Alexander Wendt / 25.05.2018 / 12:00 / Foto: H.Zell / 41 / Seite ausdrucken

Petition 2018 fordert Bundestags-Server heraus

Die Petition 2018 steht jetzt – nachdem sie vom Petitionsausschuss ordnungsgemäß angenommen wurde – auf der Seite des Bundestages zur Verfügung, wo sie alle bisherigen Unterzeichner noch einmal elektronisch unterschreiben sollen, damit alles seine Ordnung hat. Außerdem können auch alle Bürger unterzeichnen, die bisher noch nicht dabei waren. Auch eine Unterzeichnung ohne Angabe der Adresse ist möglich.

Das etwas umständliche Verfahren besitzt zwei Vorteile: Erstens handelt es sich um die offizielle Seite des Bundestages. Und wir wollen einmal hoffen, dass hier keine Warnhinweise emsiger Gutkämpfer im Netz auftauchen, die Seite sei nicht sicher respektive sogar schadsoftwareverseucht – das nämlich hatten anonyme Gesichtzeiger über die Seite der Erklärung 2018 im Netz verbreitet. Worauf die Unterschriftenzahlen tatsächlich zurückgegangen waren. Sollte es jetzt noch ähnlich gelagerte Störaktionen geben, dann werden sich das Bundesamt für Informationssicherheit und die Polizei des Bundestages (es gibt eine eigene Wache) sicherlich engagiert der Pflicht widmen, die Verursacher dingfest zu machen.

Der zweite Vorteil liegt auf der Hand: die Initiatoren der Erklärung und Petition 2018 müssen sich nicht mit den Konsequenzen der Datenschutzgrundverordung herumschlagen. Mit dieser weiteren hilfreichen EU-Verfügung haben sie schon als Publizisten genügend Aufwand und Kosten.

„Wir schaffen das“

Auf die Bestätigungsmail des Bundestagsservers muss ein Unterzeichner unter Umständen lange warten. Aber nach den bisherigen Meldungen kommt sie Stunden später tatsächlich. Faxe dringen deutlich schlechter durch. Als die Initiatoren der Petition kürzlich beim Petitionsausschussvorsitzenden Marian Wendt (nicht verwandt mit dem Autor) vorstellig wurden und fragten, ob IT und Faxgeräte des Bundestages auf die Massenpetition auch technisch vorbereitet seien, antwortete er sinngemäß: „Wir schaffen das.“

Deshalb war es auch gut und richtig, erst einmal 165 000 Unterschriften privat organisiert zusammenzutragen, also in dem Gebiet der Gesellschaft, auf das die Digitalkanzlerin ihre Segenshand noch nicht vollständig gelegt hat. Dass es in diesem Land und erst recht außerhalb schnelle Rechner und gute Server gibt, außerdem überhaupt so etwas wie ein Netz, in dem freie Publizisten so viele Leser erreichen wie Tageszeitungen, und in dem sie ganz ohne Parteien und Massenorganisationen und Torwächter Politik machen können: Auf diesen Skandal hatte kürzlich Kulturstaatsministerin Aleksandr Lukaschenko Monika Grütters (CDU) im Tagesspiegel hingewiesen, und zwar mit dem Satz: „Offensichtlich ermöglicht das Internet derzeit mehr Freiraum, als die Demokratie vertragen kann.“

Für die gelenkte Demokratie gilt das allemal, für sehr gelenkte Volksdemokratien galt es seinerzeit selbstverständlich. Die DDR-Oberen wussten schon, warum in ihrem Schrebergärtchen nur ganz wenige zuverlässige Bürger Telefon haben durften. Die Überwachung mit Aug’ und Ohr war nämlich doch nicht so dicht, wie es immer hieß. Das leuchtet auch sofort ein, wenn man bedenkt, mit welchen drei Alugroschen sich Anetta Kahane damals für ihre Arbeit begnügen musste, und wie das Salär heute ausfällt.

Übrigens sammelten sich trotz aller Schikanen schon am ersten Tag unter der Petition 2018 mehr als 12 000 Unterschriften. Technischer Widerstand erhöht eben den Trotz. Manche kennen es vielleicht noch aus dem Land, aus dem Angela Merkel und Anetta Kahane stammen, andererseits aber eben auch Vera Lengsfeld, Uwe Tellkamp, Michael Klonovsky und der Autor: man warf das Zwanzigpfennigstück immer wieder in den Telefonzellenschlitz und wählte neu. Irgendwann drang man durch.

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netiquette:

Reinhard Lammering / 25.05.2018

Wegen der Unzuverlässigkeit der elektronischen Übermittlung, habe ich heute meine Zustimmung zur Petition handschriftlich auf Büttenpapier dem Postillion anvertraut. Wait and see!

Jutta Lotz- Hentschel / 25.05.2018

Ich habe am 23.Mai 2018 die ePetition unterzeichnet und bis jetzt noch keine Bestätigungsmail erhalten! Tja, was soll ich sagen? Nachdem Frau Merkel ja noch im September 2013 der Ansicht war “Das Internet ist für uns alle Neuland!“, heute hingegen gerne und oft von der kommenden Digitalisierung schwadroniert, erwarte ich mittlerweile u.a. auf diesem Gebiet nichts mehr!

Karla Kuhn / 25.05.2018

“Offensichtlich ermöglicht das Internet derzeit mehr Freiraum, als die Demokratie vertragen kann.“ Wenn ich diesen sinnfreien Satz lese, kommt mir doch glatt der Gedanke, daß meine elektronische Unterschrift vielleicht gar nicht gewünscht war und Frau Grütters Nägel mit Köpfen gemacht hat ?? Wo kommen wir denn da hin, wenn der Souverän auch noch mitmischen will?? Gott sei Dank hat es dann nach vielen!!!!  Anläufen doch noch geklappt. Da erinnere ich mich an den Stasifritzen , der mich und meinen kleinen Enkel 1987 an der Grenze festhalten wollte, wir ihm aber so auf die Nerven gegangen sind, daß er uns buchstäblich rausgeschmissen hat mit den Worten:“So eine hartnäckige Person wie Sie hatte ich noch nie hier.” Tja Frau Grütters, mit meiner Hartnäckigkeit müssen Sie auch in Zukunft rechnen wenn es um meine verbrieften Rechte geht, da ist mit mir nicht gut Kirschen essen. Übrigens, ich habe mit meinem vollen Namen unterzeichnet, falls die Antifa jetzt vor meiner Türe steht, ich habe eben frischen Kuchen gebacken. Lecker.

Frank Elms / 25.05.2018

Vera Lengsfeld ist es gelungen die von mir ausgefüllte Erklärung 2018 per E-Mail zu empfangen und den Empfang per E-Mail zu bestätigen. Der Bundestags-Server hat mir mitgeteilt, dass meine Mailadresse nicht existiere. Ich musste den Postweg wählen. Hoffen wir dass die Postabteilung des Bundestags-Petitionsausschusses zuverlässiger ist als der Bundestags-Server.

Rudi Hoffmann / 25.05.2018

Die Petition online zu bestätigen klappt , wenn überhaupt   schlecht .  Wenn das immer so ist na ,  dann dürfen wir uns auf was gefasst machen .  Sicherheitshalber   sollte man per Brief bestätigen !

Frieda Wagener / 25.05.2018

Wegen der Nonymität (ist das das Gegenteil von Anonymität?) konnte ich bisher die Erklärung nicht mitunterzeichnen, habe dies aber online jetzt nachgeholt. So wie ich das verstanden habe, bleiben dabei Name und Adresse (hoffentlich) versteckt (bzw. der russische Geheimdienst kriegt sie), und öffentlich ist nur ein Unterzeichnungs-Code zu sehen. Meldet man sich nach erfolgreicher Registrierung mit seinem Nutzerkonto an (“loggt sich nach registration mit dem accout ein”), kann man die unterstützten Petitionen und die jeweiligen Codes anschauen. Wie dabei die Echtheit der Person festgestellt werden kann (mehrere Identitäten sind ja gerade groß in Mode…), weiß ich nicht. Da der Server meine Adresse hat, kommt vielleicht irgendwann mal jemand vorbei, und es findet ein Meinungsaustausch statt, d.h. ich mache mit meiner Meinung die Tür auf und mit seiner Meinung die Tür wieder zu.

M. Wolf / 25.05.2018

Hallo Herr Wendt, die Adressangabe gehört mit zu den Pflichtfeldern im online-Verfahren, man kann sie also nicht vermeiden. Darüber hinaus gibt es keine Quittung über die erfolgte Mitzeichnung. Versucht man sich erneut anzumelden, so erscheint “falsche E-Mail”. Eine recht ungeschickte und nicht sehr userfreundliche Programmierung.

Ilse Jüngling / 25.05.2018

Meine Bestätigungsmail erfolgte umgehend, aber in den Spam-Ordner. Also, auch dort nachsehen.

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