Von Hubert und Bernhard Geißler
Die Auszahlung der Riesterrente, verdeutlicht laut Aussage des Schraubers, eine der bedeutenderen Fehlentscheidungen seines Kleinanlegerlebens.
Ich glaube, wir haben es bereits angesprochen: Mein Bruder, der lange Zeit im Arbeitsleben stand, ist nun in den verdienten Vorruhestand getreten und darf nun, wie ein Eichhörnchen seine vergrabenen Nüsse zählen. Neben der nicht berauschenden gesetzlichen Rente erhielt er auch eine Betriebsrente, mit der immerhin monatlich ein Restaurantbesuch finanziert werden konnte. Dazu kommt noch eine Riestervertrag: Allerdings stellte sich die Auszahlung der Riesterrente, laut Aussage meines Bruders, als eine der bedeutenderen Fehlentscheidungen seines Kleinanlegerlebens heraus.
Wir erinnern uns: Die von der Regierung euphorisch beworbene Riesterrente stand schon vor ihrer Einführung in der Kritik. Lohnend war sie, wie zu lesen war, am ehesten für Geringverdiener mit vielen Kindern, also nicht für den schraubenden Normalbiodeutschen, der mit seinen Beiträgen eher die Kassen der emittierenden Banken füllte. Doch auch hier galt: Die Mitnahme staatlicher Subventionen, die natürlich, wie alle staatlichen Almosen, letztlich vom Steuerbürger selbst bezahlt werden mussten, schien zu attraktiv. So hat auch mein Bruder vor Jahren einen Riester-Vertrag abgeschlossen, der nun zur Auszahlung anstand.
Betrachtet man die Konditionen, wird einem halbwegs schummerig. Aufgrund der Verrentung mit 63 Jahren beträgt der Auszahlungsbetrag jährlich 3,5 Prozent von der erreichten Gesamtsumme. Im Falle meines Bruders wären das 70 Euro. Nach Adam Riese müsste mein Bruder also mindestens noch 28,5 Jahre auf dieser Erde wandeln, um sein Kapital verzehren zu können und das biblische Alter von 91,5 Jahren zu erreichen. Unmöglich ist das nicht, aber zumindest die Sterbestatistik lässt Zweifel aufkommen.
"Schädlich für wen, bleibt noch zu diskutieren"
Bei dem Fonds-Riestersparplan, den er abgeschlossen hat, verhindern auch die von der Bank einbehaltenen Verwaltungsgebühren effektiv einen Anstieg der Auszahlungssumme. Sonderbarerweise ist die Auszahlung nur bis zum Alter von 84 Jahren aus dem angesparten Vermögen garantiert. Danach übernimmt eine Versicherung die Auszahlung, die natürlich auch bezahlt werden will.
Wer es fassen kann, der fasse es. Offensichtlich rechnen die Banker mit einer gewissen Dyskalkulie breiter Schichten. Was nun bei anhaltender Inflation der Auszahlungsbetrag von 70 Euro in Zukunft noch an Kaufkraft erbringen kann, darüber möchten wir nicht spekulieren. Wir hoffen jedenfalls auf eine LKS, die berühmte schwäbische Leberkäsesemmel.
Was nun tun? Man kann sich den Betrag auch auszahlen lassen, allerdings ist dann die staatliche Förderung und auch die Steuerersparnis zurückzuzahlen beziehungsweise wird einbehalten. Im Falle meines Bruders macht das schlanke 30 Prozent der nominalen Gesamtsumme aus. Dabei ist noch zu betonen, dass die Bank für die Vertragsauflösung, einer sogenannten "schädlichen Auflösung", auch noch Gebühren verlangt. Wie gesagt, schädlich für wen, bleibt noch zu diskutieren.
Mein Bruder will den Vertrag loswerden und wir haben den Fall erörtert. Mein Argument war, dass die Summe der gutgeschriebenen staatlichen Hilfen ja nicht aus den Ersparnissen meines Bruders kommen und die Steuererleichterungen letztlich auch nicht. Ein Verlust ist natürlich eingetreten. Hätte mein Bruder in einen Aktiensparplan, vorzugsweise ETF´s mit wenig oder keinen Gebühren, investiert, dann hätte er auf jeden Fall um einiges mehr auf der hohen Kante.
Das Finanzamt schlägt gnadenlos zu
Wir bringen mal ein teilweise fiktionales Rechenbeispiel: Bei einem Riesterkapital von 20.000 Euro wäre die Rente 700 Euro, die schädliche Auszahlung 14.000 Euro, die bei Anlage in einen lukrativen Dividendentitel, so etwas gibt es, etwa 1.200 Euro jährlichen Gewinn, nach Steuern etwa 900 Euro, bringen würde. Und wohlgemerkt: Die Riesterrente muss auch versteuert werden, je nach wirtschaftlicher Gesamtsituation des Rentners.
Ich selber arbeite als Lehrer noch gelegentlich und kann Ihnen versichern, das Finanzamt schlägt gnadenlos zu. Also schon so wäre die Rendite einer Anlage der „schädlichen Auszahlung“ noch höher als die versprochene Rente. Und: Das Kapital würde nicht verzehrt, außer durch einen Aktieneinbruch, könnte aber durchaus auch steigen. Aber da gilt eben: No risk, no fun.
"Meinen Strom zahlt RWE, mein Sprit Shell und die Kippen BAT", meint mein Bruder zu Aktienanlagen. In Champagner hat er leider nicht investiert, momentan zu teuer. Wir bedauern das (Ironie aus). Gelegentlich ist von Seiten der FDP vor allem von der Aktienrente die Rede. Aber wenn da wieder der Staat und die Banken die Hand drauflegen, dürften die Ersparnisse sich in grüne Wolkenkuckucksheime verdünnisieren statt Gewinne abzuwerfen.
Beispiele wie der erfolgreiche norwegische Staatsfonds werden schon im Vorfeld kritisiert: Einbrüche während der Coronazeit, besser die Finger davon lassen!. Dass die Wikinger vorher ihr Kapital mehr als verdoppelt haben, davon redet keiner. Der Staat will auch bei der Rentengestaltung Vormund bleiben. Und dass die Gelder, die die Kapitalsammelstellen, sprich Banken, akkumulieren auch in Aktien, oder schlimmer in Staatsanleihen fließen, das ist auch klar. Wie das endet, zeigt die Riesterrente. Und die von der EU geplante Vermögensaufstellung lässt Schlimmes befürchten: Besser die Rolex, den Picasso und die Goldbarren im Vorgarten vergraben. Für den Oldtimer müsste das Loch allerdings sehr groß werden. Aber bei Alibaba gibt es günstige Kleinbagger aus China. Man kann sich ja mit den Nachbarn zusammentun.
Hubert Geißler stammt aus Bayern und war Lehrer für Kunst/Deutsch/Geschichte. Er schreibt diese Serie zusammen mit seinem Bruder Bernhard Geißler. Der gehört zu den sogenannten Fachkräften, und Technikern, also zum gut ausgebildeten Teil der produktiven Arbeiterschaft, hier kurz „Schrauber“ genannt. Der arbeitet viel kommt aber selten zu Wort, was diese Serie ein wenig wettmachen will.