Stefan Frank / 27.10.2022 / 16:00 / Foto: Achgut.com / 17 / Seite ausdrucken

US-Universitäten: Kein Platz für Zionisten

Durch Satzungen wie der in Berkeley, die es „Zionisten“ verbieten, an amerikanischen Universitäten zu sprechen, wird an den Hochschulen eine feindselige Atmosphäre für Juden geschaffen.

Wie Mena-Watch Anfang der Woche berichtete, haben neun Studentenorganisationen an der juristischen Fakultät der renommierten kalifornischen Eliteuniversität Berkeley Satzungen erlassen, die es ihnen verbieten, „Zionisten“, also Menschen, die den Staat Israel nicht zerstören wollen, als Redner einzuladen. Der entsprechende Passus klingt in einer der Satzungen so:

Im Interesse des Schutzes der Sicherheit und des Wohlergehens von palästinensischen Studenten auf dem Campus wird (Name der Organisation) keine Redner einladen, die entweder Ansichten geäußert haben und diese weiterhin aufrechterhalten oder die Veranstaltungen zur Unterstützung des Zionismus organisiert, gesponsert oder beworben haben, die den Zionismus, den Apartheidstaat Israel und die Besatzung Palästinas unterstützen.

Was bedeutet das in der Praxis? Charlotte Aaron, Noah Cohen, Billy Malmed und Adam Pukler sind jüdische Amerikaner, die an der Universität Berkeley studieren. In einem Gastbeitrag für den bekannten linksliberalen amerikanischen Blog The Daily Beast haben sie ihre Erfahrungen geschildert.

„Wir sind Jurastudenten im zweiten Jahr an der University of California, Berkeley. Wir sind jüdisch. Und wir sind Zionisten“, schreiben sie. Freunde, Familienangehörige und Journalisten hätten sie seit einigen Wochen kontaktiert und gefragt, wie es sich anfühle, Studenten an einer Universität mit „judenfreien“ Zonen zu sein. Zwar gebe es keine explizit „judenfreien“ Zonen an Berkeleys juristischer Fakultät, so die Autoren, wohl aber eine „nicht zu akzeptierende Toleranz“ gegenüber Bestrebungen, „zionistische Identitäten auszuschließen und zu dämonisieren“.

Dafür nennen sie Beispiele. So seien Studenten, die in Verbänden Mitglied sind, welche sich offiziell der Israelboykott-Kampagne BDS verschrieben haben, etwa verpflichtet, ein Trainingsprogramm mit dem Namen „Palästina für Anfänger“ (Palestine 101) zu besuchen, das von den Berkeley Law Students for Justice in Palestine veranstaltet werde. Das erklärte Ziel der Veranstaltung sei es, den Teilnehmern beizubringen, wie man „einen sicheren und inklusiven Raum für palästinensische Studenten und für Studenten schafft, die die Befreiung Palästinas unterstützen“.

Jede Verbindung der Juden zu Israel geleugnet

Wie haben die vier jüdischen Studenten darauf reagiert?

Wir unterstützen diesen Zweck. Palästinensische Studenten sollten sich immer sicher fühlen, und Studenten, die die Befreiung Palästinas unterstützen, sollten sich niemals ausgeschlossen fühlen. Also nahmen wir – jüdische, zionistische Studenten – ebenfalls teil.

Was sie dort erlebten, war totalitäre Ideologie:

Die Redner setzten Zionismus gleich mit Imperialismus, ethnischer Säuberung und Kolonialismus. Ihre Hauptbotschaft: Israel ist ein illegitimer Staat und hat kein Recht, zu existieren. Menschen, die das anders sehen, griffen damit zwangsläufig palästinensische Studenten an. Die einzige Möglichkeit, palästinensische Studenten zu schützen, sei, Zionisten auszuschließen und den Zionismus zu verurteilen.

So sei das, was der Zionismus ist, in „Palästina für Anfänger“ völlig verzerrt dargestellt worden, beklagen die Autoren. Jede Verbindung der Juden zu Israel sei geleugnet worden, palästinensischer Nationalismus dagegen wurde beklatscht.

Die mehr als sechzig Teilnehmer lernten, die gelebten Erfahrungen von Juden, für die Zionismus Teil ihrer Identität ist, zu ignorieren. Nach dem Training waren die Studenten angeekelt von Zionisten und schämten sich nicht, sie auszugrenzen.

Dieses Training – vielleicht sollte man lieber von ideologischer Zurichtung sprechen –, so die Autoren, habe direkten Einfluss auf die jüdische Community, indem es deren Identität nicht ernst nehme und an den Rand dränge.

Im Anschluss an die Veranstaltung sagte uns eine Teilnehmerin, dass es ihre Kommilitonen schon verletze, wenn sie hören müssten, wie jemand das antizionistische Narrativ infrage stellt.

Feindselige Atmosphäre

So entsteht auf dem Universitätsgelände eine für Juden feindselige Atmosphäre, für die die Autoren Beispiele geben. Ein jüdischer Student im zweiten Jahr habe sich bei einer sozialen Zusammenkunft nicht willkommen gefühlt, weil alle ihn nur als den kannten, als der er gebrandmarkt worden war: ein »Unterstützer ethnischer Säuberungen gegen Palästinenser«. Ein Gaststudent aus Israel musste „seine Identität verheimlichen, wenn er nicht als ›Siedlerkolonialist‹ wahrgenommen werden wollte“.

Viele jüdische Studenten seien aus diesen Gründen gezwungenermaßen aus Verbänden ausgetreten, in denen sie zum Teil jahrelang mitgearbeitet hatten.

Keine Organisation hat gesagt: „Juden sind unerwünscht“, aber in der Praxis haben die Satzungen und das Training genau diese Folge. Studentensprecher akzeptieren nun den Ausschluss von Juden aufgrund eines Aspekts von deren Identität. Es wird toleriert, dass wir marginalisiert werden wegen dessen, was wir glauben.

Jüdische Stimmen zum Schweigen zu bringen, finde große Zustimmung.

Wir fragen uns darum nun, wie viele Freunde eine schlechtere Meinung über uns haben, weil wir Israels Existenzrecht unterstützen? Wie viele Kommilitonen denken jetzt, dass wir Apartheid oder Imperialismus unterstützen? Wie viele Seminarteilnehmer setzen unsere Anerkennung Israels mit Opposition gegen beinahe jegliches andere progressive Ideal gleich, für das wir uns einsetzen?

All das, so die Autoren, nur, „weil Israel Teil unserer Identität ist“.

Antisemitismus nicht nur in Berkeley

Berkeley ist nicht die einzige nordamerikanische Universität, in der jüdische Studenten Diskriminierung fürchten müssen. Ende letzten Jahres beschloss das von BDS-Aktivisten unterwanderte Studentenwerk der University of Toronto Scarborough (UTSC), dass koscheres Essen nur von Lieferanten kommen dürfe, die Israel nicht unterstützen (wie auch immer das überprüft werden soll).

Zu den Vereinen, die versuchen, gegen den Antisemitismus an Universitäten vorzugehen, gehört die AMCHA Initiative. Unter dem Deckmantel der „Kritik“ an Israel würde immer wieder klassischer Antisemitismus verbreitet – etwa, dass Juden Babymörder seien und die Weltherrschaft anstrebten –, schreibt die Organisation auf ihrer Website. Zu den antisemitischen Vorfällen, denen jüdische Studenten ausgesetzt seien, zählten:

  • Hakenkreuze und andere antisemitische Schmierereien auf dem Universitätsgelände
  • Körperliche Aggression und Einschüchterung am Rande von politischen Kundgebungen
  • Vorträge, Filme und Ausstellungen, die sich einer antisemitischen Sprache oder Bildsprache bedienen oder den Staat Israel als rassistisch, Nazi- oder Apartheidstaat verunglimpfen; die behaupten, die Juden übertrieben den Holocaust oder benutzten ihn zu ihrem Vorteil
  • BDS-Kampagnen gegen Israel
  • Unterdrückung und Störung von proisraelischen Äußerungen
  • Verbindungen zur Muslimbruderschaft

Initiator und treibende Kraft hinter dem Versuch, „Zionisten“ vom Campus zu verbannen, ist die Organisation Students for Justice in Palestine (SJP).Um Gerechtigkeit geht es ihr nicht. Laut dem amerikanischen Antisemitismusforscher Charles Small ist sie eine Vorfeldorganisation der Muslimbruderschaft, die sich mit Geld des Emirs von Katar finanziert, wie er im Dezember 2020 in einem Interview mit Mena-Watch erklärte:

Die Finanzierung der Students for Justice in Palestine, die mit der Muslimbruderschaft verbunden sind, macht die politische Atmosphäre auf dem Campus für jüdische Studenten immer schwieriger.

Es bestehe ein Zusammenhang zwischen dem Geld, das die Muslimbruderschaft an Universitäten und Organisationen wie die SJP zukommen lasse und „der intellektuellen und politischen Atmosphäre an Universitäten in Bezug auf palästinabezogenen Themen und Antisemitismus“, so Small.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Foto: Achgut.com

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Leserpost

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Arne Ausländer / 27.10.2022

@Thomin Weller: Die Moslembrüderschaft in Ägypten wurde 1928 gegründet - da gab es die CIA noch gar nicht. Wohl aber MI6, wie überhaupt die Briten immer die besseren Drähte zu diesen Brüdern hatten. Vielleicht einer der Gründe für die CIA, sich Al-Qaida zu basteln. - Ihr Grundgedanke ist demnach ja nicht ganz falsch. Aber ich denke, solche grobe Ungenauigkeiten sind nicht hilfreich, denn oft kommt es sehr wohl auf derartige Feinheiten an, will die Vorgänge verstehen. Und man hat ja mit dem Netz alles Notwendige zur Hand, sich ggfs. Klarheit zu verschaffen, man muß ja nicht alles auswendig wissen. (Die Verläßlichkeit seiner Quellen sollte man dabei natürlich einschätzen können. Für elementare Fakten taugt Wikipedia i.d.R. noch.)

Hans-Peter Dollhopf / 27.10.2022

In der Epoche, in der Einstein sich nach Princeton rettete, war Palästina jüdischer Traum von Europäern. Es gab für ihn noch keine Zuflucht in einem zionistischen Staat. Wäre Karl Marx einhundert Jahre später zur Welt gekommen, hätte auch er er vermutlich in Stanford eine Professur für Ökonomie erhalten und wäre als US-amerikanischer Nobelpreisträger jüdischer Abstammung für Ökonomie in die Geschichte eingegangen, nicht als Ideologe. Es gibt etliche Datumsgrenzen in den Wissenschaften. Eine verläuft entlang den Ufern des 14. Mai 1948.

O.Resch / 27.10.2022

Die jüdischen Studenten verwenden selbst die typisch woken Phrasen wie “es entstehe eine feindselige Atmosphäre”, die nichts anderes sind als linke Kampfbegriffe, mit der die Meinungsfreiheit Andersdenkender unterdrückt wird (wie z.B. aktuell vor ein paar Tagen versucht von einigen afrikanisch-stämmigen Teilnehmerinnen der Frankfurter Buchmesse, die damit die wenigen verbliebenen konservativen Verlage vertreiben wollten (“Wir füllen uns deswegen nicht sicher”)). Es steht daher zu vermuten, dass sie selbst in der Vergangenheit bei solchen Spielchen mitgemacht haben um Andersdenkende zu vertreiben, wie z.B. bekennende Trump-Anhänger oder Gegner des Genderismus, wie dies im besonders linken Berkley schon lange der Fall ist. Oder sie haben es zumindest toleriert. Dazu passt auch, dass diese Geschichte auf einem linksliberalen Blog veröffentlicht wurde. Nun, dieses Mal sind sie eben selbst die Opfer. Selber Schuld kann ich da nur sagen. Mein Mittleid hält sich jedenfalls in Grenzen.

sybille eden / 27.10.2022

“..... die sich mit dem Geld des Emirs von Katar finanziert.”  Klar doch , interessiert aber keine Sau solange der Ball da rollt. Wenn nicht bald eine Gegenkraft in den USA ans Ruder kommt, ist es vorbei mit ” unseren westlichen Werten.” Fällt die USA, - fällt Europa, und China und der Islam wird die Welt beherrschen ! ( Huntington lesen ! )

Wilfried Cremer / 27.10.2022

Lieber Herr Frank, Antisemitismus ist die Sünde gegen Gott. Und gegen Seine Offenbarung, erst in verbal zu einem Volk und dann real durch eine Frau.

Thomin Weller / 27.10.2022

USA, dass alles soll noch einer verstehen. Die ägyptische Muslimbruderschaft ist Erfindung und Installation der CIA und alt Nazis in München. Siehe—>“Buch: Die Vierte Moschee” in Bayern ist das Paradebeispiel wie Länder destabilisiert und gleichzeitig eine aggressive Ausrichtung der Religionen stattfinden kann. Der amerikanische Reporter und Pulitzer-Preisträger Ian Johnson deckt auf, wie München zum Zentrum der Muslimbruderschaft und des internationalen Islamismus werden konnte, ein Szenario wie von Hollywoods Drehbuchschreibern erdacht.”<—Rezensionen sind überall nachlesbar.

Thomas Taterka / 27.10.2022

@ Harald Unger ” Cry me a river” ? Welche Fassung ? Tony Scott , wie in ” The Human Stain ” ?

Arne Ausländer / 27.10.2022

Das, was als parteilich für die Palästinenser erscheint, kann bei genauerem Hinsehen nur als zynische Förderung des Konfliktes als solchem verstanden werden. Denn auch hier finden sich nirgends Lösungsansätze, nicht einmal Nachdenken darüber. Dabei wäre es ja an einer Universität wie Berkeley ohne weiteres möglich, nach Konzepten zu suchen, mit denen wenigstens theoretisch eine Lösung der realen Probleme vorstellbar wäre. Das wäre passend für die Beschäftigung einer Universität mit solch einem Thema. Aber nein, nur Parolen, nur zum Schein stellt man sich auf die Seite der Schwächeren. Dies kann in solchen Fällen nur als bewußter Beitrag zur Verewigung des Konflikts verstanden werden. Menschen, ob Araber oder Juden, sind da egal, bestenfalls. - Wenn ich von der israelischen Regierung verlange, nach dauerhaft tragfähigen Lösungen zu suchen, so gilt das natürlich genauso für echte oder vorgebliche Unterstützer beider Seiten im Ausland. Eigentlich noch mehr, da der Abstand das Nachdenken erleichtern sollte. Die nötigen Informationen sind ja weltweit zugänglich. So man daran interessiert ist.

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