Vielleicht erinnern Sie sich, Herr Sarrazin, dass in den Zeiten des Kalten Krieges dort, wo die Machtblöcke unmittelbar aneinanderstießen, schlimme Konflikte auftraten (Deutschland und der Mauerbau, Raketenbasen in der Türkei, die zu den Atomraketen auf Kuba führten). Diese Konflikte führten damals zur Einrichtung von internen und inoffiziellen “Pufferzonen” (mit dem Abbau der Raketenbasen auf Kuba und in der Türkei). Vor diesem Hintergrund erscheinen mir die russischen Sicherheitsdoktrinen (keine NATO-Mitglieder unmittelbar an der russischen Grenze) nicht wirklich abstrus. Meinem ganz persönlichen Sicherheitsinteresse stehen sie jedenfalls nicht entgegen. Was wäre denn mein persönlicher Nachteil gewesen, wenn man diese Pufferzone zwischen Russland und NATO eingerichtet hätte? Antwort: Keiner! (Allerdings fällt es mir auch nicht schwer, mir die vielfältigen Interessen in der Welt auszumalen, die dem entgegenstehen; aber es sind nicht meine!) Und Sie selbst, Herr Sarrazin, haben mir schon recht gegeben, indem Sie einen Angriff Putins auf ein NATO-Mitglied als undenkbar hinstellten. Sie werden jetzt wohl fragen: Und was ist mit der Ukraine? Meine Antwort: Die Ukraine sollte sich damit abfinden, auskömmliche Realpolitik gegenüber ihren Nachbarn zu machen, zu denen auch Russland gehört. Sich einzubilden, einer militärischen Großmacht an der eigenen Grenze unentwegt ans Bein pinkeln zu können, ohne dass was passiert, ist eine Politik, die an Blödheit kaum zu überbieten ist. Daher sind die (erwachsenen und diese blöde Politik unterstützenden) Ukrainer selbst schuld an dem jetzigen Krieg in ihrem Land. Und alle die, die an dieser dummen, konfliktträchtigen Politik mitgestrickt haben (mal hier den Ukrainern ein EU-Bröckchen, mal ein NATO-Bröckchen vor die Füße geworfen haben), sind ebenfalls mitschuldig an diesem Krieg. Nach meiner Einschätzung haben wir es nicht nur mit Putin als Zarenreich-Revisionisten zu tun, sondern auch mit viel zu vielen Kalter-Krieg-Revisionisten.
Nahezu alles, was ich hier gelesen habe, stützt diese Aussage: “Europa kennt uns nicht, weil ihr die slawisch-russische Betrachtung von Welt, Natur und Mensch fremd ist. Die westeuropäische Menschheit bewegt sich nach Willen und Vernunft. Der Russe lebt in erster Linie mit seinem Herzen und seiner Vorstellungskraft und erst dann mit seinem Willen und Verstand.” (Iljin) a) Hätte man die Ukraine 2008 in die NATO aufgenommen, hätte das damals schon zum Krieg geführt. b) Russland vor dem WK1 und Russland nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ist relativ einfach zu verstehen. “Sie müssen Russland zerstückeln, um es durch den westlichen Ausgleich zu zerstören: ein Plan des Hasses und der Machtgier. Um sich Russland in einem Zustand dieses Wahnsinns vorzustellen, genügt es, sich das Schicksal der „Unabhängigen Ukraine“ vorzustellen.” Das schrieb der Lieblingsphilosoph von Putin, Iwan Iljin. Er hat alles Wesentliche zu dem jetzigen Konflikt gesagt und Herr Sarrazin, den ich sonst überaus schätze, liegt hier falsch. c) Es geht nicht darum, das ganze Zarenreich wieder herzustellen, sondern klar zu machen, u.a. dass die russisch-orthodoxe Kirche eine Bastion gegen westliche Dekadenz, Werteverfall und weitere Dummheiten westlicher Beliebigkeit darstellt. d) Russland hätte schon im 19. Jh. die Hagia Sophia wieder zu einer Kirche gemacht, wenn der zerstritten, eifersüchtige Westen ihn nicht daran gehindert hätte. Russland stand mehrfach vor Istanbul. Wilhelm der Plötzliche gefiel sich aber darin, in Ankara bewundert zu werden und auch Österreich-U. wachte eifersüchtig um seine Besitztümer auf dem Balkan, ohne die (anti-islamische) Kraft Serbiens jemals zügeln zu können. e) Lesen Sie bitte zunächst online “Iwan Iljin Zitate”. Ich würde das als Einstieg von jedem Journalisten und Politiker erwarten. f) Wenn ich das alles sage, bedeutet es keinesfalls Zustimmung, sondern nur Analyse. Das würde ich heute von einem guten Journalismus erwarten.
Ist ja Unsinn, Herr Dollhopf. Der Westen ist langfristig auf Russland angewiesen, das ist alles. Ich sage nicht, dass ich es gut finde, wenn man aufgibt und ein anderes Land angreift, Im Gegenteil, ich finde es schrecklich. Sarrazin sagt selbst, dass es so kommen wird. Wir haben Handel mit allen möglichen Staaten, die moralisch schlechtere Werte haben. Das Problem liegt doch mehr darin, dass man seine früher annehmbaren westlichen Werte nicht durchgesetzt hat, als Zeit dafür war. Das betrifft China ganz genauso. Ich habe Erfahrung mit Spielplätzen. Ich habe einen Sohn, der alles einsteckte und heute noch zu weich ist und sich schadet, und einen, der mal zuschlug. Er hatte immer die Schuld, aber die Vorgeschichte war oft haarsträubend. Dinge schaukeln sich auf. Der polnische Korridor hätte so oder so irgendwann zu einem Folgekrieg geführt. Überlegen Sie mal: Wäre der Vertrag von Versailles ausgewogener gewesen, wäre Hitler vielleicht nie gewählt worden. Man kann doch nicht die Komplexität von Vorgeschichten abziehen und behaupten, so ein Krieg fiele einfach vom Himmel, weil der andere vom Teufel besessen wäre. Das heißt nicht, dass ich das toll finde, nur dass ich meine, das ein Aufeinanderzugehen trotz Schuld einer Partei ihn vielleicht beenden würde und Odessa ausgespart würde. Aber grundsätzlich sollte ich hier nicht mehr schreiben. Sie hatten alle diesen Stil. Sie haben ja auch auf mir herumgehackt, weil ich geimpft bin. Und merke - ich habe nicht zurück ausgeteilt. Ich gehöre hier nicht hin. Dieter Kief hat Stil und noch ein paar. Sie gehören sicherlich mehr zu den Ausfälligen. Ich hoffe, ich kann’s dann mal lassen und bin dann mal weg.
Die Aufnahme eines korrupten Oligarchenstaates in die NATO?
Vielleicht verstehe ich ja irgendetwas falsch, aber: nach 1990 kam ein Staat nach dem anderen rings um Russland zur NATO. Also: Erweiterung nach Osten, die definitiv nicht stattfinden sollte. Interessant hier z.B. National Security Archive Washington Aufzeichnung Gespräch Baker/Gorbatschow von 1990. Putin sagt seit Jahren, dass Russland nicht akzeptieren wird, wenn der „Last brick in the wall“ Ukraine ebenfalls zur NATO kommt. Amerikanische Soldaten sollen seit Jahren in der Ukraine aktiv sein und der jüngst angegriffene Militärstützpunkt ein gemeinsamer Stützpunkt NATO/Ukraine sein. Interessant auch Videoaufzeichnung Senator Lindsay Graham bei ukrainischen Soldaten 2017. Krieg ist immer fatal, aber der glorreiche Westen hat hierbei offenbar keine weiße Weste…Seit 2 Jahren sehe ich im Westen ein „C-Regime“, das mich entsetzt und mir einen eiskalten Schauer nach dem anderen den Rücken hinunter jagt… Ich vertraue dem „Westen“ noch nicht einmal eine Sekunde mehr, dass es um „Demokratie und Freiheit“ geht..Es geht um Macht….
Vielleicht hätte man die NATO nach dem Zusammenbruch des Kommunismus einfach auflösen sollen, anstatt sie als militärischen Arm einer von den USA dominierten Geopolitik in allen möglichen Ländern Krieg führen zu lassen. Ich mein nur so.
Putins Salamitaktik scheint aufzugehen. Der Westen hat die ganze Zeit nur rumgehampelt, zugesehen und ihn ermutigt Wenn der Westen so weitermacht, hat Putin bald die ganze Salami, d.h. das ganze russische Reich oder sogar den ganzen Warschauer Pakt. Und bis heute wurde Putin kein klares Signal gezeigt, ich erinnere dan die Verweigerung von Artelleriegeschüzen oder MIGs usw. Was wird passieren, wenn Putin “versehentlich” polnisches Gebiet bombardiert? Wird dann klare Kante gezeigt oder auch das gleichgültig hingenommen und weiter geschlafen? Und wenn Putin erst durch Polen durch ist, hat er freie Bahn bis zum Rhein. Gute Nacht Deutschland.
Th. Wagner: erst war es „die Euro-Krise“, dann die „Klimaerwärmung“, danach wahlweise die „fehlende Finanzunion“ oder die „fehlende Schuldenunion“, zwischenzeitlich „die AfD“ bzw. allgemein „die Rechten“, seit 2020 „Corona“, unterbrochen von der „Evergiven“-Krise, jetzt ist es der Krieg. Seit ca. 20 Jahren ist kein Politiker oder Manager mehr verantwortlich, sondern immer „Umstände“. Gilt natürlich nur für die obersten 1%, der Rest ist selbstverständlich voll verantwortlich, deswegen braucht er Einschränkungen und Kontrolle. Wo kamen wir denn dahin, wenn in einer Demokratie im Rahmen der Gesetze jeder tun und lassen kann, was er will? ++++ Im Übrigen widerspreche ich Herrn Sarrazin, es ist aktuell en Vogue, Putin Großmachtphantasien nachzusagen, aber spätestens im Baltikum wäre es ein Krieg gegen die NATO, das macht er nicht. Aber schon Obama hat in Syrien nur auf einen Fehler der Russen gewartet, jetzt will der Clinton/Biden-Clan den Krieg, von dem die „Democrats“ schon träumen, seit Putin der Ausplünderung Russlands einen Riegel vorgeschoben hat.
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