@ Harald Unger: Auch wenn ich ihre Argumentation gut nachvollziehen kann, so bleibe ich doch fern von einer ungeteilten Zustimmung. Man muss sehr wohl zwischen den Aussagen von unterschiedlichen Lehren achten. Hier ist auch eine scharf Rede durchaus angebracht. Aber Menschen, die entweder durch Geburt oder Propaganda einer schädlichen Lehre zugerechnet werden, sind keineswegs mit dieser gleichzusetzen. Man muss jenen zugestehen, dass sie ihr eigenes Verständnis entwickeln, dass keineswegs so fatal sein muss wie die Orthodoxie einer falschen Religion. Ähnlich differenziert ist die Rolle der Frauen im Islam zu betrachten. So ist deren Position im Vergleich zu modernen westlichen Gesellschaften tatsächlich inferior. Vergleicht man diese jedoch mit vielen traditionellen patriarchalischen Gesellschaften, haben muslimische Frauen einen Vorsprung an Respekt und Würde. Das reicht natürlich nicht, diesen kleinen Fortschritt gegen die noch rückständigeren in den Himmel zu loben, aber wir sollten uns hier vor fadenscheiniger Polemik hüten.
Der Begriff Schurke wird für GBAs gelegentlich verharmlosend oder ironisch gebraucht.
@ Dana Winter - Sie schreiben: “Als nichtreligiöser Mensch erkenne ich in so einer Formulierung bereits eine gewisse Hybris des Gläubigen, er habe einen humaneren Blick auf die Mitmenschen als ein “Ungläubiger”. Das halte ich für völlig falsch.” Ich stimme ihnen zu, dass bekennende Gläubige keineswegs immer die besseren Menschen sind, vielleicht noch nicht einmal statistisch. Aber auch moderen Menschen, die sich vom Gottesglauben und organisierten Kirchen abwenden, ist ihre Überzeugung keineswegs völlig frei entstanden, sozusagen vom Himmel gefallen. Sie sind in einer Kultur sozialisiert, die Ihnen Werte wie die Muttermilch eingeträufelt hat. Auch wenn viele den Überbau ablehnen, so ist doch ihre Einstellung in einer christlichen Tradition gereift. Manchmal sehen es bekennende Atheisten gar als einen Ansporn, christlichen Heuchlern ihre moralische Überlegenheit zu beweisen. Was aber, wen es keine christlichen Grundwerte in der Gesellschaft mehr gibt? Wenn diese völlig erodiert sind? Was ist, wenn keine christlichen Heuchler mehr da sind, die einem zum Basser-sein motivieren? Auch ein interkultureller Vergleich sagt hier nur bedingt etwas, denn jede Kultur hat ihre eigene Tradition, die meist keineswegs frei von ‘Religion’ ist. Man hat aber sehr wohl den Eindruck, dass zunehmend sekulare Gesellschaften keineswegs einen neuen moralischen Menschen hervorbringt, sondern entweder zweifelhafte Eiferer, Egomanen oder Mitläufer.
@ G. Tiedt “Ohne Religion gibt es die Idee der Vergebung nicht.” Das glauben sie. Wissen können Sie es nicht. Außerdem kommt diese “Idee” nicht in allen Religionen vor. Religionskriege “Mein Gott ist besser als deiner” hätte man ohne Religion wohl auch nicht gehabt. Und vielleicht hätte man sogar nicht so viel zu vergeben. Dass der Mensch sich ohne Religion nicht entwickelt hätte, verkünden natürlich besonders laut seit Jahrtausenden: Die Kirchen. Ei Wei. Der Dealer preist seinen Stoff an. Ansonsten bin da bei @ A. Bechlenberg. Soll doch jeder glauben, was er will, solange es sich in seinem Kopf abspielt und er niemandem damit belästigt. PS.: Immer durchscheinend und eigentlich eher peinlich: Der Glaubensstolz. Leute meinen, weil sie etwas glauben, würde es sie über andere Menschen moralisch erheben. Sehen Sie nicht das Problem? Selbstlegitimation durch Glaubensätze (Unwissen) , Abwertung des “Ungläubigen”. Ungläubiger heißt Untermensch. Weil man glaubt, ist man “nichts Besseres”. Wir müssen es ohne Gott schaffen.
Ich denke, ihre These beruht auf einem Kategoriefehler. Sie glauben, dass der Begriff ‘Religion’ irgend eine nachvollziehbare Bedeutung hat. Das ist falsch, denn der Begriff ist so wolkig wie unfassbar. ‘Religiöse’ Eiferer und Bußprediger erinnern weit mehr an Vertreter von politischen Aktivisten und Klimarettern, als an ihre konservativen und bürgerlichen ‘Glaubensbrüder’. Spirituelle und Traditionalisten haben nur eine Schnittmenge in der abstrakten Kirchenlehre, die sie allerdings sehr unterschiedlich verstehen. Unter diesen Umständen ist bereits der Katholizismus kaum mehr eine bedeutungsvolle Gruppenbezeichnung. Viel schlimmer noch, wenn es die unterschiedlichen Richtungen, nicht nur im Christentum, sondern auch noch bei diversen Naturreligionen und Kulten geht, abgesehen vom Islam. So gibt es natürlich auch friedliebende Moslems, obwohl der Koran sie zum Kampf gegen die Ungläubigen auffordert. Es gibt auch gewalttätige Christen, obwohl Jesus diese zur Feindesliebe ruft. Aber ich meine nicht, dass die Lehre egal ist, auch wenn die Beispiele manchmal überschneidende Praktiken liefert. Auch wenn die Lehre nicht immer und konsequent zu den intendierten Ergebnissen führt, so zeigt sie dennoch Früchte. Darum würde ich eine Lehre, die zum Kampf gegen Ungläubige ruft nicht in eine Schublade mit der packen, die die Versöhnung und Feindesliebe zum Ziel hat. Und so ist es auch mit der Freiheit. Diese ist nicht dann zu gewähren, wenn man den Bapperl ‘Religion’ draufklebt, sondern von den Inhalten abhängig. Steht die Lehre im krassen Gegensatz zu einem guten Miteinander zwischen Menschen unterschiedlicher Überzeugungen, dann ist natürlich diese Freiheit nicht zu gewähren. Ist diese im Gegensatz zu dieser, so sollte dann nicht von Freiheit gefaselt werden. Ich glaube, dass Sie das auch meinten, aber ihre Diktion ist dann irreführend.
Ob Religion netto Positives bewirkt oder nicht, ist irrelevant, wenn sie keine innere Wahrheit hat. Wenn man “Religion im Faktencheck” von H. Krauße gelesen hat, ist das eigentlich klar. Tun Sie das mal, Herr Gracia, dann werden Sie mir sicher zustimmen.
Herr Dr. Lehnhoff, Sie schreiben: “Das Leben ist objektiv sinnlos.” Sie sagen diesen Satz ja nicht in einen leeren Raum hinein, darum verarbeite ich ihn und komme zur mir verfügbaren Interpretation: “Leben ist Selbstzweck”. (1) Sinn und Zweck sind in diesem Kontext identisch. Hieraus entwickelt sich der Widerspruch in Ihrem Satz, denn er lautet ja nun “Leben ist zwecklos.” (2) Sie reduzieren die Gültigkeit Ihrer Aussage auf die Randbedingung “objektiv”. Aber jeder Objektivitätsanspruch entkriecht allemal einer Subjektivität: Objektivität ist metaphysisch. So wie Gott. Und der Sinn von Humor ist Ernsthaftigkeit.
Es kann sinnvoll sein, auch aus der Sicht Nicht-Gläubiger, nicht den Tod des Christentums herbeizuwünschen. Eine Gesellschaft braucht eine Identität. Sie muss auf etwas basieren. Ein Grundgesetz, eine Verfassung, ein politisches System, die freie Marktwirtschaft, der Antifaschismus, der Sozialstaat, demokratische Wahlen, das ist alles schön und gut. Doch ungeeignet zur Identitätsstiftung. Das Christentum, das Judentum, Traditionen, unsere Vorfahren, das alles gehört zu uns. Der Kontakt zur Vergangenheit darf nicht abreißen. Sonst stehen wir im luftleeren Raum. Sind losgelöst im negativen Sinne. Und können leichter zu Opfern von Manipulation werden. Deshalb, liebe Atheisten, ihr seid klar in der Mehrheit und ihr habt eure guten Gründe dafür, Atheisten zu sein. Diese Gründe sind zu akzeptieren und niemand will euch bekehren. Aber denkt darüber nach, ob ihr tatsächlich eine Gesellschaft wünscht, in der Gott komplett erledigt ist. Schafft kein Vakuum, dass gefüllt werden wird. Und diejenigen, die es füllen werden, sind schlimmer als die Juden und Christen.
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