Vera Lengsfeld / 09.10.2017 / 10:52 / Foto: Celinebj / 48 / Seite ausdrucken

Obergrenze? Tarnen und Täuschen mit CDU/CSU

Es ist erst einige Tage her, dass Horst Seehofer nach der heftigen Wahlschlappe für die Union in die Mikrophone hauchte, man habe verstanden. Nein, die Union hat nichts verstanden, will nichts verstehen. Was wir seit dem Wahltag erleben, ist einzig das Bestreben, den Protest der Wahlbürger einzuhegen, um weiter machen zu können wie bisher. Es werden anscheinend überhaupt keine Konsequenzen gezogen, außer die Öffentlichkeit noch gründlicher als bisher hinter die Fichte zu führen.

Vor dem „Deutschlandtag“ der Jungen Union wurde in den Medien gemunkelt, die Jungen würden mit der Kanzlerin abrechnen. Das Gegenteil war der Fall. Es wurden einige Schaufensterreden gehalten, man feierte sich selbst wie Popstars, die man lieber sein würde, und als ein junger Mann das einzig Richtige tat und den Rücktritt von Merkel forderte, wurde er ausgebuht. Wenn das die Hoffnungen auf die Erneuerung der CDU waren, kann man die gleich begraben. Mit diesen Jungfunktionären kommt sie bestimmt nicht. Die halten der Kanzlerin die Treue, bis zum Untergang.

Wer geglaubt hatte, die CSU werde, wenn auch nur aus Gründen des Selbstschutzes, aus Furcht vor den nächsten Landtagswahlen, endlich wenigstens teilweise wahr machen, was ihr Vorsitzender Drehhofer, wie er mittlerweile genannt wird, seit Jahren verkündet, wurde ebenfalls getäuscht. Der 10-Punkte-Plan, mit dem Seehofer in die Sondierungsrunde mit der CDU ging, ist das Papier nicht wert, auf das er geschrieben ist. Nichts von den angeblichen Forderungen fand sich im Papier wieder, das nach Abschluss der Gespräche veröffentlicht wurde,  Keine einzige konkrete Festlegung ist darin enthalten, alles nur vage gehaltene Ankündigungen, noch dazu versehen mit Ausnahmeregelungen. Letztere sind das Einzige, auf das man sich verlassen kann. Die Ausnahmeregelungen werden schon in den Koalitionsverhandlungen mit FDP und Grünen zur Anwendung kommen.

Leicht zu durchschauender Taschenspielertrick

Der perfide Taschenspielertrick ist leicht zu durchschauen und würde keine Minute bestehen, wenn Medien nicht wieder die willigen Helfer spielen würden. Die Union, so lautet der Tenor, habe sich auf eine „Obergrenze“ von 200 000 „Flüchtlingen“ geeinigt, die nur nicht so genannt werden dürfe. Damit hätten sowohl Merkel als auch Seehofer ihr Gesicht wahren können. Hier geht es aber nicht um Gesichtswahrung gescheiterter Politiker, die, koste was es wolle, an der Macht bleiben wollen, auch wenn das Land, dessen Wohl zu mehren sie geschworen haben, dabei vor die Hunde geht.

Wenn man sich die Mogelpackung anschaut, stellt man fest, dass es keine einzige bindende Vereinbarung gibt. In einer von der dpa verbreiteten „Endversion der Einigung“ heißt es: 

„Wir wollen erreichen, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen (Flüchtlinge und Asylbewerber, subsidiär Geschützte, Familiennachzug, Relocation und Resettlement, abzüglich Rückführungen und freiwillige Ausreisen künftiger Flüchtlinge) die Zahl von 200.000 Menschen im Jahr nicht übersteigt.“ 

Man „will“ lediglich, dass man es durchsetzen wird, ist nicht gesagt. Nicht klar ist vor allem, was mit dem Familiennachzug geschieht, der von der noch amtierenden Regierung bereits beschlossen wurde (aber noch ausgesetzt ist). Allein die Zahl der nachrückenden Familienangehörigen wird nach konservativen Schätzungen über eine Million betragen. Die sind möglicherweise von der genannten „Obergrenze“ gar nicht betroffen.

Ansonsten soll es aber keinerlei Änderung am Grenzregime geben. Also alle, darauf hat Merkel bestanden, die an der deutschen Grenze das Wort „Asyl“ aussprechen, müssen eingelassen werden. Außer den CSU-Funktionären kann niemand glauben, dass dies mit einer „Obergrenze“ vereinbar sei. Zudem soll diese „Obergrenze“ jederzeit nach oben oder unten korrigiert werden können. Wobei das „unten“ nur zur weiteren Irreführung aufgeschrieben wurde.

Interessant ist, dass hier wieder die schon im Unions-Programm zu findenden „Resettelment und Relocation“ auftauchen, was wieder nicht näher definiert wird. Dabei handelt es sich um einen Plan der EU zu gesteuerter Umsiedlung von Flüchtlingen und Zuwanderern. Dieser Plan ist nie diskutiert worden, weder im Parlament noch in der Öffentlichkeit. Er soll offensichtlich durch die politische Hintertür durchgesetzt werden. Auch das gelingt nur, weil Medien jede Kritik unterlassen .

Zur weiteren Täuschung der Öffentlichkeit wird behauptet, dass Asylbewerber künftig in speziellen Aufenthaltszentren bleiben müssten, bis über ihre Verfahren entschieden sei. Verfahren sollten in diesen „Entscheidungs- und Rückführungszentren“ gebündelt werden. Vorbild seien entsprechende Einrichtungen in den bayerischen Städten Manching und Bamberg. Falls Anträge abgelehnt würden, sollten die Betroffenen aus diesen Einrichtungen zurückgeführt werden. Zudem wird in dem Entwurf die Forderung erneuert, die Liste der sicheren Herkunftsländer zu erweitern, wenigstens um Marokko, Algerien und Tunesien. 

Beide Festlegungen werden spätestens bei den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen in den Papierkorb entsorgt werden. Bekanntlich haben die Grünen die vom Bundestags mit überwältigender Mehrheit beschlossene Erklärung der genannten Länder als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat blockiert. Ebenso lehnen sie Aufnahmezentren ab. Da die Union mit den Grünen eine „stabile Regierung“ bilden will, sind die entsprechenden „Kompromisse“ bereits vorprogrammiert. Die politische Arroganz, mit der die Union ihr Täuschungsmanöver ausgeführt hat, wird nur übertroffen von der selbstherrlichen Annahme, die Wähler würden so ein durchsichtiges  Manöver nicht durchschauen.

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Sabine Schubert / 09.10.2017

Ich hoffe, dass der ewige Papiertiger Seehofer in seiner Heimat dafür mächtig Prügel kassiert und die CSU endlich einen Vorsitzenden wählt, der die Interessen der Mitglieder vertritt. Politiker, die eine folgenreiche Fehlentscheidung mittragen, obwohl sie diese als brandgefährlich erkannt haben, dürfen nicht länger Verantwortung übernehmen. Seehofers Gier nach Machterhalt hat ihn in eine seelenlose Marionette verwandelt.

Ron Haupt / 09.10.2017

Ich hoffe nur noch auf die Quittung zur Landtagswahl in Bayern. Man ist mittlerweile nur noch frustriert und sehr wütend über die Ignoranz, gepaart mit Aroganz und der bodenlosen Dummheit mit der dem Wahlvolk das komplette Versagen der Politik schmackhaft gemacht werden soll. Gauland ist noch viel zu harmlos mit seinem Statement des Jagens….Diese Leute gehören buchstäblich vom Hof gejagt!

Leo Lepin / 09.10.2017

Bei all dem bleibt noch immer das große Rätsel, was Leitmedien und Parteifunktionäre am Ende eigentlich erreichen wollen.

Aljosha Klein / 09.10.2017

Nun, nach der Wahl, ist vor der Wahl, wie man so schön sagt. Die CSU bleibt,  das nach Wohlwollen der großen Schwester, zubuchbare Feature zur Mehrheitsbeschaffung. Dafür gilt wohl auch nach wie vor das in Berlin bayrische Landespolitik versucht werden darf, garniert mit markigen Sprüchen ohne das entsprechende Gewicht dahinter.  Auch in Bayern nimmt man dieser Tage unangenehm wahr das es halt doch mehr braucht als Weißbier-Populismus und reichlich heiße Luft. Denn - das Volk hat gewählt, aber nicht “gegen” Merkel sondern “für” ein weiter so - auch wenn das mehr und mehr auf ein politisches Frankenstein-Monster hinausläuft um den eisigen Wind der Realität draußen zu halten. So, wird sich diese Regierung unter ihrer Kaiserin-Mutti und ihren Eunuchen auf keinen Fall irgendeiner Kritik diesbezüglich aussetzen. Denn es gibt wieder “Falsche” Meinungen und Heerscharen von Denunzianten die als politische Hofsänger den Deckel auf dem Topf halten und dafür sorgen das in die heile Welt der Raute keine bösen Fake-News mehr einsickern.

Wieland Schmied / 09.10.2017

**Die politische Arroganz, mit der die Union ihr Täuschungsmanöver ausgeführt hat, wird nur übertroffen von der selbstherrlichen Annahme, die Wähler würden so ein durchsichtiges Manöver nicht durchschauen.** Doch, verehrte Frau Lengsfeld, das alles wird noch übertroffen von der grenzenlosen Einfalt und Lethargie des eingeborenen Bürgers, um nicht diesen unsäglichen, weil anonymisierenden Begriff *Wähler* hier auch noch zu bemühen. Der Deutsche Michel will es offenbar weiter so, wie es bisher mit Merkel und ihrem Eierstock lief und auch die, die immer und immer wieder von sich geben, sie wollten dies nicht - tun letztlich nichts Konkretes dagegen. Die Feder ist kein scharfes Schwert, dessen Einsatzes es endlich bedürfte.  

Gisela Müller / 09.10.2017

Es ist UNGEHEUERLICH, was da - weiter - betrieben wird! Ich hatte tatsächlich gehofft, nach der Wahl würde sich mal was in “Gegenrichtung” bewegen. Aber weit gefehl! “Weiter so” ist die Devise. Ich weiss jetzt echt nicht mehr, ob ich diese Frau nicht eher bewundern sollte. Sie “schafft” es tatsächlich! Trotz desaströser Wahlergebnisse bekommt sie weiter, was sie will. Und ALLE machen mit. Dazu fehlen mir weitere Worte. Eine einzige Vollkatastrophe!

Dietrich Herrmann / 09.10.2017

Ja, ja, die berlinisch-bayrische Mischpoke verdummt mal wieder das deutsche Volk. Das ist wirklich kein Kasperletheater mehr, was die da aufführen - es ist ein Affen-Theater! man kann nur hoffen, dass große Teile des Volkes durchschauen, was da gespielt, gemogelt und gelogen wird. Und hoffentlich kriegt gerade die CDU die Quituung demnächst in Niedersachsen für ihre volksfeindliche, betrügerische Politik im Bund! Merkel und Seehofer sind die größten Trickser und Täuscher Deutschlands. Jagt sie aus den Ämtern!

Leonhard Hofstetter / 09.10.2017

Es scheint ein übergeordneter Plan durchgezogen zu werden, der darauf hinzielt, die nationalen Identitäten, zuerst die deutsche, zu fragmentieren, zumal diese einem EU-Superstaat schon lange im Weg stehen. “Resettlement” und “Relocation” werden mittlerweile unverblümt als Leitbegriffe gebraucht. Diese strategischen Planungen scheinen aber auch eine Fragmentierung der alten konservativen Parteien mit einzurechnen. Dies zeigt die Macht und den Zeitrahmen für das große “Projekt” Europa. Es bleibt nur, dass die Bürger, d.h. alle, die dies durchschauen, so viel Menschen wie möglich erreichen, um bei den kommenden Wahlen diese Täter einzuhegen. Ich fange hiermit damit an. Noch funktionieren die Demokratie und die Parlamente. Denn es fragt sich, wer am Ende schneller gewesen sein wird: der Souverän oder die Täter.

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