Lockdown: Dank an die Regierung

Ziemlich genau elf Monate ist der erste Lockdown her — er trat Mitte März 2020 in Kraft. Seither kämpft die Bundesregierung rund um die Uhr für die Gesundheit der Bevölkerung. Frau Merkel dieser Tage: „Im Großen und Ganzen ist nichts schief gelaufen.“ Da muss man dann ja dankbar sein.

Dazu diese Richtigstellung:

Wofür schulden wir Frau Merkel Dank? Dafür, dass wir nicht genug Impfstoff haben? Der wurde zwar bei uns entwickelt, um so mehr wird er in Israel verabreicht. Herdenimmunität dort ist nah. Die Lage in Deutschland: Wo es Impfstoff gibt, fehlen oft Ampullen. Wo es Ampullen gibt, fehlt schon mal das Impfzent­rum. Aber irgendwelche Würdenträger lassen zuallererst sich und ihre Familien impfen. Dass sie sich nicht schämen!

Falls wir unserer Regierung nicht danken wollen – wofür sollten wir der EU dankbar sein? Für bürokratisches Komplettversagen und erwiesene Unfähigkeit über einen längeren Zeitraum? Oder was? Schön, dass man diesmal wenigstens auf die Preise geachtet hat. Danke! Bei der Chefin, Frau von der Leyen, hätte man das Elend erahnen können – bei deren Vorgeschichte. Die Dame hatte noch in jedem Amt versagt – diesmal besonders eindrucksvoll.

Von Frau Merkel haben wir gehört, es sei „im Großen und Ganzen nichts schief gelaufen“. Danke, liebe Regierung? In Wahrheit ist alles Mögliche schief gelaufen und nichts ist derzeit gut in Deutschland.

An einem der vergangenen Sonnabende warf ich zuhause die Kaffeemaschine an. Zeitungen, Kaffee, frische Brötchen – wunderbar! Leider war die Maschine defekt, über Nacht einfach so verreckt. Normalerweise wäre ich zum nächsten Elektrohändler gefahren. Zeitaufwand eine halbe Stunde. Aber bei geschlossenem Einzelhandel hilft nur Amazon. Schnell eine neue Maschine bestellt. Montagvormittag war sie da. 112 Euro. Die haben sich De’Longhi und Jeff Bezos eingesteckt, nicht der deutsche Elektrohändler. Ob Amazon/Bezos dafür in Deutschland Steuern zahlt, weiß ich nicht, vermutlich kriegt er noch welche.

Und was lehrt uns dieses Beispiel, das es so jeden Tag gibt, hunderttausendfach, millionenfach? Der deutsche Handel ist von der fürsorglichen, wachsamen, mitfühlenden Merkel-Regierung vom Markt ausgeschlossen, hingemacht und ruiniert worden, und das dicke Ende kommt erst noch. Die Innenstädte sind wie leergefegt, von ihren Wohnungen aus können die Einzelhändler zuschauen, wie Jeff Bezos die Pakete ausliefert. Wer sehen will, kann sehen: Unsere Stadtkerne veröden, jeden Tag mehr, nur die Ampeln funktionieren wie immer. Meistens stehen sie auf Rot.

Jeden Tag wird dieses Land ein Stück mittelmäßiger und merkeliger und merkwürdiger. Trostlos, hoffnungslos, traurig, heruntergewirtschaftet. Keine Masken gab’s gestern, keine Impftermine gibt’s heute. So war das früher in der DDR: Keine Gummistiefel gibt’s heute, keine Wäschekörbe gab‘s gestern. Wahrscheinlich ist Merkel inzwischen Teil einer Minderheit, die sich in diesem, ihrem Land noch wohlfühlt. Die Politik regiert, der Bürger resigniert, der Handel krepiert. Nichts klappt mehr, außer vielleicht noch ein paar Türen.

Aber wir alle sollten dankbar sein, es ist ja eigentlich nichts schief gelaufen. „Heute ist alles in Ordnung, das ist unsere Illusion.“ (Voltaire)

Zuerst erschienen im Euro am Sonntag

Foto: Stefan Klinkigt

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Leserpost

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Frances Johnson / 21.02.2021

Kann achgut nicht ein T-Shirt mit dem Bild oben schaffen? das Bild bitte auf den Rücken, dann wird es länger ungeniert studiert. Zwei Farben: Hellbraun und mittleres Grün. Passend dazu: Maske. Kann ein paar Minuten, länger nicht, sonst nimmt der Sauerstoff im Hirn bidenförmig ab, über FFP2 getragen werden. Ein paar Lesern hier würde ich gern vermitteln, dass wir die Ruinengretl nicht überwiegend gewählt haben, sie hatte ca. ein Viertel, die CDU ca. sechs Prozent, der Rest ist Bastelarbeit. Wenn, muss das Wahlsystem geändert werden. Was wir da immer noch mitschleifen, hält mich oft vom Wählen ab.

Detlef Fiedler / 21.02.2021

@Dr Stefan Lehnhoff: Don’t Feed The Trolls.

Karl Dreher / 21.02.2021

Die äußerst limitierte Qualität unserer Bundesregierung wie vieler Landesregierungen war ja eigentlich schon ohne “Corona-Pandemie” unübersehbar. Jetzt, in solchen Krisenzeiten, offenbart sich das ganze Elend um so mehr! Erstaunlich für mich: Das wäre die politische Stunde der Oppositionsparteien ... doch was geschieht? Linksrotgrün ergehen sich in surrealen Politikutopien (zB “Frl. Hofreiters” Forderung nach “Einzelhausverboten”), anstelle real die Finger in die vielen “politischen Wunden des Regierungs-Versagens” zu legen. Die größte Bundestags-Oppositionspartei AfD wird praktischerweise von den “staatstragenden und -gemästeten Medien” möglichst totgeschwiegen und die FDP - “Lindnerpartei” - möglichst klein gehalten. Und es wird weitergewurstelt und dilettiert.

Hans Kloss / 21.02.2021

ich frage mich ob dieser Kulturkampf ein Ziel hat. Ich meine Leute wie Jeff von Amazon oder Jack zu Twitter - die haben doch eine erweitere Perspektive außer dass sie mehr Kohle haben wollen? Ist auch egal, weil am Ende unsere Rechte und unserer Wohlstand ja weg sind, nicht ihre.

Andreas Zöller / 21.02.2021

@Heiko Stadler, richtig, meist ist es sogar nur die Sicherung im Gerät. Kostenpunkt ca. 50 Cent. Und wer’s nicht selber kann, in unserem Kaff wird Ihnen da geholfen.

E Ekat / 21.02.2021

Impfstoff, Israel, das kam so: Ein Ökonom erklärte im israelischen Fernsehen, man habe errechnet, wie teuer der Lockdown komme, und gegengerechnet, wie günstig ein Zuschlag von - damals -  ca. 50% auf den geforderten Preis für eine Impfung komme. Daraufhin habe Netanjahu sofort den Impfstoff mit Aufpreis geordert.  Schnäppchen. Milchmädchenrechnung. Zum Vergleich: hier wurde keine eigene Rechnung angestellt, dafür die Order der EU übergeben mit der internen Anweisung, die EU in möglichst untertänigem Ton zu bitten ( kein Quatsch), die Bestellung zentral zu übernehmen. Man sollte davon absehen zu glauben, daß wir es mit einer unglücklichen, auf die Bewältigung der Pandemie beschränkte Erscheinungen zu tun haben, man möge sich an dem offiziellen Maßstab orientieren, wonach im großen Ganzen (Merkel) nichts schief gelaufen sei.  Alles, was wir seit 20 Jahren in die Wege geleitet haben sollte daran gemessen werden. Seit wenigen Jahrzehnten hat bei uns die Gewohnheit Einzug gehalten, niemanden mehr für die Konsequenzen seiner Forderungen, seines Denkens und Handelns einstehen zu lassen. Fröhliches geplapper ist zum Kern dieser Republik geworden. Mittlerweile bestimmen die Losgelassenen das öffentliche Leben, beherrschen das Gewaltmonopol,  gestalten ihr Un-Verständnis von Demokratie über unsere Sprache, legen ein Informationsmanagement auf unsere Wahrnehmung und unsere Gefühle und steuern damit unausweichlich konsequent den Niedergang unserer Gesellschaft. 

M.-A. Schneider / 21.02.2021

Chapeau, Frau Merkel, Sie haben es mit Ihren Getreuen und der Hilfe der Medien geschafft, unser Land , “in dem wir einst gut und gerne gelebt haben”, in kürzester Zeit so zu verändern, dass es bald nicht mehr wiederzuerkennen sein wird, ohne Mittelstand, ohne Industrie und ohne Landwirtschaft, mit einem Bildungssystem, das den Namen nicht mehr verdient, mit einem Gesellschaftssystem, das Minderheiten auf Kosten der Mehrheit schützt, Sie haben Existenzen zerstört, uns Lebensfreude und Lebenszeit genommen, dafür gesorgt, dass Kultur und Geschichte längst nicht mehr den Stellenwert haben, der ihnen zukäme und unseren Kindern und Enkeln ein Erbe und eine Zukunft aufgebürdet, um die man sie wahrlich nicht beneiden kann. Das verdient wahrlich unseren Dank!

B. Ollo / 21.02.2021

Es wird gemunkelt, im Kreise unserer durchgeimpften und systemrelevanten Regierung hätte jemand gesagt: “Wenn Sie keine Grundrechte haben, dann sollen sie doch ihre Privilegien genießen!”.

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