Peter Hahne, Gastautor / 28.03.2021 / 10:30 / Foto: Superbass / 56 / Seite ausdrucken

Kirche zeigt Gesicht. Und zwar ihr wahres

Kirche zeigt Gesicht. Wieder einmal. Und zwar ihr wahres. Diese ganze Bigotterie schreit zum Himmel. Der „Fall“ Woelki ist ein erneutes Beispiel für das gnadenlose Pharisäertum eines Klerus, der sich gern gegenseitig als „Brüder“ anspricht. Was für eine Mogelpackung! Der Kölner Erzbischof stand wie kein anderer im (öffentlichen!) Feuer seiner „Mitbrüder im Bischofsamt“. Und das war kein „Glutofen voller Liebe“ (Martin Luther), das war Fegefeuer auf Erden. Ein beispielloses klerikales Kesseltreiben. Ranghöchste Zeitgeistliche, ganze OrdiNARRiate übertrafen sich unverhohlen in verbaler Steinigung. Woelki habe die Aufklärung der Kölner Missbrauchsskandale vertuscht und verschleppt, habe der Gesamtkirche schwer geschadet und sei der Hauptverursacher der Massenaustritte – übrigens auch aus der EKD gleich mit. 

Zusammen mit willfährigen Journalisten wurde gegen den Kardinal gehetzt und getrommelt, was das Zeug hält. Es wird jetzt gern von den bösen Kampagnen-Journalisten gesprochen, die zusammen mit Woelki gleich die ganze katholische Kirche „entsorgen“ wollen (was bekanntlich die SPD im letzten Wahlkampf wortwörtlich mit Merkel machen wollte). Das mag zutreffen, doch die Stichwortgeber der medialen Hatz und Hetze kamen vom Klerus selbst. Ja, so sind sie, die ach so lieben „Mitbrüder“. Und nun? Kein einziger der Fegefeuer-Hirten hat so gründlich aufgeklärt und Maßnahmen ergriffen wie Woelki. Nicht wie die Mea-Culpa-Kanzlerin, die den großen Verzeihungsbitten nicht die kleinste Tat folgen lässt. Im Gegenteil. 

Diese ganzen „Greta ist wie Jesus“-Phantasten, angefangen vom Berliner Oberhirten Koch, sind schnell in Deckung gegangen. Wo waren denn die Bätzings und Marxens bei der Aufklärung?! Jetzt können sie ja gar nicht schnell genug die Regenbogenfahnen von ihren Kirchtürmen flattern lassen, um bloß nicht den Wind des Zeitgeistes zu verpassen. Das haben sie von Politikern gelernt (manche Bischöfe sind ja auch nichts anderes als das): schnell eine neue „Sau“ durchs Dorf, und das Alte ist vergessen. Doch jetzt müssen sie sich knallharter Fragen erwehren: „Was habt Ihr denn getan, was nur annähernd Woelkis Konsequenzen erreicht, der gleich drei seiner höchsten Amtsträger in die Wüste geschickt hat?“ 

Die letzten Barrieren auf dem suizidalen synodalen Weg

Ja, und wo sind sie jetzt?! Nach diesem „Freispruch erster Klasse,“ wie der Deutschlandfunk ihn nennt. Wo ist das öffentliche Schuldbekenntnis, die zerknirschte Bitte an Woelki um Verzeihung?! Das fordert doch Kirche dauernd. Von anderen natürlich: von der ach so klimafeindlichen Wirtschaft, von den rassistischen AfD-Wählern, von den vorgestrigen Anti-Gender-Hardcore-Katholiken und zuletzt erst von den bösen Querdenkern in Kassel, die es doch tatsächlich gewagt haben, gegen das Merkel/Söder-Corona-Regime zu opponieren. Vielleicht gibts in manchem Bischofspalais ja noch eine Folterkammer, in die man all die Frevler wider den Zeitgeist sperren könnte. Auf allerhöchsten Befehl aus dem Berliner Muttikan. Überall werden die Splitter gesehen, nur im eigenen Auge sieht der Klerus den Balken nicht. 

Klar, es geht ja auch um etwas ganz anderes: Die wollten im Sog des Missbrauchsskandals gleich die Theologie von Kardinal Woelki entsorgen. Weg! Auf den Müll wie Müller, den „Fundamentalisten der Glaubenskongregation“ oder im weitesten Sinne sogar Ratzinger. Die passen doch nicht mehr in eine Zeit, die die Bibel, die Grundurkunde des Glaubens, nur noch als Steinbruch für Polit-Floskeln und nicht mehr als Fundament betrachtet. Ein Münsteraner Kirchenrechtler (!) nennt im offiziellen Bistumsblatt unverhohlen die Motivation: „Woelki vertritt stockkonservative Positionen.“ Die letzten Barrieren auf dem suizidalen Synodalen Weg zur finalen Protestantisierung (und damit Marginalisierung und Bagatellisierung) gilt es auszuräumen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Von der Kirche kann die Welt in Sachen Intrige und Falschspielerei noch lernen.  

Den Limburger ach so lieben Mitbruder war man auf die gleiche Art und Weise ja erfolgreich losgeworden. Dasselbe Spiel bei Tebartz-van Elst: Man schlug auf den „Protzbischof“, meinte jedoch seine Theologie. Ich schrieb damals in Europas größter Sonntagszeitung „Bild am Sonntag“: „Die 30 Millionen für ein riesiges denkmalgeschütztes Ensemble in Limburg sind doch Peanuts – wenn man bedenkt, dass der Münchner Marx sein Palais für schlappe 8,7 Millionen mal kurz hat renovieren lassen.“ Aber was macht das schon, wenn’s ein Kreuzverleugner tut?! Der obendrein (das alttestamentliche Sündenbock-Spiel) noch behauptete, man sei beim Jerusalem-Besuch von Juden und Moslems „gebeten worden, das Kreuz abzulegen.“ Der jüdische Historiker Michael Wolffsohn entlarvte das als schlichte Lüge. 

Der Klerus entfernt sich immer weiter vom Kirchenvolk mit seiner privaten (Doppel-)Moral. Da steht sie der Politik in nichts nach. Übrigens: die billige Anbiederei in Sachen Flüchtlingspolitik und „Licht aus am Dom“ bei Querdenker-Demos hat Woelki nichts genutzt. Seine begeisterten rot-grün-klerikalen Bündnisgenossen von damals gehörten nun zu den Haupthetzern. Man kann also aus einem „Fall“ auch etwas fürs Leben lernen. Selbst ein Kardinal.

Dieser Beitrag erschien zuerst in Die Tagespost.

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Ralf.Michael / 28.03.2021

In Bälde werden BEIDE Kirchen ( + Andere) zwangsvereinigt. Die NEUE Grüne Kirche mit dem Lichtsymbol Greta wird dann ganz alleine seligmachend sein. Bischöfe sind dann obsolet und können weg. Fiat, Fiat, Lux.  Schönen Sonntag auch !

P. Wedder / 28.03.2021

Woelki war das nicht auch derjenige, der von Kirchengeldern ein „Flüchtlingsboot“ gekauft, nach Köln hat transportieren lassen und dann erklärt hat, dass das der neue Altar sei?

Cornelia Buchta / 28.03.2021

Die Kirche (ich kann hier nur für die evangelische sprechen) kommt mir vor wie die Union. Sie entfernt sich in beängstigender Geschwindigkeit von ihrem Markenkern und hat eine täglich wachsende Zahl ihrer “Wähler” (= Kirchesteuerzahler) heimatlos gemacht. Wie bei der Union ist man in das Dilemma gestürzt, mit seiner seiner Unterstützung nicht nur die lokalen oft noch im Markenkern authentische Personen und deren Aktionen zu unterstützen, sondern den ganzen zunehmend verrotteten Apparat. Ich muss gestehen, bei der Union fällt es mir leichter, meinem Gewissen zu folgen und ihren Absturz nicht zu verhindern. Bei der Kirche sprechen wir von einer anderen Kathegorie. Zuviel Kulturgeschichte hängt daran. Die Zwickmühle bleibt bestehen. Ärger und Frustration wächst.

Rainer Mewes / 28.03.2021

“Lüge und Verrat, Gewalt und Betrug waren und sind die Triebkräfte der Geschichte.” (Joseph Heller) Warum sollte es in der Kirche anders zugehen als in der Politik und in der Wirtschaft? Die 3-Stände-Lehre Luthers zeigt sich hier in Einträchtigkeit. Das Problem sind bekanntlich nicht die Ganoven oben, sondern die breite Masse unten, die eben vor diesen auf den Knieen liegt, Masochismus allerorten. Man kann auch mal über die Bedeutung des Wortes “Schicksal” nachdenken, muß man aber nicht.

Bernhard Freiling / 28.03.2021

<Und das war kein „Glutofen voller Liebe“ (Martin Luther), das war Fegefeuer auf Erden.> Der Gedanke gefällt mir ausgesprochen gut. ++ Wo sonst, als auf Erden, sollte sich der Mensch “im Fegefeuer” befinden? Hier, auf Erden, im Fegefeuer, kann er seine Seele reinigen, seinen Geist ordnen und mit guten Taten die Voraussetzung schaffen, dem Fegefeuer zu guter Letzt zu entkommen. Bekommt er das nicht geregelt, weil seine Seele schmutzig, sein Geist wirr und auch mit den guten Taten es nicht weit her ist, darf er einen neuen Anlauf nehmen. Und noch einen. Und noch einen. ++ Vielleicht ist das ja der Grund für die Überbevölkerung. Die Leute kriegen die Kurve einfach nicht. Denen gefällt es im Fegefeuer. Immer wieder von Neuem ;-)

Klaus Klinner / 28.03.2021

Warum genau sollten sich Kirchenfürsten hinsichtlich ihrer charakterlichen Eigenschaft von anderen Menschen unterscheiden, deren Lebensinhalt darin besteht nach Macht zu streben und dieses Ziel auch erreichen? Ich sehe kein einziges ernsthaftes Argument, welches dies belegen könnte. Mensch bleibt Mensch, unabhängig davon ob er Rock, Hose oder ein Phantasiekostüm trägt.

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