Stefan Frank / 07.04.2022 / 16:00 / Foto: Gerald Nino / 12 / Seite ausdrucken

Israels Luftschiff zur Drohnenabwehr

Das neue System soll helfen, die Luftabwehr im Norden Israels zu verbessern und ein genaueres Luftüberwachungsbild zu bieten, um die Sicherheit am Himmel Israels zu gewährleisten.

Nach mehrmonatigem Testbetrieb hat das israelische Militär im Norden des Landes offiziell ein Luftschiff in Betrieb genommen, das den dortigen Luftraum mit einem besonders weit reichenden Radarsystem überwachen wird. So sollen unter anderem mit Raketen bewaffnete oder mit Sprengstoff beladene Drohnen, mit denen die libanesische Terrororganisation Hisbollah israelische Ortschaften angreifen könnte, früher als bislang detektiert werden.

Das Luftschiff, das in einer Kooperation von Luftwaffe, Verteidigungsministerium, Rüstungsindustrie und der US Missile Defense Agency (MDA) entwickelt wurde, trägt den Namen High Availability Aerostat System (HAAS).

Es ist anzunehmen, dass in diesem neuen System sehr viel Technik steckt, die für das Milliarden teure amerikanische US-Joint Land Attack Cruise Missile Defense Elevated Netted Sensor System (JLENS) entwickelt wurde. Dieses Projekt eines auf einem Luftschiff angebrachten Radarsystems wurde in den USA nie großflächig installiert, nachdem der US-Kongress 2016 beschlossen hatte, es nicht mehr zu finanzieren. JLENS-Luftschiffe haben eine Länge von 70 Metern und einen Durchmesser von 24 Metern.

Wie die israelische Nachrichtenwebsite Times of Israel berichtet, ist das Luftschiff mit einem modernen Raketen- und Flugzeugerkennungssystem ausgestattet, das als „Erhöhter Sensor“ oder „Himmelstau“ (Tal Shamayim) bezeichnet wird. Dieses soll helfen, die Luftabwehr im Norden Israels zu verbessern und ist eine Reaktion auf die Lieferung von Militärdrohnen und Cruise-Missiles, die der Iran mutmaßlich der Hisbollah zukommen hat lassen.

Drohnen bislang kaum zu orten

Drohnen zu orten ist extrem schwierig, wie der Drohnenexperte Igor Tchouchenkov gegenüber Mena-Watch einmal erklärte. Tchouchenkov ist Leiter der Forschungsgruppe Verteilte Systeme am Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung. Er meint, dass vor allem kleine Drohnen für herkömmliche militärische Radarsysteme kaum zu detektieren seien.

„Denn Radare zur Luftraumbeobachtung wurden entwickelt, um zwei andere Arten von Zielen zu orten: Zum einen große wie Flugzeuge und Hubschrauber und zum anderen relativ kleine wie Geschosse, die sich sehr schnell bewegen, zu großen Teilen aus Metall bestehen und in kurzer Distanz detektiert werden sollen.“

Kleine Drohnen hingegen bestünden hauptsächlich „aus Kunststoff, Kohlenstofffaser und Ähnlichem, dazu ein wenig Elektronik und kaum Metall“. Darum seien herkömmliche Radarsysteme, die darauf ausgelegt sind, Metall oder größere Objekte zu orten, für diesen Zweck kaum geeignet. Zudem sind alle Objekte schwierig zu erkennen, wenn sie sehr tief fliegen.

„Man kann Drohnen so tief fliegen lassen, dass sie vom Boden aus erst aus einer Entfernung von wenigen hundert Metern geortet werden können.“

Ein weiteres Problem sei, dass ein Radarsystem, das so empfindlich ist, dass es kleine Drohnen orten könne, die Gefahr von Fehlalarmen berge:

„Wenn ein Objekt erkannt wird, das eine Abmessung von mehreren Metern hat, wie etwa ein Hubschrauber, kann man sicher sein, dass es kein Vogel ist. Hat das Objekt aber nur eine Abmessung von 50 cm, ist es nicht einfach zu bestimmen, ob es ein Vogel ist, eine Drohne oder vielleicht ein Stück Zeitungspapier. Ein System, das alles erkennen soll, was in der Umgebung fliegt, kann also eine Unmenge von falschen Alarmen auslösen.“

Ob die an dem israelischen Projekt beteiligten Ingenieure und Techniker dieses Problem gelöst haben – und wenn ja, wie –, ist (noch) nicht bekannt. Dass es aber nach weniger als fünf Monaten Probebetrieb – dieser begann im November 2021 – in Dienst gestellt wurde, lässt vermuten, dass die Vorteile des Systems aus Sicht des israelischen Militärs mehr wiegen als etwaige Mängel.

Hisbollah-Chef droht mit Drohnen und Lenkwaffen

Das Luftschiff soll Israels bestehende Fähigkeiten ergänzen und verbessern, indem die Sensoren in großen Höhen platziert werden. Der Chef der israelischen Luftwaffe, Amikam Norkin, begrüßte das neue System und sagte, es biete ein „genaueres und breiteres Luftüberwachungsbild“. So werde die Luftwaffe besser darauf vorbereitet, die Sicherheit am Himmel Israels zu gewährleisten.

Aus dem Libanon kommende Drohnen dringen immer wieder in den israelischen Luftraum ein. Erst Mitte März wandte sich Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, in einem Brief an UN-Generalsekretär Antonio Guterres, um auf die Bedrohung Israels durch Drohnen und präzisionsgelenkte Raketen der Hisbollah aufmerksam zu machen.

Erdan verwies auf eine Rede des Hisbollah-Generalsekretärs Hassan Nasrallah vom 16. Februar, in der dieser über die „fortgeschrittenen Fähigkeiten seiner Gruppe bei der Eigenproduktion von Drohnen“ sprach und diese mittlerweile die Fähigkeit haben, Raketen in präzisionsgelenkte Flugkörper (PGM) umzuwandeln. Nasrallah nahm in diesem Zusammenhang Bezug auf die Unterstützung und Expertise des iranischen Regimes.

Solche Drohnen, so der Botschafter weiter, würden aus dem Operationsgebiet der UN-Beobachtermission UNIFIL im Südlibanon gestartet und seien unter eindeutiger Verletzung der Souveränität Israels in den israelischen Luftraum eingedrungen. Erdan sieht Beweise „für den fortgesetzten militärischen Aufbau der Hisbollah“. Es sei klar, „dass die Hisbollah, der iranische Stellvertreter im Libanon, als Instrument dient, um die Agenda des Irans voranzubringen und nach regionaler Hegemonie zu streben“.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Yehudit de Toledo Gruber / 07.04.2022

Ich freue mich tatsächlich darüber, daß auch noch einige andere Achgut-Leser Herrn Arne Ausländer bescheinigen, daß seine politischen Nahost-Kenntnisse Luft nach oben haben. Heute nun geschah der vierte schreckliche Terroranschlag in Israel eine Woche vor dem großen Pessach-Fest.  Man kann nur hoffen, daß in der Folge nicht noch Raketen auf Israel gefeuert werden bzw, das modernere Drohnenabwehr-System zuverlässig funktioniert.

Arne Ausländer / 07.04.2022

Nun denn, wer meint, Israels Politik gegenüber Libanon seit 1975 wäre stets optimal gewesen… jeder hat das Recht auf seinen Glauben. Eine umfassende Analyse der Thematik paßt natürlich niemals in einen Rahmen wie hier, von der Konstruktion der Republik Libanon durch die Franzosen angefangen bis zumn “Krieg gegen die Hisbollah 2006 (wo aber als erstes der Internationale Flughafen Beirut zerstört wurde, der keineswegs unter Hisbollah-Kontrolle gestanden hatte).—Unsinnig aber ist, wenn regelmäßig Parteinahme unterstellt wird, wenn ich für eine andere Strategie gegen bestimmte oder auch allgemeine Bedrohungen ins Gespräch bringe. Vor allem, wenn ich auf das Problem der grundsätzlich fehlenden mittelfristigen Perspektive für die im ganzen Bereich von “Erets Israel” lebenden Araber hinweise. Geht etwa nicht recht eindeutig aus den israelischen Diskussionen hervor, daß man möglichst das gesamte Territorium für den jüdischen Staat haben möchte? Und wenn denn das so ist (und warum auch nicht), gibt es etwa irgendwo ein nur halbwegs reelles Konzept, was mit den Menschen geschehen soll, deren gleichberechtigte Integration den jüdischen Charakter des Staates gefährden würde? Was ja doch oft genug gesagt wird. Ohne einen Plan aber wird es zunehmende Probleme geben, ganz egal, ob die Palästinenser lieb und gut oder abgrundtief bösartig sind. Wer das Nachdenken über Auswege aus diesem Dilemma schon im Ansatz abblockt - ist der nun schlicht dumm? Oder israelfeindlich? Oder welch andere Antwort kann es logisch geben? Millionen Menschen rein militärisch ruhigzustellen, ist - jenseits aller Moral - auf Dauer unmöglich. Da muß ein besserer Plan her. Was ist daran so schwer zu begreifen?

Andy Malinski / 07.04.2022

Zumindest das Grundprinzip konnte man schon vor vielen Jahren über den Florida-Keys bewundern. Zuerst habe ich mich gefragt, wozu der Blimp dort stationär gehalten wird, bis es irgendwann im Hinterkopf klingelte und ich die Landkarte vor dem geistigen Auge hatte ...

Wolfgang Richter / 07.04.2022

Immerhin hat Israel die Möglichkeiten der Drohnen durch Azerbeidschan gegen Armenien testen lassen. Ob die dabei gewonnenen Er- kenntnisse zu einer für Israel “modernisierten” Luftraumüberwachung führen? Und sichert diese Technik auch gegen die angeblichen Hyperschallraketen? Wäre ja mal interessant, wenn Rußland selbige tatsächlich schon im Einsatz hat und die Bundeswehr angeblich mit dem offenbar nicht mehr schützenden israelischen Abwehrsystem ausgerüstet werden soll?

S. Marek / 07.04.2022

@ Arne Ausländer, sie haben keine Ahnung was da im Nähosten vor sich geht aber füllen sich berufen zu jedem Beitrag, unabhängig der Thematik,  von der Achse Autoren ihren BS abzusetzen. Ein echter Deutscher unter den Ausländern halt. LOL

Ludwig Luhmann / 07.04.2022

@Arne Ausländer / 07.04.2022 - “Für viele Libanesen sind die Hisbollah-Anhänger die einzige effektive Verteidigung ihres Landes.” - - - Das gilt sicher für die Mohammedaner, aber nicht für die Christen. Wären Arafarts PLO-Krebs nicht von den Christen aus Barmherzigkeit, Naivität oder Angst aufgenommen worden, dann gäbe es vielleicht den Terminus “Libanisierung” nicht.

Yehudit de Toledo Gruber / 07.04.2022

Herrn Arne Ausländer empfehle ich u.a. “1948 Die Ausstellung”. Zu erkunden auch im Internet unter: 1948-web.de (geschaffen von DEIN e.V. , einem Verein der evident verbogene gesellschaftspolitische oder historische Informationen analysiert, dokumentiert und korrigiert). Mitarbeiter sind Politologen, Historiker, Psychologen und Medien-Experten um Nichtwissen, Halbwissen oder unwahre Anschuldigungen bezüglich Israel/Nahost richtig zu stellen.

Harald Unger / 07.04.2022

@ Arne Ausländer - Ja, die halsstarrigen, uneinsichtigen Israelis ... dabei ist der drollige, landesväterrische Hezbollah Chef Nasrallah mehr als ein Sympath. Da hat selbst Julia keine Chance. - - - Erneut zeigen Sie sich von Ihrer besten Seite, die Geschehnisse im Nahen Osten als Versteher der folkloristischen islamischen Terro-äh Trachtengruppen einzuordnen. Wenn man von Kleinigkeiten & Nebensächlichkeiten einmal absieht, z.B. daß Hezbollah 1985 gegründet wurde. Auch daran, sich nicht erklären zu können, worin der Unterschied zwischen den Regierungen von “Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien” und Hezbollah und ihrem Hauptsponsor, dem IRGC besteht, müssten Sie noch etwas arbeiten. Ach, seis drum. Passt schon. Im Großen & Ganzen ist es doch überwiegend so, daß der Nahe Osten mehr oder weniger weit weg ist und lästige Details mit der Entfernung ja weniger werden. Was den Vorteil hat, daß die Erklärungen für Sie einfacher werden. - - - Hach, alles könnte so schön sein, wenn nur Israel endlich einsichtig würde und nicht länger auf “verpaßte Gelegenheiten” setzte, sondern die Gelegenheiten wahrnähme, die Hezbollah und das IRGC für Israel vorsehen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Stefan Frank / 16.04.2024 / 16:00 / 18

Israelische Ex-Geisel am Flughafen von Amsterdam schikaniert

Nicht zum ersten Mal wurden auf dem Amsterdamer Flughafen Menschen mit israelischer Staatsbürgerschaft drangsaliert. Diesmal traf es zwei Frauen, die in ihrer Not den israelischen…/ mehr

Stefan Frank / 08.04.2024 / 16:00 / 16

Hamas-Terror: Die Irrtümer der Muriel A.

Die Auffassung der deutschen Politologin, den Hamas-Terror gegen israelische Soldaten für rechtlich erlaubt zu halten, widerspricht laut Juristen den Positionen der Bundesregierung und der Europäischen…/ mehr

Stefan Frank / 16.03.2024 / 12:00 / 9

Paris ist kein sicherer Ort mehr für Juden

Der kürzlich verübte Überfall auf einen orthodoxen Juden in Paris ist nur einer von vielen antisemitischen Gewalttaten, die sich seit dem Hamas-Angriff und dem darauffolgenden…/ mehr

Stefan Frank / 14.03.2024 / 12:00 / 4

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (2)

Wenn man wissen möchte, welche Probleme die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko in Texas verursacht, muss man mit den Leuten vor Ort sprechen.…/ mehr

Stefan Frank / 13.03.2024 / 06:00 / 16

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (1)

Der Bundesstaat Texas und die Bundesregierung in Washington streiten darüber, welche Kompetenzen Texas hat, um die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko – und…/ mehr

Stefan Frank / 03.03.2024 / 16:00 / 5

Israelboykott-Kampagne BDS: Jüdische Künstler im Fadenkreuz

Der Sänger Matisyahu ist wieder einmal unter Beschuss der antisemitischen BDS-Bewegung geraten. Und auch Amy Winehouse wurde posthum zum Opfer der Palästina-Solidarität. Der bekannte, jüdisch-amerikanische…/ mehr

Stefan Frank / 01.03.2024 / 14:00 / 6

Schon wieder judenfeindlicher Vorfall in Harvard

Mit Harvard erweist sich spätestens seit dem Hamas-Überfall auf Israel ausgerechnet eine der renommiertesten Hochschulen Amerikas als Brutstätte des Antisemitismus, der auch vom Lehrpersonal mitgetragen…/ mehr

Stefan Frank / 23.02.2024 / 16:00 / 9

Facebook: Die freie Hetze gegen „Zionisten“ (2)

Ein kurzer Blick in die sozialen Medien zeigt, wogegen Facebook vorgehen und was Amnesty International & Co. als freie Meinungsäußerung schützen möchten.  Amnesty International und…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com