Vera Lengsfeld / 11.01.2023 / 06:15 / Foto: Pixabay / 78 / Seite ausdrucken

Minister-Rauswurf: Grünes Eierlegen

Politiker, die sich extremer Verfehlungen schuldig gemacht haben, bleiben im Amt, gerne auch bei den Grünen. Jetzt gibt's ein Novum: Ein grüner Minister wird in Thüringen rausgeworfen, weil er ein Mann ist. 

Was sich derzeit in Thüringen abspielt, wirft ein Schlaglicht auf die politische Kaste, die sich nicht mehr für Land und Leute – also ihre Wähler – kümmert, sondern ihrer Ideologie und den damit verbundenen Interessen alles unterordnet.

Es wird darüber hinaus deutlich, dass diese Politik nur bestehen kann, weil sie in den Medien willige Helfer hat, die nichts mehr hinterfragen, sondern auch die zweifelhaftesten Entscheidungen der Politiker unkommentiert oder zustimmend durchgehen lassen

Einen Tag vor Heiligabend hatte Umweltministerin Anja Siegesmund völlig überraschend angekündigt, nach 20 Jahren die Politik an den Nagel zu hängen. Gründe, außer vagen „persönlichen“, gab sie keine dafür an. Sie wolle bis zum 31. Januar im Amt bleiben und dann den Weg frei machen, damit eine geeignete Nachfolgerin gefunden werden könne. In anderthalb Jahren wird der Landtag neu gewählt. Siegesmund war bisher dreimal die Spitzenkandidatin der Grünen. Beim letzten Mal wären die Grünen fast aus dem Landtag geflogen. Das wird auch bei der nächsten Wahl eng.

Siegesmunds vergiftetes Weihnachtsgeschenk bereitete den Grünen sehr viel Kopfzerbrechen. Es fand sich einfach keine geeignete Kandidatin. Laut Presseberichten soll der weitgehend unbekannte Thüringer Co-Landesvorsitzende Bernhard Stengele das schwere Los auf sich genommen haben, Umwelt-und Energieminister, sowie Vize-Präsident zu werden. Zwar hat er nie umweltpolitisch gearbeitet, fühlt sich aber durch häufige Besuche im Umweltministerium und die dort geführten Diskussionen durchaus qualifiziert.

Freiwillig zurückzutreten, lehnte Adams ab

Kaum war dieses Problem gelöst, entstand ein neues. Nach grünem Proporz müssen die beiden Ministerposten mit mindestens einer Frau besetzt sein. Das zweite grüne Ministerium in Thüringen war aber mit einem Mann besetzt. Nun hätten bei Justizminister Adam eigentlich alle Alarmglocken angehen müssen. Aber statt sich schnell zur Transfrau zu erklären, glaubte er offenbar, fest im Sattel zu sitzen. Als er am vergangenen Sonntag aufgefordert wurde, freiwillig zurückzutreten, lehnte Adams ab. Er ging stattdessen am Montagvormittag auf Twitter an die Öffentlichkeit. Er schrieb: 

„In der derzeitigen Situation kann ich, aus Verantwortung gegenüber meinem Ministerium, dieser Aufforderung nicht nachkommen. Derzeit erleben wir ein überaus anspruchsvolles Ankunftsgeschehen, wichtige Entscheidungen beim Generationswechsel an unseren Gerichten und enorme Herausforderungen beim Schutz unserer Verbraucherinnen und Verbraucher.“ 

Adams hat in all den Jahren grüner Politik offenbar nicht begriffen, dass es zuallerletzt um Verantwortung geht. Es zählt nur die Quote. Deshalb ließ sein Flehen die Parteichefs völlig kalt. Sie taten genau das, was Adam weiter schrieb. Sie forderten Ministerpräsident Ramelow auf, ihm seine Entlassungsurkunde zu überreichen. Das geschah nur wenige Stunden nach Adams Tweet. Der hatte offenbar nicht damit gerechnet, dass so etwas so schnell passieren könnte, denn er hatte angekündigt:

„Bis dahin werde ich meine Pflichten und Aufgaben als Minister wahrnehmen und meine ganze Kraft in den Dienst des Freistaats Thüringen stellen.“ 

Dazu hatte er keine Gelegenheit mehr. Sein Amt wird von der scheidenden Siegesmund mitverwaltet, bis die neue Justizministerin, eine Polizistin und noch neu in der Partei, vereidigt ist.

Einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik

Eine solche Brutalität im Umgang mit dem eigenen Personal dürfte einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik sein. 

Die Medien berichteten aber so neutral wie möglich. Ausnahmen wie Die Welt bestätigen die Regel. Keine Empörung, nirgends. Deutlicher konnte dem Publikum nicht gemacht werden, wie wenig seine Sorgen und Ängste die Politiker noch schert. Wenn man sagen würde, die Grünen handelten nach Gutsherrenart, wäre das eine Beleidigung der meisten Gutsherren, die wussten, dass man dem Personal Respekt schuldet.

Ich bin keine Freundin von Adams, besonders nicht, seit er sich für Strafminderung für die Konsumenten von Kinderpornografie stark gemacht hat. Eine solche öffentliche Demütigung hat er dennoch nicht verdient. Was sagt die CDU, die ja seit ihrem Bestehen die Minderheitsregierung von Ramelow am Leben hält? Man liest, es gäbe „heftige Kritik“ an der Rochade. Die hört sich aber eher wie Theaterdonner an. In der Partei, die morgen für Klarheit und Neuwahlen sorgen könnte, denkt niemand daran, das unwürdige Schauspiel, das die Minderheitskoalition bietet, zu beenden. 

„Die Ramelow-Regierung ist eine bröckelnde Chaosregierung. Wir machen uns ernsthaft Sorgen um die Handlungsfähigkeit unseres Landes angesichts dieses katastrophalen Zustandes der Minderheitsregierung“, tönt Christian Herrgott, Generalsekretär der CDU Thüringen. So groß können die Sorgen nicht sein, wenn man tatenlos zusieht, wie das Land unter diesen Zuständen leidet. Die größere Sorge gilt da eher dem eigenen Mandat, das nach den letzten Umfrageergebnissen wackelt. Die CDU, die unter Bernhard Vogel mal die absolute Mehrheit innehatte, liegt bei 15 Prozent. 

Man kann den folgenden Satz des Generalsekretärs nur mit schwarzem Humor ertragen: „Bodo Ramelow muss endlich die Handlungsfähigkeit seiner Regierung herstellen und diese chaotischen Zustände beenden."

Ramelow wird sich um das Flehen der CDU nicht kümmern, sondern sie auf offener Bühne als unfähig, nein unwillig, dastehen lassen, dieses Chaos selbst zu beenden. 

Foto: Pixabay

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Franz Klar / 11.01.2023

@Andy Malinski : ” Frau und POC - diesen Trumpf würde nur noch ein erklärt lesbische, pigmentierte Rollstuhlfahrerin muslimischen Glaubens stechen”. Im Idealfall ist der Rollstuhl klimafreundlich aus Recyclingstahl kaltgeschmiedet und die Fahrerin ernährt sich veganitarisch unter besonderer Berücksichtigung friedfertigen Anbaus vom Gnadenhof .

jan blank / 11.01.2023

@R. Camper: Natürlich muss Brandmeister Merz das z.Zt. sagen. Ich hob darauf ab, dass Merz zumindest das rhetorische Potential bewiesen hat, auch etwas ganz anderes zu tun als angesagte Systemschmuserei. Glauben Sie mir: Hinter den Kulissen auf kommunaler Ebene laufen längst Gespräche, Zusammenarbeit und Sondierungen. Den wenigen nicht Gemütskranken bleibt gar keine andere Wahl, als sich irgendwie zusammen zu tun. Reden Sie mal mit Handwerkern, Paketfahrern, mittelständischen Unternehmern über die Berliner Politik. Sie werden die Jacke vollgekotzt bekommen. Aber Deutschland ist eben ein Riesentanker….....ich sags ja: Dieser Weg wird kein leichter sein. Aber einer muss auf der Brücke sein. Wissen Sie einen besseren?

L. Bauer / 11.01.2023

Man halte fest: In einer Provinz gibt es ein Wahlergebnis, was den regierenden Parteien nicht gefällt. Da ruft die große Chefin, gerade zu Besuch in einem demokratischen Vorzeigeland, an und annulliert diese Wahl. Daraufhin ist der alte Regierungschef wieder Chef, ohne Mehrheit und ohne Wahl. Die Partei der großen Chefin ermöglicht das und verspricht dem irritierten Volk Neuwahlen innerhalb eines Jahres. Die dann leider irgendwie vergessen wurden. Der grüne Justizminister, eigentlich mit 3,9% im eigenen Wahlkreis gescheitert, zieht aber über diese herrlich praktische Landesliste ein, und hat den Job! Er ist weder studierter Jurist, noch sonst irgendwas qualifiziert ihn für diesen Posten. Seine auffälligste Initiative während seiner Amtszeit gilt der quasi Straflosigkeit bei Besitz von Kinderpornographie. Dann kommt ein unvorhergesehener Personalengpass durch mysteriöse Kündigung, weg vom Fleischtopf. Noch unfähigeres Personal trifft die Entscheidungen darüber dieses Problem zu lösen. Einer von denen wäre auch gern am Fleischtopf, aber leider noch ungeeigneter, da Regisseur im Hinterhoftheater im vorparteilichen Leben, und etwas arbeitsscheu wählt er das gemütliche thüringische Umweltministerium. Wohlwissend der innerparteilichen Falle die dem Manne immer lauert. Aber, er weiß schon jetzt, dass nicht er, der Erfahrungslose und gerade reingesprungene gehen wird. Nein, der schon länger Anwesende und Vereidigte hat zu gehen. Der will nicht. Sagt, nur mein Chef kann mich kündigen. Dieser wiederum ist zwar von einer anderen Partei, aber als völliges Weichei bekannt und kommt dem Wunsch des Theaterregisseurs sofort nach, ohne mit seinem Untergebenen zu sprechen. Platz wird frei. Jetzt kommt neu und bunt. Eine Sachbearbeiterin als Justizminister. Und Du denkst, aah, Shithole, Irgendwo in Afrika. Neee, im schönen Thüringen! Im besten Deutschland aller Zeiten!

M.Müller / 11.01.2023

Heute haben Sie wieder einmal Ihre moralische Überlegenheit zum Besten gegeben. Dass es zwischen Adams und der Partei schon länger Dissonanzen gab, unterschlagen Sie vollkommen, um Ihr Mantra wieder einmal undifferenziert auszubreiten. Aber das nur am Rande. Sie meinen also, Sie haben den richtigen moralischen Kompass, wann ein Minister zurücktreten sollte oder nicht? Darf dafür Ihr Beispiel, wie Sie mit Ihrem Mandat im Bundestag 1996 umgegangen sind, als Vergleich dienen? Sich für die eine Partei (B90/Die Grünen) auf Liste wählen zu lassen und dann mitten in der Legislaturperiode die Partei zu wechseln (in Ihrem Fall zur CDU) ist ja ok. Dann aber die Pfründe des Mandats zu behalten, obwohl Sie definitiv ab diesem Zeitpunkt nicht mehr Ihre Wähler vertraten, entspricht genau dem Gegenteil von dem, was Sie gerne von anderen verlangen.

Oliver König / 11.01.2023

@Alexandra Klabuter Das interessiert Grüne nicht! Ich glaube, Sie haben die grüne Denkweise immer noch nicht verstanden. Es gibt kein “minderwertiges” Land, also Grünland, Wiesen, Magerrasen, das für den Menschen nutzbarsein soll.  Und wertvolle Lebensmittel sind nicht Milch, sondern Maden, Kakerlaken, Würmer, “vegane” Chemielebensmittel und Kunstfleisch. Auf den Flächen soll nichts für den Menschen direkt verwertbares wachsen.

Anna Loretz / 11.01.2023

Herr Adams wusste, welcher Partei er beitritt und wie diese zur Quoten-Regelung steht. Er braucht sich also nicht zu wundern.

Hsns-Peter Dollhopf / 11.01.2023

“Eine solche öffentliche Demütigung hat er dennoch nicht verdient.” Und wie er hat! Schauen wir doch auf seine Versorgungsbezüge. Der verdient auch weiterhin! Und verhungern muss er auch sonst nicht, weil er gelernter Ofensetzer und Gas-Wasser-Installateur ist. Der Mann ist also seit Jahren dem nach Fachkräften schmachtenden Arbeitsmarkt entzogen. “Grüne in die Produktion!” ps: Wieso nennen Sie ihn manchmal Adams und manchmal Adam? Hat er mehrere Identitäten? (Vorname übrigens Dirk)

Claudius Pappe / 11.01.2023

Am Montag SOKO Hamburg im ZDF geschaut : Ein Kommissar hat indische Wurzeln, und als Nachfolgerin der iranisch-stämmigen Chefin kommt nun eine Afro-Amerikanerin mit deutlichem amerikanischen Akzent als Vorgesetzte der Kartoffeln ins Spiel. Da kann doch eine Sessel-Pupserin aus dem Polizeidienst ( einzige schwarze Polizistin in Thüringen ) mal eine POC Ministerin werden-Männer sind doch sowas von out, nur für die Müllabfuhr und im Stahlwerk und auf dem Bau zu gebrauchen.

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