Johannes Eisleben / 13.02.2021 / 06:00 / Foto: Pixabay / 121 / Seite ausdrucken

Querdenker-Demos schuld an Infektionen? Analyse einer Schrott-Studie

Von Deutschlandfunk bis Welt, von Ärzteblatt bis FAZ wird – „pünktlich zum Corona-Gipfel“ seit Mitte der Woche eine „Studie“ aufgeblasen, die nachweisen soll, dass „Querdenker“(-Demos) zu einer Verbreitung des Corona-Virus beigetragen haben. “Querdenken-Demos für bis zu 21.000 Infektionen verantwortlich” schreibt beispielsweise der Tagesspiegel. Auch die „Heute“-Nachrichten des ZDF (ab Minute 16:00) ließen es sich nicht nehmen, das Papier unkritisch zu kolportieren.

Das riecht einerseits nach einem weiteren, krassen Fall politisch bestellter Wissenschaft, wie sie – Achgut.com berichtete – im Corona-Kontext offenbar gang und gäbe zu sein scheint. Andererseits legt schon ein nur oberflächlicher Blick in die englischsprachige Original-Studie nahe, dass eine nähere Prüfung dieses „Discussion Paper“ angeraten gewesen wäre. 

Die Ökonomen Drs. M. Lange und O. Monscheuer behaupten, COVID-Leugner (im englischen Original: „COVID-19-deniers“) seien “spreader” des Virus, deren “individuelles Verhalten verheerende Folgen für unsere Gesellschaft” habe. Alleine die Wortwahl ist für eine wissenschaftliche Arbeit schon ungewöhnlich und macht stutzig. 

Um eine Korrelation zwischen den lokalen Hotspots der Infektions- und Sterberaten und einem überproportionalen Anteil von „Corona-Leugnern“ unter den Einwohnern herzustellen, müsste man wissen, wie sich die gesuchte Spezies genau aufs Land verteilt. Die „Studie“ arbeitet dafür mit drei „Proxys“ (Stellvertreter-Werte): den Wählerstimmen für die AfD zur Europawahl 2019 (denn die AfD kritisiert die Maßnahmen), die Quote gegen Masern geimpfter Kinder (denn Corona-Skeptiker lassen ihre Kinder angeblich nicht gegen Masern impfen) und die Verteilung der Bushaltestellen von Honk for Hope (denn deren Busse fahren Maßnahmen-Protestler nach Berlin und Leipzig). 

Viele Stimmen für die AfD, eine niedrige Masernimpfquote und ein dichtes Netz an Honk-for-Hope-Haltestellen machen einen Landkreis so zu einem Querdenker-Hotspot, der sich über hohe Infektions- und Sterbezahlen nicht zu wundern braucht. Keine empirische Studie kommt ohne mathematische Modelle aus, in dieser Studie werden zwei Regressionsmodelle verwendet. 

Was ist davon zu halten? Um es vorweg zu nehmen: nichts.

Die Aufgabe der Wissenschaft

Die Aufgabe der Wissenschaft ist es, zu verschiedenen Aspekten der Wirklichkeit Beschreibungen, Erklärungen und Voraussagen zu liefern. Dies tun Wissenschaftler entweder a priori mit Hilfe rein geistiger Begriffe wie in der Mathematik oder mit Hilfe von Beobachtungen und Experimenten, auf deren Basis induktive Hypothesen als Modelle der Wirklichkeit aufgestellt und bewiesen oder falsifiziert werden. Verifizierte Modelle werden dann zu Aussagen der Wissenschaft und bleiben so lange gültig, bis neue Beobachtungen oder Einsichten sie ersetzen. Auf diese Weise sind seit dem 17. Jahrhundert die Korpora der Wissenschaften entstanden, auf denen unsere moderne Zivilisation beruht.

So beeindruckend ein wissenschaftliches Korpus ist, wenn man es im Lehrbuch zur Kenntnis nimmt, so mühsam und schwerfällig ist seine historische Entstehung. Einerseits werden neue Einsichten oftmals lange nicht anerkannt, weil etabliertes Wissen und dessen Repräsentanten ihm weichen müssen, andererseits wird von schlechten oder skrupellosen Wissenschaftlern unglaublich viel Unwahrheit produziert, die später abgeräumt werden muss, um zur Essenz eines Wissensgebäudes zu gelangen.

Skrupellos sind dabei jene, die wissen, dass sie die Unwahrheit sagen, es aber tun, um Machtstrukturen zu stützen; sie produzieren keine Wissenschaft, sondern Herrschaftsideologie und Propaganda. "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing", dies gilt besonders in der "dismal science" (trostlose Wissenschaft), wie der schottische Historiker Thomas Carlyle die Wirtschaftswissenschaften genannt hat – womit weder er noch wir die Wirtschaftswissenschaftler verdammen wollen.

Das Argumentationsmuster der Autoren

Lange und Monscheuer haben zu dem Berg an Unwahrheit einen weiteren Beitrag geleistet. Wie sind die Autoren vorgegangen? Sie argumentieren wie folgt:

  1. Es gab 2020 in Deutschland laut RKI 1.752.015 Fälle von COVID-19 und 35.373 COVID-Tote.
  2. Während die Fälle der ersten Welle (März/April 2020) lokal beschränkt waren, waren die Fälle Ende des Jahres auf das ganze Bundesgebiet verteilt.
  3. Es gibt in Deutschland COVID-Leugner, die die Gefährlichkeit des Virus “leugnen” oder seine Existenz verneinen. Sie halten sich nicht an die vorgegeben Regeln, sind oftmals Verschwörungstheoretiker und unterstützen überproportional die AfD. Sie sind auch gegen die Impfung (Impfverweigerer).
  4. COVID-Leugner leben in Gegenden, die über ein geringeres “social capital” verfügen. “Social capital” wird über Vertrauen in Politiker und Institutionen, Blut- und Organspendebereitschaft und Wahlbeteiligung definiert. Die Autoren erweitern den institutionellen Aspekt “social capital” um den Negativindikator des COVID-Leugners.
  5. COVID-Leugner nutzen soziale Medien, um ihre falschen Botschaften zur Ungefährlichkeit des Virus zu verbreiten, da die etablierten Medien homogen über dessen eigentliche Gefährlichkeit berichten.
  6. Das Verhalten der COVID-Leugner bei Demonstrationen führt zu einer Verstärkung der Ausbreitung des Virus. Aus 1–6 folgt:
  7. Das Verhalten der COVID-Leugner ist unverantwortlich und schadet der Gesellschaft.

Beginnen wir mit den Prämissen 1–5 und widmen wir uns dann separat dem entscheidenden 6. Schritt des Argumentationsschemas, bevor wir uns der Schlussfolgerung (7) zuwenden.

Die falschen Prämissen der Autoren

Zu Punkt (1): Die Zahlen des RKI zu COVID, die die Autoren unkritisch übernehmen, sind nicht zuverlässig. Erstens sind 2020 wahrscheinlich deutlich weniger als 35.373 Menschen an COVID gestorben, sondern ein guter Teil von ihnen eher mit COVID, aber an einer anderen Todesursache. Doch selbst wenn diese Zahl stimmt, ist sie lediglich der Ausdruck eines von einem normalen grippalen Erreger ausgelösten Krankheitsgeschehens; es sterben jedes Jahr in Deutschland 40 bis 90 Tausend Menschen an Viruspneumonie. Das Jahr 2020 ist kein Jahr mit besonders hoher Letalitäts-Prävalenz dieser Erkrankung; in der Grippesaison 2017/18 sind ähnliche viele betagte Menschen eines natürlichen Todes an Influenza gestorben wie im ganzen Jahr 2020 an COVID. Es gab im Wesentlichen 2020 auch keine Übersterblichkeit – und also auch keine Epidemie.

Zweitens gab es in Deutschland nicht 1,7 Mio. “Fälle”, wie das RKI berichtet, sondern etwa zehnmal mehr Infizierte. Wie das? Ein positiver PCR-Test ist kein “Fall”. Ein Fall ist ein positiver PCR-Test plus COVID-Symptome. Doch zahlreiche Getestete hatte gar keine Symptome; außerdem ist der Test diagnostisch invalide. Vor allem aber sind längst nicht alle Infizierten gefunden worden, da COVID bei 90 Prozent der Infizierten ohne oder mit kaum wahrnehmbaren Symptomen verläuft. Nur 1 bis 2 Promille der Infizierten sterben an dem Virus (das ist die Case Fatality Rate – CFR), das sind weniger als bei virulenten Influenza-Stämmen, die es auf 3 Promille CFR bringen. Daher müssen sich 2020 in Deutschland etwa 12,5 bis 25 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert haben, wenn man davon ausgeht, dass 25.000 bis 30.000 daran gestorben sind und die CFR bei 1 bis 2 Promille liegt, was wissenschaftlich erwiesen ist. 

Das Virus ist also längst endemisch, und wir haben auch bereits die Herdenimmunität erreicht, was man an den derzeit sinkenden PCR-Testzahlen und Todeszahlen (indirekt) ablesen kann. Es gibt keine COVID-Pandemie, sondern das ist eine Endemie, was bedeutet, dass sich ein Gleichgewicht zwischen Anwesenheit des Virus in der menschlichen Population, seiner Mutationsrate und der Immunantwort der Population herausgebildet hat. Es wird immer weitere Mutanten geben, die mehr oder minder effektiv infizieren und selten auch letal wirken werden.

Zu Punkt (2): Diese Prämisse ist korrekt. Das Virus hat sich ganz natürlich im Laufe des Jahres, auch im Sommer, über Deutschland verbreitet und ist nun in ganz Deutschland endemisch. Diesen Aspekt haben die Autoren allerdings nicht berücksichtigt.

Zu Punkt (3): Die Gruppe der “COVID-Leugner” zerfällt in zwei Untergruppen. Eine Minderheit leugnet die Existenz des Virus. Diese Menschen irren genauso wie die Autoren der hier besprochenen Studie. Die große Mehrheit der “Leugner” hingegen erkennt die Existenz des Virus an, hat aber die oben zitierten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu seiner geringen Gefährlichkeit wahrgenommen und sieht SARS-CoV-2 als das, was es ist: ein normaler Erreger grippaler Infekte, der selten und vor allem bei Menschen am Ende ihrer natürlichen Lebensspanne den Tod durch Viruspneumonie auslösen kann.

Keine COVID-Leugner, sondern COVID-Realisten

Es stimmt, dass diese Gruppe sich nicht an die vom Staat vorgegebenen Regeln zur “Eindämmung” des Wuhan-Virus (besser gesagt: seiner evolutionären Abkömmlinge) hält. Dies tun diese Menschen deswegen nicht, weil sie (i) die Aufhebung der Freiheitsrechte angesichts der vergleichsweise geringen Gefährlichkeit des Virus für nicht rechtens (verfassungswidrig) halten und (ii) erkannt haben, dass die Maßnahmen oft sinnlos sind, weil man ein Virus, das per Tröpfcheninfektion übertragen wird und bei 90 bis 95 Prozent der Infizierten zu oligo- oder asymptomatischen Verläufen führt, weder durch Lock-Down, Quarantäne noch Tracking eindämmen kann. Diese Leute sind keine COVID-Leugner, sondern COVID-Realisten. 

Die Autoren vermuten auch, dass diese Menschen grundsätzlich Impfgegner sind und nutzen dafür die Durchimpfungsrate gegen Masern als Indikator. Auch diesen Zusammenhang können sie nicht beweisen. Sicherlich gibt es in der Gruppe der skeptischen Menschen echte Impfgegner, aber es gibt darunter auch viele Impffreudige, die lediglich die “Impfung” mit einem “Impfstoff” ablehnen, dessen Wirksamkeit sich auf leichte bis mittelschwere COVID-Verläufe beschränkt und dessen Toxizität unbekannt ist (beides gilt für alle zugelassenen Substanzen zur “Impfung” gegen die Wuhan-Variante, die es in der Population längst nicht mehr gibt).

Zu Punkt (4): Die Definition von “social capital”, die die Autoren verwenden, gilt in stabilen Rechtsstaaten mit verlässlichen Institutionen, Pluralismus, Gewaltenteilung und der Einhaltung rechtlicher Normen durch den Staat. Doch dies ist in Deutschland zunehmend nicht mehr oder allenfalls noch teilweise der Fall. Gegen die COVID-Politik zu demonstrieren, ist in dieser Situation Ausdruck von zivilgesellschaftlicher Gesinnung, und nicht etwa ein Indikator mangelhaften Sozialkapitals, wie die Autoren behaupten.

Zu Punkt (5): Skeptische und kritische Bürger sind in der Tat gezwungen, soziale und alternative Medien zu nutzen, weil die etablierten Medien überwiegend homogen die Sicht der Regierung und von ihr abhängiger Wissenschaftler wiedergeben und vielfach Behauptungen (Propaganda) über diesen Erreger verbreiten.

Die Datenlage und ihre Interpretation

Wie beweisen die Wissenschaftler ihre Kern-Hypothese, das Verhalten der sogenannten „COVID-Leugner“ bei Demonstrationen führe zu einer Verstärkung der Ausbreitung des Virus? Die Autoren behaupten, dass AfD-Wähleranteil und Masern-Durchimpfung für die Verbreitung von COVID vorhersehbar sei. Diese Aussage ist aus den folgenden Gründen falsch (Details siehe Anhang A):

1. Die Autoren verwenden in ihren Regressionsmodellen, mit denen sie ihre Hypothesen beweisen wollen, als zu erklärende Variable des Modells (das sog. Outcome ist das, was bei der Gleichung rauskommt wie etwa das y bei der einfachen linearen Gleichung y = 1 + x) die sogenannte "7-Tages-Inzidenz" des RKI.

2. Die Ergebnisse der Regressionsmodelle sind nicht statistisch durch Signifikanzwerte unterfüttert.

Die Autoren behaupten zweitens, die „COVID-Leugner“ hätten bei zwei Demonstrationen im November zu einer Ausbreitung des Virus beigetragen. Auch diese Aussage können sie nicht beweisen (Details siehe Appendix B):

  1. Das gewählte Outcome ist wieder die invalide "7-Tages-Inzidenz" des RKI.
  2. Das Regressionsmodell, das die Autoren verwenden, ist zwar angemessener als das bei der ersten Behauptung verwendete, doch versäumen die Autoren die Korrektur der Alphafehler-Kumulierung. Dieses Versäumnis ist schwerwiegend und macht die Analyse invalide und unbrauchbar.

Was haben die Autoren bei der zweiten Behauptuung nun wirklich gezeigt? Dass die epidemiologisch invalide Pseudo-7-Tages-Inzidenz des RKI mit der Anreise aus kleinen Orten zu den Demonstrationen vielleicht korreliert ist, dass es aber keine Auswirkung der Demo-Teilnahme auf den Tod durch COVID gibt. Mit anderen Worten: dass Menschen, die aus kleinen Orten, die im November noch nicht mit den damals aktuellen SARS-CoV-2-Mutanten durchseucht waren, sich in der Großstadt bei einer Demo vielleicht damit angesteckt haben. Sie können diese Aussage jedoch wegen der fehlenden Korrektur der Alphafehler-Kumulierung nicht beweisen. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass sie recht haben. Doch selbst wenn es den behaupteten Effekt gäbe, fiele er angesichts der endemischen Verbreitung des Virus überhaupt nicht ins Gewicht: Er wäre medizinisch und epidemiologisch irrelevant.

Die Schlussfolgerung der Autoren

Die Autoren folgern aus ihrer methodisch invaliden Studie, dass „COVID-deniers", wie sie ihre Mitbürger nennen, durch ihre Demonstrationen und ihren Unwillen, die Maßnahmen der Regierung zu befolgen, eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen. Sie behaupten, durch vollständige Unterdrückung der beiden Demonstrationen hätten 16 bis 21 Tausend “Infektionen” (sie meinen positive invalide PCR-Tests ohne Berücksichtigung der Symptome) verhindert werden können. Daher folgern sie, dass eine “radikale Minderheit ein signifikantes Risiko für die gesamte Population“ darstelle und diese Gruppe entsprechend durch staatliche Maßnahmen aufgeklärt werden müsse. Sicherlich ist die quantitative Abschätzung der Autoren genauso invalide wie ihre Modelle, doch wäre die Zahl, selbst wenn sie richtig wäre, bei 12 bis 20 Millionen Infizierten im Jahr 2020 vollkommen irrelevant.

Neben der unzureichenden mathematischen Kompetenz der Autoren (Unkenntnis der Alphafehler-Kumulierung), die angesichts ihrer Tätigkeit als empirische Ökonomen seltsam anmutet, fällt vor allem auf, dass sie sich ganz und gar nicht mit den medizinisch-epidemiologischen Eigenschaften von SARS-CoV-2 und COVID beschäftigt haben, sondern die RKI-Zahlen einfach hinnehmen. Jeder Wissenschaftler ist aber dazu verpflichtet, die Daten, die er zur Aufstellung und Validierung seiner zentralen Hypothesen verwendet, auf ihren Wahrheitswert zu prüfen. Das haben die Autoren versäumt. Die Wissenschaftler, die ihnen bei der Fertigstellung des Artikels geholfen haben (sie sind in der Danksagung aufgeführt), haben weder die mathematischen noch die medizinisch-epidemiologischen Versäumnisse bemerkt.

Die Arbeit von Dr. Martin Lange und Dr. Ole Monscheuer ist eine offensichtlich politisch motivierte, methodisch schlecht durchgeführte Gefälligkeitsstudie. Diese Art ideologischer pseudo-wissenschaftlicher Arbeit im Dienste von Macht und Unrecht finden wir in Deutschland, aber auch anderen Ländern des Abendlandes, ­gegenwärtig immer häufiger.

 

Ein Fundstück zum gleichen Thema auch hier, es äußern sich u.a. der Statistik-Professor Walter Krämer („Die Autoren gehen mit einen deutlichen Vorurteil an die Studie heran") und der Mathematiker Professor Thomas Rießinger („Das ist statistisch verbrämte Propaganda“).

 

Für die Fachleute unter den Lesern ein Anhang des Autors: Mathematische Details

A. Zusammenhang "COVID-Leugner" und AfD-Wählerschaft/Masern-Impfung

Das Outcome der Regressionsmodelle ist epidemiologisch untauglich. Die 7-Tages-Inzidenz des RKI ist in Wirklichkeit eine aufaddierte punktweise PCR-Test-Prävalenz aus ungültigen, verzerrten Stichproben, die nichts über den Verlauf der COVID-Endemie aussagt und mathematisch nicht korrigiert werden kann, wie der Epidemiologe Schrappe gezeigt hat. Die RKI-Daten sind wissenschaftlich vollkommen wertlos. Wie Schrappe zu recht fordert, hätte man seit März 2020 prospektive Kohortenstudien durchführen müssen, um epidemiologisch valide Daten zu erhalten. Doch diese hätten die Normalität des Virus bestätigt, vielleicht ein Grund dafür, dass sie nie gemacht wurden, obwohl sie viel billiger und aussagekräftiger gewesen wären als das sinnlose PCR-Testen. Wie dem auch sei, das RKI-Outcome kann aufgrund seiner Eigenschaften gar nicht für eine Regressionsanalyse verwendet werden. Damit ist die ganze Analyse schon ungültig.

In der Regressionsanalyse unterlegt man einen möglichen Zusammenhang von Prädiktor und Outcome nicht allein mit Hilfe der Vorzeichen rohen Regressionskoeffizienten, sondern mit Hilfe der p-Werte, die das Regressionsmodell den Koeffizienten zuordnet. Diese werden von den Autoren aber nicht berichtet, höchstwahrscheinlich weil sie nicht signifikant sind.

Die Autoren führen die Regressionsanalyse über Zeit und Raum vielfach durch. Dabei entsteht das mathematische, gut bekannte Problem des multiplen Testens (Alphafehler-Kumulierung) – kurz gesagt besteht bei vielen durchgeführten Tests die Wahrscheinlichkeit, dass ein Test zufällig falsch-positiv wird. Daher korrigiert man die p-Werte um die Testhäufigkeit, wofür es viele Methoden gibt. Den Autoren scheint das Problem nicht bewusst zu sein. Doch sie berichten für den ersten Schritt der Analyse ja auch gar keine p-Werte, denn die sind wohl auch ohne Bonferroni-Holm-Korrektur (ein bekanntes Korrekturverfahren beim multiplen Testen) nicht signifikant.

B. Zusammenhang Demonstrationen und Virus-Verbreitung

Im zweiten Schritt analysieren die Autoren den Zusammenhang zwischen Demonstrationen für Bürgerrechte (gegen COVID-Maßnahmen) und COVID-Infektionsraten. Dafür verwenden sie als Outcome wieder die invalide “7-Tages-Inzidenz” des RKI und als Prädiktoren in einem recht komplexen Regressionsmodell die Anreise von Demonstrationsteilnehmern mit “Honk for Hope”-Bussen zu Demonstrationen in Leipzig am 7.11. und in Berlin am 18.11.2020. Es soll gezeigt werden, dass dies Prädiktoren der Verbreitung der RKI-Pseudoinzidenz in ihren Herkunftsorten sind. Das Modell enthält auch Korrekturprädiktoren, die sorgfältig validiert wurden (um Effektverwechslung auszuschließen). 

Die Autoren zeigen einen Zusammenhang zwischen dem Prädiktor (Vorhandensein von Honk for Hope-Bushaltestellen) und der 7-Tages-Inzidenz des RKI nach den Demonstrationen in Berlin und Leipzig, die Demo-Teilnehmer-Landkreise mit Honk for Hope-Bushaltestellen zeigen einen höhere 7-Tages-Inzidenz als Vergleichslandkreise ohne solche Haltestellen. Dieser Zusammenhang ist robuster als der im ersten Schritt behauptete Zusammenhang, und zwar ist der Effekt umso stärker, je kleiner die Gemeinden sind, aus denen die Teilnehmer kommen. Der Zusammenhang wird anders als im ersten Schritt auch mit signifikanten p-Werten der Regressionsparameter unterlegt, die allerdings nicht auf Alphafehler-Kumulierung korrigiert sind und dann wahrscheinlich nicht mehr signifikant wären. Dies ist ein fundamentaler mathematischer Fehler der Studie.

Die Autoren führten mit Hilfe weiterer Kontrollvariablen auch einige wichtige Untersuchungen zur Robustheit des Nachweises des Kausalzusammenhangs zwischen Demo-Teilnahme und Outcome durch. Dabei ersetzten sie auch die invalide 7-Tages-Inzidenz als Outcome durch das deutlich validere Outcome der Anzahl der COVID-Toten (7-Tages-Mortalität). Dabei verschwindet der gesuchte Zusammenhang jedoch weitgehend, nur wenige Koeffizienten sind noch statistisch signifikant mit dem Outcome korreliert, und dieser Effekt würde bei einer methodisch erforderlichen Korrektur der Alphafehler-Kumulierung garantiert gänzlich verschwinden.

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Leserpost

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Bernhard Freiling / 13.02.2021

Werden wir nicht nur noch von offizieller Seite her mit Fake-News, mit Wortmüll, mit Lug und Trug, informiert? Spahn bestellt beim RKI und anderen Wohlgesonnenen Panikverbreitungs-Studien und weil das nicht ausreicht, weicht man auf das Ausland aus, um sich dort weitere Junkstudien erstellen zu lassen. Wohl in der Hoffnung, der dusslige Deutsche vertraue ausländischen “Wissenschaftlern” mehr als deutschen. ++ Dazu paßt nahtlos die Information der “Morgenlage”, es habe 15,5% weniger Patienten in deutschen Krankenhäusen von Jan. bis Sept. 20 gegeben. 8% weniger Herzinfarkte und 6% weniger Schlaganfälle. Diese Erkrankungen, so kann ich auf google nachlesen, führen in 25% aller Fälle zum Tod. Wie viele % mögen zum sofortigen Tode führen, wenn sie nicht behandelt werden? Immerhin rd. 15% kamen weniger in die Krankenhäuser. Jährlich rd. 420.000 Herzinfarkte und Schlaganfälle. Davon 15% nicht im Krankenhaus angekommen. Macht rd. 60.000 unbehandelte. Wie viele davon verstarben, weil sie keine Notfallbehandlung erhielten? Und trotzdem sollen angeblich weniger Menschen an Herzinfarkt und Schlaganfall gestorben sein? Ob das wohl nur deswegen sein kann, weil diese Todesfälle in “Corona-Tote” umgedeutet wurden? ++ Merkel und Konsorten gehören m.E. wegen unterlassener, oder besser noch: wegen verhinderter, Hilfeleistung vor Gericht gestellt.

Sigrid Leonhard / 13.02.2021

Gut zu wissen, dass Artikel aus dem Ärzteblatt auch nur noch mit großem Vorbehalt zu lesen sind. Freut euch das liebe Redakteure vom Ärzteblatt? Tja, so was kommt von das!

Robert Jankowski / 13.02.2021

Motto: “Wir haben mal so übern dicken Daumen gepeilt”. Kein ernsthafter Wissenschaftler würde sich für derart kruden Schwachsinn hergeben. Keine Hypothese, keine Beweisführung und folglich auch kein Beweis. Wundert eine solche Pseudostudie überhaupt noch Jemanden angesichts all der plagiierten oder “verschwundenen und wiedergefundenen” Dissertationen unserer Politclown Mafia wirklich noch?! Und die Massenmedien wundern sich, dass man sie als “Lügenpresse” bezeichnet?! Naja, in den USA kommen ja schon Forderungen auf, dass man den Sender Fox aufgrund seiner permanenten Desinformationspolitik dichtmachen sollte. Und das kommt ausgerechnet von dem “demokratischen” Haus- und Hofsender CNN. Ich wundere mich über Nichts mehr.

Detlef Fiedler / 13.02.2021

@Gerhard Weiser: Sie schrieben: “Ich schließe daraus 85% an und 15% mit Corona verstorben. . .”. Erklären Sie doch Ihren Schluss bitte genauer. Möglichst unter Berücksichtigung der verschiedenen Alterskohorten, deren Verteilung in der Gesamtbevölkerung sowie deren Belastung durch relevante Vorerkrankungen. Legen Sie bitte dar, ob und wie bei den von Ihnen genannten 85% eine Infektion gemäss IfSG §2 festgestellt wurde, also durch die labortechnische Feststellung eines vermehrungsfähigen Erregers. Nicht nur durch einen PCR-Test, der diesen Nachweis nicht liefern kann. Und natürlich ist insoweit von Ihnen zu belegen, dass diese Infektion dann letztendlich auch die Todesursache darstellte. Derartige Nachweise kann man von Ihnen durchaus verlangen, da Sie ja, nach eigener Aussage, eine Feststellung, einen Schluss, getroffen haben. Der Autor Herr Eisleben hatte ja leider nur mit Wahrscheinlichkeiten argumentiert.

G. Böhm / 13.02.2021

Den Studien-Auftrag hat das ZEW möglicherweise vom ‘Ostbeauftragten Wanderwitz’ erhalten, selbiger hatte ja bekanntermaßen in der Öffentlichkeit laut darüber nachgedacht, ob nicht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den schnittigen manipulierten Fallzahlen (Inzidenz) und dem AfD-affinen Wählerverhalten in bestimmten Regionen (Landkreisen) bestünde. Eigenartig ist auch, wie so wenige Demonstranten, z. B. wurden ja in Leipzig weit unter 20.000 Teilnehmer offiziell gezählt, einen angeblich so hohen Effekt bewirken könn(t)en. - Um die Sache zu analysieren, brauchte man allerdings keinerlei statistische Tricks anzuwenden (also Pseudo-Wissenschaft zu betreiben), sondern man kann auf den Gesundheitsverlauf der per Bussen angereisten Teilnehmer direkt zugreifen. Vor Leipzig wurden ja die Busse durch die Sächsische Polizei angehalten und die Identität der Teilnehmer durch zeitweilige Vereinnahmung der Personalausweise eineindeutig bestimmt. Über einen Dateiabgleich kann man herausfinden, wer von den Teilnehmern wann ‘positiv PCR-getestet’ worden wäre, obwohl dieser Test nichts sagt bezüglich des konkreten Gesundheitszustandes des Getesteten und seiner möglichen Fähigkeit, das Virus weiterzugeben. [Selbst wenn man eine positiv getestete Person umarmt, also mit Abstand nahe Null, springt das Virus nicht automatisch über, so besagt es wenigstens der Selbstversuch. Auch die Teilnahme an den QD-Events ist völlig ungefährlich!] - Wenn im Frühjahr die Großdemonstrationen wieder beginnen, kann ja dann das ZEW seine Ausgangshypothese evaluieren. Man wird sehen.

Wilfried Cremer / 13.02.2021

Hallo Herr Eisleben, nicht nur die Demos, nein bereits verqueres Denken reicht, um Infektionen auszulösen. Der Synapsen-Gap ist wie bei der Demenz das Loch des Kobolds. Aber hallo.

Gerhard Döring / 13.02.2021

Vor kurzem noch galt als besonders fortschrittlich ein Querdenker zu sein und Dinge zu sehen wie die Masse es nicht vermag wodurch eine Gesellschaft Nutzen zog, stolz war man auf sie. Die Zeiten haben sich verfinstert und was gestern galt ist heute Nazi. Übrig bleibt eine Pseudowissenschaft der Propaganda dienend. Das erinnert deutlich an vergangene Zeiten. Heute nennt man sie:            “DER EWIGE QUERDENKER”

Rainer C. Ment / 13.02.2021

Um es kurz zu machen: garbage in - garbage out. Dazu kommen noch die unzureichenden mathematischen Modelle. Andere mögliche Zusammenhänge wurden gar nicht erst in Betracht gezogen und ausgeschlossen, ebenfalls ein methodischer Fehler. Eine Korrelation wurde sozusagen herbeigeprügelt, eine Kausalität konstruiert. Das alles wäre schon schlimm genug, wenn sich nicht ein “woker” Twitter-Mob auf den Weg gemacht hätte, die Kritiker dieser Nicht-Studie zu diskreditieren. Auch der “Nordkurier”, der in letzter Zeit durch differenzierte Berichterstattung und Rückgrat aufgefallen ist, wird angegriffen. Wahrscheinlich werden hier die nächsten Opfer für die Kolumne “Ausgestossene der Woche” gesucht.  Die Corona-Panik nimmt immer hysterischere Züge an. Und weil gerade, nahezu unbemerkt, Karneval ist:  Am 30. Mai ist der Weltuntergang - Wir leben nicht, wir leben nicht mehr lang - Doch keiner weiß, in welchem Jahr - Und das ist wunderbar - Wir sind vielleicht noch lange hier - Und darauf trinken wir!   

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