie hat die grüne Regierungspartei im Wartestand mit im Boot. Die Grünen sind die treuesten Verbündeten von Merkel, das beweist erneut ihre bedingungslose Gefolgschaft zur Aushebelung des Grundgesetzes mittels einer Novelle des Seuchenschutzgesetzes. Merkel hat offensichtlich das Ziel, am Ende ihrer Amtszeit noch die Axt an den Förderalismus zu legen, der doch verhindern soll, dass es in Deutschland wieder zu einer Zentralmacht kommt.

Diese kurze Geschichte muss man sich ins Gedächtnis rufen, wenn man begreifen will, worum es bei der Kanzler-Frage in der Union wirklich geht.

Es stehen sich zwei konträre Positionen gegenüber: Armin Laschet hat erkannt, dass Deutschland heute ein Sanierungsfall ist und das Land, mit ihm die CDU, eine grundlegende Erneuerung braucht. Auch Friedrich Merz ist das klar, deshalb unterstützt er seinen ehemaligen Widersacher Laschet. Beide stehen für einen Bruch mit der Politik Merkels und einen Neustart. Merz hat recht, wenn er sagt, dass Deutschland nur noch drei Prozent von einer Kanzlerin Baerbock entfernt ist, und er wolle das verhindern.

Markus Söder dagegen steht für eine Fortsetzung der Merkel-Politik. Wer Merkel-Stimmen will, müsse Merkel-Politik machen, verkündete er. Sein Generalsekretär Markus Blume sekundiert: „Wir wollen die Erfolgsgeschichte, das Erbe von Angela Merkel, fortsetzen.“ Nun werden die Merkel-Stimmen immer weniger. Auch wenn sie bei den Wahlen als Siegerin hervorging, dann nicht, weil sie historische Erfolge erzielt hätte, sondern von der Schwäche der Gegner profitierte.

Söder wird den Grünen ins Kanzleramt helfen

Merkels Politik hat Deutschland tiefgreifend verändert, aber nicht zum Besseren. Sie hat einerseits die AfD hervorgebracht und andererseits die Grünen stark gemacht. Innerhalb von nur vier Jahren ist aus der schwächsten Oppositionspartei im Bundestag eine Partei geworden, die nicht nur einen Kanzlerkandidaten aufstellen, sondern sich echte Chancen auf das Kanzleramt ausrechnen kann. Wenn Söder Kanzlerkandidat werden sollte, wird er den Grünen ins Kanzleramt helfen.

Ich habe es in früheren Texten schon ausgesprochen und wiederhole es jetzt: Meiner Meinung nach will Merkel keinen Sieg der Union bei der nächsten Bundestagswahl, weil das für sie die einzige Chance ist, dass eine Bilanzierung ihrer Politik unterbleibt. 

Söder ist der Garant dafür, dass Deutschland als Sanierungsfall im Wahlkampf nicht zur Sprache kommt. Sobald Söder nominiert ist, wird das einsetzen, was im „Spiegel“ bereits vorexerziert wurde: Es werden alle seine sich widersprechenden Äußerungen seziert und ihm von den Altmedien um die Ohren gehauen werden. Die Altmedien, die voll auf Baerbock-Hype setzen, werden in Söders Maskengeschäfte und die Subventionen für die Firma seiner Frau schauen. Gegen Baerbock wir der Haudrauf aus Bayern alt aussehen. Medienprofi ist sie so gut wie er. Inhaltlich hat er nichts zu bieten. Sie wird ihm und der Öffentlichkeit vorführen, dass grüne Politik immer noch besser vom Original gemacht wird als vom Plagiat.

Armin Laschet ist die einzige Chance für die Union, sich aus der links-grünen Ecke freizuschwimmen und eigene inhaltliche Akzente zu setzen. Verstärkt mit der Wirtschafts- und Finanzkompetenz von Friedrich Merz könnte das die drohende Niederlage und den Zerfall der CDU abwenden. 

Das sage ich nicht, weil ich eine Anhängerin von beiden wäre, sondern weil ich Angst um Deutschland habe, das Besseres verdient hat, als endgültig demontiert zu werden.

Lesen Sie auch Vera Lengsfelds Blog hier.

Foto: Imago

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Leserpost

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giesemann gerhard / 17.04.2021

Was Merkel will, ist mir herzlich egal, über sowas mache ich mir keine Gedanken. Was aber auch mich betrifft, das ist, was das PoC will, das “people of corona”. In seiner Ängstlichkeit, Und da drehe ich die Hand nicht rum, ob schwarz, ob grün, ob rot. Beispiel KGE, die sich hinstellt und jammert, panisch: Wir brauchen den Einschluss des PoC jetzt, sofort, unverzüglich - und wenn es dazu fünf Nachtsitzungen braucht. Schneller geht auch bei KGE nicht. So bescheuert sind nicht mal die Merkel-Cs. Also auch Söder nicht. Wenn Schweden nicht so kalt wäre, dann könnte mensch ja da hingehen. Da, wo der Goldstandard* des Staatsepidemikers Anders gilt, basta. (*“Nix machen”). Und für die im Ramadan sorgt deren BERAZ (= beste Reli aller Zeiten), auch für die dank Inzucht angeborenen Herzfehler mit Coronarinfarkt, fi sabihl Allah (auf dem Wege Allahs)  - denn für das Paradies von denen ist das PoC nicht zuständig. Als Moslem verbitte ich mir das ohnehin, was bilden die sich denn ein? Intensiv für einen Moslem? Das greift ins Kismet ein, geht gar nicht. So ist alles aufs Feinste gerichtet, nach Hans Küng selig. Don’t worry, be happy.

Kim Loewe / 17.04.2021

Frau Baerbock wird als Kanzlerin den Weg dafür bereiten, dass auf sie ein muslimischer Kanzler folgt, welcher Partei auch immer. Vielleicht sogar eine Kopftuchträgerin.

Marc Petersen / 17.04.2021

Ich bin desillusioniert: die Generation U30 ist so gründlich gehirngewaschen - dank der Leitmedien, allen voran die öffentlich-unrechten Medien, die ein Hort linksgrüner Sympathisanten sind - dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann uns die Grünen regieren werden. Ich bin schon auf die Ausflüchte, Erklärungen und Schuldzuweisungen der Annalena gespannt, wenn der Strom ausfällt und sie vergeblich nach Kobolden im Netz sucht, wo ja angeblich unser Strom für schlechte, wind- und sonnenarme Zeiten gespeichert ist. Den Deutschen, in der Masse politisch und wirtschaftlich vollkommen ungebildet - geht es offenbar noch viel zu gut, so gut wie den Weihnachtsgänsen einen Tag vor der sicheren Schlachtung. Und wenn es nicht so absurd wäre, dann könnte man meinen, dass Merkel Mielkes und Honeckers letzte aktive “Kundschafterin für den Frieden” ist. Marschziel: Vernichtung der CDU, Vernichtung der nationalen Identität, Vernichtung des konservativ-liberalen Bürgertums in Deutschland. “Mission accomplished” möchte man der Tochter vom “roten Kasner” schockiert zurufen.

Mathias Rudek / 17.04.2021

Ein guter Artikel mit einer guten Analyse, Frau Lengsfeld. Aber in der handelnden Konsequenz widerspreche ich Ihnen. Ich werde diese von Merkel deformierte Partei nicht mehr wählen, jetzt müssen die wahren Alternativen ins Rampenlicht. Eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera ist mir zu wenig.

Marion Sönnichsen / 17.04.2021

Man versteht sehr gut und das Bild wird komplett, wenn man sich ebenfalls Ihre Ausführungen „So tickt Angela Merkel! Meine persönlichen Erfahrungen mit der Kanzlerin“ aus 2018 (Wissensmanufaktur, ca. 30 Minuten) anschaut. Vielen Dank und weiter so!

Steffen Huebner / 17.04.2021

Merkel will Baerbock, das ist klar. Deshalb rührt sie keinen Finger mehr für CDU/CSU.  Die Grünen sollen Sept. 21 besser abschneiden und den Kanzler stellen. Sie setzt ganz auf Baerbock, denn nur mit ihr ist die Weiterführung ihrer desaströsen Politik gesichert. Die rheinische Frohnatur Laschet ist sich zwar einiger Probleme bewußt, aber zu einer NOTWENDIGEN 180 Grad - Wende ist er zu schwach. Zumal es viele willige, ergrünte Merkel- Anhänger in der CDU gibt, die es sich wohlig eingerichtet haben und auch mit Grün könnten. Wer wirkliche Veränderungen will und die FDGO wieder stärken, kann das nur mit der AfD.

Fred Burig / 17.04.2021

Sehr geehrte Frau Lengsfeld, eines verstehe ich nach wie vor nicht. Wenn z.B. die AfD sich an Teilen ehemaliger CDU- Programme orientiert, welche für sie und ggf. für Herrn Maaßen akzeptabel sind, wieso stärken sie dann weiterhin diese CDU (welche sie ja sinngemäß nach eigenen Angaben nicht mehr wiedererkennen können) noch durch ihre Mitgliedschaften? Halten sie die CDU wirklich für reformierbar, nachdem diese ehemalige große Volkspartei ( anfangs auch von mir gewählt) so unverzeihlich nach G-R-L abgedriftet ist? “Neuanfang, Wir haben verstanden…,” u.s.w. waren doch seit Jahren alles nur tot geborene Ablenkungsmanöver. Es bleibt dabei, ich schätze sie wirklich sehr - aber verstehen kann ich sie in Bezug auf o.g. Thematik nicht. MfG

Clemens Jäkel / 17.04.2021

Daß Merkel keinen CDU - Sieg will, um eine Bilanz ihrer Kanzlerschaft zu verhindern, wird wohl zutreffen. Je länger der Machtkampf in der CDU/CSU um die K-Frage dauert, umso näher kommt sie diesem Ziel. Merz Ausspruch"Wir sind noch drei Prozentpunkte von einer Kanzlerin Bearbock entfernt” kommt mir so vor, wie die berühmte Aufforderung “Denken Sie nicht an rote Elefanten!” Ob Merz’ Unterstützung für Laschet ernsthaft ist, kann bezweifelt werden. Immerhin hat er eine Wahl gegen ihn verloren.

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