Dass ein Revolutionär aus dem 19. Jahrhundert sich nicht an die Sprachregelungen unserer Zeit hält, dürfte niemanden überraschen. Erst recht nicht in Privatbriefen! Gewiss lehnte Marx jegliche Religion ab, und so auch die Religion seiner Vorfahren, das Judentum. Die Zeitumstände waren völlig anders als heute: Angehörige des 4. Standes bzw. Arbeiterfamilien lebten im Elend. 1849 z.B. wurden Revolutionäre ohne viel Federlesens erschossen. Natürlich war man da viel radikaler und, wenn man so will, bösartiger. Revolutionär sein bedeutete damals nicht folgenloses Talkshow- und Uni-Geplauder a la Gysi und Butterwege oder öffentlich subventionierte Oppositionellen-Hatz a la Antifa (und schon gar nicht Berliner 1. Mai Party!), sondern harten Kampf und persönliches Risiko. Und klar ließ er sich aushalten, um seine Polemiken gegen Staat, Religion, Wirtchaftsordnung etc. verfassen zu können- staatlich finanzierte Soziologie- und Politikwissenschaftsseminare gab es damals noch nicht. Wenn aber hier auf der Achse dem Marx die Millionen Tote vorgeworfen werden, und er dann noch mit den Standard Kampfbegriffen wie “Antisemit” und “Rassist” belegt wird, ihm gar “Herzlosigkeit” vorgeworfen wird, (das könnte glatt von Merkel, Käsmann oder Roth stammen), dann macht sie genau dasselbe, was mich persönlich an vielen Linken so unendlich nervt: Moralisieren.
“Radikalität als Hilfe zur Orientierung”; in der Sprache und im Geist. - muss nicht schlecht sein, wenn Vorsicht bei der Umsetzung waltet und auch die Möglichkeit des Irrtums einkalkuliert wird. - Im weltgeschichtlichen Rückblick müssen wir feststellen, dass sich die sprachliche Radikalität in der tätlichen Umsetzung durch Andere zu 100% wiedergefunden hat. - Erstaunlich!
Der Marxist Bertolt Brecht hat es richtig erkannt: Nicht alles, was ein großer Mann tut (ergänzend: oder sagt oder schreibt), ist groß. Gilt auch für einen verbalmoralischen anderen Marx und andere heutige großmäulige MoralistInnen..
Ich sehe das entspannt. Den Antisemitismus bei Marx mit der heutigen Elle zu messen, ist genauso müßig wie bei Luther. Das sollte man im historischen Zusammenhang sehen; das war auch Zeitgeist. Und sein Fremdgehen? Man ehrt Geistesgrößen ja nicht dafür, dass sie gute Familienmenschen waren. Wenn dies ein Kriterium wäre, dann müsste man viele historische Persönlichkeiten von der Verehrungsliste streichen. Er war ein bedeutender Analytiker der kapitalistischen Ökonomie, wenngleich die Schlussfolgerungen, die er für die Zukunft aus seinen Erkenntnissen zog, zwar menschlich, aber doch naiv waren. Für das, was seine Jünger später aus seinen Lehren machten, kann man ihn nur bedingt verantwortlich machen. Also sehen wir ihn historisch. Er war ein bedeutsamer Wissenschaftler! Ja, selbst Honecker sprang über seinen eigenen Schatten, als er irgend wann einmal erkannt, das Luther und sogar Friedrich der Große bedeutsame Deutsche waren.
Dann passt doch die Kolossal-Statue perfekt in das heutige Deutschland. Das Deutschland, in dem der importierte Wahnsinn die letzten am Holocaust Mitschuldigen vom Angesicht der Marxchen Ideologen bereitwillig tilgt. Da muss sich Herr Maas vor nichts und von niemandem Distanzieren. Es ist vermutlich ein Wahrzeichen für den Schulterschluß mit der Fatah. Aber in Berlin stehen schon Marx-Götzen, die Herr Bürgermeister Müller sicher bald wieder in Szene setzt. (vlt. sobald der BER Gewinn abwirft) Marx und Engels werden scheinbar wieder envouge. Wer weiß?
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