Klaus-Dieter Humpich, Gastautor / 09.02.2024 / 06:00 / Foto: Pixabay / 27 / Seite ausdrucken

Strahlend nachhaltige Kreislaufwirtschaft

Der „Abfall“ in der Atomenergie lässt sich effektiv nutzen. Wie können abgebrannte Kernbrennstoffe (Ökosprech: „Atommüll“) wiederaufbereitet werden? Hier ein Überblick über die diversen Verfahren.

Die Wiederaufbereitung abgebrannter Kernbrennstoffe (Ökosprech: „Atommüll“) ist das zentrale Bindeglied für eine nachhaltige Nutzung der Kernenergie. Durch das Recycling werden aus dem Abfall unterschiedlich verwendbare Materialien gewonnen. Man kann sie zur Energieerzeugung weiterverwenden, und man kann dadurch die Problematik der „Endlagersuche“ beträchtlich entschärfen. In diesem Sinne ist das Verbuddeln von abgenutzten Brennelementen ökologisch, ökonomisch und sicherheitstechnisch die unbefriedigendste Lösung.

Vornehmste Aufgabe der Wiederaufbereitung ist die Trennung der Spaltprodukte – der nuklearen „Asche“ der Kernspaltung – von den Aktinoiden (Uran, Plutonium usw.). Aus den Aktinoiden kann durch schnelle Neutronen weitere Energie gewonnen werden. Wenn Brennelemente für konventionelle Leicht- und Schwerwasserreaktoren nicht mehr geeignet sind – man nennt das „abgebrannt“ – enthalten sie immer noch mindestens 95 Prozent Material, aus dem Energie gewonnen werden kann. Spätestens hier wird klar, welche Verschwendung ein Wegwerfen als „Atommüll“ nach deutschem Gusto wäre.

Die Einordnung der Wiederaufbereitung

Alle Verfahren zur Trennung von abgebranntem Kernbrennstoff sind chemische Prozesse. Entgegen der Behauptung von „Atomkraftgegnern“ werden dabei keine neuen radioaktiven Elemente erzeugt. Es werden höchstens radioaktive Stoffe verschleppt und dadurch Bauteile kontaminiert. Die können aber wieder gereinigt werden. Auf jeden Fall strahlen solche Verunreinigungen weniger als der ursprüngliche Kernbrennstoff und können deshalb lediglich auf Sondermülldeponien gelagert werden. Man unterscheidet Nassverfahren und pyrochemische Prozesse.

Nassverfahren

Der typische Vertreter eines Nassverfahrens ist der PUREX (plutonium uranium reduction extraction) Prozess, wie er z.B. in der französischen Anlage in La Hague industriell angewendet wird. Seit 2010 werden dort durchschnittlich 1.050 t pro Jahr aufgearbeitet und dabei 10,5 t Plutonium und 1.000 t/a sog. RepU (reprocessed uranium) zurückgewonnen. Das Plutonium wird unverzüglich zur Melox Anlage in Marcoule zur Verarbeitung zu MOX-Brennstäben (mixed oxide) transportiert. Aus diesen 120 t/a wird Brennstoff für 24 Druckwasserreaktoren der EdF mit je 900 MWel gewonnen. Beim PUREX-Verfahren wird der abgebrannte Brennstoff in Salpetersäure aufgelöst. Es entstehen diverse Salze in wässriger Lösung. Diese Lösung wird kräftig mit einem organischen Lösungsmittel (30 Prozent Tributylphosphat gelöst in Kerosin) durchmischt. Dabei gehen Uran und Plutonium in die organische Phase über, und die Spaltprodukte und minoren Aktinoide verbleiben in der wässrigen Lösung. 99,9 Prozent des Urans und Plutoniums werden zurückgewonnen, und etwa 3 Prozent des ursprünglichen Brennstoffs bleiben als hoch aktiver Abfall zurück und werden anschließend verglast. Die Trennung beider Phasen erfolgt rein physikalisch – Öl schwimmt auf Wasser. Uran und Plutonium werden durch einen weiteren Schritt (Umwandlung der +2 Ionen in den +3 Oxidationszustand, durch z.B. Eisen) voneinander getrennt, indem das Plutonium dadurch in diese wässrige Phase übergeht.

Das primäre Ziel bei diesem Verfahren ist die Gewinnung möglichst reinen Plutoniums. Das ist zwar günstig für die Herstellung von MOX-Brennstoff, kann aber andererseits auch zur „Plutonium-Bombe“ führen. Die Befürchtungen sind so ernsthaft, dass ein Austausch der Technologie nur sehr beschränkt ist. So hat man den Vereinigten Emiraten den Bau eines Kernkraftwerks nur gestattet, weil sie ausdrücklich auf eine eigene Anreicherung und Wiederaufbereitung verzichtet haben. Andererseits verfügt Japan in Rokkasho über eine Anlage mit einer Kapazität von 800 t/a, die 4 t/a Plutonium für 80 t/a MOX-Brennstoff gewinnen kann. Das Konzept gegen die Weiterverbreitung von Kernwaffen (Proliferation) steht auf etwas wackeligen Füßen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: Israel, Nordkorea, Iran usw. – deshalb die Bestrebungen (siehe später), Verfahren zu entwickeln, mit denen man gar kein waffengrädiges Plutonium herstellen kann.

Für das weitere Verständnis ist wichtig, dass die minoren Aktinoide mit den Spaltprodukten zusammenbleiben. Sie werden gemeinsam in Glas aufgelöst und in Kannen zur Endlagerung abgefüllt. Hier ergibt sich das erdachte „Endlagerproblem“: Die Kannen werden in Bunkern gelagert, bis so viele kurzlebige Spaltprodukte zerfallen sind, dass die resultierende Wärmeproduktion auf ein erträgliches Maß abgesunken ist. Die zulässigen Oberflächentemperaturen (etwa 60 °C) werden durch die Tonschichten im geologischen Tiefenlager in Bure bestimmt. Die Spaltprodukte zerfallen in etwa 300 Jahren bis auf Werte von Uranerz. Sie wären damit ungefährlich, da Menschen seit Jahrtausenden mit solchen natürlichen Strahlenbelastungen umgehen. Es bleibt allerdings das Problem mit den minoren Aktinoiden: Sie sind sehr langlebig, aber als Alpha-Strahler relativ harmlos – solange man sie nicht isst oder trinkt. Daraus leitet sich die Endlagerung möglichst tief unter der Erde ab.

Das PUREX-Verfahren ist seit Jahrzehnten erprobt und das einzige Verfahren, mit dem Anlagen im industriellen Maßstab betrieben werden. Es hat aber noch einen weiteren (politisch) gravierenden Nachteil: Es verwendet organische Lösungsmittel. Organische Lösungsmittel werden durch ionisierende Strahlung zersetzt. Einziger Weg ist die Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente, um die Strahlenbelastung zu senken. Zwischenlager sind deshalb nicht der Ausdruck „eines nicht weiter Wissens“, sondern eine technische Lösung für ein bestimmtes Verfahren zur Wiederaufbereitung. Der Kostenvorteil einer „großen Chemieanlage“ ist gleichzeitig ein prinzipieller Nachteil für kleine Länder. So hat man sich in Schweden und Finnland für eine aufwendige Langzeit-Lagerung entschieden. Man legt Tunnelsysteme im Granit an und verpackt die Brennstäbe aufwendig in Kupferbehältern. So hat man notfalls „ewig“ Zeit für die Auswahl eines Verfahrens. Auch hier erweist sich die hohe Energiedichte der Kernspaltung als Vorteil. Die durchaus hohen Investitionen finanzieren sich durch die Umlage auf die erzeugte Kilowattstunde im Zehntelcent-Bereich.

Die Umstellung auf schnelle Reaktoren

In Reaktoren mit schnellem (energiereichem oder hartem) Neutronenspektrum kann man auch U238 und die minoren Aktinoide (Neptunium, Americium usw.) spalten. In den Anfängen der Kerntechnik glaubte man noch, dass zumindest die wirtschaftlich gewinnbaren Uranmengen sehr begrenzt seien. Ein fataler – wenngleich glücklicher – Irrtum. In den 1950er Jahren träumte man von einer voll elektrifizierten Welt (Ähnlichkeiten mit heutigen Schlangenölverkäufern der Wind und Sonnenbranche sind mehr als zufällig). Man wollte einen möglichst schnellen Bau von Kernkraftwerken bei vermeintlicher Knappheit von Uran. Die Antwort sollte der „Schnelle Brüter“ sein. Man wollte mit ihm mehr Plutonium produzieren als man verbrauchte. „Verdoppelungszeit“ war das Schlagwort der Stunde. Gemeint ist damit die Betriebsdauer eines Schnellen Brüters, bis er so viel Überschuss an Plutonium produziert hat, dass damit ein Zwilling in Betrieb genommen werden kann.

Heute ist die Situation eine andere. Einerseits ist der Preis für Natur-Uran immer noch so gering, dass man weiterhin Leichtwasser- und Schwerwasserreaktoren bauen kann. Andererseits verfügen wir über hunderte Tonnen Plutonium in abgebrannten Brennstäben, bzw. sogar fertig aufbereitet. Wir könnten somit mehrere schnelle Reaktoren sofort bauen. Im Gegenteil würden diese unsere Lagerkosten beträchtlich verringern. Wir haben auch bereits mehre Prototypen erfolgreich im Betrieb. Die Sache hat nur einen Haken: Schnelle Reaktoren erfordern wesentlich höhere Investitionen. Bis sich die Schere schließt, höhere Betriebskosten durch steigende Brennstoffkosten, gesunkene Investitionskosten für schnelle Reaktoren durch Skaleneffekte, werden noch einige Jahrzehnte vergehen.

Pyrochemische Verfahren

Für einen schnellen Reaktor wäre also eine Mischung aus Uran, Plutonium und den minoren Aktinoiden geeignet. Daraus ergeben sich zwei gravierende Vorteile: Das Aufbereitungsverfahren ist für die Herstellung von Kernwaffen ungeeignet und man erhält einen sehr kurzlebigen Atommüll. Er kann in einem geologischen Tiefenlager verschwinden, muss aber nicht. Ferner ist das Verfahren eher für kleine Anlagen geeignet. Es gibt daher in Russland die Bestrebung, eine Wiederaufbereitung in das Kernkraftwerk zu integrieren. In das Kraftwerk würde nur abgereichertes Uran als Ersatz für die Energieproduktion nachgeliefert und die wenigen Spaltprodukte könnten am Kraftwerk bis zu dessen Stilllegung gelagert werden. Transporte von „Atommüll“ würden sich beträchtlich verringern.

Die Elektroraffination von geschmolzenem Salz ist ein pyrochemisches Verfahren, das sich ideal für die Wiederaufbereitung von Metallen eignet. Die Vorteile des geschmolzenen Salz-Elektro-Raffinierungsprozesses gegenüber dem wässrigen Prozess für metallische Brennstoffe sind:

  • Eine reduzierte Anzahl von Schritten, da sich der Brennstoff während des gesamten Prozesses im metallischen Zustand befindet.
  • Besonders geeignet für nur kurzzeitig gekühlte Brennstoffe mit hohem Abbrand. Die anorganischen Lösungsmittel widerstehen den höheren Strahlungsleistungen viel besser als organische Reagenzien. Die Verkürzung der Umlaufzeit kann zu einer kürzeren Verdoppelungszeit führen.
  • Man kann höhere Mengen an abgebranntem Brennstoff in kleineren Anlagen handhaben als bei wässrigen Prozessen (notwendige Verdünnung).
  • Reduzierte Kritikalität aufgrund des Fehlens von Moderatoren (organische und wässrige Lösungsmittel).
  • Fast keine hoch radioaktiven flüssigen Abfälle.
  • Inhärente Sicherheit gegen militärische Nutzung durch die gemeinsame Abscheidung von Uran, Plutonium und minoren Aktinoiden.

Die Herausforderungen sind:

  • Hohe Betriebstemperaturen und die Verwendung von korrosiven Salzen, die eine technologische Herausforderung bei der Materialauswahl bedeuten.
  • Da die Salze hygroskopisch und die Metalle pyrophorisch sind, erfordert der Prozess eine inerte Atmosphäre mit sehr niedrigem Feuchtigkeits- und Sauerstoffgehalt um eine Selbstentzündung zu verhindern.
  • Trennfaktoren für Spaltprodukte sind etwa 1000 mal niedriger als bei wässrigen Prozessen.
  • Bisher noch begrenzte Erfahrungen, meist im Labormaßstab.

Elektroraffination mit Salz

Am bekanntesten ist der Prozess der Raffination von metallischem Brennstoff in einer Salzschmelze, wie er im US-Programm für Schnelle Brüter (EBR-II 1964 bis 1994 und Integral Fast Reactor IFR 1986 bis 1994) angewendet wurde. In einem Tiegel wird Lithium- und Kaliumchlorid Salz bei 500 °C aufgeschmolzen. Die in Stücke zerschnittenen Brennstäbe kommen in einen Drahtkorb, der in die Salzschmelze getaucht wird. Die Elemente des abgenutzten Brennstabs lösen sich in der Salzschmelze auf. Der Drahtkorb bildet die Anode. Die Kathode besteht aus geschmolzenem Kadmium. Wird ein Strom angelegt, wandern Uran, Plutonium und die minoren Aktinoide gemeinsam zu der Kathode. Die Spaltprodukte verbleiben im Salz gelöst.

Stark vereinfacht, hängt der „Weg“ den die Elemente nehmen, von der Stabilität der gebildeten Chloride ab: Die Elemente, deren Chloride hochstabil sind, sind leicht zu oxidieren und werden als Chloride in die Elektrolytphase übertragen. Sie sind nur schwer zu reduzieren und bleiben daher in der Elektrolytphase. Edelmetalle, deren Chloride am wenigsten stabil sind, werden nicht oxidiert und bleiben so bei der Anode. Die „Brennstoffe“ Uran und Plutonium und und auch die minoren Aktinoide, deren Chloride von mittlerer Stabilität sind, werden durch den Elektrolyten transportiert und dann auf der Kathode abgelagert.

Die in der Anode verbleibenden Brennstabhüllen und Edelmetalle können zur Endlagerung eingeschmolzen werden. Das Salz kann gereinigt werden, indem es durch Zeolithe geleitet wird. In einem weiteren verfahrenstechnischen Schritt muss die Kathode eingeschmolzen werden und daraus neue Rohlinge für Brennstäbe gegossen werden.

Vorstufe für konventionelle Brennstoffe

Eine Elektroraffination ist nur bei metallischen Brennstoffen direkt möglich. Heutige Leichtwasserreaktoren verwenden keramisches UO2 als Brennstoff. Keramik ist aber nicht elektrisch leitend. Ein gebräuchliches Verfahren der Umwandlung ist das Voloxidation-Verfahren (für volumetric oxidation). Dabei wird der zu recycelnde Brennstoff in einem Vakuum mit Sauerstoff auf etwa 500 °C erhitzt. Dadurch wandelt sich UO2 in U3O8 um. Während dieses Verfahrensschrittes werden alle in diesem Zustand gasförmige Spaltprodukte ausgetrieben. Insbesondere Tritium kann auf diese Weise einfach und konzentriert abgeschieden werden.

Internationale Situation

Im Moment führend bei der Entwicklung sind die USA, Russland, Indien, Korea, Japan und Frankreich. Allerdings befindet sich das Verfahren in allen Ländern noch in der Entwicklung. Man kann mit Fug und Recht feststellen, dass die Elektroraffination eine Schwester der Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum ist – die sicherlich die Zukunft sind. Hinzu kommen im Einzelfall noch politische Randbedingungen. So kann Korea beispielsweise nicht das PUREX Verfahren nutzen, um sich nicht dem Verdacht einer atomaren Aufrüstung auszusetzen.

An der Spitze der Entwicklung befindet sich Russland. In Seversk befindet sich ein Pilotprojekt bereits in Bau. Es besteht aus einem mit flüssigem Blei gekühlten Reaktor mit einer Leistung von 300 MWel . Dieser Reaktor ist nicht als Brüter, sondern mit einer Konversionsrate von um die 1 konzipiert. Er soll also lediglich so viel Plutonium produzieren, dass er nur noch mit abgereichertem oder Natururan ergänzt werden muss. Er soll mit MNUP-Brennstoff (Mixed Nitride Uran Plutonium) betrieben werden. Dieser Reaktor soll mit einer integrierten Wiederaufbereitung und Brennstoffherstellung versehen werden. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Jahrzehnte andauernden Entwicklung. Typisch russisch ist dabei das Vorgehen in Schritten, wobei im jeweils nächsten Schritt die Betriebserfahrungen des vorhergehenden Reaktortyps einfließen.

REMIX

REMIX-Brennstoff (für regenerierte Mischung) ist ein innovatives russisches Produkt für thermische Leichtwasserreaktoren, die das Herzstück der heutigen Kernkraftindustrie bilden. Dieser Brennstoff wird aus einer Mischung von wiederaufbereitetem Uran und Plutonium hergestellt, die unter Zugabe kleiner Mengen angereicherten Urans erzeugt wird. Im Unterschied zu Uran-Plutonium-Brennstoffen für schnelle Reaktoren (wie MNUP- und MOX-Brennstoff) hat der REMIX-Brennstoff einen geringen Plutoniumgehalt (bis zu 1,5 Prozent). Sein Neutronenspektrum unterscheidet sich nicht von gewöhnlichem LWR-Brennstoff aus angereichertem Uran, daher sind das Verhalten von Brennelementen im Reaktorkern und die Menge an Plutonium, die durch Bestrahlung aus Uran herausgelöst wird, im Prinzip ähnlich.

Für Betreiber von Druckwasserreaktoren (VVER-1000 und VVER-1200) bedeutet dies langfristig, dass der REMIX-Brennstoff ohne Änderungen der Reaktorauslegung oder zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen benutzt werden kann. Die Einführung eines solchen Brennstoffs ermöglicht die Nutzung von Natururan für Kernkraftwerke durch die Schließung des Kernbrennstoffkreislaufs erheblich zu steigern und den abgebrannten Kernbrennstoff weiterzuverwenden, anstatt ihn zu lagern oder gar zu verbuddeln.

DUPIC

Ein weiterer Weg ist die Verknüpfung von Leichtwasser- und Schwerwasserreaktoren. In den abgebrannten Brennelementen der Leichtwasserreaktoren ist noch etwa 1,5 Prozent Spaltstoff enthalten (U235 Pu239). Der Gehalt hängt vom Abbrand ab – bei niedrigem Abbrand ist noch viel enthalten, bei hohem Abbrand entsprechend weniger. Es sind noch ein paar Prozent bei den üblichen Abbränden zwischen 35 MWd/kgU und 50 MWd/kgU vorhanden. Dieser Gehalt an Spaltmaterial entspricht mehr als dem Doppelten von Natururan mit 0,71 Prozent. Für einen mittleren Abbrand von 42,5 MWd/kgU bei Leichtwasserreaktoren könnten zusätzlich 15,5 MWd/kgU gewonnen werden, was immerhin 37 Prozent mehr Energie entspricht. Nach der Nutzung des DUPIC Brennstoffs in Schwerwasserreaktoren sinkt der Spaltstoffgehalt auf etwa 0,63 Prozent bis 0,78 Prozent.

Durch die Verknüpfung von Leicht- und Schwerwasserreaktoren über das DUPIC Verfahren ergeben sich folgende Vorteile:

  • Es wird abgebrannter Brennstoff der Leichtwasserreaktoren verbraucht. Das Volumen für Zwischen und Endlagerung verringert sich entsprechend.
  • Es wird weniger Natur-Uran verbraucht. Alle mit der Förderung, Konversion und Anreicherung verbundenen Belastungen werden gespart.
  • Die Menge an abgebranntem Brennstoff der Schwerwasserreaktoren wird durch den höheren Spaltstoffgehalt (ungefähr zweifach gegenüber Natur-Uran) kleiner.

Es sollte dabei nicht vergessen werden, dass es sich hier um den Umgang mit hochaktiven Brennstoffen handelt. Entsprechende Abschirmungen und eine vollständige Handhabung aus der Ferne sind erforderlich. Bisher sind nur kleine Mengen versuchsweise in heißen Zellen hergestellt worden. Bis zu einer industriellen Nutzung ist noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.

Schlusswort

Wie immer in der Technik, wird zuerst der einfachste Weg beschritten. Im Falle der Kerntechnik: Leichtwasserreaktoren, Lagerung der abgebrannten Brennelemente und Aufbereitung in den Ländern, die ohnehin schon über ein erprobtes Verfahren (PUREX) verfügten – dies waren die bekannten „Atommächte“. Nicht viel anders als beim Papier: Zuerst wurde Papier hergestellt (Reaktoren zur Stromproduktion), dies wurde nach Gebrauch als Müll weggeworfen (abgebrannte Brennelemente). Erst nachdem die Altpapiermengen so groß geworden waren, dass sich ein Recycling wirtschaftlich lohnte, wurden die ersten Altpapiermühlen gebaut – heraus kam das „graue Altpapier“. Nach der Abstimmung des gesamten Kreislaufs aufeinander, entstand das heutige weiße Recyclingpapier. Heute ist Papier ein nachhaltiges Produkt geworden, das zu über 75 Prozent im Kreislauf läuft.

In Analogie wird sich das System Kerntechnik ebenfalls schrittweise vom Reaktor, über das Brennstoffrecycling bis zur Abfallnutzung weiterentwickeln. Abfall ist bezüglich der Kernenergie ohnehin mit Vorsicht zu beurteilen. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass der „Atommüll“ das gesamte Periodensystem abdeckt. Schon heute werden Isotope aus dem Atommüll für z. B. Krebstherapien gewonnen. Es ist alles eine Frage der Wirtschaftlichkeit – Planwirtschaft und Ideologie führen nicht weiter.

 

Dr. Klaus-Dieter Humpich studierte Maschinenbau und Energie- und Verfahrenstechnik mit Schwerpunkt Kerntechnik, bevor er zehn Jahre am Institut für Kerntechnik in der Technischen Universität Berlin arbeitete. Seit 20 Jahren ist er freiberuflich im Bereich Energietechnik tätig. Dieser Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog nukeklaus.de.

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Leserpost

netiquette:

Dieter Grimm / 09.02.2024

Wir brauchen aber auch jede Menge Uranmunition für die Verteidigung der westlichen Werte in der Ostukraine. Damit auch der grosse Selenskji nach dem Sieg gegen Russland wieder in Frieden Komiker sein kann.

Karl Dreher / 09.02.2024

Danke - wieder einmal ein sachkundiger und sehr informativer Beitrag, der scheinbar in den selbsternannten Qualitätsmedien wohl möglichst verschwiegen wird.

Klaus Keller / 09.02.2024

Netzfund: USA kaufen im Jahr 2023 Rekordmenge an Uran aus Russland 9 Feb. 2024 Die Vereinigten Staaten kauften im Jahr 2023 Uran im Wert von 1,2 Milliarden US-Dollar aus Russland, wie eine Analyse der US-Statistiken durch die Nachrichtenagentur RIA Nowosti ergibt. Damit haben sie eine Rekordmarke gesetzt. +++ Die USA haben im vergangenen Jahr 2023 die größte Menge an Uran aus Russland gekauft, die jemals verzeichnet wurde. Das berichtet die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf eine eigene Auswertung von Daten der US-Statistikbehörde. Die Nachrichtenagentur erläutert:“Das US-Repräsentantenhaus hat im Dezember des Jahres 2023 einen Gesetzentwurf angenommen, der ein Einfuhrverbot für schwach angereichertes Uran russischer Herkunft vorsieht, das bis zum Jahr 2040 in Kraft sein wird. Das Gesetz würde die Einfuhr von schwach angereichertem Uran beschränken, das in Russland oder in einer von Russland registrierten Anlage hergestellt wurde. Laut dem Gesetzentwurf ist der US-Energieminister jedoch befugt, das Verbot in Absprache mit dem Außenminister und dem Leiter des Handelsministeriums aufzuheben, wenn andere Uranlieferquellen nicht zur Verfügung stehen oder die Einfuhr von russischem Brennstoff im nationalen Interesse der USA liegt. In diesem Zusammenhang erhöhten die Vereinigten Staaten im letzten Monat des vergangenen Jahres ihre Uraneinkäufe drastisch – sie verdoppelten sich sofort auf den Höchststand von 193,2 Millionen US-Dollar seit März letzten Jahres.” +++ Nach Angaben der Agentur stiegen die Kosten für Uranlieferungen im Laufe des Jahres um satte 43 Prozent. Dadurch konnte Russland den ersten Platz bei den Uranlieferungen in die USA halten und seinen Anteil an den Einfuhren sogar noch erhöhen.

A. Ostrovsky / 09.02.2024

@Peter Wagner : >>Dankeschön für den sehr soliden Beitrag. Ich muss mich da allerdings noch richtig tief einlesen.  Soweit ich weiß, sind in D-Land alle Forschungen eingestellt und sogar untersagt. Stimmt das? Welche Länder sind denn aktuell in der Kernforschung führend? (Ich meine die Fragen ernst, weil mir da absolut Informationen fehlen. Danke.)<<  Nach meiner unmaßgeblichen Meinung ist Forschung nicht verboten, auch Kernforschung nicht. Aber es geht ja gar nicht um Forschung. Ernsthaft, die Brutprozesse durch Neutroneneinfang, die in Wahrheit hinter der Behauptung stehen, man könne mit schnellen Neutronen U238 spalten, sind seit Jahrzehnten weitgehend bekannt. Da braucht es zur Physik m.E. keine Forschung mehr. Es fällt eher in den Bereich der Entwicklung, also der Anwendung weitgehend bekannter Grundlagen in konkreten (technischen) Projekten. Da gibt es gerade bei Plutonium239, bei waffenfähigem hochangereicherten Uran235 und bei der Brutreaktion von Thorium232 durch Neutroneneinfang zu Uran233, was wegen der ungeraden Nukleonenzahl spaltbar ist (bekannt seit 1946, also ein Jahr zu spät für den Abwurf über Deutschland oder Japan), inzwischen Gesetze, dass man das nicht eben mal im Hinterhof in der Blechgießkanne “kritisch” werden lassen darf. Soweit ich erkenne, ist das in jedem zivilisierten Land genehmigungspflichtig. Im Gegensatz zu Herrn Humpich glauben die Gesetzgeber, dass sowas doch nicht ganz ungefährlich ist. Immerhin wurden Bombentests mit U233 von USA, UdSSR und Indien gemacht und auch der Zünder der ersten UdSSR-Wasserstoffbombe verwendete U233. Als kleiner Bonus für Terroristen ist dort die kritische Masse etwa nur ein Drittel der bei U235. Das ist der Grund, weshalb man da mit der Aura der Garagenfirma einfach keine Zulassung bekommt. Aber das U233 selbst hält sich etwa 150tausend Jahre frisch und man kann es ohne Selbstgefährdung in der Aktentasche transportieren, wenn man es in die New York Times einwickelt. Der Guardian geht sicher auch.

Helmut Driesel / 09.02.2024

  Ich stelle mir gerade die Proteste vor, wenn die einzige Partei, die den Bau beschließen könnte, an der Macht wäre. Schon das Wort “Plutoniumkreislauf” dürfte einige Kreislaufschwächen auslösen. Daneben müssen wir auch an die “schmutzigen Bomben” denken, ich meine so als wohlwollende Gastgeber der gefährlichsten Terrororganisationen der Welt. Überall, wo solche Substanzen gehandhabt werden, verschwindet ab und zu mal was, sogar in den USA. Und wenn ich unsere Obergurus richtig verstanden habe, stehen sowieso die Weichen auf Krieg. Wir können unseren Strom ohne Plutonium haben, wir werden uns vor den Massen an Solarstrom nicht retten können. High-five den Praktikern! Aber wir müssen diese bescheuerte Angst vor dem Kohlendioxid vergessen. Es ist nötig, allen, die diesen Wahn täglich schüren und die damit Geld verdienen wollen, ihre Doktorhüte und ihre Mandate weg zu nehmen. Das ist nicht die Aufgabe von uns Rentnern sondern der Generation, die jetzt Kinder hat und nicht will, dass ihr Nachwuchs in dieser Atmosphäre der Angstmache und Verblödung aufwächst. Dazu freilich braucht es ein Mindestmaß an nationaler Solidarität. Die bunte Verantwortungslosigkeit und Vielfalt in der korrupten Eine-Welt, in der jeder nur an sich denkt, kann das nicht schaffen.

Klaus Keller / 09.02.2024

Ich habe kürzlich irgendwo gelesen das Russland lange Kernbrennstoff aus ehemaligen Atomwaffen herstellte und verkaufte. Ursache waren Überschüsse nach Abrüstungsverhandlungen. Diese Umwandlungsprogramme die lange liefen seien nun abgeschlossen. Leider wurde nichts über Mengen und genaue Zeiträume berichtet. Es ging eher um die Frage wer sich in den letzten Jahrzehnten am intensivsten mit der Technologie der Aufbereitung und der optimierten Brennelementefertigung beschäftigte und wer dies eher unterlies weil die russische Konkurrenz zu billig war. Weis jemand genaueres? Auch was Importverbote betrifft. Liefert Russland noch Brennelemente an die USA z.B. ? Vielen Dank.

Knapp, Heinerich / 09.02.2024

Sehr gehrter Herr Dr. Humpich, vielen Dank für den, auch für mich als absoluter Laie, sehr gut verständlichen Bericht !

Robert Weihmann / 09.02.2024

Auch die Entsorgung und das Recycling von Kernbrennstoff ist ein wichtiges Forschungsgebiet, um das wir uns mit dem Atomausstieg gebracht haben. Denn es werden ja eher noch mehr Lehrstühle für Gender- und Geschwätzwissenschaften gegründet werden als in Physik und Chemie.

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