Kaum hatte die dänische Regierung angekündigt, sie würde wegen “grenzüberschreitender Kriminalität” wieder Grenzkontrollen einführen, regte sich in Deutschland Protest gegen diese Maßnahme. Sie sei gegen den “Geist von Europa” gerichtet, rückwärts gewandt und schade auch den dänischen Interessen. Mit einer solchen Reaktion war zu rechnen, denn nichts macht den Deutschen mehr Spaß, als sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen bzw. die Nachbarn dafür zu kritisieren, dass sie Entscheidungen treffen, von denen ihnen die Deutschen abgeraten hätten, wenn sie beizeiten gefragt worden wären.
So war es als die Schweizer ein Minarettverbot beschlossen, die Holländer dem “Rechtspopulisten” Geerd Wilders einen überraschenden Wahlerfolg bescherten, die “wahren Finnen” die Zahl ihrer Mandate verdreifachen konnten. “Was ist nur mit den Schweizern/Holländern/Finnen los”, fragten deutsche Kommentatoren, “gehören die noch zu Europa?”
Die Reaktionen auf Dänemark hatten aber noch einen anderen Unterton. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein forderte die Deutschen “indirekt” auf, Dänemark zu boykottieren. Es sei eine “gute Nachricht”, dass viele deutsche Urlauber ihren Ferienaufenthalt in Dänemark wegen der Kontrollen stornieren wollten, sagte Wolfgang Kubicki bei einer FDP-Kundgebung. Dies sei eine “sehr intelligente Antwort von Menschen” auf eine politisch unsinnige Entscheidung.
Kubicki ist vor allem als Freund und Rechtsanwalt des bei einem Fallschirmabsprung tödlich verunglückten FDP-Politikers Jürgen W. Möllemann bekannt geworden. Er gilt als tüchtiger Strippenzieher. Bei einer Liechtensteiner Bank soll er über ein Wertpapierdepot im Wert von 13 Millionen Euro verfügen, das ihm von einer Firma “übertragen” wurde, die er als Anwalt vertritt. Politik und Geschäft sind für ihn komplementäre Größen. Wenn es aber um Schleswig-Holstein geht, das lange zu Dänemark gehörte, wird er zum Idealisten: “Schleswig-Holstein, meerumschlungen, deutscher Sitte hohe Wacht, wahre treu, was schwer errungen, bis ein schönrer Morgen tagt!”
© Die Weltwoche 20/11