“Den Antisemitismus bei Marx mit der heutigen Elle zu messen, ist genauso müßig wie bei Luther. Das sollte man im historischen Zusammenhang sehen; das war auch Zeitgeist.” Herr Keil, diese wohlfeilen Entschuldigungen wollen mir nun gar nicht mehr einleuchten. Oder warum ist diese Forderung der Linken, die sich der Herren Luther und Marx mit Freude bedienen, plötzlich nicht mehr akzeptabel, wenn eine ostdeutsche Universität partout durch bessermenschliche Westdeutsche ihres Namenspatrones enthoben werden muss? So geschehen im Frühjahr 2018 in Greifswald. Ernst Moritz Arndt. Der musste weg. Marx kommt 5 Meter hoch wieder. Es widert einen so vieles hier an…
Die hier vorgeschlagene Interpretation des genannten Textes zur Judenfrage als antisemitisch scheint aufgrund des Marxschen Schreibstils zunächst überzeugend. Bei einer genaueren Beschäftigung mit dem nicht ganz einfach zu lesenden Text wird jedoch eine andere Lesart plausibler. So schreibt der Politikwissenschaftler und Marx-Experte Michael Heinrich mit Bezug auf Stellen wie die hier zitierten, dass “die damals (wie auch heute) verbreiteten Stereotypen von der ‘jüdischen Krämerseele’ in der Marxschen Argumentation auf die bürgerliche Gesellschaft zurückprojiziert werden” (Michael Heinrich, Die Wissenschaft vom Wert, 1999, S.100). Die Gesellschaft produziert die Gestalt des Kaufmanns aus sich heraus, und identifiziert diese (bekanntermaßen u.a . aufgrund der Tatsache, dass Christen im Mittelalter das Zinsnehmen und den Juden das Handwerk verboten war) mit dem gennanten Stereoty des Juden. Die Abschaffung eben dieses Zusammenhangs ist von Marx gemeint, wenn er schreibt: “Sobald es der Gesellschaft gelingt, das empirische Wesen des Judenthums, den Schacher und seine Voraussetzungen aufzuheben, ist der Jude unmöglich geworden…” (zitiert nach Heinrich). Nur unter diesem Blickwinkel erhellt sich, wie Marx, der sowohl mit den jüdischen, wie auch den christlichen Texten bestens vertraut war schreiben kann, das Judentum würde die Theorie, Kunst, Geschichte, usw. verachten. Es geht nicht um die tatsächlichen Juden, sondern um den antisemitischen Stereotyp, dessen Entstehung von Marx eben aus seinem Verständnis der bürgerlichen Gesellschaft heraus begriffen wird. In diesem Sinne ist auch die Charakterisierung des Marxschen Werks als verschwörungstheoretisch in keiner Weise verständlich. Mit Bezug auf ‘das Kapital’ lässt sich vielmehr gerade argumentieren, dass die Form der Herrschaft im Kapitalismus eine unpersönliche ist, dass also niemand die Welt regiert. Seine Analyse der Mystifaktionen des Zinses trägt zu einer kritischen Theorie des Antisemitismus bei.
Den Marx - Apologeten empfehle ich, den Koloss in Trier aufzusuchen. Mit unbedecktem Haupte mögen sie dem “Wissenschaftler etc.” huldigen. In diesem unseren Lande gibt es (noch ! ) ein paar Tausend Opfer der Diktatur, die sich auf ihn berief und ihn quasi heilig sprach. Ich würde mir wünschen, dass die Ewig - Gestrigen mit ihnen ins Gespräch kämen. Sollte aber wider Erwarten mit faulen Eiern auf den Koloss gezielt werden, dürften sie sich in den Weg stellen. Idole - auch mit zu vernachlässigenden kleinen Fehlern - müssen verteidigt werden. Auch empfehlenswert: Ein Besuch der Gedenkstätte Berlin - Hohenschönhausen.
Und was lernen wir daraus? Dass große Werke manchmal von großen Arschlöchern erschaffen werden. Ich bin von der Achse höheres Niveau gewohnt als diese Binse.
Habt Ihr denn alle keine anderen Probleme?
Es wird immer schwerer, zwischen Sozialismus und Nationalsozialismus zu unterscheiden. Der entscheidende Unterschied liegt wohl im Weltrevolutionsgedanken des ersteren. Aber sonst?
Lesenswert zum Thema auch Konrad Löws zweibändiges Werk über Karl Marx, den “Säulenheiligen” (Günter Schabowski) der Linken. Das Buch ” Ausbeutung des Menschen durch den Menschen” rief bei den Linken wütende Kritik hervor, zitierte es doch auch Marx’ Jugendgedicht von 1837 in dem es heißt: ..... Einen Thron will ich mir auferbauen kalt und riesig soll sein Gipfel sein! Bollwerk sei ihm übermenschlich Grauen und sein Marschall sei die düstre Pein. .... Der Vorsatz immerhin ist ihm gelungen!
Dass Marx einen mehr als fragwürdigen Charakter besaß, dürfte selbst seinen unbelehrbaren Fans hinlänglich bekannt sein. Ein Leben lang hat er sich von anderen Menschen aushalten lassen und gern den Bourgeois gespielt, so sehr er auch in Wort und Schrift die Bourgeoisie verachtete. Besonders abstoßend war seine Feigheit und Verlogenheit seiner Familie gegenüber, als er seinem Freund Engels den mit der treuen, aus Trier nach London mitgenommenen Haushälterin gezeugten Sohn unterschob. Dieser arme Kerl wurde erst viel später von seiner Halbschwester Ellionor, genannt Tussy, anerkannt und in die Restfamilie aufgenommen. Am besten wird man mit Marx vertraut, wenn man die glänzende Biographie von Eva Weissweiler “Tussy Marx, das Drama der Vatertochter” liest. Die hochbegabte Tochter, zusammen mit Mutter Jenny, geborene von Westphalen, weihten ihr ganzes Leben diesem Narzissten und Egoisten, übersetzten seine Bücher ins Englische und Französische und ernteten nie Dank dafür. Marx spielte sich auch stets mit der adeligen Herkunft seiner Frau Jenny auf und ließ Visitenkarten mit der Aufschrift drucken:“Jenny Marx, geborene von Westphalen, Mitglied des Britischen Königshauses.” Soviel zu dem heroischen Kämpfer für das Proletariat, der allen Privilegien abhold war, soweit sie nicht ihn selbst betrafen. Besonders widerlich war Marxens Haltung den armen, vor den Pogromen in Osteuropa nach England geflohenen Juden gegenüber. Sie waren die Ärmsten unter den Armen und wurden von ihm, der selbst Jude war, in grausamster Weise verunglimpft. Man muss schon ziemlich vernagelt sein, um diesen unsäglichen Mann an seinem 200. Geburtstag mit allen Ehren hochleben zu lassen.
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