Georg Etscheit / 17.11.2020 / 06:15 / Foto: Tim Maxeiner / 80 / Seite ausdrucken

Nach Corona kommt Kambodscha

Wir haben uns verkleinert. In Zukunft müssen zwanzig Quadratmeter Wohnfläche reichen, ein knappes Drittel unserer bisherigen, auch nicht gerade üppigen siebzig Quadratmeter energetisch teilsanierter Altbauwohnung in München-Schwabing. Denn die Klimakrise ist wegen Corona nicht verschwunden, und man will sich ja nicht an den kommenden hundert Generationen versündigen. Unser vierbeiniger Klimakiller namens Poldi ist abgeschafft, das Auto verkauft, das ÖPNV-Abo gekündigt, denn in der Stadt bewegen wir uns nur noch mit dem Fahrrad. Versorgungsfahrten zur Schwiegermutter und gelegentliche Ausflüge werden mit dem elektrifizierten Leihwagen oder der Bahn absolviert. 

Auch klimaschädliche Restaurantbesuche gehören der Vergangenheit an. Gegessen und getrunken wird nur noch zu Hause, natürlich vegan, regional, saisonal, unverpackt und ökosozial gelabelt. In den Urlaub fahren wir, wenn überhaupt, einmal pro Jahr und zwar in einen Windpark an der Nordsee. Wenn man Ökostrom bezieht, sollte man die Nachteile der Energiewende hautnah miterleben können. Flug- und Schiffsreisen sind sowieso tabu. Und das Thermostat wird im Winter auf 17 Grad runtergedreht, wozu gibt es lange Unterhosen, Norwegerpullover und Daunenjacken?

Glücklicherweise ist das obige Szenario einstweilen nur ein Gedankenspiel. Aber vor einem Jahr war das, was in Deutschland heute ist, noch nicht einmal ein Gedankenspiel. Ich habe mir deshalb einmal den Spaß erlaubt und im Online-Klimarechner des World Wide Fund for Nature (WWF), mit dem man den eigenen CO2-Fußabdruck berechnen kann, konsequent all jene Optionen angeklickt, die klimamäßig am vorteilhaftesten sind. Am Ende der 35 Fragen gratulierte mir die Software zu rekordmäßig niedrigen 4,56 Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr, was einem individuellen Planeten-Verbrauch von 1,11 entspräche, vorausgesetzt dass alle 7,6 Milliarden Erdenbürger mitmachen. 

Planet gerettet, geht doch! Leider nein, denn der Webseite von myclimate.org, einem Schweizer Qualitätsunternehmen, das Klimaausgleichszertifikate (etwa für Flug- und Schiffsreisen) verkauft, ist zu entnehmen, dass jeder Mensch nur noch 0,6 Tonnen CO2 verursachen darf, um den Klimawandel aufzuhalten. Das liegt auf dem heutigen Level von Staaten wie Tadschikistan, Benin, Senegal und Kambodscha. Wir müssen also runter auf dieses Wohlstands- bzw. Armutsniveau, und für Länder wie Burundi (0,03 Tonnen CO2 pro Kopf) oder die Demokratische Republik Kongo (0,03 Tonnen) bleibt noch ein wenig Luft nach oben. 

Spitzenreiter ist der pazifische Inselstaat Palau

Spitzenreiter sind laut einer Wikipedia-Rangliste übrigens nicht die nach dem Abgang Trumps nicht mehr ganz so bösen USA (16,14 Tonnen, Platz 13), sondern der pazifische Inselstaat Palau mit sagenhaften 57,96 Tonnen des Killergases pro Kopf und Jahr. Grund sind die vielen Touristen, die mit Flugzeug oder Kreuzfahrtdampfer anreisen. Aber damit hat es sich ja bald. Dann liegen die Erdölstaaten ganz vorn, gefolgt unter anderem von Luxemburg (Platz 10) und Australien (Platz 12). Deutschland liegt auf Platz 28. Die Angaben zum durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausstoß von Merkels Ökovorreiternation variieren, aber mit gegenwärtig rund elf Tonnen pro Kopf und Jahr ist man auf der sicheren Seite.

Ich habe dann den Klimarechner noch einmal ausgefüllt und zwar mit Angaben, die meinem beziehungsweise unserem realistischen Lebensstil entsprechen. Eigentlich dachte ich immer, dass wir einigermaßen nachhaltig leben. Die Wohnung ist mit 70 Quadratmetern, wie gesagt, nicht riesig, vor allem in Corona-Zeiten, wenn alle zu Hause hocken. Wir fliegen nicht, Kreuzfahrten hassen wir. Das Auto verbraucht bei selbst auferlegten 120 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit überschaubare 4,5 Liter und in der Stadt wird geradelt. Dazu kommen eine fleischreduzierte Mischkost mit hohem Bio- und Regionalanteil und ein privater Stromverbrauch, der so niedrig ist, dass die Münchner Stadtwerke schon an einen Messfehler glaubten. Eigentlich alles im grünen Bereich. Dann der Schock: Mit 12,36 Tonnen und 7,41 benötigten Planeten liege ich bzw. liegen wir exakt im bundesdeutschen Durchschnitt.  

Runter auf 0,6 Tonnen, ein Zwanzigstel also, das würde zugegebenermaßen schwerfallen. Natürlich könnte man noch an der einen oder anderen Stellschraube drehen, nur noch kalt duschen, nur noch einmal am Tag essen, den Kühlschrank abschaffen, die Schwiegermutter ihrem Schicksal überlassen, Urlaub auf Balkonien und sich den einen oder anderen Atemzug verkneifen. Zu mehr bräuchte es, fürchte ich, Zwangsmaßnahmen.

Aber seit Corona wissen wir: Da geht schon noch was!

Foto: Tim Maxeiner

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Herbert Mohnalt / 17.11.2020

Daunenjacken?! Seid ihr wahnsinnig? Denkt hier niemand an die Tieräää?

Wolfgang Rentzsch / 17.11.2020

Wäre ich jetzt gegen 30 und würde über die Gründung einer Familie nachdenken, dann käme dabei ein klares und nachdrückliches NEIN zum Nachwuchs zeugen heraus! Für DIE Zukunft, die uns gerade mit aller Gewalt von diesen Vollidioten in der Regierungsklappsmühle aufgedrückt wird mit dem Schaden, der schon entstanden ist, auf keinen Fall. Das wäre den Kindern gegenüber nicht zu verantworten.

Detlef Dechant / 17.11.2020

@neland: Der Energieverbrauch des weltweit eingestezten Militärs ist enorm. Daher hat Trump ja auch gegengesteuert. Er hat dreistellige Milliardenbeträge in die Forschung und Erprobung von Mini-AKWs der neuesten Generation gesteckt, die die Truppen weltweit autark machen, zudem können diese Kraftwerke auch in ländlichen Gegenden zur Versorgung von Kleinstädten eingesetzt werden. Der Clou der dabei eingesetzten Technik ist die Nutzung von Brennstoffen aus alten AKWs. Derzeit ist die Ernergieausbeute nur ca. 5 %, daher der hohe Halbzeitwert und die benötigte sichere Endlagerung. Diese Reaktoren neueren Typs, die Russen forschen auch daran und die Chinesen bauen bereits einen Erprobungsreaktor, haben eine Erbergieausnutzung von über 95 %, was ein Endlager überflüssig macht. Und das Atomenergie die derzeit umweltfreundlichste Energiegewinnung ist, wird dann auch dem CO2-Haushalt zugute kommen. Deutschland war übrigens bis zur Merkel-Wende auf diesem Forschungsgebiet führend.

Petra Wilhelmi / 17.11.2020

Halloween ist aber schon vorbei? Oder? Also dürfte sich auch niemand mehr solche Horrorgeschichten ausdenken. Und wenn Kambodscha kommen soll, dann ist die Horrorgeschichte auch noch blutrünstiger als Scream. Aber: Soweit von der zukünftigen Wirklichkeit wird diese Geschichte nicht entfernt sein. Es fehlt nur noch, dass wir hier die Luft zum Wohle des Planeten anhalten sollen.

Oliver Wilkening / 17.11.2020

Ich habe vielleicht noch zwanzig Jahre und diese Zeit werde ich mir von den Klimaschutznazis nicht vermiesen lassen. Ich mache auch keine Kreuzfahrten und bin kein Raser, ich schmeisse meinen Müll nicht in die Gegend, Klamotten kaufe ich selten und trage sie so lang, bis sie selbst ein Scheinasylant aus Timbuktu sie nicht mehr tragen würde, elektrische Geräte benutzen wir, bis sie den Geist aufgeben und mein Handy ist nicht internetfähig. Wahrscheinlich ist mein “ökologischer Fussabdruck” besser als der der meisten dieser linksrotgrünversifften Wohlstandswanzen bei FFF und im ÖR-TV. Also, smell my finger and kiss my ass!

Sabine Schönfelder / 17.11.2020

Jens@Lück, wir müssen uns unbedingt zum „Wintergrillen“ mit Straußenfleisch, Froschschenkeln und Wachteleiern unter schönen warmen Heizpilzen treffen. Dann haben wir zusammen schon 16 Zylinder!

von Kullmann / 17.11.2020

Wenn sich Merkel durch die Antifa ihren Weg weiter bahnt und mit “Freitag für die Zukunft” ihre Klima Kulturrevolution ausruft, dann hat sie es endlich geschafft. Ihr Vorbild Mao hat zu viele Opfer hinterlassen, das will sie den jungen Leuten nicht antun.

Klaus U. Mayerhanns / 17.11.2020

Diese unsägliche Klima-Schwadronierei von all unseren totalitären Weltverbesserern: >>> Ich lasse mir grundsätzlich kein dummes Zeug mehr von dummen Menschen unterjubeln. Diesen gefährlichen Aposteln einschließlich “Greta” und ihren geschäftstüchtigen Eltern soll man damit auf den Leim gehen, daß ausgerechnet sie - nach rund 4,3 Milliarden Erdenjahren mit ständig wechselndem Klima - die Erde “retten” werden - dümmer geht es gar nicht. Wenn etwas Menschgemachtes mitursächlich für eine aktuelle Kilmaschwankung sein sollte, dann wäre es jedenfalls intelligenter, sich über die innerhalb weniger Jahrhunderte extrem zunehmende Weltbevölkerung zu sorgen und dieser vorzubeugen, anstatt unter anderem das massive Artensterben wegen Durchbrechung des weltweiten ökologischen Gleichgewichts tatenlos zu beklagen.

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