„Lockdown“, „Superspreader“, „Boostern“: Wie viele externe Experten der Werbebranche waren dafür wohl nötig? Das Corona-Vokabular erinnert mehr an einen PR-Gag als an seriöse Ausdrucksformen.
Wie viele externe Experten der Werbebranche waren dafür wohl nötig? Wie viele Millionen hat das wohl wieder gekostet? Aber wir haben’s ja. Erinnern Sie sich noch an das „Gute-KiTa-Gesetz“ der Frau „Doktor“ Giffey? Auf die Idee muss man erst mal kommen, sich gleich selbst mit hochzujubeln und damit Kritik zu unterlaufen. Da kann man noch was lernen. Ich sollte künftig besser werben mit dem „Gute-Hahne-Buch“, was jedoch irgendwie nach „Gutenachtgeschichten“ klingt. Aber kann man nach meinen „Geschichten“ wirklich ruhig schlafen?
Die Corona-Politiker haben wenig Substanzvolles zustande gebracht. Pleiten, Pech und Pannen säumten ihren Weg bis zur Abwahl. Aber die neue Ampel-Regierung fährt auf diesen alten Gleisen fröhlich fort. Und doch hinterlassen sie besonders eindrückliche Spuren. Sozusagen die Siebenmeilenstiefel der Propaganda. Vorbilder aus der Geschichte zu nennen, versage ich mir. Ein Euphemismus jagt den anderen. Die Schönrednerei hat Hochkonjunktur. „Framing“ nennt man das neudeutsch. Reziprok zu den Erfolgen einer vernünftigen Maßnahmen-Politik. Wenn auch nicht unsere Freiheit, aber unser Wortschatz ist bereichert worden.
„Wellenbrecher-Lockdown!“ Wow, wie kuschelig. Wer denkt da nicht an Karibik, Mittelmeer oder zumindest an die Nordsee. Urlaub, Strand und Sonnenschein. Und dazu die Wellenbrecher aus Strandkorb oder Liegestuhl betrachten, am besten bei Sonnenuntergang und mit einem Glas Rotwein in der Hand. Dieser Brecher der vierten (oder war es schon die fünfte?) Welle wurde monatelang beschworen, doch weder die Welle kam, noch funktionierte der Brecher. Wie bei der Werbung: viel heiße Luft.
Verniedlichende Volksverdummung
Und überhaupt das Wort Lockdown. Das klingt so cool und trendy. Das Cambridge Dictionary jedoch erklärt den Begriff „Lockdown“ als „einen Notfall, in dem Personen aufgrund von Gefahren nicht frei in ein Gebäude oder einen Bereich eintreten, diesen verlassen oder sich darin frei bewegen dürfen“. Das klingt dann doch eher nach Brand- alarm, Terroranschlag oder Erdbeben. Warum nicht auf Deutsch? Das niedliche Wort Lockdown kaschiert nichts anderes als Hausarrest, Freiheitsberaubung oder Zu-, Ein- und Aussperren. Ja, dann sagt’s doch!
„Social Distancing“ klingt auch viel hübscher als „Haltet euch fern voneinander, ihr Aussätzigen, aber hopp!“. Dabei bedeutet dieses Marketing-Monstrum ja in Wahrheit: „gesellschaftliche Distanz“. Dies ist aber nicht gemeint, sondern „Sicherheitsabstand“. Der Begriff ist also – wie das meiste Denglisch – bodenloser Blödsinn und verniedlichende Volksverdummung.
Goldig auch der PR-Gag „Superspreader-Event“. Da weiß doch meine Mutter (96) sofort Bescheid. Auch die anderen fünfundsechzig Prozent der Deutschen, die des Englischen nicht oder nur ein wenig mächtig sind. Gemeint ist ein Superverbreitungsereignis zur Weitergabe von Viren. Also zum Beispiel Kanzlerin und Bundespräsident im vollgepfropften Berliner Ensemble (so eine Art Virus-Wandlitz) zu Wolf Biermanns fünfundachtzigstem Geburtstag. Während die Hausarrest-Pläne fürs gemeine Volk schon in der Schublade lagen. Oder das Foto der neuen SPD-Bundestagsfraktion, eng an eng ohne Masken. Alles virologisch-epidemische Zeitbomben, also niedliche Superspreader. Vermutlich sind die Beweisfotos inzwischen gelöscht.
Wir waren alle „Versuchskaninchen“
Und dann der „Impfdurchbruch“. Wer kein Gendiot oder Legastheniker ist und die deutsche Sprache noch halbwegs versteht, begann zu jubeln: Waaaaahnsinn! Endlich der Durchbruch! Wir kennen diesen ersehnten Moment doch: Durchbruch bei festgefahrenen Verhandlungen, lebensrettender Durchbruch beim Bergwerksunglück unter Tage, Durchbruch bei Wissenschaft und Forschung, wenn endlich ein Mittel gefunden ist.
Doch dieser regierungsamtlich verordnete Begriff, kritiklos von den regierungsamtlichen Medien übernommen, bedeutete in Wahrheit das Kaschieren des Gegenteils. Da fanden sich Geimpfte plötzlich unter den Infizierten, in den Intensivstationen oder im Grab. Was für ein Durchbruch! Henryk M. Broder, der selbst ein „Durchgebrochener“ war, fand nur noch Spott und Hohn. Diese Wortkosmetik sei nichts als Etikettenschwindel: „Man sprach ja auch vom Lebensraum im Osten oder vom Antifaschistischen Schutzwall“, zitiert er gleich zwei jüngere Diktaturen auf deutschem Boden. In Sachen Propaganda waren die bekanntlich unschlagbar.
Höhepunkt der Schönfärberei dreckiger Regierungswäsche war schließlich die „Auffrischungsimpfung“. In Wahrheit hieß diese fröhliche Auffrischung (mit Lenor? Mit fri- schem Wind? Mit einer Reha-Kur? Mit Anti-Age-Kosmetik?) nichts anderes als, um es mit Olaf Scholz zu sagen: Wir waren alle „Versuchskaninchen“. Denn nach zwei relativ wirkungslosen Impfungen voller Risiken und Nebenwirkungen (ein Medizinprofessor unter vier Augen: „Mit diesem Dreck lasse ich mich nicht impfen“) musste eine dritte her. Doch „dritte“ klingt natürlich wie dritte Wahl, letzter Versuch – also längst nicht so schön wie „Auffrischungsimpfung“.
Zur Auffrischung ins Gefängnis
Als die Bürger diesen Euphemismus durchschauten und dieses urdeutsche Wort auch irgendwie an „Kraft durch Freude“ erinnerte, legten Werbestrategen (nicht etwa Impfstoffforscher oder die Pharmaindustrie, die schliefen selig) den Hebel um: „Boostern“! Gesprochen mit tausend „Os“ beziehungsweise „Us“: buuuustern. Niedliches Baby-Boos- ter-Eititei. Klingt so ein bisschen nach alter Hollywood-Klamotte, wo der alte weiße Mann mit eindeutiger Kopfbewegung sagt: „Komm, Kleine, lass uns buuuuuustern!“ „Boostern im Turbo-Gang“, jubilierte die Tagesschau zum Jubel der Herrschenden. Supercool, echt geil: boostern. Statt: Wir müssen noch mal ran, weil rauskam, dass uns politische Etikettenschwindler das Blaue vom Himmel versprochen hatten, aber keinen wirkungsvollen Schutz.
Ich wünschte mir, die Herrschenden samt ihrer Hof-Wissenschaft wären in etwa so kreativ bei der Corona-Bekämpfung wie bei der Erstellung von Mogelpackungen. Wir hätten ein paar Probleme weniger. Den Kollegen Broder erinnert das Ganze sogar an finsterste Zeiten: „Und so, wie sie nach der Niederlage von Stalingrad noch daran geglaubt haben, es könnte irgendwann mal noch einen 'Endsieg' geben, so glauben ganz andere Leute mit derselben Haltung zum Leben daran, man könnte Corona auf administrativem Wege besiegen.“ Doch dazu helfen keine Placebos aus der Requisitenkammer der Wortakrobatik.
Und noch zu guter Letzt: Die erste Erwähnung des Wortes „Lockdown“ im heutigen Sinn gab es übrigens 1973 nach einem Vorfall im California State Prison (fast 6.000 Schwerstkriminelle). Nach einer Messerattacke auf einen Mithäftling wurden die Gefangenen in ihre Zellen eingesperrt – das Zuchthaus ging in den „Lockdown“. Das Opfer der Messerattacke hieß, kein Fake, ausgerechnet Juan Corona. Der amerikanisch-mexikanische Serienmörder hatte in wenigen Wochen fünfundzwanzig Männer getötet, alle vierzig Stunden einen. Ein Superspreader-Turbo also, ein mörderischer Wellenbrecher, dieser Herr Corona. Der musste zur Auffrischung dann ins Gefängnis.
Dies ist ein Auszug aus Peter Hahnes neuem Buch „Das Maß ist voll“, 2021, Quadriga-Verlag: Köln. Hier bestellbar.