Der Geburtsfehler unserer Demokratie gründet in der Annahme der Väter (sorry, natürlich auch der ‘Mütter’ und ‘Diversenden’) unseres Grundgesetzes, nachfolgende Generationen von Parlamentariern würden sich ausschließlich ihrem Gewissen verpflichtet sehen und sich – völlig unabhängig von irgendeiner Parteidisziplin –, ausschließlich dem sie wählenden Souverän verantwortlich fühlen. Zusätzlich würden sie sich zeitlebens mit besonderer Sorgfalt ihrer Allgemeinbildung widmen, um jederzeit bestmöglich über schwierigste Fragen verschiedenster Fachbereiche urteilen zu können. Darüber hinaus seien sie finanziell unbeeinflussbar und verfügten über einen untadeligen moralischen Leumund. Finde den Fehler…
“Dass der Staat Grundrechte einkassiert, um die Gesellschaft einer Welt im Wandel anzupassen, kann kaum eine befriedigende Lösung anstehender Probleme sein.“—> Was ist denn eine “Welt im Wandel”? Ist die Welt nicht jederzeit im Wandel - objektiv und subjektiv? Und welchem Wandel muss sich die Gesellschaft anpassen? Und wer bestimmt, wann die Gesellschaft einem Wandel angepasst werden muss? Und warum soll deshalb jemand das Recht haben, jemand anderen in seinen Freiheitsrechten einzuschränken? Zum Menschenbild des Grundgesetzes: Ja, das Grundgesetz geht vom mündigen Bürger aus. Was aber, wenn die Bürger sich mehrheitlich selbst zu infantilen Menschen erklären, um ihre Eigenverantwortung an den Staat auszulagern (wenn auch ggf. nur eingebildet)?
Um all dies von Papier Aufgezählte haben sich Merkel und deren Vasallen einen Dreck geschert.
Das GG ist die Textfassung eines ganz bestimmten Staats- und Gesellschaftsverständnisses und der daraus abzuleitenden Handlungen. Und notwendigerweise enthält die Textfassung allgemeine Begriffe, die das damalige Verständnis beschreiben sollten und auch beschrieben haben. Es gab und gibt keine Veranlassung, mit einer interpretierenden Rückübersetzung von Text in Verständnis bzw. Handlungen das Original zu treffen. Allgemeine Begriffe kann man auch in irgendwelchen Quatsch übertragen. Das hat das BVG ja nun hinlänglich klar gemacht. Auch die DDR war eine “demokratische” Republik. Den Wortqualm von sollte, müsste usw. kann sich Papier sparen. In den Wind geredet.
Was mich wirklich langsam aber sicher nervt, ist diese ewige Fokussierung auf Corona. Man könnte meinen, Corona und Impfen wären die einzigen und größten Probleme der westlichen Welt und Deutschlands. Kaum noch Artikel zu irgendetwas Anderem. Dabei ist dazu längst alles gesagt und Autoren, wie Kommentatoren, ergehen sich in immer gleichen Wiederholungen, es kommt nichts Neues! Jammer, jammer und Blabla. Dabei ist Papiers Erkenntnis, dass das GG verwässert und ausgehöhlt wird viel wichtiger. Und das eben nicht nur durch Corona. Den Nannystaat und Infantilisierung der Bürger gibt es nicht erst seit Corona. Volkserziehung, Meinungsdiktatur und Cancel Culture gibt es auch nicht erst seit 2019. Zu recht sagt Papier, das Grundgesetz gehe von einer anderen Vorstellung des Menschen aus, nämlich vom mündigen Bürger. Heutige Politik ist aber nichts weiter als Aktivismus, es geht immer nur darum, was wer, oder wie sich irgendwer “fühlt”. Eine sachliche Politik ist derweil bereits unmöglich, alles wird von Emotionalität übertüncht. Wer also “Nachhaltigkeit” im GG implementieren will, sollte deren Ursprünge kennen. Angefangen hat das ganze Übel bereits 1968 mit dem linken Marsch durch die Institutionen, was wir jetzt sehen, sind dessen abartige Konsequenzen. Statt sich übermäßig mit einer Lappalie, wie Corona und Impfen zu beschäftigen, sollte man sich lieber der linken Identitätspolitik und dem Öko-Terror widmen. Ansonsten wird sich die nächste Regierung endgültig von jeglicher Realität verabschieden und noch Politik für LQGBTxyz und MenschInnen, die sich als Kaffeevollautomat fühlen, machen. Oder bestenfalls noch für Minderheiten in der Steppe von Usbekistan, oder der Savanne von Uganda.
Na und? Papier ist geduldig (Obacht, das war ein Wortspiel!), und die Nachricht der in Xanten durch Bombenangriffe zu Tode Gekommenen erreicht maximal Wesel auf der anderen Rheinseite. Will sagen…wir in unserer AG/TE-Blase wissen um das, was Herr Papier weitschweifig ausführt, schon von Anfang an. Uns muß man das nicht wieder und wieder berichten. Nur haben wir leider wenig Handhabe, Herrn Papiers Ansichten flächig unter die Meute (wieder ein Wortspiel!) zu bringen. Und da Selber-Denken unter Kuratel und Quer-Denken unter Strafe gestellt worden ist, werden sich wenige Leute außerhalb unserer Blase die Mühe machen, die Funzel im Oberstübchen anzuknipsen. Und das Schlimmste daran: das war alles erst der Anfang. Was da noch kommen wird, können wir in der Blase uns alle nur deshalb vorstellen, weil wir noch Geschichtsbücher kennen und gelesen haben. “Wehret den Anfängen?” Bitte eine Zeitmaschine und, sagen wir mal, so 30 Jahre zurück.
Seltsam. Gleichzeitig außert sich der gleiche Herr Papier, dass er die G2 - Regelung für verfassungskonform hält und eine Benachteilung Ungeimpfter in bestimmten Situationen zulässig sei. Nicht einmal ein negativer Test Ungeimpfter sei hier hilfreich. Irgendwie habe ich wohl irgendwas falsch verstanden
Und nun warten wir darauf, was das BVerfG unter dem Merkeladlatus irgendwann in 5 oder 10 Jahren entscheidet und sehen, wie die Hüter des GG mit diesem umgehen. Ich empfehle, nicht “zuviel” zu erwarten. Das Klimaurteil laesst gruessen. Es ist ja lobenswert, dass Herr Papier das schreibt, was Juristen mit einer entsprechenden Ausbildung als Kommentatoren hier auf der Achse bereits ab Maerz 2020 von sich gaben, aber es hilft nicht, das eine sowenig wie das andere. Es hilft schon deshalb nicht, weil es nur eine Minderheit “juckt”, der Rest das Alles nicht versteht oder ganz toll findet und am 26.9. ohnehin das “Uebliche” gewählt wird, naemlich exakt die Verfassungsfeinde, oder nennen wir sie euphemistisch Verfassungsgegner oder schärfer Grundgesetzleugner.
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