Hubert Geißler, Gastautor / 25.04.2023 / 14:00 / Foto: Pixabay / 69 / Seite ausdrucken

Neues vom Schrauber: Unbehaust im Tal der Ahnungslosen

Letzte Woche wurde auf Regierungsebene der von den Grünen favorisierte Gesetzesentwurf zur – drücken wir es simpel aus – Abschaffung der Heizungen in Deutschland durchgesetzt. Verstehen Immobilienbesitzer und Mieter, was da auf sie zukommt? Ich vermute nicht.

Letzte Woche wurde auf Regierungsebene der von den Grünen favorisierte Gesetzesentwurf zur – drücken wir es simpel aus – Abschaffung der Heizungen in Deutschland durchgesetzt. Die parlamentarische Debatte steht noch aus, die Freien Spezialdemokraten haben, wie schon bei der Abschaffung des Verbrennungsmotors, das Kunststück vollbracht, gleichzeitig dafür und dagegen zu sein. Diese Partei hat damit die Dualität endgültig überwunden, und wer es fassen kann, der fasse es. Im kommenden Jahr, und das ist wohlgemerkt nicht mehr weit entfernt, werden wohl in vielen deutschen Wohnungen die Heizungen ausgeschaltet werden, wenn kein Wunder geschieht. Aber Zarah Leander ist auch schon seit einer Weile verschieden.

Ich wohne in Bamberg, einem kleinen klerikalen Universitätsstädtchen mit einem äußerst angespannten Wohnungsmarkt. Studenten, Immigranten (wir haben eine der großen bayerischen Erstaufnahmestellen) und der Rest der Ureinwohner konkurrieren mit gut verdienendem Unipersonal und Klerus um den knappen Wohnraum. Der Status als Weltkulturerbe hat seinen spezifischen Reiz und bedeutet, dass zumindest große Teile der Altstadt unter Denkmalschutz stehen, was wiederum heißt, dass bei jeder Renovierungsmaßnahme unweigerlich ein Detail aus Heinrich und Kunigundens Zeiten auftaucht, was zur sofortigen Stilllegung der Sanierungsmaßnahme führt.

Aber genug von Details. Gestern spazierte ich mit einem Freund durch den Hain, einen Landschaftspark am Stadtrand, den das bayerische Königshaus nach der etwas unfreiwilligen Eingemeindung Frankens in napoleonischer Zeit angelegt hat. Mein Freund wohnt idyllisch am Kaulberg, mit Blick über die Stadt und auf die Regnitz. Besser kann man es kaum haben, mal von dem Mangel an Parkplätzen abgesehen, aber die sind in Bambergs Innenstadt eh rar. Und alles ist fußläufig erreichbar.

Investitionsruine in Traumlage

Er berichtete, dass sein Vermieter, der vor einem Jahr das Vierparteienhaus geerbt hatte, nunmehr über einen Verkauf nachdenkt, nachdem ein Prozess mit dem Ziel nicht unerheblicher Mieterhöhungen gescheitert war. Ich erwähne dieses Beispiel, weil es für die gegenwärtige Situation nicht untypisch ist. Das Haus ist nicht gedämmt, von einer Fußbodenheizung ist keine Rede, die Wärme kommt aus Gasetagenheizungen. Fenster müssten sicher auch ausgetauscht werden, also eine Investitionsruine in Traumlage. Die Kosten für eine energetische Sanierung wären exorbitant, der Vermieter hat das dazu nötige Kapital wohl nicht. Abgesehen davon könnten die Kosten unmöglich auf die erzielbare Miete umgelegt werden.

Bei mir selbst ist es ähnlich: Ich wohne in einem Sechsparteienhaus am Hain, ohne Balkon, aber doch in Naturnähe mit Gemeinschaftsgartenzugang. Die Immobilie ist ebenfalls nicht saniert und gedämmt. Geheizt wird bei mir durch eine Gasetagenheizung aus dem Jahr 2002. Noch funktioniert sie, macht aber durchaus keinen sehr stromlinienförmigen Eindruck. Auch bei mir fand vor einem Jahr ein Besitzerwechsel statt. Vielleicht konnte der jetzige Eigentümer das Haus noch mit den relativ niedrigen Zinsen vor dem großen Sprung nach oben kaufen, aber was nun unter Umständen an mittelfristigen Sanierungsnotwendigkeiten auf ihn zukommt, sprengt etwas die normalen Dimensionen.

Schon wenn eine gründliche Sanierung erfolgen sollte, müssten ich beziehungsweise die anderen Mieter vorübergehend ausziehen. Aber wohin? Und wer bezahlt das? Für mein Empfinden machen die neuen Gesetze diese Form von Wohnungen zu Abrissobjekten. Und wer soll dann die notwendigen Arbeiten durchführen, bei dem allgemeinen Fachkräftemangel? Bisher kam der Heizungsbetrieb eines Verwandten der Altbesitzerin einmal im Jahr für eine halbe Stunde mit einer gewissen Vorlaufzeit vorbei. Aber wie soll das bei einem kompletten Austausch des Heizungssystems laufen? Wenn ich mir das vorstelle, sehe ich eine Art Ruinenlandschaft vor mir.

Verstehen Immobilienbesitzer und Mieter, was da auf sie zukommt?

Als ich diese Gedanken mit meinem Schrauberbruder besprochen habe, gab es einen Aufschrei der Empörung aus seinem Munde: Auch in seiner Wohnanlage mit sechs Parteien, die erst circa 30 Jahre alt ist, gibt es erhebliche Probleme. Die Heizung müsste erneuert werden, bei Dämmung, Umrüstung auf Wärmepumpe und Fußbodenheizung wäre für eine 60-Quadratmeter-Wohnung wohl mindestens ein Betrag von 50.000 Euro fällig. Wohl gemerkt, mindestens. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Verstehen Immobilienbesitzer und Mieter, was da auf sie zukommt? Ich vermute nicht. Natürlich leidet das Volk schon unter den Energiepreisen und der allgemeinen Teuerung, aber das ließ sich bisher noch mit dem Ukrainekrieg rechtfertigen. Aber was da von unserer Ampel angestoßen wird, ist ein anderes Kaliber.

Aber was tun? Vielleicht den Freien Spezialdemokraten schreiben, dass sie aus dem Parlament fliegen könnten, wenn sie nicht schleunigst die Regierung verlassen? Und dann keine Pöstchen mehr, aus die Maus. Oder Teelichter kaufen? Campinggas? Auswandern nach Namibia? Irgendwas in der Art wird laufen.

Noch eine kleine Anmerkung zu unserem Artikel über „Heizen mit KI“: Die Reaktionen der Leser waren überwiegend skeptisch. Allerdings hatten wir den Eindruck, teilweise missverstanden worden zu sein. Wir haben uns keineswegs für Wärmepumpen ausgesprochen. Diese machen nur abhängig von vielen anderen Faktoren Sinn. Die KI wurde generell kritisch betrachtet. Mein Bruder meinte dagegen, man stünde erst am Anfang einer Entwicklung, die wie das Internet vor einer Generation nicht aufzuhalten sei.

Einige meinten, ihr Heizungsbauer würde schon aus Erfahrung wissen, was zu tun sei. Abgesehen davon, dass die Handwerker vorgeschrieben bekommen, was sie einzubauen haben, arbeiten sie auch profitorientiert und machen Fehler. Das weiß niemand besser als ein Handwerker selbst. Die gravierendsten Fehler hat in den letzten 20 Jahren wohl eine Politikerin gemacht, die ein Mint-Fach studiert hat und wegen ihrer angeblichen Sachlichkeit und Unaufgeregtheit über den grünen Klee gelobt wurde. Neulichst wurde ihr das diamantene Großkreuz vom heiligen Geiste verliehen. Oder so ähnlich. Da würde ich etwas berlinerisch sagen: „Augen auf beim Eierklau.“ Kohl hat zum Beispiel Geschichte und Staatswissenschaften studiert, also Geisteswissenschaften. Geschadet hat es ihm wohl nicht.

Hubert und Bernhard Geißler

Foto: Pixabay

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Sabine Richter / 25.04.2023

Klar verstehen wir, was auf uns zukommt, aber ebenso klar sehen wir, dass das gar nicht durchsetzbar ist: in Deutschland gibt es 19,4 Millionen Wohngebäude, zuzüglich (ganz exakte Zahlen gibt es nicht) rund drei Millionen Nicht-Wohngebäude. An dem Austausch einer Wärmepumpe arbeiten drei Monteure zweieinhalb Tage (erlebe ich zufällig gerade bei mir zuhause). Rechnerisch gesehen kann ein Monteur in einem Jahr (220 Arbeitstage, 22,1 Millionen Gebäude, denn 350.000 Wärmepumpen sind derzeit installiert) also 29 Wärmepumpen einbauen (wenn er nichts anderes nebenbei tut und ohne notwendige andere Gewerke, wie z.B. diejenigen, die die Gasleitung abklemmen müssen, oder Maler, Fliesenleger, etc.).  Wenn wir also alle Gebäude in einem Jahr mit Wärmepumpen ausstatten wollten, benötigten wir rund 762.000 Heizungsmonteure, die ausschließlich Wärmepumpen einbauen. Wo sollen die denn bitte herkommen? Und wer ertüchtigt das Stromnetz so, dass 22,4 Millionen Gebäude zusätzlich mit Wärmepumpenstrom versorgt werden können? Sie bekommen doch schon jetzt keinerlei zusätzliche Leistung in Ihre Liegenschaft, wenn Sie Schnellader aufstellen wollen, weil das derzeitige Stromnetz nicht ansatzweise leistungsfähig genug ist.  Last but not least: ein nicht unerklecklicher Anteil der - besonders aufwendig energetisch zu sanierenden - Nicht-Wohngebäude gehören dem Staat und der Kirche. Wenn die beiden erst einmal realisieren, was für ein Ei in IHREM Nest liegt, ist die Schnapsidee des Märchenerzählers und seinen ohne Ausschreibung auf ihre Posten gehievten Lobbyisten-Staatssekretären ziemlich schnell Geschichte, wetten?

Jan Blank / 25.04.2023

Deutschlands Weg zum klimatischen Voll-Arier werde ich als Immobilienbesitzer auch nicht mehr länger begleiten. Im allgemeinen politischen Klima rangiert der Immobilienbesitzer so im Bereich Zuhälter / Pornograf/ Gebrauchtwagenhöker. Obwohl( oder besser: Weil?) ich Mieten unterhalb des offiziellen Mietspiegels nehme, werde ich zunehmend mit sehr selbstbewussten Mietern konfrontiert, die grundsätzlich erst einmal jede Kommastelle der Nebenkosten vorgerechnet bekommen wollen, weil sie immerzu Betrug vermuten. Betrogen wurde ich. Von Mietnomaden. Das tue ich mir nicht mehr an. Ich verkaufe. An professionelle Investoren. Und möchte auch einmal ganz lapidar feststellen: Liebe Mieter! Ihr habt genau die Mietsituation, die ihr Euch hart erarbeitet habt. Bleibt fit!

Wilhelm Rommel / 25.04.2023

“Die Frage, die sich mir stellt, ist: Verstehen Immobilienbesitzer und Mieter, was da auf sie zukommt? Ich vermute nicht.” Sie dürften in Ihrer Einschätzung völlig richtig liegen. Aber bei einer Wahlbevölkerung, die, sagen wir mal, seit Jahren zu 80 Prozent aus obrigkeitsgläubigen Vollhonks im Panikmodus bei gleichzeitiger ‘Dauererregung’ in sachen Welt- und Klimarettung besteht, wundert mich das eigentlich nicht!

T. Weidner / 25.04.2023

Tja - eine Vielzahl von Juden in Deutschland glaubte damals auch nicht, dass der Postkartenmaler und dessen Kumpane in einer Kulturnation wie Deutschland einen industriell durchstrukturierten Judenmord durchziehen würden. Aber diese zogen es durch - ohne Rücksicht auf Verluste…

Nikolaus Neininger / 25.04.2023

Die genannte Politikerin mag etwas studiert haben, aber mit Sicherheit nicht das ihr zugeschriebene MINT-Fach. Ich habe das tatsächlich studiert und dabei nimmt man eine bestimmte Vorgehens- und Ausdrucksweise an, die bleibt, auch wenn man dann eher fachfremd arbeitet. Bei ihr ist davon nun wirklich gar nichts davon zu finden.    Falls dann doch etwas mehr Leute über die konkreten Auswirkungen der politischen Vorgaben nachdenken: außer dem immer wieder angesprochenen Kostenfaktor ist ja eigentlich auch jeder andere Punkt nicht realisierbar. Die angesprochenen nicht vorhandenen Wohnungen während des Umbaus, die fehlenden Fachkräfte, das fehlende Material, der fehlende Strom für den Betrieb (auch wenn Scholz das gesamte eigentlich geschützte Wattenmeer für Windräder umpflügt, reicht er nicht). Und noch als Sahnehäubchen wird vermutlich demnächst wie bei der Abschaffung des Naturschutzes zugunsten von Windrädern dafür auch der Denkmalschutz gekippt (sind das die beschworenen Kipppppunkte?).

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