Claude Cueni, Gastautor / 19.11.2022 / 16:00 / Foto: Arpingstone / 27 / Seite ausdrucken

Prosecco-Moralismus

Für Einfachgestrickte ist Putin Russland und Russland ist Putin. Folgerichtig nötigen sie Bäckereien, ihren Russenzopf umzubenennen. Was für ein undifferenzierter, opportunistischer Prosecco-Moralismus zur täglichen Imagepflege.

Für Einfachgestrickte ist Putin Russland und Russland ist Putin. Folgerichtig nötigen sie Bäckereien, ihren Russenzopf umzubenennen. Die Basler Großbäckerei Sutterbegg nennt das süße Gebäck nun Nusszopf, bei der Confiserie Steinmann in Thun heißt es nun Hefestollen, in der Baser Edelconfiserie Gilgen: Hefesüßgebäck. Großartig! Jetzt muss sich Putin vor Schreck gleich mit beiden Händen am Tisch festkrallen.

Die russische Geschichte ist jahrtausendealt, Putin etwas weniger. Mit Russland assoziere ich Gorbatschow, Kasparov, Marina Owsjannikowa, Dostojewski, Leo Tolstois „Krieg und Frieden“Matrjoschka-Puppen, Wodka, Mongolensturm, Peter der Große, Lenin, Stalingrad und so weiter und so fort. Was hat das mit Putin zu tun?

Putin hat den barbarischen Einmarsch in die Ukraine befohlen. Nicht der Russenzopf. Putin ist Russe. Aber Russland ist nicht Putin. Man ist stets auf der sicheren Seite, wenn man jetzt pauschal die gesamte russische Kultur verteufelt und cancelt. Was für ein undifferenzierter, opportunistischer Prosecco-Moralismus zur täglichen Imagepflege.

Ich habe in Sankt Petersburg einen jungen Kollegen. Er ist orthodoxer Jude, in der Ukraine geboren, hat einen russischen Pass, seine gesamte Verwandtschaft ist russisch-ukrainisch durchmischt, er entzog sich dem Kriegsdienst und verlegte sein Business nach Armenien. Als auch dort der Krieg ausbrach, floh er in die Türkei. Ist er für Putins Krieg mitverantwortlich?

Claude Cueni (66) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Sein neuester Roman heißt „Dirty Talking“, davor erschienen bei Nagel & Kimche die Romane „Genesis – Pandemie aus dem Eis“ und „Hotel California“.

 

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R. Bunkus / 19.11.2022

За дружбу! Auf die Freundschaft! Prost!

Peter Krämer / 19.11.2022

Neulich war hier irgendwo auf der Achse zu lesen, die Gesellschaft sei onanisiert. Passt auch hierzu haargenau. Heute setzt man ein sogenanntes Zeichen, welches natürlich völlig sinnfrei ist, ohne jedes persönliche Risiko. Und schon kann man sich auf der Seite der Guten, ja sogar der Widerstandskämpfer einreihen. Ob jemand russische Musik boykottiert oder sein Leben riskiert, macht für diese neuen “Helden” keinen Unterschied.

Karsten Dörre / 19.11.2022

Man kann den Umbenennungsquatsch auch damit begründen, andere Völker nicht zu beleidigen. Einen Russen als Russen zu bezeichnen, müsste dann auch ein Problem sein. Jeder Sorbe, Däne oder sonstige geborene Deutsche ist und bleibt ein Deutscher, solange dieser die Staatsbürgerschaft besitzt. Aber bei einigen Geschäften vermute ich die Sorge, terroristische Angriffe auf ihre Läden, wenn irgendwas mit russisch oder Russland vorhanden. Die Intelligenz vieler Bürger ist sehr begrenzt.

rolf schwarz / 19.11.2022

Sehr geehrter Herr Cueni, eigentlich freue ich mich immer, wenn es wieder was von Ihnen zu lesen gibt. Aber diesmal kommen dann doch Zweifel über Ihre Motivation auf. Jetzt mal Hand aufs Herz: Gibt es für Putinbashing einen Extrabonus ?

Michael Krüger / 19.11.2022

Diese Umbenennungsversuche klingen höchst unbeholfen. Das US-Repräsentantenhaus hat es vor fast 20 Jahren vorgemacht, als man den Franzosen, die partout nicht im Irak-Krieg mitspielen wollten, einen schweren Schlag versetzte. In den Kantinen des Repräsentantenhauses wurden French Fries in Freedom Fries umbenannt. Also kann es für den Russenzopf doch nur the one and only Bezeichnung geben: Freiheitszopf. Nimm das, Putin! ROFL

Franz Klar / 19.11.2022

@Hubert Bauer :  “Vielmehr stellt sich mir die Frage was die primitiven Menschen in Tschetschenien, Dagistan und Sibirien… ” Erlauben Sie mal ! Es gibt seit der glorreichen Oktoberrevolution dort nur noch allseitig gebildete sozialistische Persönlichkeiten . Sie diffamieren hier diesen Wendepunkt der Menschheitsgeschichte vor 105 Jahren auf das übelste ... Natürlich kennt dort jeder Tolstojs Opus ” Sonderoperation und Frieden ” in der jeweils aktuellen Fassung ...

Peter Keller / 19.11.2022

nun, die russen, die ich kenne, wohnen in zürich und arbeiten in basel. ich kann da nur sagen: wären sie besser in moskau geblieben.

Thomas Taterka / 19.11.2022

Hat Bronislaw Kaper aufgehört , wie Chopin zu komponieren und ZU SPIELEN ( höre ” On Green Dolphin Street ” , YouTube , siehe Wikipedia ) , weil Polen oder Ukrainer in Lemberg Juden durch die Straßen gejagt haben ( siehe Google Bilder , bevor sie sie ermordeten?

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