Roger Letsch / 24.03.2023 / 06:00 / Foto: Pixabay / 45 / Seite ausdrucken

Raketenhafte Kriegsgewinne – nein zu Rheinmetall, ja zu Pfizer?

Attac protestierte am Montag vor der Frankfurter Börse gegen den Aufstieg von Rheinmetall in den DAX. Dieser Profit des Kriegsgewinnlers solle aus ethischen Gründen unterbunden werden. Doch wo waren die Globalisierungsgegner, als Pfizer und Moderna von Corona profitierten?

Attac irrte sich wie so oft im Adressaten, als die Globalisierungsgegner am 20. März 2023 vor der Frankfurter Börse gegen den Aufstieg von Rheinmetall in den DAX protestierten. Rheinmetall ersetzt seit diesem Tag Fresenius Medical Care im Leitindex, und die Aktivisten fordern staatliche Intervention. Es gehe doch nicht an, dass Gesundheit zugunsten von Kriegsgewinnlern geopfert werde. Doch der DAX richtet sich nicht nach aktivistischen Wünschen. Noch nicht jedenfalls. Und während Fresenius Medical Care die Auswirkungen der Corona-Krise mit voller Wucht zu spüren bekommt, weil die wichtigste Zielgruppe des Dialysespezialisten eine besonders hohe Übersterblichkeit aufweist, kommt Rheinmetall mit der kriegsbedingten Übersterblichkeit in der Ukraine bestens zurecht.

Die alten Anti-Waffen-Reflexe sind wieder da, obwohl die alten Anti-Kapitalismus-Reflexe eingeschlafen sind, wie man am mangelnden Protest gegen Krisengewinnler der anderen Art – etwa Pfizer und Moderna – erkennen konnte. Der Staat, so der Attac-Aktivist vor der Tagesschau-Kamera, müsse dafür sorgen, dass ethische Aspekte berücksichtigt würden. Staatlich handverlesene DAX-Unternehmen also? Man geht im Geiste die tierpanzerverrückte Ministerriege durch und lacht schallend. Attac hat offenbar den Tagesbefehl zur Narrativänderung nicht mitbekommen. Die Meldeketten hierzulande sind offenbar noch nicht auf Kriegsmodus geschaltet.

Angesichts der neuen deutschen Panzerversessenheit sind kritische Stimmen ohnehin sehr leise geworden. Medial hat man eher den Eindruck, als wüssten die Leser und Zuschauer mittlerweile deutlich besser Bescheid über Panzerung und Bewaffnung des Leopard II als über den Wert eines Rentenpunktes oder die aktuellen Strompreise, und wer Firmen wie Rheinmetall oder KMW im Zusammenhang mit der Vokabel „Kriegsprofiteur“ nennt, ist fast schon Putinflüsterer.

Dabei ist es noch keine drei Jahre her, da galt schon das Engagement von Rheinmetall im EU- und NATO-Land Ungarn als Militarismus und Kriegstreiberei. Doch die Vorzeichen haben sich geändert, und wenn Rheinmetall jetzt ganz beiläufig erklärt, man könne den neuentwickelten Panzer „Panther“ auch gleich in der Ukraine fertigen, scheint das vielen eine gute Idee zu sein. In erster Linie für Rheinmetall selbst, sieht man doch die Gelegenheit, sich aus der Rolle des Juniorpartners von KMW im Leopardprojekt zu befreien.

Produktion in Deutschland ist offenbar kein Thema

Wir erleben in diesem Konflikt auch den Zusammenprall der Narrative, denn einerseits halten EU und Bundesregierung an der Strategie der Welt- und Klimarettung durch ESG-Investment fest, andererseits kann es gerade gar nicht martialisch genug sein. Bei aller Komplexität des Ukrainekonflikts habe ich letztlich überhaupt nichts gegen die Unterstützung der angegriffenen Ukrainer. Nur sollte man nicht so ein Geschrei darum veranstalten. Dass ausgerechnet die selbsternannten Pazifisten jetzt die größten Patrioten mimen, verwirrt mich einfach. Ebenso die offenkundig völlig falsche Vorstellung vom Umfang der leistbaren Hilfe. Es ist ja sicher nicht die überlegene Infrastruktur in der Ukraine, die Rheinmetall laut über eine Fabrik dort nachdenken lässt. Eher schon die Unmöglichkeit, die Panzer in nennenswerter Stückzahl in Deutschland herzustellen.

So auch der Transportpanzer Boxer, den fertigt Rheinmetall in Australien, und deshalb fragte die Bundesregierung in Queensland nach, ob man nicht 200 Stück dort kaufen könne. Die Produktion in Deutschland ist offenbar kein Thema, egal ob nun wegen des allgemeinen Zustandes unserer Schwerindustrie, der Energiekosten oder des volatilen politischen Rückenwinds. Letzerer drückt Rheinmetall momentan in Richtung Erfolg, und ein Stück alte deutsche Schwerindustrie schafft es zum Börsenliebling, während gleichzeitig überall rundherum noch der grüngute Umbau der Wirtschaft (Stichwort ESG) gepredigt wird. Am 26. März stimmt die Hauptstadt sogar über ihre vorzeitige Klimaneutralität ab. Ob sich der Krieg danach richten wird? Ob sich eine Millionen Artilleriegranaten CO2-frei produzieren lassen?

Der prestigeträchtige Aufstieg im DAX ist Rheinmetall natürlich eine Würdigung auf seiner Website wert. Dorthin schaffen es nur wirklich bedeutende Meldungen, also außer der DAX-Geschichte nur eine weitere: nämlich, dass Rheinmetall bis 2035 CO2-frei werden möchte. Im Kampf für die gute Sache kann das Kaliber gar nicht groß genug sein, und falls die Deindustrialisierung Deutschlands der Produktion eines Tages doch im Weg stehen sollte, könnte man Boxer und Panther sicher auch in China produzieren. Rheinmetall sucht dort stets fähige Ingenieure, und die chinesische Schwerindustrie ist bekanntlich noch intakt.

 

Roger Letsch, Baujahr 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog Unbesorgt.

Foto: Pixabay

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T. Schneegaß / 24.03.2023

@Ralf Pöhling: “....bei der Atomkraft: Da wird die Produktion eben nach Frankreich und Polen ausgelagert. Letztlich landet der Strom dann aber trotzdem wieder bei uns.” Richtig, und so kann man wenigstens dem verblödeten Pöbel ein gutes und ruhiges Gewissen doppelt impfen und zweifach boostern. Wie beim russischen Gas, das über sonstwoherum und preislich “veredelt” trotzdem wieder bei uns landet. Zu erkennen an den russischen Molekülen in diesem (Robäääärt Habock).

Thomin Weller / 24.03.2023

“Das Cambridge Dictionary definiert kulturelle Aneignung („cultural appropriation“) als die Handlung, Dinge einer Kultur zu verwenden oder zu entnehmen, die nicht die eigene ist, vor allem ohne zu zeigen, dass man die Kultur verstanden hat oder respektiert.” DAX steht für Deutscher Aktienindex (DAX). Wenn über 60% aller Unternehmen in ausländischer Hand sind, dann müssten die Firmen aus dem DAX Index entfernt werden. Ansonsten ist das eine kulturelle Aneignung.

Thomin Weller / 24.03.2023

@M.Müller Beide Zerstörungen zahlt der Steuerzahler. Das eine nennt sich “Sondervermögen”, das andere teils mit seinem Leben. Zynisch kann wohl Klimaneutral gesagt werden. An welcher Stelle wäre die Kritik und Demo adressatengerecht? Solche Fragen sollten lieber nicht gestellt werden. Das Argument “die Aktivisten fordern staatliche Intervention” ist unüberlegt, viel zu kurz gesprungen. Warum nicht gleich gegen den Krieg demonstrieren? David Teppert, ein Hedgefondmanager, erhielt 2014 für seine “Tätigkeit” zusätzlich zum Gehalt einen Bonus von 3 Mrd.$. Das ist mehr als ein Raketenantrieb kostet. Die Heuschrecken zerstören ebenso jede gewachsene Kultur, weltweit. Und wer interveniert dagegen? Folgendem stimme ich ausdrücklich zu “Die alten Anti-Waffen-Reflexe sind wieder da, obwohl die alten Anti-Kapitalismus-Reflexe eingeschlafen sind,...”

Ralf Pöhling / 24.03.2023

Wenn die alte Kalte-Kriegs-Propaganda in den Köpfen der Deutschen noch immer so massiv wirkt, dann muss man die Waffenproduktion eben ins Ausland auslagern. Die Hauptsache ist, dass die Waffen gebaut werden und dann zur Verfügung stehen. Nebenbei bemerkt sehen wir den selben Effekt bei der Atomkraft: Da wird die Produktion eben nach Frankreich und Polen ausgelagert. Letztlich landet der Strom dann aber trotzdem wieder bei uns. Wie auch die Waffen. Die Deutschen sollten so langsam endlich erwachsen werden. Dann kann man sich diese Spielchen auch sparen.

giesemann / 24.03.2023

@Wolfgang Sch..Vor allem hat Uschi von der Flinte das Absingen des “Panzerliedes” von 1934 bei der BW verboten. Gucksdu YT, sehr schön gesungen dort. Con variationi. Hindert sie aber nicht daran, DEUTSCHE Panzer in die UA zu schicken - als ob die anderen zu blöd wären, selber gute Särge zu bauen. Das ist etwas für die ehemaligen Verbündeten Stalins, also die Brits und die Amis, nicht für uns. Historically spoken, you know. Schließlich haben sie uns dereinst zu gemeinsamer Hand fertig gemacht - zu Recht, nebenbei bemerkt. Bin heilfroh, dass wir nicht mehr mit Schurken à la Stalin und Putin kooperieren, sondern mit den Angelsachsen, den Polen, allen anderen anständigen Slawen. Das macht das Leben doch viel erträglicher. Endlich bei den Guten! Möge es so bleiben in sacula saeculorum. Denn die Amis singen: Ballad of the Green Berets Songtext von Elvis Hitler (believe it or not). BALLAD OF THE GREEN BERETS SONGTEXT Der Songtext “Ballad of the Green Berets” von “Elvis Hitler” darf aufgrund von lizenzrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. So fängt es an, sehr ehrlich: “Fighting soldiers from the sky, fearless men who jump and die ... “. Habe einige der Jungs kennen gelernt, auf unserem Flugplatz, Nähe Nordschwarzwald; dort haben die Absetzübungen gemacht, bevor es nach Vietnam ging, war in den 60ern. Als die sahen, dass wir auch Fallschirme in unseren Flugzeugen hatten, durften wir auf Einladung des US-Cornels auch mitspringen. Geil. Training? Der nur: O no, not necessaray, you just queue up with us and we kick you out. Das Panzerlied endet so: “... dann wird unser Panzer zum ehernen Grab ... “

T. Schneegaß / 24.03.2023

@Didi Hieronymus Hellbeck: Ich ergänze zurück: Nach dem “heile gemacht” sind sie wieder in der Lage “Wumms” zu machen. Wenn sie von Fachkräften “heile gemacht” wurden, bringen sie gelegentlich ein “Rumms” zustande, waren es gelernte Fachkräfte schaffen sie “Doppel-Wumms” oder “Doppel-Rumms”. Danach haken sie sich mit den Dingern, die in die Luft ragen, unter und proben den “Badenweiler Marsch” für die Siegesparade auf dem Roten Platz.

H.Adel / 24.03.2023

Krisengewinnler? Muss weitergehen, die „Corona-Krise „ ,denn es bringt märchenhafte Gewinne. So meldet der Staatsfunk, dass „Ärzte“ (also deren Vertretungen! Um nicht alle über einen Kamm zu scheren), mit den Krankenkassen über die Weiterzahlung der überhöhten Spritzhonorare bis teilweise 38,- EUR über der normalen Vergütung für Grippeschutzimpfungen, ohne Kosten für die Plörre, für das Abspritzen der Unbelehrbaren verhandeln. Es gibt also immer noch eine nicht unbedeutende Anzahl von „Medizinern „, die sich korrumpieren lassen und eine hohe Anzahl von Menschen, die immer noch nicht geschnallt haben, welche Risiken bestehen. Die Kampagne geht also weiter, das Zeug muss weg, am Besten in die Oberarme unmündiger Menschen. Warum wird das Zeug nicht vom Markt genommen, obwohl selbst KK und Minister zugeben, dass die Risiken höher als der Nutzen zu sein scheinen? Es wird also keine umfassende Aufklärung geben und die ÖR werden weiter beim Vertuschen dieses Skandals an der Seite der Politik und der Pharmaindustrie stehen. Unglaublich! H.A.

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