Bernhard Lassahn / 06.08.2020 / 06:20 / Foto: Deutsche Fotothek / 55 / Seite ausdrucken

Maskenfrei im Norden: Die spinnen, die Finnen!

Was ist los im Norden? Keine Maskenpflicht in Finnland – wie ist das möglich? Ich habe einen persönlichen Finnland-Korrespondenten – Thomas Penttilä –, der mir regelmäßig berichtet, was da oben los ist und der mir, da wir uns schon länger kennen, das Geheimnis verraten hat, mit dem es die Finnen schaffen, einigermaßen glimpflich durch die Krise zu kommen. Es liegt an gewissen Besonderheiten ihrer Mentalität, über die wir nur staunen können, die sich in dem Zauberwort „kalsarikännit“ verdichten. Ich werde gegen Ende meines kleinen Berichtes versuchen, den Begriff so gut wie möglich zu erklären.

In Finnland gab es bisher kaum Tote. Davon wird in diesem Artikel berichtet, den man sich mit einem Klick aus dem Schwedischen übersetzen lassen kann, und der ein Foto zeigt von einem Restaurant im Freien mit lauter Finnen, die frei von Masken sind und – wie es aussieht – auch frei von Sorgen.

Für das uns so vertraute Stichwort „Corona-Fälle“, auf das wir schon abgerichtet sind, bietet uns die automatische Übersetzung „Corona-Stürze“ an. Davon gab es nicht sehr viele. In den letzten zwei Monaten sind weniger als 10 Menschen pro Tag abgestürzt. Wie viele von ihnen nachher wieder aufgestanden sind, wird nicht gemeldet. In Finnland ist es üblich, dass die Leute nach einem Sturz in der Regel wieder aufstehen.

Es gab bisher keine allgemeine Maskenpflicht

Mein privater Korrespondent meinte, es wären tatsächlich nur fünf bis zehn neue „Stürze“ pro Tag gewesen, womit sowieso nur Testergebnisse mit fragwürdiger Aussagekraft gemeint wären. In einem Zeitraum von sieben Tagen hätte es vielleicht einen Toten gegeben. Kein Grund zur Panik also. Wer Atemwegserkrankungen habe, würde zu Hause bleiben (was der Finne sowieso gerne tut), dazu brauche er keine Vorschriften, ihm reichen Empfehlungen (die der Finne allerdings ernst nimmt).

Es ist erstaunlich, aber wahr: Es gab bisher keine allgemeine Maskenpflicht. Was auch daran liegen kann, dass es zu Beginn der Krise sowieso nicht genügend Masken gegeben hätte. Irgendwie ging es dann auch so. Darin zeige sich, wie Thomas Penttilä erklärt, eine charakteristische finnische Besonderheit: irgendwie geht es immer.

In den Schulen wurde von einem Tag auf den anderen der Unterricht auf Fernunterricht umgestellt (was sowieso recht beliebt ist, der Finne liebt die Ferne …), dann gab es erst einmal Ferien (die sehr lang sind, der Finne liebt lange Ferien …). Doch die gehen nun dem Ende entgegen. Wie der Schulalltag demnächst aussehen soll, ist unklar. Aber irgendwie wird es schon gehen.

Deutsche dürfen jetzt einreisen

Bislang gab es lediglich Empfehlungen, etwa zwei Meter Abstand zu wahren. Damit schienen alle gut zurechtzukommen. Thomas Penttilä nicht. Er war von Anfang an unglücklich darüber und sehnte sich nach der alten Angewohnheit, mindestens vier Meter Abstand zu halten.

Auch das Einkaufen schien ohne Maske – aber mit Abstand – zu funktionieren. Eine Stimmung wie in Deutschland, wo man denunziert wird, wenn man es wagt, ohne Maske einzukaufen, gibt es in Finnland nicht. So etwas entspricht womöglich einer eher typisch deutschen Mentalität.

Vielleicht liegt es an den Elchen, die bekanntlich ein stark ausgeprägtes Hörvermögen haben, das sich auf rätselhafte Weise auf die Menschen übertragen haben könnte. Elche können selbst leise Geräusche auf kilometerlange Entfernungen genau orten. Finnische Kunden können mit ausreichendem Sicherheitsabstand zielgenau einkaufen.

In dem erwähnten Artikel sind weitere Lockerungen angekündigt. Bisher durfte es nur Veranstaltungen mit bis zu 50 Personen geben, jetzt sind bis zu 500 Personen erlaubt. Auch die Einreisebeschränkungen sind gelockert worden. Deutsche dürfen jetzt einreisen. Finnen mögen Besucher aus Deutschland.

Finnen lügen nicht – und haben Humor

Man muss wissen, dass finnische Popgruppen schon lange darauf eingestellt sind, notfalls auch ohne Publikum zu spielen. In diesem Video zeigen sie eindrucksvoll, wie es ihnen gelingt, internationale Welthits selbst aus der Isolation heraus so ergreifend darzubieten, dass man nichts vermisst.

Natürlich kann man im Norden keine Ballermann-Stimmung erwarten. Dieses Video zeigt bereits das Höchstmaß an möglichen Gefühlsausbrüchen, die im näheren Umkreis einer Sauna zu erwarten sind (in Finnland befindet man sich überall im näheren Umkreis einer Sauna). Man spürt die Nähe zur unermesslichen Weite Russlands. Leidenschaft und Ekstase liegt dem Finnen nicht so sehr wie Melancholie und gepflegte Traurigkeit, wie dieses Video zeigt, bei dem zum Schluss echte Tränen fließen (Versionen ohne Tränen sind keine Originalaufnahmen).

Was bedeutet denn nun „kalsarikännit“? Es heißt soviel wie: sich in Unterwäsche, alleine, ganz langsam zu betrinken. Für Leute, die an grammatischen und gendersensiblen Fragen interessiert sind, sei noch erläutert: Es handelt sich um eine kuriose, aber poetisch durchaus gelungene Mischung aus der Pluralform „kalsarit“ (Unterhosen), die hier zu einem Singular mutiert, mit der Singularform „känni“ (Rausch), die auf ungewöhnliche Weise zu einem Plural wird. Es ist übrigens Unterwäsche für Männer gemeint. Unterwäsche für Frauen ist nur mitgemeint. Die korrekte Aussprache kann man hier überprüfen.

„Kalsarikännit“ zu betreiben, gilt als Volkssport. Vor Corona hatte es einen eher zweifelhaften Ruf, der nun veredelt wurde. Es gibt Videos dazu im Stil von Vorher-Nachher, die den Sinneswandel in dieser für Finnen so bedeutenden Angelegenheit dokumentieren, doch die habe ich nicht so schnell gefunden – und könnte sie eh nicht erklären. Ich muss mich in diesem Fall ganz auf meinen Gewährsmann verlassen. Das tue ich aber gerne. Finnen lügen nicht. Und haben Humor.

Foto: Deutsche Fotothek‎ CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Bernhard Büter / 06.08.2020

..statt Finnland reicht es in die Niederlande zu fahren. Da erkennt man die erfolgreich durch Merkel/ ÖR- verängstigten Deutschen am sinnlosen Merkelmaulkorb, der natürlich auch dort getragen wird. Corona ist ja so intelligent wie das deutsche Politpersonal dumm usw. ist. Es kann zwischen Niederländern und Merkel- Deutschen genau unterscheiden. Genauso wie es zählen und rechnen kann ( je nach gerade geltender deutscher Vorschrift - sogenannte Söderintelligenz für den Maskenverkauf seiner Frau). Also in den Niederlanden ein erfrischender Flair der Normalität wie vor der C- Hysterie. Es gibt Gott sei Dank Länder die am deutschen Sozialismus- Wesen auch heutzutage nicht ” genesen” wollen. Erschreckend genug sind sie ja auch, diese Adolfs, Honneckers oder dessen Nachfolger Stasi IM Erika Merkels. Noch ist die Grenze offen und 1x pro Woche geht es dann mindestens in den freien Teil von Berlin äh in den maskenfreien Westen zum Einkaufen und sich wohl fühlen. Zum Maskenunsinn: industrielle Masken bis FFP 1 haben mit Virenschutz nichts am Hut. Diese Merkel- Maulkörbe schon mal gar nicht Aber in Merkeldeutschland wird ja schon lange nichts mehr begründet oder erklärt. Warum auch. Was der Papst kann, kann das Merkel auch: Unfehlbarkeit genannt Alternativlosigkeit. Welch neuen Unsinn gibt’ s heute aus dem Politbüro?

Bernd Diefenbach / 06.08.2020

Danke!!

Erich Gennat / 06.08.2020

Gerade habe ich - auch erinnernd - schallend gelacht, Unterhosenrausch! Während meiner Moskauer Jahre bin ich im Sommer einmal über Finnland nach Deutschland gefahren zwecks Autowartung. Auf der Route habe ich in finnischen Motels übernachtet, um auf die Fähre ab Helsinki zu warten. In den Restaurants gab es sehr gutes Abendessen mit Wodka und Tanz (Humppa, Tango, Polka…). Dort konnte man einerseits tapfere aufrechte Finn- und später Stützfrauen bewundern und andererseits die öffentliche Variante des „kalsarikännit“ ihrer Männer, die sich im Laufe des Abends die Oberhemden auszogen und fortan im Unter- oder Netzhemd am Tisch saßen. Der aufgestützte Ellbogen rutschte dann öfter schon mal unvermutet von der Tischkante ab.

Hermann Aigner / 06.08.2020

Sie sagen es. Bei uns, in Österreich hat man Misanthropen früher für sonderbar und sogar psychisch krank gehalten. Heute sind sie - auch durch ein bisschen staatlichen Zwang - ein Vorbild!

Charles K. Mayer / 06.08.2020

Sehr entspannt, vor allem aber sehr vernünftig, die Finnen. Auch Schweden verdient unsere Anerkennung. Wie ist es mit Weißrussland, und wie mit den anderen europäischen Staaten? Wie weit gingen deren Regierungen, um die bürgerlichen Freiheitsrechte einzuschränken? Und nicht zuletzt: welche Auswirkungen hatte das auf die “Corona-Zahlen” (bei allem Zweifel an Fall-Definitionen und Zählweisen). Unsere Qualitäts-Medien informieren ihrer Leser/*_innenschaft über diese Dinge bekanntlich eher selten bis gar nicht, und wenn, dann… Eine neutrale-objektive Übersicht könnte deshalb wichtige Aspekte zu der aktuellen Diskussion über Maskenpflicht, Zweite Welle etc. beitragen.  Vielleicht gibt es ja in der Achse-Redaktion den einen oder anderen Experten, der diese Thematik gern einmal bearbeiten möchte…

Holger Sulz / 06.08.2020

Tja, mein lieber Bernhard, so sind se. Thomas hat leider eine andere, in diesem Zusammenhang sehr bedeutsame finnische Eigenschaft zu erwähnen vergessen: Sisu. Wer wissen will, was das ist, googelt nach dem Winterkrieg 1939-40 und einem gewissen Simo Häyhä. Kann ganz schön gruselig sein, dieses Sisu. Breche nächste Woche auf an den Saimaa zu einer langen Runde kalsarikännit. Hölkynkölkyn!

Peter Ackermann / 06.08.2020

Grinsend in den Tag, vielen Dank dafür!

Werner Liebisch / 06.08.2020

Herrlich/Fraulich… Es würde mich echt interessieren, was die deutschen staatlich unterstützten Fucktenchecke*innen zu dem Umstand sagen, dass es Länder ohne Maskenpflicht gibt, wo niemand tot umfällt??

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Bernhard Lassahn / 15.10.2023 / 10:00 / 17

Holland und der blühende Unsinn

Als Kind waren Reisen nach Holland für mich das Größte. Wie lehrreich sie waren, wurde mir erst später klar. So sorgte ein Besuch der berühmten…/ mehr

Bernhard Lassahn / 08.10.2023 / 10:00 / 28

Holland und der Blick in die Unendlichkeit

Als Kind waren Reisen nach Holland für mich das größte. Der weite Blick durch fensterlose Gardinen öffnete meinen Horizont. Und das Gespür der Holländer für…/ mehr

Bernhard Lassahn / 19.06.2022 / 12:00 / 18

Was haben Männergewalt und Corona-Zahlen gemeinsam?

Angesichts des Falles Johnny Depp habe ich mir die Zahlen zur Männergewalt noch einmal angesehen. Dabei ist mir aufgefallen, dass bei der Berichterstattung über Corona…/ mehr

Bernhard Lassahn / 10.05.2022 / 16:00 / 28

„Pandamned“ – der Film zur Pandemie

Der Film kommt just zur rechten Zeit: Die allgemeine Panik macht gerade eine Frühlings-Pause, wir können ein wenig verschnaufen und uns besinnen. Das müssen wir auch, um…/ mehr

Bernhard Lassahn / 18.04.2022 / 12:00 / 31

Zurück zur Menschlichkeit: Das große Corona-Latinum

Ein wenig humanistische Bildung kann bei der Aufarbeitung des Corona-Regimes durchaus nützlich sein. Etwa mit diesen ewigen Wahrheiten: „Quod licet Iovi non licet bovi". „Pecunia…/ mehr

Bernhard Lassahn / 17.04.2022 / 16:00 / 20

„Der grüne Planet“ oder die Hölle

Hier erfahren Sie alles, was man über den harten Kern der links-grün-feministischen Gedankenwelt wissen sollte. Sehen Sie sich den Film an! Diesen hier, la Belle Verte. Eine liebe…/ mehr

Bernhard Lassahn / 06.01.2022 / 06:15 / 152

Wie würden Nazis heute reden?

Mit der Sprache fängt es an. Sie ist ein Frühwarnsystem, das leicht nachvollziehbar herannahende Fehlentwicklungen in einer Sprachgemeinschaft anzeigt. Hier, ganz besonders hier, ist die…/ mehr

Bernhard Lassahn / 26.12.2021 / 14:00 / 15

Impf-Lektüre: Der falsche und der echte Tucholsky

Es kursiert ein Pro-Impfung-Gedicht, das Kurt Tucholsky zugeschrieben wird, jedoch aus der Feder eines Titanic-Autors stammt. Der echte Tucholsky hat jedoch tatsächlich einen Satire-Text über…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com