Wolfram Weimer / 12.06.2020 / 10:00 / Foto: Sandro Halank / 47 / Seite ausdrucken

Nichts ist unmöglich: AKK als Bundespräsidentin?

„Das ist die größte Wunderheilung seit Lazarus“, frohlocken CDU-Bundestagsabgeordnete über das Comeback ihrer Partei. Die Union wankte zu Jahresbeginn dem Abgrund entgegen, immer tiefer sackten die Umfragewerte unter die 30-Prozent-Marke. Zugleich schickten sich selbstbewusste Grüne an, die verunsicherte Volkspartei gar zu überholen. Heute wirkt die CDU dagegen wie auferstanden. Im Moment der Krise hat sich die Union wieder einmal als die staatstragende Sicherheitspartei erwiesen.

Mit 40 Prozent ist die Union derzeit mehr als doppelt so stark wie der nächstgroße Verfolger. CDU/CSU vereinen sogar mehr Bundesbürger hinter sich als Rot-Rot-Grün zusammen. Eigentlich könnte eine Parteivorsitzende bei dieser Lage frohlocken und sich langsam auf die Kanzlerkandidatur vorbereiten. Doch Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am 10. Februar überraschend ihren Rückzug angekündigt – von Kandidatur und Vorsitz. Damals fügte sie sich dem innerparteilichen Druck nach Erneuerung, zu heftig rasselten die Möchtegernnachfolger von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ketten der Macht.

Heute weiß man – es war vier Wochen zu früh. Hätte AKK nur einen Monat länger durchgehalten, sie hätte die strahlende Führungsoption auf die nächste Kanzlerschaft. Tragisches Timing? Das größte Pech zu frühen Umblickens seit Orpheus und Eurydike? Ein Fallbeispiel, wie das Schicksal politisches Nervenbehalten belohnen kann?

AKK sieht es anders: „Die Entscheidung, die ich getroffen habe, war richtig“, sagt sie jüngst im Interview mit ntv.de. Sie weiß, dass ihre persönliche Defensive der Partei letztlich genutzt, ihr selbst im Ansehen aber nicht geschadet hat. AKK gilt jetzt in der Union als die Frau, die eine neulich noch zerrissene Partei befriedet. Auch das zeitweise zerrüttete Verhältnis zwischen CDU und CSU hat AKK mit Bayerns Regierungschef Markus Söder geheilt und beinahe ins Freundschaftliche gewandelt.

Laschet muss um AKK-Gunst werben

Wie eine ausgleichende Patin führt sie derzeit die CDU, gibt mal dem Wirtschaftsflügel einen strengen Fingerzeig, dass man in der Corona-Krise bloß nicht an den Mindestlöhnen rütteln möge. Dann wieder deckelt sie die Parteilinke und lehnt jede Form von Steuererhöhung ab. Sogar den Landesverband von Angela Merkel in Mecklenburg-Vorpommern rüffelt sie, weil man dort eine linksextreme Verfassungsrichterin mitgewählt hat – gerade so, als hätten die ins verbotene, rote Marmeladenglas gegrapscht.

AKK hat ihre Rolle als ehrliche Maklerin der CDU gefunden, und so wächst ihr nun eine Schlüsselrolle im Findungsprozess des Nachfolgers zu. Einen Sonderparteitag wird es nicht mehr geben, so stark ist ihre Führungsrolle wieder geworden. Und so orakelt die CDU plötzlich, wen denn AKK und ihre Seilschaften nun bevorzugen – Armin Laschet, Friedrich Merz oder Norbert Röttgen?

Dabei wird klar, dass Röttgen in der Breite und in der Führung der Partei chancenlos ist. AKK behandelt ihn fair, aber Schützenhilfe kann er von ihr nicht erwarten. Das Verhältnis zu Laschet und Merz wiederum ist anders als es scheint. Laschet liegt ihr in den politischen Positionen, in der Frage des „Wohin?“ zwar näher als Merz. In der Frage des „Wie?“ ist sie aber näher bei der Geradlinigkeit eines Friedrich Merz.

Beobachtern aus dem Inneren der CDU ist nicht verborgen geblieben, dass die 2019er Sägearbeit am Stuhl der Parteivorsitzenden eher das Werk Laschets war. Und so wird sich AKK nach außen streng neutral verhalten und auch geschickt die Option Söder für die Kanzlerkandidatur offenhalten.

Wenn es Laschet aber nicht gelingt, AKK endlich auf seine Seite zu ziehen, hat er in Wahrheit eine Niederlage erlitten. Denn ihre Unterstützung wäre erwartbar und hilfreich, inzwischen beinah notwendig. Denn nun, da sie ausbleibt, registriert die Union, dass auch AKK an Laschet letztlich zweifelt. Das trifft Laschet deshalb unangenehm, weil er im März eigentlich als klarer Favorit auf die Nachfolge gestartet war, in der Corona-Krise aber eher einen wankelmütigen, fahrigen, jedenfalls nicht so führungsstarken Eindruck gemacht hat wie Markus Söder.

Ziel: Schloss Bellevue

AKK jedenfalls wächst nun in die Rolle der Königsmacherin. Sie kann die Weichen des Krönungsparteitags im Dezember stellen, sie kann die Spielregeln des Machtpokers zwischen CDU und CSU definieren. Und sie kann sich selbst eine völlig neue Option eröffnen: die der Bundespräsidentschaft 2022.

Die Amtszeit von Frank-Walter Steinmeier endet im Frühjahr 2022. Nach Lage der Mehrheits-Dinge wird die Union den nächsten Bundespräsidenten stellen. Genauer – eine Bundespräsidentin. Denn erklärtes Ziel der Parteien ist es, erstmals eine Frau ins Schloss Bellevue zu schicken. Damit wird der Kreis der denkbaren Kandidatinnen klein. Ursula von der Leyen wäre infrage gekommen, die ist aber inzwischen EU-Kommissionspräsidentin geworden. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ist eine denkbare Kandidatin, freilich mit Jahrgang 1972 noch jung für das höchste Amt im Staat.

So bleiben nur zwei ernste Optionen: Ilse Aigner, die als Präsidentin des Bayerischen Landtages schon präsidial und populär unterwegs ist. Wenn Söder aber Kanzlerkandidat wird, dann müsste die CSU den Anspruch auf Aigner fallen lassen.

Also bleibt AKK, die dann als ehemalige Ministerpräsidentin, Parteivorsitzende und Verteidigungsministerin alle Erfahrung mitbrächte – ein ausgleichendes Naturell und eine mittig-mehrheitsfähige Positionierung inklusive. Der Rücktritt im Februar 2020 wäre dann nicht vier Wochen zu früh für das nächsthöhere Amt gewesen, sondern genau richtig, um auf dem Pfad der Konzilianz ganz nach oben zu gelangen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei The European.

Foto: Sandro Halank CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Jochen Brühl / 12.06.2020

Der Rüffel für die Parteufreunde in Mecklenburg-Vorpommern war ja scheinbar nicht ernst gemeint, nachdem die dort den Abwahlantrag für die linksextreme Verfassungsrichterin zusammen mit den linken Parteien abgelehnt hatten. Dabei wäre dies die Gelegenheit gewesen, an der inzwischen guten Tradition in Deutschland, nämlich der Rückgängigmachung demokratischer Wahlen, festzuhalten.

Karla Kuhn / 12.06.2020

Uta Buhr, Sie sprechen mir aus der Seele. Ich habe Herrn Weimer als seriösen Journalisten in Erinnerung, allerdings nicht als Wahrsager.  Was AKK angeht, WARUM überhaupt einen Bundespräsidenten ?  Für mich ist er ÜBERFLÜSSIG.  Markus Kaden, Sie haben die OMA-UMWELT-NAZI-SAU vergessen, die läßt sich doch prima an den Pranger stellen. WAS ich mich allerdings frage, HAT AKK etwas in der HAND, was für IRGEND JEMAND gefährlich werden könnte ?? Erst wird sie angegriffen und jetzt hofiert ??  Da läuten bei mir ALLE Alarmglocken ! Wolf Hagen, ich stimme Ihnen voll zu bis “...was momentan nicht sonderlich populär ist.”  NEE, abgesehen davon ist Söder außerhalb Bayerns nicht sonderlich beliebt, wenn man den vielen Posts in verschiedenen alternativen Medien bei youtube glauben schenkt. Aber auch in Bayern hatte er bei der letzten Wahl wohl nur 36 % der Stimmen und konnte sich nur mit den Freien Wählern an der Macht halten (F.J. Strauß hatte auf seinem Höhepunkt mehr als 62 Prozent der Wählerstimmen, sogar Stoiber hatte noch mehr als 50 Prozent) Stoiber war kein schlechter Ministerpräsident, wenn er jünger wäre, hätte er noch mal Chancen. Und nach all den Berichten von vielen wirklichen EXPERTEN, kommt nun peu a peu das teilweise,bzw. große Versagen der Regierung, besonders Frau Merkels ans Tageslicht, auch SÖDER scheint ein MERKELFAN zu sein.  Ganz furchtbar finde ich, daß Merkel derart BERATUNGSRESISTENT zu sein scheint, so daß das KIND noch immer tief im Brunnen steckt. Auch die MILLIARDEN, von denen auch GELD an die AMADEOSTIFTUNG geflossen sein soll, unter Leitung der STASI IM VICTORIA Anetta Kahane , was für mich ein SKANDAL IST, gehen wohl auf diese Frau zurück. Nein, ein NEUER BP sollte diesem Land erspart werden, ein Land , was wahrscheinlich jeden CENT für seine Erneuerung braucht. Auch müssen die DIÄTEN gekürzt und vor allem die ABGEORDNETEN ZAHLEN   DRASTISCH reduziert werden. AUßERDEM müssen dringend EIGNUNGSPRÜFUNGEN, auch rückwirkend eingeführt werden.

herbert binder / 12.06.2020

Wäre das dann die erste Frau auf dem BPosten? Na gut, kann man so sehen.

R.Stefan / 12.06.2020

Sehr geehrter Herr Weimer- sollten sie mit diesem Artikel mal wieder ihre ganz persönliche sadistische Ader ausspielen wollen- dann wäre Ihnen dies wirklich gelungen. Mit AKK als Bupräs*in würde die erste Schlaftablette weltweit installiert werden- allerdings immer noch besser als die Gouvernante von den Sozen. Aber es reicht ja nicht “keine Eier"im Amt zu haben- nein auch “Eierstöcke” sind in der heutigen Zeit kein Alleinstellungdmerkmal mehr -denn dann wöre auch Olivia Jones präsidiabel.In Zeiten von #BlackLivesMatter sind also Individuen mit dem Herzen auf dem-na Du weißt schon-Fleck ein unbedingtes Muss- und schwarz musse sein.Also für mich wäre Patricia Blanco die Richtige. Nach deren Versöhnung mit dem Papa würde dann endlich mal wieder Musik nach meinem Geschmack ins Schloß einziehen- “Ein bisschen Spass muß sein” an Stelle der öden “Stinkenden Fischfilets”

D. Schmidt / 12.06.2020

Ich habe nur die Überschrift gelesen und war entsetzt. Gibt es in unserem, ich muss es wirklich laut sagen: “doofen” Land nichts besseres für den Posten der/des BK oder BP? Sind wir wirklich schon so tief abgesackt? Wenn das so sein soll, dann muss ich leider sagen: Deutschland ist nicht mehr mein Land, Wie komme ich aus den Steuerzahlungen raus, und wer nimmt mich wieder als Neubürger auf? Ich, sollte mal alle Länder der Welt abklappern und Asyl schreien. Vielleicht findet sich noch irgendwo ein weiteres doofes Land auf der Welt das mir Asyl gewährt und mich nicht abzockt. Meine Fresse, wie tief ist Deutschland unter AM schon gesunken?!

E. Grüning / 12.06.2020

Ich sehe weit und breit in der CDU keinen König und eine “Macherin” schon gar nicht. Ich sehe Spieler und Gaukler, Kaffeesatzleser und Utopisten, und eine Märchenfigur, deren Rolle die deutsche Kanzlerin wie ein Zwillingsei ausfüllt: den Hans im Glück. Und bald ist auch der Wetzstein verloren, aber ohne Ballast humpelt es sich leichter durch die schöne neue Normalität. Das deutsche Volk liebt ja bekanntlich seine Märchen. Man sollte ein Bett mit einer Erbse unter der Matratze ins Schloss Bellevue stellen.

Frank Stricker / 12.06.2020

Solange AKK nicht das Grab Arafats besucht und den “lieben Terroristen” aus dem Iran ihre Glückwünsche übermittelt, wäre sie auf jeden Fall schon mal erträglicher als der Sprechapparat aus Schloß Bellevue……..

Stefan Riedel / 12.06.2020

AKK als Bundespräsidentin?  Aber!  Prof. Dr. Karl Lauterbach ( der dümmste Politiker, den D je hatte und das will was heißen) muss es werden! Das dümmste D das wir je hatten, verdient den dümmsten Politiker! Merkel Heil ( hätte ich das jetzt schreiben dürfen?).

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