Chaim Noll / 26.01.2020 / 06:12 / Foto: Freud / 124 / Seite ausdrucken

Tagesschau-Kommentar: Gebühren für Großmanns-Allüren

Als in Deutschland die Gebühren für Rundfunk und Fernsehen eingeführt wurden, eine klassische Zwangsabgabe, habe ich mich gefragt: Wann kommt die Salzsteuer? Sie galt in meiner Kindheit als Sinnbild absolutistischer Despotie, mein Geschichtslehrer konnte nicht oft genug darauf hinweisen, wie rechtlos die armen Untertanen in früheren Zeiten waren, wenn der Herrscher nach Belieben Steuern erheben und eintreiben konnte…

Millionen Deutsche zahlen seither brav die neue Steuer für aufgeblähte Apparate, in denen opulente Intendanten-Gehälter vergeben und gewaltige Geldsummen herumgeschoben werden – ganz wie in der großen alten Zeit. Dafür bekommen sie Staatspropaganda, etwa diesen Kommentar von Sabine Müller, Redakteurin beim Hessischen Rundfunk, am 23.1.2020 in der landesweiten Nachrichtensendung Tagesschau:

„Dieser Tag in Jerusalem sollte ein Tag des würdigen Gedenkens sein und ein eindrucksvolles Signal für den gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus. Wie traurig, dass das nicht überzeugend geklappt hat. Ja, vieles war würdig und überzeugend, und dazu hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beigetragen. Eine Rede über deutsche Schuld und deutsche Verantwortung, darüber, dass es keinen Schlussstrich geben darf (…) Das war würdig. Unwürdig war dagegen, wie Israel und Russland diesen Gedenktag teilweise kaperten. Wie sie vor der offiziellen Veranstaltung sozusagen ihre eigene politische und erinnerungspolitische Privatparty feierten (…) Was ein würdiger Tage mit eindrucksvollen Signalen sein sollte, hinterlässt einen schalen Nachgeschmack...“

 „Klappen“ ist ein Wort aus der preußischen Kasernenhofsprache und hat eigentlich in einem ambitionierten Kommentar nichts zu suchen. Denn als solcher war Frau Müllers Wortmeldung gemeint: Hier wurde von oben herab, aus deutscher Kultur-Attitüde, Juden und Russen zu verstehen gegeben, wie sie sich besser zu benehmen hätten. Und diese Attitüde war verbunden mit einem Fast-Analphabetismus seitens der Schreiberin – eine bekannte Kombination. Der irrsinnige Anspruch auf weltweite Deutungshohheit, verbunden mit offensichtlicher Unfähigkeit. Frau Müller, Sachwalterin von Kultur und „Würde“, gebricht es bereits an Sprachgefühl in ihrer Muttersprache. „Wie traurig, dass das nicht überzeugend geklappt hat“ – schon die scheußliche Doppelung „dass das“ hätte jeder professionelle Schreiber vermieden.

Die von den Bürgern eingetriebene Steuer dient der Hofberichterstattung

Der Kommentar musste schnell geschrieben werden, die Apotheose Steinmeiers, ehe der ganze Mann vergessen ist. Sie legt los wie eine Siebentklässlerin, der die Lehrerin an den Rand schreibt: „Auf den Ausdruck achten!“ Es bleibt rätselhaft, wie sie in den Journalismus geraten ist. Wie sie überhaupt auf die Idee kommen konnte, Schreiben zu ihrem Beruf zu machen. Vielleicht muss es einmal gesagt werden: Schreiben, zumindest Schreiben für die Öffentlichkeit, ist eine richtige Arbeit. Eine Tätigkeit, die Können erfordert, Talent und Sprachkenntnis. Nicht jeder ist dazu imstande. Intelligente Menschen erkennen im Verlauf von Kindheit und Jugend, wozu sie geeignet sind, aber auch, wozu nicht. Ich erinnere mich, dass ich in meinen Kinderjahren Pilot, Ballett-Tänzer oder Konditor werden wollte, allesamt interessante Berufe – nur fehlte mir jede Eignung dazu.

Wie Frau Müller zum Schreiben. Sie traut es sich trotzdem zu, an offizieller Stelle, in der wichtigsten Nachrichtensendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Die Aufgabe, für die sie dort in Wahrheit bezahlt wird, hat sie erfüllt: den deutschen Bundespräsidenten als den einzigen „würdigen“ Redner in Jerusalem herauszustellen. Denn die von den Bürgern eingetriebene Steuer dient der Hofberichterstattung. Frau Müller hat zugleich – wenn auch unfreiwillig – den Beweis erbracht für das bisschen, was an Steinmeiers Rede interessant war: sein Eingeständnis, viele Deutsche hätten aus der katastrophalen Geschichte ihres Landes nichts gelernt.

Sie belehrt, kaum ihrer Muttersprache mächtig, im deutschen Fernsehen andere Völker, dazu nimmt sie deutsche Großmanns-Allüren an und demonstriert vor aller Welt, was eine israelische Zeitung als Überschrift über Steinmeiers Rede setzte: German president says Germans haven’t learned lesson of Holocaust. Und die deutschen Steuerzahler müssen sie dafür bezahlen. Wollen sie das wirklich tun? Ich weiß nicht, welche Möglichkeiten es gibt, zu protestieren, Einspruch zu erheben, zu verweigern. Aber eins ist sicher: Es wäre falsch, dazu zu schweigen.

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M. Simon / 26.01.2020

Es ist einfach nur noch peinlich - unsere Politiker und Qualitäts-Journalisten erklären aller Welt, wie sie sich zu verhalten haben. Die glauben wirklich, sie könnten Trump, Johnson, Kurz etc. maßregeln - tun sie dies mit Israel, und dann auch noch bzgl. des Holocaust-Gedenkens, ist in der Tat der Gipfel der Geschmacklosigkeit und Geschichtsvergessenheit erreicht. Und die Feinde des Westens lachen sich tot. Erdogan verarscht Merkel nach Strich und Faden, Putin dito, der Iran freut sich über deutsche Unterstützung, die radikalen Moslems in Deutschland verachten Ihre Fürsprecher und randalieren munter auf den Straßen. Lieber Herr Noll, seien Sie froh, dass Sie in Israel eine andere Regierung haben - Sie können wirklich stolz sein auf Ihre neue Heimat. Lassen Sie sich nicht entmutigen und schreiben Sie weiter viele schöne Bücher! Herzliche Grüße M. Simon

Jens Richter / 26.01.2020

@dr. michael kubina…Das ist kein Satz und soll auch keiner sein. In der Rhetorik werden derartige Elipsen zur Pointierung verwendet. Was sagt uns Ihr Doktorgrad?

Werner Arning / 26.01.2020

Jemand sagte einmal, die schlimmste Kombination sei Dummheit gepaart mit Arroganz. Jetzt weiß ich, was er gemeint haben könnte. Gar nicht selten werden Besserwisser von Dummheit heimgesucht. Beides kann chronisch verlaufen. Chronische Besserwisserei bei chronischer Dummheit. Der Deutsche neigt ein bisschen zu beidem. Nicht jeder Deutsche, aber es kristallisiert sich in regelmäßigen geschichtlichen Abständen eine bestimmte Gruppe Deutscher heraus, die diese Eigenschaften zu verkörpern scheinen und sie übernehmen leider jeweils offensichtlich das Regiment. Sie werden dann meinungsführend. Sie führen den Rest der Bevölkerung an einer Hundeleine hinter sich her. Und sind fest davon überzeugt, sie seien im Recht. Sie sind fest davon überzeugt, es besser zu wissen als die Anderen. Und dann belehren sie diese. Jetzt wird es unangenehm und häufig peinlich. Sie belehren gar die Angehörigen derjenigen, welche den Deutschen in früheren Zeiten zum Opfer gefallen waren, darüber, in welcher Art und Weise sie ihren getöteten Vätern und Müttern heute angemessen zu gedenken haben. Denn auch dieses weiß ein dummer Belehrender besser. Mitunter wird es auch brandgefährlich für den Rest der Welt. Vor allem für direkte Nachbarn. Belehrende treten wortgewaltig auf, trotz der Dummheit, die wortgewaltig verbreitet wird. Und unter Gesinnungsgenossen stützen sie sich. Geben sich gegenseitig recht. Werden mit jedem Satz, den sie aussprechen immer überzeugter von der Richtigkeit des eigenen Denkens. Sie steigern sich zur Höchstform und nun wird es unangenehm für Außenstehende. Denn sie werden gegenüber diesen, stetig unnachgiebiger, intoleranter. Verlieren nach einiger Zeit völlig ihre Contenance. Werden immer frecher. Verlautbaren Dinge, die keinen Widerspruch mehr zulassen. Denn sie sind immer überzeugter von sich. Empören sich. Bestrafen bei Zuwiderhandlung. Verbieten anderslautende Aussagen. Erlassen Gesetze. Denunzieren, sperren ein. Wenden Maßnahmen an. Nun rette sich, wer es noch kann.

Christopher Sprung / 26.01.2020

Extrem beschämend:  die Tagesschau stellt einer deutschen Welt-Oberlehrerin die beste Sendezeit zur Verfügung. Leider sind die meisten linksgrünen Journalisten zu innehaltender Selbstkritik und neutraler Weltsicht charakterlich und intellektuell nicht in der Lage. Denn ihr selbst gewählter Auftrag lautet: das Volk mit manipulativer Sprache erziehen; plus subtiles Auskeilen gegen “Rechte”;  plus Israel- und Russland-Bashing bei jeder sich bietenden Gelegenheit, selbst im Gedenken in Yad Vashem.

Peter Schneider / 26.01.2020

“Ich weiß nicht, welche Möglichkeiten es gibt, zu protestieren” - ich schon: Als erstes die Einzugsermächtigung beim “Beitragsservice” widerrufen und öfter mal 5 Cent zuviel oder zuwenig überweisen. Man kann einen Kontoauszug anfordern über die geleisteten Zahlungen. Das Spiel jeden Monat machen. RA Steinhöfel zeigt zudem die Möglichkeit auf, nach Widerruf der Einzugsermächtigung auf Barzahlung zu bestehen. Übrigens: § 15 Abs. 3 DSGVO gibt jedem Beitragszahler Auskunftsansprüche darüber, was der “Beitragsservice” mit seinen Daten macht. Das ist ein Rechtsanspruch. Formular findet man im Internet. Auf die Antwort dann unbedingt die Daten für frühere Zeiträume anfragen, die sie beim ersten Mal nicht mitschicken, weil es Arbeit macht. Ich bin meine Wohnsitz-Adressen bis 30 Jahre zurückgegangen. Und siehe da: da waren Fehler in meinem Datenprofil. Jetzt müssen sie nochmal ran. Später verhandle ich mit denen, welche Daten ich gelöscht haben will.

René Fries / 26.01.2020

“Dsi Lu sagte: der Fürst von We beabsichtigt, den Meister mit der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten zu betrauen. Was würde der Meister zuerst in Angriff nehmen? – Der Meister sprach: Was vor allem wichtig ist, das ist die Richtigstellung der Begriffe. – Dsi Lu sagte: Was soll das hier? Meister, du bist zu unpraktisch. Was nützt denn solche Richtigstellung? – Der Meister sprach: Du hast wirklich keine Lebensart, Lu! Ein gebildeter Mensch, der etwas hört, was er nicht versteht, versucht bescheiden Aufklärung zu erhalten. Wenn die Dinge nicht richtig bezeichnet sind, so stimmen die Worte nicht mit den Tatsachen überein. Stimmen aber die Worte nicht mit den Tatsachen überein, so ist es unmöglich, etwas richtig zu Ende zu bringen. Ist es aber unmöglich, etwas richtig zu Ende zu bringen, so können gute Sitte und Musik nicht gedeihen. Gedeihen aber gute Sitte und Musik nicht, so können Gesetz und Recht ihren Zweck nicht erreichen. Und wenn Gesetz und Recht ihren Zweck nicht erreichen, so weiss das Volk nicht, was es tun und was es lassen soll.” Denn: “Man kann das Volk dazu bringen, das Rechte zu tun. Man kann es aber nicht dazu bringen, das Rechte zu begreifen.” Denn: “Es gibt Menschen von Bedeutung, die ohne moralischen Wert sind. Nie aber kommt es vor, dass beschränkte Menschen moralischen Wert haben.” Denn: “Der höhere Mensch sieht stets darauf, was recht ist, der gewöhnliche sieht nur, was ihm Vorteil bringt.” (“Worte des Konfuzius”, Goldmann Taschenbuch, Band 914, S. 78 ff)

Andreas Müller / 26.01.2020

Es ist doch erstaunlich, daß die Kommentatorin nicht noch den amerikanischen Präsidenten mit hineingerührt hat, denn wie wir ja vom grünen Parteivorsitzenden erfahren haben, ist derselbe die Ursache all unserer Probleme.

H. Stellbruch / 26.01.2020

Je länger der Holocaust zurückliegt, desto mehr werden die Deutschen zu Widerständlern gegen die Nazis. Je weniger sie von den grauenhaften menschlichen Untiefen deutscher Verbrechen wissen, desto genauer können sie die Welt darüber belehren. Vor 80 Jahren erklärte Deutschland der Welt den Krieg. Jetzt erklärt es ihr den Frieden - und es ist den moralischen Herrenreitern nicht einmal peinlich. Ich schäme mich angesichts dieses Kommentars und der Rede unseres obersten SPD-Politikers und hoffe, dass meine jüdischen Freunde wissen, dass wenigstens einige Deutsche versuchen, aus dem Holocaust zu lernen, ohne die moralische Überheblichkeit dieser Leute.

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