Peter Grimm / 04.11.2019 / 17:00 / Foto: wellcomeimages.org / 12 / Seite ausdrucken

Meisterwerke betreuender Berichterstattung (2)

Gelegentlich wollen wir an dieser Stelle exemplarisch einige der Meisterwerke fürsorglich-betreuender Berichterstattung in Deutschland würdigen. Immerhin mühen sich etliche Medien-Werktätige hierzulande oft, in bestimmten Meldungen ihre Konsumenten nicht mit Fakten zu verunsichern, die zu falschen Weltbildern führen könnten. So hat beispielsweise noz.de gestern eine dpa-Meldung mit folgendem Wortlaut verbreitet:

„Rund 30 Angreifer haben bei einem Überfall auf ein Wettbüro am Samstagabend in Hannover zehn Menschen verletzt.

Die zum Teil Vermummten seien plötzlich in das Geschäft gelaufen und hätten die Menschen dort unter anderem mit Schlagstöcken angegriffen, teilte die Polizei am Sonntag mit. Anschließend flüchteten die Täter in verschiedene Richtungen. 

Zehn Menschen wurden leicht verletzt. Einige von ihnen mussten mit Schürfwunden und leichten Blutungen in einem Krankenhaus behandelt werden. Die Polizei konnte vier Tatverdächtige zwischen 28 und 40 Jahren in der Nähe des Wettbüros festnehmen. Dabei wurde ein Polizist leicht verletzt. Alle Verdächtigen wurden am Samstag nach der Aufnahme ihrer Personalien wieder entlassen.“

Wer also nun glaubt, zu der Gruppe der 30 Angreifer hätten sich Männer mit irgendeinem Hintergrund zusammengefunden, erhält dafür keine Bestätigung. Es wird nicht einmal von Männern gesprochen. Dass auch die Herren fürsorglich vor Generalverdacht bewahrt werden, ist eher selten und verdient eine besondere Würdigung.

So wird das natürlich nichts

Wer meint, die fürsorglich betreuende Berichterstattung hätte längst alle Medien vollumfänglich erreicht, der irrt. Immer wieder unterlaufen Kollegen den Betreuungskodex und streuen verunsichernde Fakten in ihre Texte, wie hier – ebenfalls gestern – im Tagesspiegel. Drei Absätze lang formulieren die Kollegen noch so, wie inzwischen üblich:

„In Trebbin wollten sich zwei junge Männer mit Macheten Zutritt zu einer Diskothek verschaffen. Die beiden waren mit einer Gruppe von bis zu 15 Männern vor dem Lokal in der Ebelstraße, wie die Polizeidirektion West am Sonntag mitteilte. Einem der Männer aus der Gruppe verweigerte der Sicherheitsdienst am Samstagabend den Eintritt, da er Hausverbot hat. Der junge Mann und ein weiterer aus der Gruppe zogen nach Polizeiangaben plötzlich Macheten aus ihren Hosen. Ein 25-jähriger Türsteher konnte einem Schlag mit dem Messer ausweichen. Er blieb unverletzt, flüchtete in den Club und verriegelte die Tür.

Die Gruppe versuchte ins Innere der Diskothek im Landkreis Teltow-Fläming zu gelangen. Dabei zerstörten die Männer nach Angaben der Polizei die Scheiben der Eingangstür. Eine 25-Jährige bekam dabei einen Splitter ins Auge. Sie musste ins Krankenhaus.

Als es den Männern nicht gelang, die Türen aufzubrechen, flüchteten sie in Richtung Bahnhof Trebbin. Die Polizei suchte mit „einem erhöhten Kräfteaufgebot“ und einem Hubschrauber nach den Männern, jedoch ohne Erfolg.“

Doch dann scheint der frühere journalistische Standard, ohne Unterschlagung von Informationen das zu berichten, was geschehen ist, die Kollegen übermannt zu haben, so dass sie den modernen Betreuungsgedanken in der Berichterstattung kurz vergaßen:

„Zur Personenbeschreibung wurde durch Zeugen geäußert, dass die zwei Haupttäter dunkle Hautfarbe und schwarze Haare hatten.“

So wird das natürlich nichts mit einem Meisterwerk im Fach fürsorglich betreuender Berichterstattung.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

Foto: wellcomeimages.org CC-BY 4.0 via Wikimedia

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Leserpost

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Karla Kuhn / 04.11.2019

Herr Bujnoch, die stecken wahrscheinlich an der Seite wie die berüchtigten Krummdolche, die jeder a arabische Mann tragen mußte (oder noch trägt), vor allem im OMAN.  Schließlich ist das ein Zeichen von “Männlichkeit”  Vielleicht laufen darum bei uns so viele Eierlose rum, weil ohne Krummdolch und Machete ?

B. Ollo / 04.11.2019

Die Berichterstattung im zweiten Fall ist leider inakzeptabel. Beinahe wäre hier gerade meine Filterblase geplatzt. Bitte in Zukunft etwas mehr auf meinen Safe-Space achten. Z.B. so: Der Bedächtige (nicht Ver-) zog Moneten aus der Tasche und bat darum, dass sich der Sesam öffnen möge. Diskotheken gibt es heute sowieso nicht mehr, in dem Fall muss es außerdem eine Räuberhöhle von Rassisten gewesen sein, die selbst verständlich nicht Ali oder Baba hießen, sondern Adolf mit Schäferhund Bello oder so. Hier fehlt außerdem generell die Täter-Opfer-Umkehr. Während der Bedächtige also in Wirklichkeit mit Sternenstaub und Blütenstaub gute Laune und seinen Segen unter den Gästen spendete, war der Räuberkönig die ganze Zeit damit beschäftigt, Stacheldraht und Grenzbefestigungen hochzuziehen. Vom Schießbefehl war auch die Rede. So zum Beispiel. Geht doch. Dann stimmt auch das Weltbild wieder.

E. Thielsch / 04.11.2019

Die Personenbeschreibung braucht es doch gar nicht mehr: ‘Männer’ bzw ‘Täter’ = Migrant ‘Gewalttätige Gruppe’ = Migranten ‘Familienstreit’ = Migranten ‘Hochzeitsgesellschaft’ = Migranten ‘Messer/Machete/Axt’ = Migrant ‘Deutscher’ = Migrant mit deutschem Pass ——- ‘Erich X. aus Y’ = Deutscher

Rolf Mainz / 04.11.2019

Hauptsache, derartige Taten lassen sich nicht “instrumentalisieren”. Auf dass die Legende vom “edlen Wilden” keinen Schaden nehme.

Peter Wachter / 04.11.2019

Ach was, das gab es auch schon früher in der guten, alten Zeit. Deshalb musste auch heute in einem Sudwest 3 Musikprogramm, den ganzen Tag von rechtsextremen Bürgerwehren berichtet werden und da wurde auch behaupet, das Körper- + Todesdelikte abgenommen haben. Auch gab es früher schon die Scheidung auf arabisch, wo Ehefrauen mit dem Auto angefahren wurden und anschliessend mit dem Abschleppseil ums Carre gefahren oder mit ner Axt einen “Kopf kürzer” gemacht wurden, spart Scheidungskosten und Unterhalt! Ach wat bin ich wieder garstig, ein alter weisser Mann halt.

Ralf Ehrhardt / 04.11.2019

Seit wann dürfen sich Redakteure zu solch ungeheuerlichen und massiv rassistischen Aussagen wie “...zwei Haupttäter mit dunkler Hautfarbe und schwarzen Haaren…” hinreißen lassen.    Sind diese für höhere Journalistenweihen ungeeigneten Mitarbeiter als Verdachtsfall denn schon mittels Kontakttelefon „RechtsEx“ der Meldestelle beim Bundesamtes für Verfassungsschutz gemeldet worden?  Wenn nicht, dann ist es jetzt aber höchste Zeit !

Christian Feider / 04.11.2019

auch sehr “schön” der Fall der gefesselten Studentin letztens in Lübeck an der Autobahnausfahrt… kein Wort in den Berichten zur Täterbeschreibung des Flüchtigen,kein Wort zur vollzogenen Vergewaltigung der Studentin…NICHTS. Das war ja auch noch vor der Thüringenwahl…. heute bei “Welt” Verdächtiger Türkischstämmiger Wiederholungstäter gefasst… ups,sogar Klartext nach der Wahl :)

Rudhart M. H. / 04.11.2019

Aber,  das weiss doch nun jeder , in Trebbin werden seit Zeiten des Alten Fritzens schon immer die Kartoffeln mit der Machete geerntet. Wo ist da das Problem ?

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