Peter Grimm / 02.07.2019 / 14:30 / Foto: pixabay / 26 / Seite ausdrucken

Sündenbock-Suche beim Strom-Notstand

Für Leser der wöchentlichen Strom-Bilanz auf Achgut.com war diese Nachricht bei Spiegel-Online keine Überraschung. Allenfalls der alarmistische Ton überraschte, mit dem diesmal nicht der Weltuntergang, der bei scheiternder „Klimarettung“ droht, beschworen wurde, sondern der drohende Zusammenbruch der Stromversorgung:

„Im deutschen Stromnetz herrschten zuletzt chaotische Zustände: Elektrizität wurde knapp, Nachbarländer starteten Hilfsaktionen, die Preise explodierten.“

Das Nachrichtenmagazin berichtet unter Berufung auf den Netzbetreiber Amprion, dass am 6., 12. und 25. Juni teils deutlich weniger Elektrizität ins Netz eingespeist worden sei, als verbraucht wurde.

„Die "starke Unterspeisung" sei im sogenannten Markt für Regelenergie aufgetreten, sagte ein Amprion-Sprecher. Dieser dient dazu, kurzfristige Schwankungen auszugleichen, die teils binnen Minuten auftreten. Die Vermeidung solcher Unregelmäßigkeiten ist für die Versorgungsstabilität essenziell wichtig. Gerät das System aus der Balance, schwankt auch die sogenannte Stromfrequenz - was ganze Fabriken aus dem Takt bringen kann.

"Die Lage war sehr angespannt und konnte nur mit Unterstützung der europäischen Partner gemeistert werden", sagte der Amprion-Sprecher.“

Im Klartext, die Nachbarstaaten, die wir so gern bedrängen, nach deutschem Vorbild gleichzeitig aus Atom- und Kohleenergie auszusteigen, haben den Moral-Weltmeister gerettet. Offenbar ist das aber kein ganz billiges Vergnügen:

„An der Strombörse, wo die Regelenergie gehandelt wird, schlugen in der Folge die Kurse aus. Eine Megawattstunde kostete am vergangenen Samstag in der Spitze 37.856 Euro, obwohl man sie in ruhigen Zeiten teils schon für zehn Euro bekommt. Insgesamt lagen die Regelenergiekosten am 29. Juni bei rund 17 Millionen Euro, an normalen Tagen kommen teils nur wenige Tausend Euro zusammen.“

Müssen wir uns nun auf mehr solche Nachrichten einrichten? Was ist, wenn es mal schief geht? Spätestens dann werden selbst die Energiewende-Begeisterten danach fragen, wie das passieren konnte. Gut, wenn man da schon mal eine Antwort parat hat und nicht erst lange nach dem Sündenbock suchen muss:

„Marktteilnehmer, darunter die Firma Next Kraftwerke, vermuten hinter den Engpässen im Juni das Werk von Spekulanten. Es besteht demnach der Verdacht, dass Händler Versorgungslücken im Regelenergiemarkt zunächst bewusst nicht ausgeglichen hätten, um später höhere Gewinne einzustreichen.“

Natürlich, der gemeine Spekulant – diese Ausgeburt des bösen Kapitalismus – ist schuld, weil der aus Versorgungslücken beim Strom seinen Profit saugen will. Darauf können sich Politik und Medien, also die Träger der veröffentlichten Meinung, sicher im Ernstfall mehrheitlich einigen. Die gemeine Frage, wieso überhaupt erst die Versorgungslücke entstehen konnte, wird lieber nicht gestellt. Wer will schon Energiewende und „Klimarettung“ in Frage stellen? Muss ja zum Glück auch keiner. Der passende Sündenbock für den Strom-Notstand ist ja gefunden: Der Spekulant!

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

Foto: Pixabay

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Karl-Heinz Vonderstein / 02.07.2019

Passt zwar jetzt hier nicht so hin, aber Charlotte Roche forderte jetzt in einem Interview für Brigitte.de, dass Deutschland sofort aus der Kohle aussteigen soll und um Strom zu sparen, sollen alle nach 22 Uhr das Licht ausmachen. Frau Roche ist seit einigen Monaten Mitglied der Grünen.

Rudolf George / 02.07.2019

Alles Sabotage! Stalin lässt grüßen. Fehlen nur noch die Schauprozesse.

Reinhold Schmidt / 02.07.2019

Unsere politische Klasse aber auch ein Großteil unserer Gesellschaft hat offensichtlich jegliche Grundkenntnisse der Physik vergessen. Wahrscheinlich war das jeweils ein Freitags-Lehrstoff. Strom muss genau dann erzeugt werden, wenn er gebraucht wird - er kann nicht wie Kartoffeln im Keller gespeichert werden. D.h. immer dann, wenn ich abends nach Hause komme und den Lichtschalter umlege, muss ein entsprechender Stromgenerator diese Leistung bereit halten und dann den Strom produzieren. Sonst gibt es - hochskaliert - durch meine Schalterbetätigung einen “Blackout”. Das ist mit der Zappelerzeugung der “erneuerbaren” nicht machbar, selbst wenn man noch ein paar Quadratkilometer Solarpanele oder Tausende Windräder dazu baut. Nachts scheint einfach keine Sonne, der Wind weht auch nicht wie er soll und “Stromspeicher” in der notwendigen Größenordnung sind völlig utopistisch. Das ist ja keine neue Erkenntnis. Deshalb zitiere ich immer sehr gern Wilhelm Busch: Aus der Mühle schaut der Müller, Der so gerne mahlen will.  Stiller wird der Wind und stiller,  Und die Mühle stehet still.  So gehts immer, wie ich finde,  Rief der Müller voller Zorn.  Hat man Korn, so fehlts am Winde,  Hat man Wind, so fehlt das Korn. Offensichtlich versuchen eine Masse von Ideologen auf dem Weg der “Energiewende” den so schmerzlich ersehnten Marxismus endlich umzusetzen. Dabei werden Sie unterstützt von eine kaum noch überschaubaren Zahl von Klimakrisengewinnlern.

Andreas Rochow / 02.07.2019

Ein Blackout, wäre auf jeden Fall “Wasser auf die Mühlen der AfD”, würde die alternativlose große EEG-Koalition klagen.

Werner Geiselhart / 02.07.2019

Ich habe mich schon länger gefragt, welche Sprachregelung (Frame) beim ersten großen Blackout infolge der Energiewende zur offiziellen Anwendung kommt. Mein Tipp lautete: “Die Kohle-/Atomkraftwerke haben das Netz verstopft”. Natürlich wird dieses Argument nach deren Abschaltung nicht mehr haltbar sein, selbst das dumpfste grüne Gemüt wird den Schwindel bemerken. Jetzt hat SPON die Katze aus dem Sack gelassen: Der Spekulant ist schuld! Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, erstens der böse Kapitalismus und zweitens ist der erneuerbare Wackelstrom, der eigentliche Verursacher, aussen vor. Ich muss schon sagen, Augsteins Truppe leistet Framing-Arbeit vom Feinsten.

Petra Wilhelmi / 02.07.2019

Na hoffentlich stehen unsere Nachbarn mal nicht zur Verfügung. Und wenn unsere Nachbarn über die Strombörse aushelfen, sollte der Strom noch teurer werden. Leider müssen dann auch alle diejenigen darunter leiden, die immer wieder und wieder auf den ideologischen Unsinn aufmerksam gemacht haben. Ich glaube aber, dass es nur noch so geht, damit endlich die Linksgrünen-Wähler aufwachen und es endlich zu massiven Protesten gegen den Wahnsinn kommt, unsere Energieversorgung nur noch auf Wind und Sonne abzustellen. Übrigens, falls Deutschland noch arroganter als jetzt auftritt, wird sicherlich kein Geld der Welt andere dazu animieren, Deutschland Strom zu verkaufen. Wir wissen nicht, welche Regierungsparteien in ein paar Jahren in Europa den Ton angeben und wir wissen nicht, wer sich mit wem letztendlich zu einer neuen Wirtschaftszone freier Staaten zusammentut. Da wir halb Europa verärgert haben, sollten wir uns dann nicht wundern, wenn die alte Rechnungen mit uns begleichen.

Rolf Menzen / 02.07.2019

Alle Spekulanten sind Schweine, außer George Soros, der ist ein Heiliger.

armin wacker / 02.07.2019

Habe heute bei der FAZ einen Kommentar hinterlassen. Leider könnte ich meinen Kommentar nicht mehr lesen, weil die Freigabe länger gedauert hat als die Verschiebung hinter die Bezahlschranke. Noch Fragen?

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