Peter Grimm / 17.10.2022 / 06:15 / Foto: www.grüne.de / 125 / Seite ausdrucken

Parteitagsbeschluss gegen den Amtseid

Bei der Lieferung von Panzern und Waffen an die Ukraine ist den Grünen ein Kurswechsel gelungen, aber nicht bei der Atomenergie. Wenn die grünen Minister diesen Parteitagsbeschluss umsetzen, müssen sie gegen ihren Amtseid verstoßen.

Der grüne Parteitag zeigte, dass es Ideologen mit den Kurswechseln nicht übertreiben wollen. Bei der Unterstützung der angegriffenen Ukraine auch mit Panzern und Waffen ist der zwar gelungen, doch weitere Stromerzeugung mit Atomkraftwerken ist trotz einer dramatischen Energiekrise nicht möglich. Die grünen Minister müsste dies in einen Gewissenskonflikt bringen, denn mit dem Umsetzen dieses Parteitagsbeschlusses verstoßen sie gegen ihren Amtseid.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat deutlich gemacht, wie schwer es ihr und Parteifreunden falle, bei Waffenexporten einen grundsätzlichen Politikwechsel vorzunehmen, meldet presseportal.de. „Ich habe jahrelang für eine restriktive Rüstungspolitik gekämpft, und dann ist eine solche Entscheidung, Waffensysteme an die Ukraine zu liefern, keine einfache", habe Roth im Fernsehsender phoenix gesagt. Dass sich die Grundsätze grüner Außenpolitik verändert haben, verdeutlichte die Grünen-Politikerin mit einer weiteren Aussage. „Wir haben Pazifisten in unserer Partei, aber wir sind nicht eine pazifistische Partei. Wir sind eine Partei, die der Gewaltfreiheit verpflichtet ist.“ Man müsse sich als Grüne aber mit Situationen auseinandersetzen, in denen Gewalt ausgeübt werde. „Jetzt geht es eindeutig darum, in einem aggressiven Krieg, der von Putin gegen eine souveräne Ukraine geführt wird, der Ukraine das internationale Recht auf Selbstverteidigung zuzubilligen. Dann muss es aber auch garantiert sein, dass die Mittel geliefert werden“, so Roth.

Nichts darf ganz falsch gewesen sein

Also kein Pazifismus mehr, aber dafür Prinzipientreue bei der Abschaltung der Atomenergie? Bei Ersterem versuchen sich manche Grüne im verbalen Spagat zwischen Panzern und Pazifismus, um beides weltanschaulich miteinander zu verbinden. Warum sie das tun? Weil auch Inhalte, die man gerade über Bord wirft, nicht so ganz falsch gewesen sein können in einer Partei, die sich – egal welche Prinzipien sie gerade reitet – immer im Hochgefühl moralischer Überlegenheit sonnt. Wessen Ideen den proklamierten Anspruch haben, zweifelsfrei die Welt zu retten, kann sich von selbigen ja dann nicht lautstark verabschieden, sondern versucht sie eher still mehr oder weniger zu modifizieren. Das wirkt dann manchmal mehr vernünftig und manchmal mehr prinzipienfest. Nur ganz falsch darf eben nichts gewesen sein. Beim grünen Parteitag hieß das kurz gefasst: Jetzt gibt's die Gewaltfreiheit zwar auch mit Waffen, aber ab April keinen Strom aus Atomkraftwerken mehr.

Auch beim Kohle-Ausstieg bleibt für die Grünen das Jahr 2030 die Zielmarke, selbst wenn für das Problem, wie Deutschland in Zukunft zuverlässig mit Energie versorgt werden kann, noch keine praktikable Lösung in Sicht ist. Die einsetzende Deindustrialisierung wird den Energiebedarf sicher drosseln, aber ob die Energiewender wirklich darauf spekulieren und die dann unvermeidliche Armut breiter Bevölkerungsschichten einkalkulieren oder ob sie diese Folgen ihres Tuns schlicht nicht sehen wollen, bleibt eine weitere offene Frage.

Die Partei hat sich in der Energiefrage klar gegen den gesunden Menschenverstand entschieden. Man muss weder Experte noch Freund von Kohle- und Atomenergie sein, um zu erkennen, dass in der gegenwärtigen Energiekrise, mit ihren drohenden verheerenden Folgen für Deutschland und Europa, eigentlich jedes Kraftwerk auf Hochtouren laufen muss, das irgendwie ohne Gas Strom erzeugen kann, um die Energieversorgung zu sichern und die Preisexplosion zu dämpfen. Auf den Widersinn, Kraftwerke stillzulegen und die Städte zu verdunkeln, während gleichzeitig mit der Elektromobilität zusätzlicher Stromverbrauch mit Steuergeld gefördert wird, wollen wir an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen.

Überschreiten der „roten Linie“ ist nötig

Es ist folgerichtig, was eine sich ihrer Verantwortung bewusste Bundesregierung nun tun müsste, nämlich eine „rote Linie" überschreiten, die der grüne Parteitag gezogen hat. Doch welchem der grünen Bundesminister traut man das ernsthaft zu? Eigentlich müssten sie Gewissensqualen plagen, wenn sie jetzt vor der Frage stehen, ob sie dem Motto „Erst das Land, dann die Partei“ folgen wollen oder sich lieber, wie man es leider nur zu gut kennt, für das Gegenteil entscheiden. Vielleicht darf man die Damen und Herren Baerbock, Habeck, Özdemir, Lemke und Paus an ihren Amtseid erinnern: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde."

Wenn sie den Beschlüssen ihres Parteitages folgen, tun sie genau das Gegenteil. Der Bruch eines Amtseids zieht aber keine zwingenden Konsequenzen für den Amtsträger nach sich. Das zu tun, wollten die Autoren des Grundgesetzes offenbar den Wählern überlassen.

Der Umgang mit diesem Parteitagsbeschluss wird nun wohl das aktuellste Beispiel dafür, dass der Staat zur Beute der Parteiapparate geworden ist, so wie es Fabian Nicolay hier ja schon treffend beschrieben hat. Theoretisch gäbe es noch die Möglichkeit, dass eine andere Koalitionspartei eine etwas vernünftigere Energiepolitik erzwingt. Doch die FDP, bei der sich nur noch die Älteren ganz verschwommen erinnern können, dass sie einst liberale Anliegen vertreten hat, gab bislang eher die Vorstellung als braver Mehrheitsbeschaffer einer vormundschaftlichen rot-grünen Regierung, auch wenn sie mit eigenen Ministern darin vertreten ist. Nein, das ist ungerecht, denn sie hat ja immerhin die Maskenfreiheit im Flugverkehr durchgesetzt, was in etwa so bedeutend ist wie einst die Mehrwertsteuersenkung fürs Hotelfrühstück.

Auch ein Machtwort des Bundeskanzlers unter Inanspruchnahme seiner Richtlinienkompetenz wäre theoretisch natürlich denkbar. Aber besitzt er die Courage, etwas gegen die Grünen durchsetzen zu wollen?

Wenn die Deutschen dann in Erfüllung grüner Parteitagsbeschlüsse den Energienotstand richtig auskosten dürfen, dann sollten sie sich wenigstens nicht einreden lassen, es seien Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Russland-Sanktionen gewesen, die sie in diesen Notstand geführt haben. Dieser Krieg ist aber nur ein Katalysator der Krise, nicht deren Ursache. Die breit gefächerte eigene Energieerzeugung wurde von den letzten Bundesregierungen ganz ohne russisches Zutun unter dem Leitgedanken der Energiewende großteils heruntergefahren, was auch ohne Krieg zu ernsten Problemen geführt hätte, wenn auch vielleicht etwas langsamer und etwas weniger heftig. 

Foto: www.gruene.de

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T. Schneegaß / 17.10.2022

“Wir werden Anfeindungen erleben, weil wir für alles stehen, was Putin und seine deutschen Trolle hassen.“ zitiert ET Habeck. Hätten auch Dollhopf, Jungnickel u.a. Jünger rotgrüner Ideologie so sagen können. Und sie haben recht. Natürlich stehen die Grünen für bezahlbare Energiesicherheit durch Windmühlen statt AKWs, für den Erhalt mittelständischer Unternehmen, für Preisstabilität (damit auch die paar nicht vom Staat Alimentierten einigermaßen über die Runden kommen), für Maske und Pubertätsblocker, um nur einen Bruchteil dessen zu nennen, wofür die roten Grünen oder grünen Roten vernünftigerweise stehen. Das alles hassen Putin und vor allem seine deutschen Trolle.

Günter H. Probst / 17.10.2022

Die Zeiten, in denen sich Minister an einen Amtseid gebunden fühlten, und nicht an Parteitagsbeschlüsse, ist längst vorbei. Was ist ein geschriebener oder gesprochener Satz auch gegen 10minütige stehende Ovationen eines Parteitages, wie damals in Karlsruhe? Generell kann man davon ausgehen, daß in einer Gesellschaft, die Verpflichtungen nicht mehr so ernst nimmt, auch Eide unter das Vergessen fallen. Und als Politiker kann man sich nur halten, wenn das Lügen oder Vergessen fester Bestandteil der Persönlichkeit ist. Es geht ja nicht um Problemlösung, sondern um Machterringung und Machterhalt. Erwähnt Machiavelli den Eid im “Prinzip” irgendwo?

Peter Heuer / 17.10.2022

Die Grünen machen komischerweise genau das, was Amerika und dem US Dollar nützt: - Kriegstreiberei und Waffenlieferungen - Deutschlands Wirtschaft durch hochgetriebene Energiekosten schädigen - Gas in USA kaufen, Geschäfte mit Russland unterbinden - Deutschlands Sozialgefüge durch Masseneinwanderung (“Balkanisierung”) schädigen - damit einher: Bildungsniveau auf Generationen absenken Wer wählt sowas?

Winston Schmitt / 17.10.2022

@Hans-Peter Dollhopf: Wie steht es um Ihre Einschätzung bezüglich der Nato-Intervention im Jugoslawienkrieg? Übrigens waren in dem Falle ja auch die Grünen entscheidend mit von der Partie. Eine ekelhafte Truppe, diese Grünen mit Granaten-Agnes von der FDP vorneweg. Statt diplomatischer Anstrengungen, aus der Position der Neutralität, heraus immer schön einseitig an das Problem herangehen und immer mehr Waffen in die Ukraine pumpen. Die Bewohner in den besetzten, befreiten, besetzen, befreiten, besetzten, befreiten Gebieten werden es danken. Alle diese “Mehr Waffen in die Ukraine” - Schwätzer, sie haben Blut an ihren Händen. Einfach nur zum k@tzen. Wenn man sich übrigens die Mühe macht, selbst zu denken und sich aus mehreren Quellen zu informieren, dann erkennt man sehr schnell, dass sich der Konflikt eben nicht so einfach schwarz-weiß malen läßt. Darüber hinaus gehören die Grünen mit Ihren Entscheidungen zur Energieversorgung des Landes, für das sie einen Amtseid geschworen haben, vor ein Gericht gestellt.

Ludwig Luhmann / 17.10.2022

@Sturm Peter / 17.10.2022 - “Weltüberbevölkerungsproblem”—- Ist Ihnen noch nie die Idee gekommen, dass kein solches Problem gibt? Die Leute, die uns seit Jahrzehnten die Lüge vom anthropogenen Klimawandel erzählen, sind nicht zufällig die, die uns noch viel länger einreden, dass die Erde bald aus allen Nähten platzt. Sehr wahrscheinlcih kan die Erde Dutzende Milliarden Menschen ernähren ...

Georg Andreas Crivitz / 17.10.2022

Das Interesse am »Wohle des deutschen Volkes« ist bei den Grünen eher gering ausgeprägt. Vielmehr nutzen sie jetzt, wo sie in der Regierung sind, die Ressourcen, die ihnen das deutsche Volk zur Verfügung stellt, um ihre Ideologie durchzusetzen. Und das machen sie ziemlich gut.

marco stein / 17.10.2022

Wenn ich mir über eines sicher bin, dann dass weder Baerbock noch Habeck einen Dreck auf den Amtseid geben. Die Pausbacke hat ja bereits öffenlich bekundet, dass sie einen Dreck auf die deutschen Wähler gibt und sich der Ukraine, einem der korruptesten Länder überhaupt, verpflichtet sieht um den geopolitischen Interessen der USA zu dienen. Und Habeck hat schon so oft bekundet, wie er Deutschland, den Staat und Patriotismus sieht, nämlich zum Kotzen, um Habecks Duktus zu gebrauchen. Alle Atlantkbrücken-Archkriecher und WEF Speichellecker ticken so. Machtgeil, unterbelichtet und steuerbar. Und der WEF Abschaum hat es tatsächlich geschaft, diese Lebensformen in hohe Ämter zu bringen.  So wünscht sich die wahren Herren der Welt ihre Marionetten und Habeck und Baerbock sind bestens geeignet und obendrein zu dämlich genau das zu erfassen.

Sabine Schönfelder / 17.10.2022

Horst@Jungbluth, Ihre Worte haben keine Überzeugungskraft, weil Sie mit Grünen-Bashing auch indirekt die grüne Außenministeriale kritisieren, die doch prächtig antirussische Ressentiments erfüllt. SIE unterstützen eine deutsche g r ü n e Außenpolitik, die Waffenlieferungen in ein Hochrisikogebiet liefert, sich der russischen SIPPENHAFT in infantilster Art anschließt,  lächerlichen Sanktionen zustimmt, obgleich sich die UKRAINE von Rußland für den Gastransport bezahlen läßt, selbst davon profitiert ! Während Selenskyj hemmungslos-agitativ herumbrüllt, BLOß kEIN RUSSISCHES Gas zu nutzen. Lächerlich, Herr Jungbluth. Wer soll Ihnen das abnehmen ? Sie sind, nach Ihren eigenen Angaben, TYPISCH DEUTSCH. Denn was Sie erzählen entbehrt jeglicher LOGIK….und wenn ich noch bemerken darf, wählten SIE diese Verhältnisse SELBST, als Unterstützer des systemimmanenten Einparteiensystems. Herzlichen Glückwunsch.

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