Umsturz von oben: Permanenter Ausnahmezustand (2)

Alles ist moralisch massiv aufgeladen und jedes Mittel zulässig, um das angeblich unbedingt Notwendige durchzusetzen. Psychologisch wie politisch herrscht ein permanenter Ausnahmezustand.

Im ersten Teil wurden die Verrücktheiten „woker“ Ideologie als Hintergrund der „Cancel Culture“ vorgeführt – mit all ihren absurden Widersprüchen. Allerdings: Ein klares, rational nachvollziehbares Weltbild ist womöglich gar nicht das Ziel der Aktivisten. Die produzierte Verwirrung – ob beabsichtigt oder nur in Kauf genommen – erreicht auf jeden Fall schon etwas „Nützliches“: Sie hinterlässt den Normalbürger kopfschüttelnd und fast hilflos, wie ein hakenschlagendes Kaninchen den Jagdhund.

Man bezeichnet das auch als Strategie des „Gaslighting“: man verwirrt den Gegner bewusst so nachdrücklich, dass dieser an seinem Verstand zweifelt und jeden Widerstand gegen die vermeintlich überlegenen Intellektuellen aufgibt. Der Wahnsinn hat „wissenschaftliche“ Methode, denn zum Vorschein kommt hier nicht zufällig der fundamentale Beitrag der Postmodernen zum „woken“ Denken: Er besteht in der Auflösung klarer Kategorien durch literarisch-linguistische Interpretations-Kunststücke, die zu völliger Beliebigkeit führen.

Die Postmodernen beziehungsweise Dekonstruktivisten hebeln ganz bewusst durch munteres Hinein-Geheimnissen und schamlose Unterstellungen jede Eindeutigkeit auf (während sie mit ihren eigenen intellektuellen Hervorbringungen in Gestalt wirren Geschwurbels von vornherein jede echte Debatte vermeiden). Kein Text sagt demnach klar etwas Bestimmtes, inter-personal Verbindliches, sondern es kann alles Mögliche dahinter stehen.

Alles bisher Respektierte soll diskreditiert werden

Wäre das nur ein (übertriebener) Ausdruck geisteswissenschaftlicher Bescheidenheit und Reflektion … aber nein, es wird behauptet, dass jede Erzählung, jede textliche Begründung, jede Kommunikation letztlich nur ein Instrument der Machtausübung sei. (Jordan B. Peterson spricht hier von einem argumentativen „Handstreich“, der ohne tragfähige Begründung bleibe.) Die Kategorien, durch Sprache gebildet, die die Wirklichkeit zu analysieren helfen und abbilden sollen, sind alle nur kulturelles Konstrukt ohne objektive Geltung!

Selbst die Feststellung, 2 und 2 ergebe eindeutig 4, wird als Unterdrückungsinstrument entlarvt: Einem Schüler das Ergebnis 5 als Fehler anzukreiden, geht gar nicht. Die Behauptung, Mathematik sei objektiv und ein Ergebnis entweder richtig oder falsch, ist an sich schon eine verwerfliche Anmaßung, die der „gelebten Erfahrung“ eines unterdrückten Individuums widerspricht und damit quasi als illegitime Gewalt zu gelten hat.

Die propagierte Beliebigkeit – der auf die Spitze getriebene Relativismus – ist nicht etwa „nur“ übertriebene Toleranz, es geht vielmehr darum, alles bisher Respektierte zu diskreditieren, selbst wo es gar keine „politische“ Aussage vermittelt, die man kritisieren könnte: Sogar die Musik eines Beethoven, da von einem weißen Europäer kommend, wie auch die Werke Shakespeares, sind deshalb nur Instrumente kultur-imperialistischer Unterdrückung; eine Symphonie des einen oder ein Sonett des anderen sind nicht etwa unschuldige Zeugnisse schöpferischer Genialität, sondern quasi unmoralisch.

Das Ende objektiver Wissenschaft

Dieses Weltbild sieht jede kulturelle Leistung aus der Vergangenheit mit deren vermeintlicher Rückständigkeit und himmelschreiender Ungerechtigkeit befleckt. Der alte Witz mit der ignoranten Putzfrau im Museum moderner Kunst, die sich (etwa angesichts einer Installation von Beuys) fragt „ist das Kunst oder kann das weg?“, wird umgekehrt zum Programm: Wenn es offensichtlich kein Dreck ist, muss es weg! Der Bannstrahl der postmodernen „Aufklärer“ trifft aber nicht nur traditionelle Kunst, Geschmack und Alltags-Gewissheiten des Kleinbürgers, sondern grundlegende Philosophie und wissenschaftliches Denken der neuzeitlichen Aufklärung:

Diese ging aus von der Fähigkeit des menschlichen Verstandes, den realen Dingen auf den Grund zu gehen und logisch geradlinig objektives analytisches Wissen zu produzieren, das Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen konnte. Die postmodernen Ideologen hingegen „dekonstruieren“ alle Kategorien einer wissenschaftlichen Analyse, die Klarheit und Eindeutigkeit anstrebt: Sie werden zielstrebig als kulturelle Konstrukte, also mindestens latente Herrschaftsinstrumente und damit verdächtig zerschossen.

Dass die Propagandisten solcher Theorien selbst auf Lehrstühlen an Hochschulen sitzen, Aufsätze schreiben und als „Experten“ in der öffentlichen Debatte agieren (besser: agitieren), ist offensichtlich widersinnig. Außer, wenn man die Diagnose akzeptiert, dass Sprache, Kategorien und wissenschaftliche Analysen eben unauflöslich, unvermeidbar immer nur Instrumente der Machtausübung sind.

Es gibt keine Objektivität, keine Eindeutigkeit, keine (allgemeingültige) Wahrheit – nur einen Kampf der Gruppen von Unterdrückten gegen „das System“, die Hierarchien, die Ungerechtigkeiten, die schon in jeder Form von Ungleichheit erkennbar sind. Gerüst und Fundament dessen, was wir als wissenschaftliche Arbeit und Debatte kannten, sind damit als sekundäre Phänomene zur Disposition gestellt. Wer noch auf allgemeingültige Logik, Konsistenz und Realitätstauglichkeit von Wissenschaft besteht, muss ein Agent der falschen Seite sein, ein „White Supremacist“, ein Nazi.

Folgt den Lemmingen, sie kennen den Weg

Die Institutionen sind längst usurpiert und politisch umgenutzt, so wie links-alternative Hausbesetzer aus einem ehemaligen Fabrikgebäude ein „sozio-kulturelles Zentrum“ machen. Die Fassade bleibt, aber dahinter wird nun etwas ganz anderes produziert, nämlich Gesellschaftsveränderung. „Wissenschaft“ meint insofern nur noch eine Organisationsform und ein (staatsfinanziertes) Milieu für Intellektuelle, eine Struktur mit Planstellen, von denen man möglichst viele erobert, um gut davon zu leben und möglichst viele Nachwachsende zu indoktrinieren: tatsächlich ein Machtinstrument.

Der heutige kulturelle Bürgerkrieg reicht aus dem akademischen Leben bis in den Straßenkampf, ähnlich der 1968er Bewegung, nur dass damals die akademischen Institutionen – das natürliche soziale Milieu der aufrührerischen „Intellektuellen“ – als erste bekämpft wurden („der Muff von tausend Jahren“); heute sind sie die steuerfinanzierte, über Jahrzehnte strategisch ausgebaute und schon bürokratisch verfettete eigentliche soziale Basis. Das nennt man wohl Fortschritt.

Dass gleichzeitig „die Wissenschaft“ als unhinterfragbare Autorität ins Feld geführt wird, um bestimmte politische Sichtweisen durchzuprügeln, unter dem Banner „follow the science“, springt einem als eklatanter Widerspruch und absurd ins Auge. Es ist aber nicht die herkömmliche (tatsächlich selbst-kritische) Wissenschaft aus bürgerlich-aufgeklärter Tradition gemeint, sondern das von den „richtigen“ Angehörigen des Wissenschaftsbetriebs – den Erleuchteten – als neue Orthodoxie behauptete, gestützt durch einen politisch determinierten „Konsens“ („the science is settled“, wie angeblich beim „Klima“).

Die Autorität ist nicht begründet durch objektive Wahrheit und Unwiderleglichkeit, sondern sie wird einfach frech beansprucht und bestenfalls untermauert durch Übereinstimmung mit dem Zeitgeist, den man freilich selbst produziert hat und in dem die Vielzahl der Opportunisten willig mitschwimmt. Die suggerierte Beweiskraft basiert damit fast ausschließlich auf einem sozialpsychologischen Zirkelschluss: die Lemminge als Erleuchtete.

Keine Gleichberechtigung für die Falschen

Die Auflösung von Kategorien und Verbindlichkeiten im Bereich der Sprache, Bedeutung und Logik greift unvermeidlich über auf Moral und Ethik. Auf Moral – die Teilung der Welt und des Verhaltens von Menschen in gut und böse – kann genau so wenig verzichtet werden wie auf Sprache; auch die Moral dient natürlich als Machtinstrument, das den Unterdrückern aus den Händen gerissen und zu eigenen Gunsten umdefiniert wird: der Gegner kann damit disqualifiziert und bestraft werden.

Ein falsches, böse diskriminierendes Wort – interpretiert als Akt der Unterdrückung – ist schon „Gewalt“ und rechtfertigt damit auch eine gewaltsame Reaktion, ob nun eingeschlagene Scheiben oder eine Gefängnisstrafe. (Das eine kommt von der „Antifa“, das andere vom Staatsanwalt; die Grenzen verfließen neuerdings.) Eines unterdrückten Individuums „Gefühle zu verletzen“ wird behandelt wie physisches Verprügeln.

Moral hängt unmittelbar an der Gruppenzugehörigkeit, deshalb kommt es zentral darauf an, wer etwas macht. Nicht die Tat als solche ist entscheidend, sondern ob die Handlung durch einen „Privilegierten“ gegen einen Unterdrückten begangen wird. Als Unterdrückter oder Anwalt der Unterdrückten hingegen kann man unverhohlen zu Gewalt aufrufen und braucht seine Wörter auch nicht auf die Goldwaage legen zu lassen, denn diese sind dann im Zweifel aus dem Kontext gerissen worden, wobei „Kontext“ letztlich nur heißt, dass man selbst auf der richtigen Seite steht und daher gar nichts Böses getan haben kann.

Nur Kapitulation kommt infrage

Einheitliche Spielregeln und Maßstäbe für alle miteinander (politisch) konkurrierenden Gruppen gibt es generell nicht mehr – ein typisches Beispiel: Funktionsträger des Gesundheitswesens rechtfertigten es in der Akutphase der Covid-Lockdowns in Amerika 2020 ausdrücklich, dass abertausende von linksradikalen Protestlern sich dicht gedrängt auf den Straßen tummelten und mit Sprechchören potenziell Viren verteilten, während Schulkinder zuhause eingesperrt und auf Video-Lernen verwiesen wurden. Die angebliche Unterdrückung der Schwarzen (durch Polizeigewalt) übertrumpfte die Gefahr einer Covid-Ansteckung – aber nur für die Angehörigen der „guten“ gesellschaftlichen Teilgruppen.

Das ist arrogante Dummdreistigkeit in einem Spiel ohne Grenzen, in dem man alle Regeln nach Belieben umdefiniert und sich selbst zum Schiedsrichter ernennt. Gleichheit vor dem Gesetz, gleiche Spielregeln für alle: von „woker“ Seite stolz aufgekündigt. Alles, wirklich alles ist nur noch Mittel zum Zweck. Damit werden zwangsläufig auch Demokratie und Rechtsstaat insgesamt als Prinzipien der Organisation des Gemeinwesens und als Garanten von Fairness und Berechenbarkeit ausgehebelt.

Die Interessengegensätze zwischen Unterdrückern und Unterdrückten sind auch nicht auflösbar, vermittelbar. Nur Kapitulation kommt infrage: Die bisher fälschlich „Privilegierten“ unterwerfen sich und lassen sich von den bisher Unterdrückten die Regeln des Erlaubten diktieren. (Man denke an die symbolischen Kniefälle von Politikern und Polizisten gegenüber Black-Lives-Matter-Aufrührern. Zum Fremdschämen.)

Fortschritt der Menschheit – Schluss damit!

Die bisherige Betrachtung ging aus von den Konfliktthemen und sozialen Emanzipations-Bewegungen (Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung), die nun in der „woken“ Revolution gipfeln. Es ist offensichtlich, dass die gleichen Mechanismen auch auf den anderen Themenfeldern greifen, die die politische Debatte seit Jahrzehnten zunehmend dominieren: „Soziale Gerechtigkeit“ insgesamt, nicht zuletzt im internationalen Kontext; die „Umwelt“ – inzwischen allerdings massiv verengt auf Energie und Klima; neuerdings auch eine verabsolutierte „Gesundheit“, aber ebenfalls massiv verengt: etwa auf bestimmte Maßnahmen der Virenbekämpfung.

Ob „ganzheitlich“ oder selektiv argumentiert wird, ist eine Frage der politischen Opportunität; häufig skurril – gar bizarr – und zwanghaft sind die mutwilligen Quer-Verbindungen, die täglich neu aktivistisch-akademisch geknüpft werden, zwischen „Klima“ und allem anderen, „Gesundheit“ und allem anderem; „sozial ungerecht“ ist ohnehin alles und jedes. CO2 macht Kinder übergewichtig, diskriminiert „schwarze“ Minderheiten und verursacht islamistischen Terror, so sieht es aus im „woken“ Weltbild. (Gad Saad)

Alles ist moralisch massiv aufgeladen und jedes Mittel zulässig, um das angeblich unbedingt Notwendige durchzusetzen. Die „formalen“ Spielregeln des gesellschaftlichen Diskurses und fairen Ausgleichs konkurrierender Interessen werden diskreditiert und müssen hinter den „inhaltlichen“ Notwendigkeiten zurückstehen. Psychologisch wie politisch herrscht ein permanenter Ausnahmezustand.

Die revolutionäre Radikalität steht aber diametral zur Realität: Der Menschheit ging es nie so gut wie bis vor kurzem, sagen wir 2019. Alle statistisch-empirisch fassbaren Indikatoren zeigten weltweit einen atemberaubenden Fortschritt, was materiellen Wohlstand und Sicherheit, Freiheitlichkeit der Lebensumstände, Abwesenheit von Krieg und nicht zuletzt Sauberkeit der natürlichen Umwelt angeht. Sicher noch kein Paradies auf Erden, aber noch sicherer kein Grund zur Panikmache und Aufkündigung der bisherigen Prinzipien der „westlichen“ Politik, der all diese Fortschritte zu verdanken waren.

Ausgerechnet in den am weitesten entwickelten Gesellschaften wird am lautesten über angebliche Ungerechtigkeit geklagt und militant gegen „das System“ gekämpft. Gleichzeitig werden aber universale Menschenrechte durch Kultur-Relativismus geleugnet, die Verletzung von Freiheitsrechten nur selektiv als Argument verwendet: Israel wird als Apartheid-Staat und Unterdrücker der „Palästinenser“ diffamiert, während die tatsächliche Unterdrückung der Frauen und Tötung von Homosexuellen in islamischen Ländern offenbar kulturell gerechtfertigt ist.

Totale Kontrolle durch „Cancel Culture“

Unmöglich, in all dem eine insgesamt nachvollziehbare innere Logik ausmachen zu wollen: All die ideologischen Bruchstücke, aus denen kein organisches Ganzes werden kann, sind zwar instrumentell (propagandistisch) notwendig, aber es bedarf offensichtlich für den revolutionären, relativistischen Zeitgeist einer anderen Erklärung, sozusagen außerhalb seiner selbst – also eines Blicks hinter die Kulissen, die von den vordergründigen Narrativen der moralisierenden Umstürzler gebildet werden.

Das einzige, was ihre „Argumente“ und ihr konkretes Verhalten konsistent kennzeichnet, ist die obsessive Fixierung auf Macht und Kontrolle. Dass die bisherigen Eliten (des weißen Patriarchats) alle Kultur nur zugunsten ihrer Macht ausgeformt hätten, ist offensichtlich weltfremd: eine perfide Unterstellung, in Wahrheit eine Projektion des eigenen Weltbilds! Zugleich und vor allem natürlich ein moralisierendes Rechtfertigungs-Narrativ für die revolutionäre Tat und eigene Politik, die den offenbar erwünschten Niedergang der westlichen Gesellschaften bewirken kann.

Die ideologischen Fragmente und politischen Forderungen der marxistisch-postmodernen Aktivisten sind aber nicht anschlussfähig an die Lebensumstände und Erfahrungswelten der Normalbevölkerung, so wie die Avantgarde des Proletariats von den tatsächlichen Arbeitern nicht als Anführer akzeptiert wurde.

Die Weltverbesserer-Gutmenschen bedürfen deshalb unbedingt der Kontrolle des öffentlich Sagbaren und der massiven Zensur, zumal nachdem per Internet „leider“ jeder (theoretisch) ein unbegrenztes Publikum erreichen kann. So wird „Cancel Culture“ als unbedingte Notwendigkeit verständlich. Die Zensur ist dabei nur der Anfang. Es folgen offene Kriminalisierung, Einschüchterung und Entzug der Lebensgrundlagen (Verlust des Jobs, Sperrung jeder Bankverbindung).

Aber warum wollen die Aktivisten diese totalitäre Macht überhaupt? Dient sie bestimmten (vielleicht nicht öffentlich kommunizierten) „inhaltlichen“ Zwecken? Das auch, aber man muss Macht nicht zuletzt als natürliches soziales und psychologisches Phänomen mit einem starken Eigenleben begreifen: Macht über Andere zu haben, ist für manche Menschen auch ganz unabhängig von „Inhalten“ erstrebenswert. Dabei ist der Aufstieg in einer Hierarchie auf Grundlage echter Kompetenz im Rahmen einer Meritokratie auch völlig legitim. Leider zieht Macht genau die Falschen besonders in ihren Bann und neigt außerdem dazu, mit ihren Verlockungen selbst die besseren Charaktere zu korrumpieren.

Macht als Instrument des Nihilismus

Im Extremfall kann Macht als Ventil dienen, um Ressentiments abzuarbeiten, sogar sadistische Gewaltphantasien auszuleben. Politischer Aktivismus dient häufig der Kompensation von Defiziten im privaten oder persönlichen Umfeld, nicht zuletzt als Ersatz für fehlenden Sinn des Lebens (Peterson spricht von „Bedeutung“ als grundlegendem Antrieb und Ziel menschlichen Strebens). Die Leere in der Seele eines Menschen, verursacht durch die Auflösung traditioneller Bindungen (Familie, Kinder, örtliche Gemeinschaft), speziell auch das Verblassen der religiösen Sinngebung – sie muss gefüllt werden.

Die perverse Ironie des zeitgeistigen Denkens liegt darin, dass die tradierten Quellen der Sinngebung bis aufs Messer bekämpft werden, als ob dafür Sorge getragen werden solle, dass immer mehr Menschen einen Ersatz-Sinn des Lebens in politischem Aktivismus suchen müssen. Politisiert und auf die Makro-Ebene der Gesellschaft verlagert wird auch die Moral: Ziel ist nicht mehr, dass man im eigenen Leben das Gute dem Bösen vorzieht, sondern dass man das große Ganze „gerecht“ gestaltet, zugunsten immer abstrakterer Anforderungen.

Wer „Mutter Erde“ rettet, am liebsten in utopischer Zukunft, hat damit soviel moralisches Kapital erworben, dass es im Kleinen nicht mehr darauf ankommt. Anderen Menschen, auch großen Teilen der Gesellschaft materielle Sicherheit zu nehmen, ihnen sogar Gefahr für Leib und Leben zuzumuten, ist dann „um der großen Sache willen“ notwendig.

Von einem halb naiven, scheinbar noch rational (wenn auch zynisch) abwägenden politischen Aktivismus, der das (behauptete) kollektive Wohl zukünftiger Welten verabsolutiert, ist es nicht weit zu einem schrankenlosen zynischen Nihilismus, der sich selbst genügt und für den moralische Ansprüche von vornherein keine Rolle spielen, oder nur noch als Narrativ.

Letztlich sind die großen Weltenretter und Hypermoralisten immer bereit, auch wirkliche Menschenopfer zu bringen, und sie tun es gegenwärtig schon in großer Zahl: von den bei Black-Lives-Matter-„Protesten“ getöteten Polizisten über die medizinisch aberwitzige „Impfung“ sogar von Kleinkindern und Jugendlichen bis zu Millionen Menschen in Entwicklungsländern, die aufgrund verweigerter sicherer Energie, Düngemittel und Nahrung völlig unnötig sterben.

Gerade hinter dem Aktivistenkampf für „den Planeten“ versteckt sich eine ebenso abgründige Menschenfeindlichkeit, wie sie die totalitären Regimes des 20. Jahrhunderts praktiziert haben. (Unbedingt ansehen: Jordan Peterson im Gespräch mit Alex Epstein.) Der pathologische Todeskult des Zeitgeists zeigt sich in Abtreibungs-Fanatismus (bis nach der Geburt) ebenso wie im ungenierten Revival der Euthanasie-Bewegung, etwa im besonders „fortschrittlichen“ Kanada.

Teil 1 finden Sie hier.

Lesen Sie morgen: Was für ein neuer Totalitarismus ist das nun?

Michael W. Alberts hat langjährige Erfahrung in der Politikberatung und in politischer Kommunikation, auch zugunsten von Funktionsträgern der Liberalen, und betätigt sich nebenberuflich publizistisch.

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Gerald Weinbehr / 02.03.2023

“Es gibt [...] nur einen Kampf der Gruppen von Unterdrückten gegen ‘das System’, die Hierarchien, die Ungerechtigkeiten, die schon in jeder Form von Ungleichheit erkennbar sind.” - Ich hoffe ja immer noch, dass die “Gruppen von Unterdrückten” (“Kartoffeln”, alte weiße Männer, überhaupt alle Männer, Anhänger der traditionellen Familie, ... - eben die Wurzeldeutschen) irgendwann anfangen, gegen “das System” (Herrschaft des polit-medialen Komplexes), gegen Hierarchien (Linksgrüne oben, der Rest hat zu kuschen) und gegen Ungerechtigkeiten (“Kartoffeln” zahlen für alle) zu kämpfen. Der Druck im Kessel steigt kontinuierlich. Die Linksgrünen könnten - KÖNNTEN - schaffen, dass es sogar dem dt. Schnarchmichel zu viel wird.

Dr. Rolf Lindner / 02.03.2023

WOHIN MIT DEN LÜGNERN? - Wie sollen wir denn einst verfahren mit den medialen Lügnerscharen, wenn sich der Zeitgeist wendet, das Reich der Lüge endet? - Wohin mit den Chaoten oder den stets Devoten, die finden noch daran gefallen, das Lied der Mächtigen zu lallen? - Statt am Wohl des Volks zu saugen, könnten die etwa dazu taugen, das Wohl des Volks zu mehren, wenn sie die Straßen kehren? - Könnte man sie je benutzen, irgendwo ein Klo zu putzen, was sollten sie vor allen Dingen bei ihren lieben Flüchtlingen? - Die jetzt verbreiten Lügenschleim, stecken wir in ein Pflegeheim, in dem sie statt zu schwindeln, Alte und Kranke windeln. - Ich würde allzu gerne sie sperren in eine Kaserne, von der ausrücken sie am Morgen, den Müll Aufrechter zu entsorgen. - Das alles wären Tätigkeiten, müssten ehrlich dafür arbeiten, könnten so nicht mehr verbreiten, tagtäglich ihre Unwahrheiten.

Johannes Hoffmann / 02.03.2023

Du mußt einem Voken-in nur anständig was aufs Maul hauen, dann schreit er/sie/es allenfalls noch nach seiner Mama. Die erstrebte Herrschaft über uns erlangen sie nämlich nur, wenn wir sie ihnen überlassen.

Dr. Klaus Schmid / 02.03.2023

Erfunden hat das die unselige Merkel: Mit dem Tot-Schlagwort “alternativlos” hat sie allen Menschen absichtlich die Freiheit genommen und (fast) alle Medien und Politiker haben gejubelt, so wie es hierzulande eben üblich ist. Nach dieser Erfolgsgeschichte haben die GrünRoten das Konzept einfach für alle Lebenslagen perfektioniert.

Thomin Weller / 02.03.2023

Es ist eine echte Verschwörung in Gange und wird zum Selbstläufer. Nicht nur die millionen Migranten auch „Cancel Culture“ gehört zu Strategie der Anomie “Durkheim sieht Anomie als einen Zustand der sozialen Desintegration” aller Bürger. In der Kriminalistik werden die Inhalte wie anomie-druck in Bezug auf Clans gelehrt. Dazu suchen - soztheo kriminalitaetstheorien anomiebegriff-durkheim -.—>“zum „woken“ Denken: Er besteht in der Auflösung klarer Kategorien durch literarisch-linguistische Interpretations-Kunststücke, die zu völliger Beliebigkeit führen.”<—Nicht nur Beliebigkeit, auch die unsägliche Büchner Justizhure leistet ihren woken Beitrag zur Rechtsnihilismus und Kulturzerstörung. Der hervorragende Artikel von Caitlin Johnstone erklärt einen größeren Zusammenhang—>“Die Macht der machtdienenden Propaganda – Notizen vom Rand der narrativen Matrix. Meine Nachforschungen haben mich zu einem Schluss geführt: Es gibt eine Verschwörung der Eliten, die uns alle versklaven und uns alle in gehirngewaschene Automaten verwandeln wollen. Automaten, die gedankenlos die Wünsche ihrer Herrscher in einer grausamen Dystopie umsetzen, welche von den Mächtigen für die Mächtigen erschaffen wurde.”<—Original in Englisch “Free Speech Is For Fighting The Empire: Notes From The Edge Of The Narrative Matrix” Während aus dem Westen die gesamte Militärmaschine nach Europa kommt, befindet sich die Bundeswehr im Pazifik zu einer Kriegsübung Talisman Sabre 2023.

Rollo Tomasi / 02.03.2023

Letztlich ist der permanente Ausnahmezustand ein hysterisch inszeniertes , boshaftes Gelegenheitspektakel , mit dem “das Menschenmaterial ” , - mehrfach unterwürfigkeitstauglich vorsortiert-, in den bargeldlosen Verkehr gelockt wird , für die Realisierung einer unkündbaren Macht . Wer das nicht zu erkennen vermag , hat noch nicht einmal angefangen ,über die Zukunft des Westens nachzudenken .

Michael Eiber / 02.03.2023

Zu den erkennbaren Persönlichkeitstypen (narzisstischer und histrionischer Typ) muss noch ein metaphysischer Aspekt hinzugezogen werden, um den Zirkus begreifbar zu machen. “Locus-of-Control”, heißt das Konzept, mit dem die Psychologie die Prädisposition des Subjekts bezeichnet, ...WO… die Veränderung stattfinden muss, damit die individuellen Bedürfnisse befriedigt werden können. Da wird ganz schön was verlangt! Es ist ein Forderungsterror, der nicht in die erwachsene Lebenswelt passt. Die ganze Welt muss “verändert werden”, nicht gerettet. - Der Begriff der Weltrettung ist tatsächlich eine fehlerhafte Interpretation, ein Euphemismus. - Die Täuschungsabsicht oder bewusste Irreführung besteht genau darin, dass die existenziellen Bedürfnisse hartnäckig als gesellschaftliche Aufgabe GEOUTET werden. Geoutet heißt, nach Außen übertragen, in die Welt projiziert… Die extreme Asymmetrie zwischen dem fordernden Individuum und dem Außen sorgt für eine gut wahrnehmbare “Überwältigungsargumentation”, die beinah tagtägliche Verarsche der Aktivisten. Achten Sie mal darauf. Es sind immer alle, die was tun müssen, damit das “Früchtchen” (regressives Ich) sich wohl fühlt.

Thomas Szabó / 02.03.2023

Meine These: Jede hohe Zivilisation hat ihre minderwertigen Abfallprodukte. Diese bekämpfen die hohe Zivilisation, aus Hass, Neid, Wahn, Machtgier, Kompensation des Minderwertigkeitskomplexes. Der Müll strebt an die Macht und trachtet naturgemäß alles erhabene, schöne, starke, gesunde zu zerstören. Der Müll importiert Müll, um durch schiere Übermacht, durch eine Flut von Scheiße nach oben gespült zu werden. Sehen wir uns die grüne Elite an: Fette, faule Versager, in einer gesunden Gesellschaft nur Abschaum, Außenseiter, sozialer Untersatz, Schmarotzer, Fußabtreter. In einer woken Gesellschaft elitäre Klassenkämpfer. Ricarda Lang, nie gearbeitet, nichts geleistet, keinen Gramm abgenommen, in einer gesunden Gesellschaft ein fettes Stück nichts, in der Wokeria ist der “weiße alte Mann” der Sündenbock für ihr Versagen. Sie sagen: “Ich bin arm, weil du reicht bist.” Ich antworte: “Ich bin reich, weil ich klug & fleißig bin und du bist arm weil du dumm & faul bist.”

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