Hubert Geißler, Gastautor / 22.09.2023 / 14:00 / Foto: Pixabay / 32 / Seite ausdrucken

Neues vom Schrauber: Konkurrenz für die FDP?

Ex-Degussa-Chef Markus Krall kündigte gerade an, eine eigene Partei gründen und zur Bundestagswahl 2025 antreten zu wollen. Kürzlich wurde bekannt, dass Kralls Telefonate mit Hans-Georg Maaßen abgehört wurden. Vor dem Hintergrund seiner Parteigründung erscheint dies nun plötzlich in ganz anderem Licht.

Mein Schrauberbruder hat sein empfindliches Ohr nicht nur an den Getrieben der zu reparierenden Maschinchen, bei denen schon jedes ungewöhnliche Geräusch auf eine Diagnose hindeuten kann, sondern auch am knirschenden Mechanismus von Staat und Gesellschaft. Neulichst, wie es früher im Magazin „MAD“ hieß, erzählte er mir, dass der nicht ganz unbekannte Ex-Degussa-Chef Dr. Markus Krall seiner Meinung nach die Gründung einer Partei ins Auge fasst. Markus Krall hat diese Absicht nun in einem Interview vom 15. September 2023 bestätigt. Er beabsichtigt, 2025 zur Bundestagswahl anzutreten und rechnet sich gute Chancen aus, da er davon ausgeht, dass bis dahin die wirtschaftliche Situation in der BRD so desaströs sein wird, dass Alternativen einfach kommen müssen.

Markus Krall ist mir aus vielen YouTube-Aufzeichnungen bekannt. Seine Vorhersagen, insbesondere in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands nach der Corona-Pandemie, sind durchaus düster. Der von ihm oft vorausgesagte Finanzkollaps ist bisher aufgrund von, sagen wir, Geldmengenausweitung und kreativer Buchführung der EZB ausgeblieben. Da Schulden jetzt als Sondervermögen gelten, könnte dies wahrscheinlich noch weitergehen, jedoch mit der unangenehmen Begleiterscheinung einer nicht zu stoppenden Inflation.

Besagter Markus Krall ist nun wegen angeblicher Kontakte zur Rollatorenverschwörung des Prinzen Reuß ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten, und offensichtlich wurden seine Gespräche mit einem weiteren „Gottseibeiuns“ der bundesdeutschen Politikszene abgehört, nämlich dem ehemaligen obersten Verfassungsschützer, Herrn Maaßen. Gespräche gefallener Engel gehen ja gar nicht, da muss Herr Haldenwang ran. Auf seinem Twitter-Account beschreibt Krall eindrücklich das Vorgehen der Ermittlungsbehörden, das, milde ausgedrückt, stark überzogen wird und seiner Meinung nach die Grenzen der Legalität überschreitet. Ich widerstehe hier der Versuchung, das Dokument komplett zu zitieren, es ist jedoch interessant und sei hier ausdrücklich zur Lektüre empfohlen.

Fehlentwicklungen rückläufig machen

Kennt man nun Kralls Absicht einer Parteigründung, so wird auch im Kontext seiner Kontakte mit Maaßen das Vorgehen der Behörden verständlicher. Hier braut sich etwas zusammen. Über unserem Parteiensystem hängt schon das Damoklesschwert in Form von Frau Wagenknecht, und nun auch noch die Drohung des Auftretens einer liberal-libertären Partei. Krall kündigt unumwunden an, die seiner Meinung nach fatalen Fehlentwicklungen in der Energie- und Wirtschaftspolitik rückgängig machen zu wollen.

In der Diskussion mit meinem Schrauberbruder wandte ich ein, dass in der „normalen“ Bevölkerung doch kein Mensch Krall kenne, ganz im Gegensatz zu der medial stark präsenten Wagenknecht. Mein Bruder verwies auf die doch nicht unerheblichen Klickzahlen von Kralls Beiträgen in den sozialen Medien und seine starke Vernetzung. Krall hat auch eine Art Vorfeldorganisation mitgegründet: Die Atlas-Initiative, ein politisches Diskussionsforum mit mehreren tausend Mitgliedern, das unter anderem die Recherchen zur Revision der Berlinwahl mitfinanziert hat. All das ist etwas unangenehm für die herrschende Ampelkoalition.

Atlas spielt natürlich deutlich auf den Roman-Titel der amerikanischen Autorin Ayn Rand an, „Atlas wirft die Welt ab“ [auch erschienen unter dem Titel „Der Streik“, Anm. d. Red.], der hier wärmstens zur Lektüre empfohlen sei und der in durchaus unterhaltsamer Weise den Zusammenbruch eines Wirtschaftssystems mit bedenklichen Parallelen zur Gegenwart schildert. Auch dort hat Krall davon gesprochen, die Organisation „kampagnenfähig“ zu machen. Zu den Programmpunkten gehören: „Meinungsfreiheit statt politischer Korrektheit“, „Marktwirtschaft statt Planwirtschaft“, „Familie statt Kollektivismus“ (Familie als Keimzelle des Staates), „Leistungsprinzip statt Gesinnungspatronage“, „Verantwortungsethik statt Gesinnungsethik“, wozu eine Beendigung der unkontrollierten und illegalen Einwanderung gehört.

Zu jeder These wird sich eine Antithese bilden

Ich bin bei der Diskussion mit meinem Bruder ins Nachdenken gekommen. Hat Krall wirklich keine Chance, sagen wir, die 5-Prozent-Hürde zu reißen? Man kann sich einiges fragen: Wo sind die FDP-Wähler hingekommen, die sich seit der letzten Wahl von dieser Partei abgewandt haben? Auch auf der Achse haben sich die Autoren Thilo Schneider und Robert von Loewenstern als Dissidenten geoutet, nicht ohne in den Kommentaren „ihr Fett abzukriegen“. Würden sie sich zu Krall schlagen? Gibt es Teile der CDU/CSU, speziell Werteunion-affine, denen die Post-Merkel-Merz-Union keine Perspektive mehr zu bieten scheint? Alles bedenkenswert.

Mein Bruder meinte, seine „Buben“ würden Krall kennen, zumal er mit Leuten wie Otte oder Mathias Weik vernetzt ist. So bietet sich perspektivisch ein interessantes Bild. Jede der bestimmenden Parteien der alten BRD könnte einen Gegenspieler bekommen: Die CDU die AfD, die CSU die Freien Wähler, die SPD und Linke die Wagenknecht-Anhänger und die FDP die Krall-Unterstützer, insgeamt eine einzige, große Rollback-Bewegung.

Ich liebe die Logik, und die sich hier eröffnende Symmetrie hat doch etwas Ästhetisches. Und vielleicht behält auch Hegel recht. Zu jeder These wird sich eine Antithese bilden, und der Weltgeist schickt dann schon das passende Personal los, um diese zu realisieren. Dass bei einem Kontakt zwischen Maaßen und Krall das Establishment außer Rand und Band gerät, scheint nicht unverständlich. Man könnte sich fragen, über was sie wohl noch gesprochen haben?

Hubert und Bernhard Geißler

Hubert Geißler stammt aus Bayern und war Lehrer für Kunst/Deutsch/Geschichte. Er schreibt diese Serie zusammen mit seinem Bruder. 

Bernhard Geißler gehört zu den sogenannten Fachkräften und Technikern, also zum gut ausgebildeten Teil der produktiven Arbeiterschaft, hier kurz „Schrauber“ genannt. Der arbeitet viel, kommt aber selten zu Wort, was diese Serie ein wenig wettmachen will.

Foto: Pixabay

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Gustav Kemmt / 22.09.2023

Vielen Dank! Ich erlaube mir die kritische Frage, warum Herr Krall und der Herr Maassen - und eigentlich auch die unselig verwirrte Wagenknecht - eigentlich nicht der AfD beitreten. Weil: das wuerde viele freuen und die Chance, die sowjetideologische Junta (“Ampel”) 2025 politisch nachhaltig ueber den Jordan zu schicken, betraechtlich erhoehen. Maassen for Kanzler! Merke: Es ist halbwegs gut herausgearbeitet worden, dass die Grenze zwischen Demokraten und Antidemokraten verlaeuft. Das sind mithin also nur zwei Parteien. Wie man auch sehr deutlich sehen kann.

Stefan Zink / 22.09.2023

Herr KRALL sollte realistisch sein. Um eine Partei bundesweit mit Ortsverbänden und treuen Mitarbeitern aufzubauen erfordert dies viel Angagement. Ich würde ihm Raten sich der AFD anzuschließen und in der verbleibenden Zeit bis zur Wahl unbequeme und radikale Mitglieder auszusortieren und damit mit der AFD, weche bereits ein gutes Netzwerk von Ortsverbänden hat in den Wahlkampf zu ziehen. Nur wenn sich die Menschen die für das deutsche Volk sind zusammenschließen kann eine Wende erfolgen. Lassen sie sich nicht teilen Herr Krall, die Ziele sind doch fast die gleichen. Seien sie konzequent und lassen sie sich nicht durch die allegemeine Probaganda gegen die AFD spalten.

Joachim Krämer / 22.09.2023

Auf Kontrafunk findet man unter der Rubrik “Wirtschaftsmagazin” die Sendung “Backstage Economy mit Gerald Markel” vom 08.09.23 ein sehr interessantes Gespräch mit Markus Krall mit dem Titel: “Für Deutschland genügen vier Ministerien”. Hier skizziert Krall, welche Entscheidungen er in verantwortlicher politischer Position sofort treffen und umsetzen würde. Ich bin äußerst gespannt auf sein Projekt der Parteigründung und drücke alle Daumen. Das Buch von Ayn Rand ist unter dem neuen Titel “Der freie Mensch” (ISBN 978-3-949522-00-0) zum Preis von 59,99€ lieferbar, z.B. bei dem libertären Buchshop “buchausgabe.de”. Wer ist John Galt? Vielleicht Markus Krall…

Martin Schau / 22.09.2023

Zunächst einmal: Jeder soll nach seiner Fasson selig werden. Aber eine Parteigründung muss man erst einmal stemmen. Dr. Markus Krall, dessen Kommentare und Analysen ich sehr schätze, trägt sich nach eigener Aussage auch noch mit dem Gedanken, einen Goldhandel zu eröffnen. Fazit: Politiker (in Gründung) und Geschäftsführer (in Gründung) - das halte ich für verdammt ambitioniert und gesundheitsgefährdend. Politik kontra Altparteien liefert bereits heute die AfD. Man sollte sich also nicht weiter politisch aufsplittern. In einem externen Beratungsgremium wäre Herr Krall mit seiner fachlichen Expertise gewiss willkommen.

Bärbel Witzel / 22.09.2023

Hermann Hesse titelte Deutschland auch schon als das Durcheinandertal. Ich schätze Markus Krall auch sehr, ich bin mir aber nicht sicher, ob das noch Sinn macht noch eine neue Partei in einem marodierendem und stasiverseuchtem System wie diesem zu gründen. Ich denke, die meisten Menschen sind viel zu schade für dieses System. Eine Kausalkette von Ereignissen, ob destruktiv oder konstruktiv erzeugt Wechselwirkungen, diese sind fließend, unabhängig von Zeit und Raum, genau wie ein ins Wasser geworfener Stein Wellen verursacht. Ich denke wir können diese Zeit konstuktiv nutzen, indem wir z. B. mal über das Grundgesetz 2030 von RA Carlos A. Gebauer diskutieren und über eine Verfassung nachdenken. Ich weis nicht, ob das möglich ist, die STASI als Terrormiliz weltweit anerkennen und ächten zu lassen, zumindestens glaube ich, sind die Chancen für uns besser.

Karsten Dörre / 22.09.2023

“Auch auf der Achse haben sich die Autoren Thilo Schneider und Robert von Loewenstern als Dissidenten geoutet, nicht ohne in den Kommentaren „ihr Fett abzukriegen“.” - Wer wen tatsächlich wählt, steht nur auf dem unpersonalisierten Wahlzettel. Vor und nach der Wahl kann man vieles schreiben. Wers glaubt… selbst schuld.

H. Krautner / 22.09.2023

Rechnen wir doch einmal ganz optimistisch und realistisch: Die AfD sammelt 20 % der Wählerstimmen ein, eine Maaßen-Partei 12 % und eine Krall-Partei als FDP-Alternative 6 %, dann haben die drei “konservativen” Parteien insgesamt noch kein 40 % der Wählerschaft auf ihrer Seite. Auch dann wird die Mehrheit der Wähler immer noch bei ihren links-grünen Lieblingsparteien bleiben.

Georg Dobler / 22.09.2023

Wenn die “Ampel” so weitermacht und vorher nicht zerbricht (z.B. durch einen verheerenden Blackout, das wünsche ich allerdings nicht mal meinem größten Feind) dann werden bis zur nächsten Bundeswahl Zustände herrschen, die der neuen Partei und auch der von Wagenknecht konkrete Chancen bereitstellen. Wenn die sich mit der AfD irgendwie arrangieren (Duldung z. B .,ohne direkte Koalition) dann kann das durchaus einen konkreten Politikwechsel bedeuten. Wagenknecht müsste sich dazu durchringen wenn Ihr das Verhindern eines weiteren Niederganges, also das Wohl des Landes, mehr wert ist als Parteipolitik.

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