Thomas Rietzschel / 20.01.2021 / 12:00 / Foto: Tim Maxeiner / 75 / Seite ausdrucken

Merkel, Spahn, Söder – die Ritter hinter ihren Burgmauern

Bisher lief die politische Organisation der Corona-Pandemie in Deutschland wie geschmiert. Die Offiziellen konnten aus dem Handgelenk regieren, im Bund wie in den Ländern. Sie wiesen an, verordneten, verboten und untersagten nach Lust und Laune, ohne dass ihnen jemand auf die Finger gehauen hätte. Wer damit nicht einverstanden war, tat gut daran, den Kopf einzuziehen, wollte er nicht mit dem Kainsmal des rechtsradikalen Querdenkers oder als Sympathisant der AfD gebrandmarkt werden.

Die Gegner der Corona-Politik wurden in die Schmuddelecken des Internets verbannt. Die Öffentlich-Rechtlichen rümpften die Nasen. Jegliche Kritik prallte ab. Wie einst die Ritter hinter ihren Burgmauern konnten sich Merkel, Spahn, Söder samt des staatlich alimentierten Fußvolks hinter dem journalistischen Schutzwall von ARD und ZDF verschanzen. 

Inzwischen jedoch häufen sich die Anzeichen dafür, dass der verbreitete Blödsinn selbst den Untertänigsten zu blöd wird. Zaghaft gehen sie auf Distanz zu denen, für die sie sich bislang vor der Kamera und am Schreibtisch intellektuell krummlegten.  

Die Kollegen wagen den Zweifel. „Sind die Maßnahmen gegen Corona gerecht?“, titelte die WamS am vergangenen Sonntag. Am Montag darauf platzierte die Tagesschau auf ihrer Homepage einen Beitrag über „Deutschland im Blindflug“. Da las man:

Navigieren im Nebel

Seit mehr als zehn Wochen gelten in Deutschland scharfe Einschränkungen, seit vier Wochen ein harter Lockdown – und noch immer bleiben die Corona-Fallzahlen hoch. Heute wurden so viele Corona-Tote wie nie zuvor gemeldet. Vor allem aber kann niemand erklären, weshalb die Zahlen nicht signifikant sinken. Ob die Einschränkungen nicht weit genug gehen, ob sich zu viele Menschen nicht an die Regeln halten, ob bereits Mutationen für höhere  Zahlen sorgen oder wo genau sich die Betroffenen anstecken - alles weitestgehend unklar.

Als "Navigieren im Nebel" beschrieb der Virologe Alexander Kekulé die Situation in der ARD. Man traute seinen Ohren nicht. 

Noch eine Woche zuvor hätte solche Skepsis womöglich den Verdacht des Hochverrats erregt, den der Majestätsbeleidigung ohnehin. Wird doch nicht mehr und nicht weniger als die Wirkung der „Wunderwaffe“ des Staats im Kampf gegen Corona infrage gestellt, wenn auch höflich zurückhaltend. Suggeriert werden technische Fehler und Versäumnisse, nicht die Untauglichkeit des Lockdown überhaupt. Die Politik dürfte das dann doch eher ermuntern, weiterzumachen wie gehabt, als dass es sie bremsen könnte. Weiterhin wird sie auf die Verlängerung und Verschärfung des Lockdown setzen, als handle es sich um ein hinreichend erprobtes und bewährtes Mittel im Kampf gegen mutierende Viren. 

Lauterbach ist überrascht

Doch selbst Karl Lauterbach, die Alarmanlage vom Dienst, möchte das starrsinnige Beharren auf dem Unsinnigen langsam fragwürdig vorkommen. Die Tagesschau zitierte ihn mit den Worten: „Ich muss ehrlich sagen, dass ich auch überrascht bin, dass es sich jetzt zwei Wochen nach dem Jahreswechsel noch immer nicht wieder komplett eingependelt hat … Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, welche Maßnahmen welchen Effekt gehabt haben. Dafür ist es leider immer noch zu früh". Denn, so die Redaktion, „noch immer ist unklar, was die Beschränkungen für das Infektionsgeschehen tatsächlich bringen“. 

Wo, fragen wir uns nun, wo haben der Karl und seine medialen Zuarbeiter in den letzten zehn Monaten gelebt, auf den Seychellen oder hoch oben im ewigen Eis der Arktis? Unter uns scheinen sie jedenfalls nicht gewesen zu sein, sonst wüssten sie, was die Lahmlegung der Gesellschaft bisher erbrachte: Nichts, rein gar nichts, abgesehen von der Fortsetzung einer Katastrophe, die der Politik eine Carte blanche gibt zum Probelauf für eine autoritär organisierten Gesellschaft. 

Davon jedoch darf in den staatlich gesponserten Medien noch keine Rede sein. Auch nicht davon, dass der Allesversprecher Spahn noch vor Monaten, ja Wochen den Endsieg in der Corona-Schlacht verkünden ließ, sobald ein Impfstoff zur Verfügung stehen würde. Die Meldung war die Sendezeit nicht wert, die ihre Verbreitung kostete. Fake News, regierungsamtlich untermauert.

Hatte der Minister im Eifer des Selbstlobs sogar vergessen, über die nötigen Mengen des Medikaments, ihre Verteilung und die Möglichkeiten medizinisch sachgerechter Verabreichung nachzudenken. Nicht zu reden von der absehbaren Mutation der Viren. Wie der Igel im Märchen, können sie „Bin schon da!“ rufen, während die Hasen Merkel, Söder und Spahn mit hängenden Zungen durch die Furchen gehoppelt kommen. 

In der Krise regiert die starke Hand

Welch eine politische Voraussicht dagegen im abtrünnigen Großbritannien, über dessen steigende Fallzahlen sich die deutschen Nebelkrähen gern hochnäsig erheben, um ihr eigens Tun zu rechtfertigen: Verbote und Einschränkungen. Dass sie nichts bringen, kann man gleichwohl nicht sagen. Den nächsten Katastrophen haben sie auf jeden Fall schon einmal den Boden bereitet: dem wirtschaftlichen Niedergang, dem Zerfall der Gesellschaft, innerer Unruhe sowie der Abkehr von der Demokratie. In der Krise regiert nun mal die starke Hand, das Volk muss sich ducken, wenn es versorgt sein will. 

Eine schwierige Lage, vor allem für die staatlich gestützten Medien. Wollen deren Mitarbeiter ihr weiteres Auskommen sichern, gerade jetzt, da es um eine neuerliche Erhöhung der Rundfunkbeiträge geht, müssen sie es einerseits mit Luther halten. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“  Andererseits müssen sie aber auch wie Luther so sprechen, dass sie das Volk noch versteht.

Denn wenn Hörer und Zuschauer ausbleiben, weil sie ARD und ZDF nur mehr als Lautsprecher des Staates wahrnehmen, wird sich dieser auch fragen, wozu er weiter einen Propaganda-Apparat aushalten soll, vor dem die Menschen draußen im Land Augen und Ohren verschließen. Die Anstalten stehen vor der Wahl: Hü oder Hot. Wollen sie von ihrem Publikum ernstgenommen oder von der Macht gestreichelt werden. 

Die Sender stecken in einer Zwickmühle, in einem Loch, das sie sich mit ihrer Willfährigkeit selbst gegraben haben. Einigen immerhin scheint dieses Licht mittlerweile aufzugehen, was nicht heißt, man wäre schon drauf und dran, das schlingernde Schiff zu verlassen. Ein bisschen kritisch geht aber so wenig wie ein bisschen schwanger. Jetzt heißt es für die Frontmänner und Frauen der ö.-r. Anstalten: Hic Rhodus, hic salta, wie die Römer einst sagten. Oder auf gut Deutsch, wer das Maul aufreißt, muss auch springen, in diese oder in jene Richtung. 

Foto: Tim Maxeiner

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Claudius Pappe / 20.01.2021

@Herr Kern: Sie leben wohl auf einer Forschungsstation am Nordpol. ” Unser Staat funktioniert immer noch sehr gut…..dank….” Sind sie im ÖD ? Oder soll das versteckte Satire sein ?

Peter Gentner / 20.01.2021

Na immerhin zeigen sich zarte Pflänzchen der Kritik… wenn auch sehr leise. Die Hauptfrage hat aber noch keiner gestellt: ” Ist es doch möglich, dass weder Maskenpflicht, noch Lockdown, signifikanten Einfluss auf den Verlauf der Strebfallzahlen haben?” Vermutlich ist für derlei Ketzerei an der Corona Religion die Zeit noch nicht reif genug.

Sabine Heinrich / 20.01.2021

@Dirk Kern: Beinahe wäre ich auf Ihre gut getarnte Ironie hereingefallen! “Unser Staat funktioniert immer noch sehr gut…” Ich habe wirklich im ersten Augenblick gedacht, Sie meinen es ernst mit dieser Aussage!

Marco Stein / 20.01.2021

Ein Zitat von Horst Wendehals Dreehofer: “Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden.” Und die künstlich herbeigequatschte Pandemie ohne die Merkmale einer Pandemie, nämlich Übersterblichkeit, dient nur als politisches Vehikel. Und es bedarf ganz besonderen politischen Personals, damit sowas durchgezogen werden kann. Jens Spahn zB., vor 2017 ein Niemand, aber 2017 erstmals bei den Bilderbergern. Die haben sein Null-Tallent, seine Ahnungslosig und seine Skrupellosigkeit erkannt und ihn entsprechend beim Young Leader Programm dressieren lassen. Die Rolle der Medien, vor allem ÖR, ist einfach nur ekelerregend und kritiklos. Und nun verlassen eben die ersten Ratten das sinkende Schiff. Am Ende funktioniert diese Krise wie alle Krisen zuvor auch. Es gibt Gewinner und Verlierer, und oh Wunder, die Gewinner sind immer dieselbe Gruppe.  Für die Schnäppchenjagdt des großen Geldes ist das Angebot an von staatswegen ruinierten Betrieben noch nicht groß genug. Profifußballclubs zB. sind noch nicht genug um von “Investoren” gerettet bzw. privatisiert zu werden, und das ein oder andere privat geführte Hotel könnte schon in einem Monat in die Pleite getrieben worden sien, um dann einer Hotelkette angegliedert werden…..... Da ist noch Potential, da kann man noch was rausholen für die wartenden “Investoren”. Noch sind die Preise zu hoch, noch lebt die Wirtschaft, also Geduld, gut Ding braucht Weile. Und so lange dauert Corona, bis das jemand der Kanzlerin und dem Gesungsheitsminister einflüstert, das es ihnen gefallen darf und nun Lockerung erfolgen kann. Politische Aufarbeitung wird es in einem interventionistischen, propagandistischem, scheindemokratischen Linksstaat mit totaler Medienhoheit natürlich nicht geben, und der gleiche Abschaum wird wieder gewählt werden, weil es - und das ist seit Thüringen klar - nur eine absolute Mehrheit der AfD verhindern könnte. Und das ist eher unwahrscheinlich.

T. Schneegaß / 20.01.2021

Die zitierte Passage aus der Tagesschau verstehe ich absolut nicht als hochverräterische Infragestellung des Terrors. Im Gegenteil, sie bezweifelt, ob die Härte dieses Terrors ausreicht, sucht scheinheilig Schuldige für gar nicht gewollte Effekte und baut auf Mutationen (die ja so sicher wie das Amen in der Kirche unendlich auftreten), für die Aufrechterhaltung hoher, noch besser steigender, nichtssagender Zahlen.

Klaus Biskaborn / 20.01.2021

@ Dirk Kern, richtig, sie haben allerdings vergessen eine Partei auszunehmen, deren Sprachrohr sind die Genannten garantiert nicht. Im Gegenteil, bei diesen Medien findet diese Partei gar nicht erst statt. So geht Demokratie in Deutschland. Was Corona anbelangt wird sich nichts ändern, harter Kurs bis die Transformation unumkehrbar abgeschlossen ist. Dieses eigentliche Ziel sollten zumindest die, die noch mitdenken bei der Bewertung der Corona Maßnahmen im Hinterkopf behalten.

F. Auerbacher / 20.01.2021

Dankenswerterweise formulieren Sie die These, welche die ausgeblendete Alternative ist: “Ob die Einschränkungen nicht weit genug gehen, ob sich zu viele Menschen nicht an die Regeln halten, ob bereits Mutationen für höhere Zahlen sorgen oder wo genau sich die Betroffenen anstecken - alles weitestgehend unklar. “Ob der Lockdown wirkt” ist das,was in dieser Fragesequenz fehlt.. Die einzige Wirkung, die bisher auffällt, ist die Zustimmung zum Lockdown in Umfragen und damit das Opium der Politiker: Mandatsabsicherung um jeden Preis. “Denn wenn Hörer und Zuschauer ausbleiben, weil sie ARD und ZDF nur mehr als Lautsprecher des Staates wahrnehmen, wird sich dieser auch fragen ... ” Nein! Er wird sich garnichts fragen. K. E. v: Schnitzler wurde auch bis zuletzt alimentiert. Das muss nach Ansicht der Nomenklatura einfach drin sein.

Ilona Grimm / 20.01.2021

Bei meinem heutigen Einkauf im Söderland hörte ich eine Frau zu einer anderen sagen: „Söder? Den wähle ich nie wieder. Das ist Menschenschinderei, was der mit uns treibt.“ Sie deutete auf ihre FFP2-Maske und sprach deftiges Bayerisch. Vor dem Laden sind wir dann in ein kurzes Gespräch gekommen; kurz deswegen, weil ihr Kind quengelte. —- @Rainer Mewes: Die Schmerzgrenze könnte in Bayern wegen der unerträglichen FFP2-Maske in Kürze erreicht werden.

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