Steinmeier: Der Schattenmann

Frank-Walter Steinmeier wollte zum zweiten Mal Bundespräsident werden. Er hatte selbst vorgeschlagen, erneut zu kandidieren. Von einer richtigen „Wahl“ kann man nicht sprechen, da sich das Kartell der großen Parteien schon vorher über ihn einig war. Seine Einsetzung ins Amt wurde zur reinen Formsache. Das erinnert mich an meine Kindheit und Jugend – wie der Mann Steinmeier selbst.

Als Israeli hätte ich gegen Steinmeier einiges vorzubringen, Argumentatives, Sachliches wie seine Nähe zum Mullah-Regime im Iran, seine demonstrative Vorliebe für jüdische Israel-Hasser wie den in New York lebenden Soziologen Omri Böhm, den er allen Ernstes bei seinem letzten Staatsbesuch in Jerusalem – möge es der allerletzte gewesen sein – in seiner Cortege mitschleppte. Doch je älter ich werde, umso stärker suchen mich die Schatten meiner Kindheit heim, die Erinnerungen an einen deutschen Totalitarismus. So dass es inzwischen auch emotionale Gründe sind, die mich vor dem Kompakt-Kandidaten Steinmeier zurückschrecken lassen.

Was mich als erstes an Steinmeier erschreckt, ist die Ausstrahlung, die Mimik, das Sprachprofil. Es sind Ausstrahlung, Mimik und Sprache eines DDR-Funktionärs. Er hätte, so wie er aussieht und redet, gut ins Zentralkomitee der SED gepasst. Man sieht ihm an, dass er in seinem Leben nie eigenverantwortlich gearbeitet, stattdessen die meiste Zeit in hermetisch geschlossenen Apparaten als Funktionär verbracht hat. Er musste, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, niemals etwas Eigenständiges, wirklich Nützliches herstellen und abliefern. Er hat lange studiert, Jura, an einer deutschen Provinz-Universität, und 1986, mit dreißig, das zweite Juristische Staatsexamen abgelegt. 1991, mit fünfunddreißig, folgte die Promotion. Sofort danach ist er in den Staatsapparat eingetreten, zunächst als Referent für Medienrecht und Medienpolitik in die Niedersächsische Staatskanzlei, ab 1994 als „Leiter der Abteilung für Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und -planung“. 1996 wurde er Staatssekretär und Leiter der niedersächsischen Staatskanzlei. Nach der Wahl Gerhard Schröders zum Bundeskanzler 1998 folgte er diesem nach Bonn, dem damaligen Sitz der Bundesregierung, im November gleichen Jahres wurde er Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes. 1999 Chef des Bundeskanzleramtes. Auch hier als enger politischer Vertrauter Schröders, meist, wie die offizielle Biographie auf Wikipedia wissen lässt, „als Manager und Machtmakler im Hintergrund“.

Eine glatte deutsche Beamten-Biographie

Ein Schattenmann. Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 war er im Krisenstab mit Kanzler, Außen-, Innen- und Verteidigungsminister „eingebunden“. Er leitete lange Jahre die sogenannte „Staatssekretärsrunde“, ein verschwiegenes Gremium zur Umsetzung von Regierungsbeschlüssen im Verwaltungsapparat. 2005 wurde Steinmeier innerhalb der Großen Koalition Bundesminister des Auswärtigen unter Kanzlerin Angela Merkel. Er setzte dort die reaktionäre, realitätsferne, Steuergeld-extensive, Israel-feindliche und pro-islamische, besonders pro-iranische deutsche Außenpolitik fort, die von sozialdemokratischen deutschen Außenministern gepflegt wird. 2013 wurde Steinmeier im dritten Kabinett Merkel erneut Außenminister. Im Januar 2017 zog er sich aus diesem Amt zurück, damit ihn die Bundesversammlung, wie vorher abgesprochen, zum Bundespräsidenten wählen konnte.

Eine glatte deutsche Beamten-Biographie. Wohlwollend könnte man sagen: ein versierter Verwaltungsbeamter. Weniger wohlwollend: ein Apparatschik. Die gesamte Lebenserfahrung Steinmeiers beschränkt sich auf seine ausgedehnte Studienzeit an der Universität Gießen und – seit mehr als drei Jahrzehnten – auf Mitwirkung in den geschlossenen Zirkeln der Macht. Ein so auf Funktionär getrimmter Mensch funktioniert auch wie ein Funktionär. Er tut nur, was mit seinesgleichen abgestimmt und abgesprochen ist, einen selbstständigen Schritt, ein kluges Wort, einen freien Gedanken kann man von ihm nicht erwarten. Auch keine Offenheit, keine Transparenz.

Wenn er einen Kranz am Grab des Judenmörders Arafat niederlegt, wenn er den blutrünstigen Mullahs im Iran zum Jahrestag ihrer Machtergreifung gratuliert und damit zum Jubiläum ihrer grausamen Unterjochung der eigenen Bevölkerung, tut er es immer im Interesse der mächtigen Zirkel, denen er seine Ämter verdankt. Der geschlossenen Kreise apparativer Machterhaltung, die aus ähnlich undurchsichtigen Leuten bestehen wie ihm. Deshalb ist die ablehnende Haltung gegenüber den USA und Israel, die er demonstriert, Symptom der Fehlhaltung einer mächtigen deutschen Clique. Wie viel wird sie Deutschland kosten? Wird ein Mann wie er geradestehen für das, was er tut oder lässt? Hat er überhaupt ein Gesicht? Oder – schon vor Corona – statt eines Gesichts eine Maske getragen? Kann dieser Mann, Kreatur eines Milieus der Ernennungen, geheimen Absprachen und abgekarteten „Wahlen“, die Demokratie in Deutschland schützen? Kann er, Zeit seines Lebens ein Parteigänger, die verfeindeten Lager eines zunehmend gespaltenen Deutschland einen und versöhnen, wie es seines Amtes wäre?

Er ist wiedergewählt worden, wie er selbst und seine Cronies es wünschten, weil sich die staatstragenden Fraktionen schon vorher auf ihn geeinigt und ihm die nötigen Stimmen gesichert hatten. Aber etwas Gutes, Kreatives, Menschliches kann man von ihm nicht erhoffen. Er fügt sich ein in die steinerne Hoffnungslosigkeit, die derzeit Deutschlands Antlitz bestimmt.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Jüdischen Rundschau

Foto: Illustration Rudolf Wildermann

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Bertram Scharpf / 13.02.2022

Endlich schreibt mal jemand die ganze Wahrheit über diesen Bundespräsidenten. Sein einziger Pluspunkt: Es spiegelt den intellektuellen Zustand Deutschlands eins zu eins wieder.

E. Albert / 13.02.2022

Sehr schöne Beschreibung. Apparatschik. Das trifft’s genau. Von diesem Typus wimmelt es im Polti-Betrieb Berlins - mehrheitlich allerdings ohne jegliche abgeschlossene Berufsausbildung. Da gilt der Bundes-Walter ja schon als “etwas besseres”. Ein Einäugiger unter Blinden quasi. - Hauptsache, Sie wissen, Herr Noll, dass dieser Mann mit seinen Ansichten nicht die gesamte Bevölkerung hinter sich hat.

Sabine Schönfelder / 13.02.2022

Danke Claudius@Pappe, ein vollkommenes Gruselkabinett. Und der Nuhr ist auch wieder dabei, DER GUTE. Unser Hofnarr der Regierung. Aus der mRNA der Einheitspartei geschaffen.

HaJo Wolf / 13.02.2022

Ein linksradikaler Schwätzer, ganz sicher nicht mein Präsident, aber er passt wunderbar zum rotgrünen Pack im Bundestag.

Klaus Keller / 13.02.2022

Der Stalinismus-Forscher Jörg Baberowski sagte in einem Gespräch (NZZ Standpunkte) das er nach seinem Buch “Räume der Gewalt” kein weiteres über das Thema schreiben wolle. (Es ging im Gespräch auch um die Frage warum normale Menschen Massenmörder werden. Wie die Soldaten der dt. Einsatzgruppen in Osteuropa und was sie von den Sowjets unterscheidet)  Er möchte sich künftig damit beschäftigen wie man Gesellschaften befrieden kann. - Nachdem Sie sich Herr Noll, mit Dr. Merkel und Herrn Steinmeier so ausführlich beschäftigt haben, wäre es nicht auch für Sie einmal angebracht über etwas schönes zu schreiben?

Ridley Banks / 13.02.2022

Der Vorteil der Dummheit besteht darin, dass man sich klug stellen will ; ist Steinmeier klug??

Heribert Glumener / 13.02.2022

Die Schwarze Witwe trat heute bei der Wahl von Franky aufs Parkett ! Sie war der Star des Tages! Insgesamt ein fröhliches, enorm familiäres Event - die ebenfalls anwesende “Außenministerin” hing der Schwarzen Witwe am Rockzipfel und dem sog. “Bundeskanzler” wurde die die Kommunion durch die Schwarze Witwe großzügig erteilt. Und die Schwarze Witwe war bestens gelaunt - alles läuft wie es laufen soll! Heute Abend wird sie sich am Kupfergraben sicherlich einen Weißwein extra gönnen - kleine private Feier mit Beate. Vielleicht schalten sich liebe, wohlgesonnene Freunde aus den USA online hinzu, eventuell auch der Gruselopa aus dem Schloss in Davos.

A. Smentek / 13.02.2022

@j.heini: “Es geht nur noch um Idologie und Macht.” So ist es. Und deshalb ist Steinmeier der Beste aus Sicht des linksgrünen Establishments. Denn was könnte denen Besseres passieren als ein Politiker, über den in der Wikipedia zu lesen ist: “Während seiner Studienzeit gehörte er gemeinsam mit Brigitte Zypries zur Redaktion der linken Quartalszeitschrift Demokratie und Recht (DuR), die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stand.[4] Die Zeitschrift erschien im Pahl-Rugenstein Verlag, von dem sich später herausstellte, dass er von der DDR finanziert wurde.” ••• Mehr muss man wohl nicht wissen, um den Mann einordnen zu können: ein weiteres kommunistisches Gewächs, das den unaufmerksamen Westdeutschen von der SED eingepflanzt wurde, so wie Merkel, Scholz und viele andere, die heute in hohen Positionen sitzen. •••  Es war m.E. der größte Fehler, der nach Kohls Wende passiert ist, dass man sich einbildete, alle Ostdeutschen seien nun glücklich, endlich in einer westlichen Demokratie zu leben, und deshalb die alten SED-Kommunisten und die von ihnen Beeinflussten nicht im Auge des damals noch funktionierenden Verfassungsschutzes behielt. Hätte man das getan, so wären vielleicht selbst Helmut Kohl noch rechtzeitig die Augen geöffnet worden über den Charakter und die Ziele seines “Mädchens”. So hat man dann dieses “Mädchen”, eine überzeugte Jungkommunistin (Oskar Lafontaine) der DDR zur Kanzlerin Westdeutschlands gemacht. Und damit Gesamtdeutschlands jetzt so trauriges Schicksal besiegelt, wie es scheint. Zumindest auf viele Jahre hinaus. Manchmal geschehen ja noch Wunder.

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