Vahrenholts Energie- und Klima-Update

Die Strom- und Gaspreisexplosion ist zum großen Teil eine Folge der europäischen Klima- und Energiepolitik. Die Folgen für die mittelständische Industrie sind desaströs.  Grüne Politik treibt auch die Inflation: Greenflation.

Zunächst aber zur aktuellen Temperaturkurve (Grafik siehe hier) Die Abweichung der globalen Mitteltemperatur der satellitengestützten Messungen vom Durchschnitt der Jahre 1991–2020 fiel im Januar auf Null, genauer gesagt auf 0,03 Grad Celsius. Der mittlere Temperaturanstieg seit Beginn der Satellitenmessungen ist leicht auf 0,13 Grad Celsius pro Jahrzehnt gesunken.

Bildet man den Mittelwert der Temperaturen der letzten Jahre, so ergibt sich eine Erwärmungspause von 7 Jahren und drei Monaten. In der Koalitionsvereinbarung heißt es: "Wir werden unsere Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Pfad ausrichten". Seit 7 Jahren sind wir konstant auf dem 1,2-Grad-Pfad, liebe Bundesregierung.

Wie geht es weiter mit der Erwärmung?

In den letzten Wochen gab es zwei Wortmeldungen von Klimawissenschaftlern zur Temperaturentwicklung bis 2050. Zum einen stellte Prof. Hans von Storch in einem Interview in SWR2 fest: "Wir werden das 2 Grad Ziel nicht schaffen... Sofern wir den Klimawandel einschränken... und nicht auf 5 Grad kommen, so dass wir damit umgehen können, obwohl das natürlich eine Herausforderung an Ökosysteme und Gesellschaft sein wird". (Minute 1:10)

Zum anderen machte Prof. Judith Curry (Crossing or not the 1,5 and 2 °C threshold) Hoffnung, dass die Erwärmung in den nächsten 30 Jahren sehr wahrscheinlich zwischen 1,5 und 2 Grad (gegenüber 1850–1900) liegen wird, selbst wenn wir die CO2-Emissionen nur auf dem heutigen Niveau belassen würden (IPCC-4.5 Szenario). Der Grund hierfür ist die Berücksichtigung natürlicher Einflüsse. Curry weist daraufhin, dass:

  • es seit 25 Jahren keine wesentlichen vulkanischen Einflüsse gab und es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass das so bleibt
  • die solare Aktivität seit dem letzten Solarzyklus schwach bleiben kann
  • die Atlantische Multidekadische Variabilität vor ihrer negativen Phase steht.

"Alle Komponenten der natürlichen Variabilität weisen auf eine Abkühlungsperiode von 2020–2050 hin", so Curry.

Die Atlantische Multidekadische Oszillation (AMO) hat ihren Höhepunkt hinter sich gebracht und leistet keinen wachsenden positiven Beitrag mehr wie in den letzten 30 Jahren. Man beachte die Temperaturspanne von -0,4 °C in 1975 und +0,23 °C in 2021. Die Atlantische Multidekadische Oszillation ist eine Schwankung der Ozeanströmung des Nordatlantiks, die eine Veränderung der Meeresoberflächentemperatur in einer Periode von 50 bis 70 Jahren bewirkt.

Curry kommt zu folgender Wahrscheinlichkeitsverteilung in der Temperaturentwicklung im Vergleich zum Bezugsrahmen von 1850 bis 1900. Die rote Linie (alle angesprochenen Grafiken finden Sie hier) ist die heutige Erwärmung von 1,2°C. Daher bedeutet 0,4 °C auf der linken Seite der Skala eine Abkühlung um 0,8 °C gegenüber den heutigen 1,2 °C. Erwärmungen über 2 °C haben demnach eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 10 Prozent.

Wie heißt es in der Koalitionsvereinbarung? "Wir werden unsere Klima, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Pfad ausrichten" (Koalitionsvereinbarung S. 54). Zitieren wir von Storch: "Es geht nicht um die Emissionen hier bei uns... Ob wir nun hier weniger emittieren oder nicht – das ist für die globale Bilanz vom Kohlenstoff ziemlich belanglos." (Minute 21:34)

Hauptursache der Energiepreisexplosion ist grüne Politik in Europa und Deutschland

Die Medien greifen mittlerweile das Thema der explodierenden Strom- und Gaspreise auf. Es wird immer offensichtlicher, wie dramatisch die Verteuerung die privaten Haushalte, aber vor allen Dingen die mittelständische Industrie belastet. Doch bei den Ursachen kommt man meistens nicht auf des Pudels Kern. Der bedeutendste Preistreiber sind die europäischen Emissionszertifikate, die sich auf über 90 Euro pro Tonne CO2 katapultierten.

Allein durch die politisch gewollte Verknappung und Verteuerung der europäischen CO2-Zertifkate haben sich die Strompreise verdoppelt bis verdreifacht. Beim aktuellen Stand von 93,8 €/t CO2 belasten die Zertifikate den Braunkohlestrom mit 9 €ct/kWh, den Steinkohlestrom mit 7 €ct/kWh und den Gasstrom um 4 €ct/kWh. Zum Vergleich: der Börsenstrompreis lag in den letzten Jahren bei 4–5 €ct/kWh. Hinzu kam der steigende Gaspreis, der auf Grund der Stilllegung von 20 000 MW Kohlekraftwerke in Europa in den letzten 4 Jahren die wieder anziehende Stromnachfrage befriedigen musste und ebenfalls knapp wurde.

Neben der Strompreissteigerung durch Emissionszertifikate trifft das Brennstoff-Handelsgesetz den deutschen Mittelstand. In 2022 sind 30 € /t CO2 für Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas zu zahlen.

Das entspricht:
9,5 €ct/ Liter Diesel
9,0 €ct/Liter Benzin
0,72 €ct/kWh Erdgas

Das bedeutet für ein mittelständisches Unternehmen mit 1 Million MWh Erdgasverbrauch Mehrkosten von 720.000 €. Viele Unternehmer der metall- und kunststoffverarbeitenden Industrie wissen nicht mehr, wie sie das bewältigen sollen. Und obwohl die Energiepreiskrise schon zur Jahreswende voll entbrannt war, erhöhte die Bundesregierung den CO2-Steuersatz von 25 auf 30 €/t CO2 zum 1. Januar 2022.

Aber das dicke Ende kommt noch. Denn nun steigen auch die Düngemittelpreise und mit ihnen die Nahrungsmittelpreise. Die Ächtung der Erdöl- und Erdgasexploration der börsennotierten westlichen Ölgesellschaften von Shell bis BP durch grüne Vorgaben von Investoren werden die Öl- und Gaspreise, aber eben auch von Weizen und Soja weltweit weiter in die Höhe treiben. Nur China, Russland und die arabischen Ölgesellschaften werden davon profitieren. Am ärgsten wird es die Armen in der Welt treffen. 

Foto: Volker Debus/Deutsche Wildtier Stiftung CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Rainer Niersberger / 11.02.2022

Und nun?

Hans Buschmann / 11.02.2022

Das ist ja die Absicht der Grünen. Jetzt, da sie die Macht haben und ohne gesetzliche und juristische Bremsen ihre Ideologie durchsetzen können und ihre korrupten Methoden nicht mehr geahndet werden, können sie sich die Taschen auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung vollstopfen. Diese Parasiten werden uns so lange Aussagen,  bis alles zusammenbricht.

R. Reger / 11.02.2022

“Am ärgsten wird es die Armen in der Welt treffen.” Bis zum letzten Satz war ich voll bei Ihnen. Aber wieso es ausgerechnet die Ärmsten treffen soll, keine Ahnung. Es trifft die am ärgsten, die den Strom, die Kraftstoffe kaufen müssen. Die Ärmsten haben dafür eh kein Geld. Die haben ja nicht einmal Strom, fliessendes Wasser, Auto, Heizung, nicht einmal Kanalisation. Auf die Gefahr hin, dass das jetzt egozentrisch klingt, aber ich glaube, mich trifft die Energiepreiserhöhung stärker als die Ärmsten.

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