Roger Letsch / 10.09.2020 / 14:00 / Foto: Pixabay / 58 / Seite ausdrucken

Immer wieder irgendwo ein Moria

Der Zufall schreibt manchmal seltsame Drehbücher – und wir wollen mal davon ausgehen, dass er es in diesem Fall wirklich war. Am 7. September wurde vor dem gegen politische Symbolik seitens der eigenen Bevölkerung allergischen Reichstag „13.000 Stühle für Moria“ coronaverboten eng von ausgerechnet den NGOs platziert, die diese Stühle nur zu gern auf Kosten der Allgemeinheit füllen würden – vergleichbar symbolische Aktionen von Gastronomieverbänden und Kinobetreibern könnten nicht auf so viel mediale Zuneigung hoffen.

Passend dazu brannte in der Nacht zum 9. September das Lager Moria auf Lesbos dann lichterloh. Die Meuterer der „Bounty“ hatten einst ihr Schiff verbrannt, um auf der gefundenen Insel zu bleiben. Die gestrandeten in Moria verbrannten (mutmaßlich) gewissermaßen ihre Insel, um wieder in die Schiffe zu kommen. Vermutlich wussten die Migranten in Moria nicht, dass vor dem Reichstag 13.000 Stühle auf sie warten, aber diese Symbolik braucht es bekanntlich gar nicht, um ihnen vor allem ein Ziel schmackhaft zu machen: Deutschland.

Die Zustände im Auffanglager Moria waren in der Tat katastrophal, ursächlich dafür ist unter anderem das wirkungslose Appeasement gegenüber dem türkischen Sultan und die Unfähigkeit der EU, wirksam ihrer Pflicht zum Schutz der Außengrenze nachzukommen. Doch statt längst das Naheliegende zu tun und zügig zu prüfen, welche der dort Gestrandeten tatsächlich Asylrecht in der EU haben und alle anderen konsequent in ihre Herkunftsländer zurückzuführen, entschied die EU sich für eine jahrelange Verteilungsversteigerung, bei den kein europäisches Land ein Gebot abgeben will. Aus Gründen: man fürchtet die innenpolitischen Konsequenzen!

Das Kreuz mit den „Humanisten“ dieser Tage

Die Stimmung in allen EU-Ländern ist nämlich gerade nicht nach Willkommensparaden, sondern eher nach Abstieg in die tiefste Wirtschaftskrise der Geschichte, was die Akzeptanz von bedingungsloser Massenmigration – egal unter welchem humanitären Mäntelchen sie sich verbirgt – auf Null schrumpfen lässt. Der deutsche Innenminister kann es sich deshalb durchaus leisten, Aufnahmebereitschaft zu signalisieren, da er auf Europa und die laufenden, aber ergebnislosen Verteilungsverhandlungen verweisen kann. Er, er, er will ja durchaus – aber Europa, Europa, Europa will nicht. Niemand in der EU schenkt den Gestrandeten in Moria reinen Wein ein, von den eigenen Bürgern ganz zu schweigen.

Das Rührstück vor dem Reichstag war natürlich eine perfekte Bühne für jene Politiker, die aus solchen oberflächlichen Aktionen stets Betroffenheitshonig zu saugen vermögen. Allen voran die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, passend gekleidet in einem sankt-martinsroten Mantel, obgleich sie nicht vorhatte, ausgerechnet den medienwirksam zu teilen. Es ist schon ein Kreuz mit den „Humanisten“ dieser Tage, dass diese, ohne schamrot zu werden, stets nur die Mäntel, das Geld und die Leben anderer Leute zur Disposition stellen und sich dafür auch noch von der Presse feiern lassen.

Einen Tag nach der Moria-Bestuhlung steckten Brandstifter das Lager Moria an mehreren Stellen gleichzeitig in Brand und Insassen hinderten die Feuerwehr an den Löscharbeiten, indem sie sie mit Steinen bewarfen. Wenn das kein Signal an Deutschland ist, wieder einmal allen Unmut und alle Widerstände der Bevölkerung zu ignorieren und alle Insassen Morias aufzunehmen. Die mutmaßlichen Brandstifter und Steinewerfer selbstverständlich auch.

Natürlich müssen wir die Untersuchungen der Brandursachen abwarten und dürfen keine voreiligen Schlüsse über die Verursacher des Feuers ziehen. Aber das müssten die Aufnahme fordernden deutschen Aktivisten und Politiker eigentlich auch, denn sollte die Brandstiftung von Insassen ausgegangen sein, wartet auf diese in Deutschland doch sicher nicht Haus und Auto, sondern Gefängnis in Griechenland – nur für den Fall, dass solche juristischen Spitzfindigkeiten in unserem Land überhaupt noch eine Rolle spielen dürfen.

Machen wir uns nichts vor, die Zustände im Lager Moria waren entsetzlich und ganz gleich welche falschen Versprechungen, welches Schlepperpech oder welche Zufälle die Menschen dorthin geführt haben: niemand verdient, dort für immer oder überhaupt festzusitzen. Doch solange die deutsche Politik den Eindruck erweckt, für jedes Elend dieser Welt immer und bedingungslos ein warmes Plätzchen bereit zu haben, solange wird der Druck nicht nachlassen und immer wieder wird es irgendwo irgendein Moria geben, mit dem die Bevölkerung moralisch erpresst werden kann.

Die Reaktion der Tagesschau

Das eigentliche Faszinosum ist nämlich die Reaktion der Tagesschau auf den Brand des Lagers. Als „deutsche Reaktionen auf Moria“ sammelt man alles mögliche, nur keine „deutschen Reaktionen“. Zu Wort kommen nämlich ausschließlich Politiker wie Baerbock oder Klingbeil, auch Linken-Chef Riexinger darf von Bestürzung und Handlungszwängen reden, NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) erklärt den Bankrott der europäischen Werteordnung und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) stellt Forderungen an die Bundesregierung. Berichtet wird also nicht, wie Deutschland reagiert, sondern wie deutsche Politiker reden.

Was in den Menschen „da draußen“ vorgeht, denen Politiker stets damit drohen, dass sie sie „abholen und mitnehmen“ würden, könnte die Tagesschau leicht in einer Stichprobe erkennen, die sich in Form von Kommentaren unter dem Facebook-Eintrag von Claudia Roth zum Thema „13.000 Stühle für Moria“ angesammelt hat. Man muss sich also nicht mal die Mühe machen, die verängstigten Menschen hinter ihren Masken und in ihren von der Pleite bedrohten Geschäften zu fragen, was sie von den Forderungen ihrer Politiker halten – die Politiker fangen sich diese Meinungen höchstselbst auf ihren Facebook- und Twitter-Accounts ein. Und die Meinungen sind deutlich ablehnend!

Die Tagesschau fragt Politiker und die antworten „Europa muss…“, was bedeutet „Deutschland muss…“ und heißen soll „Du musst!“. Der Bürger antwortet mit gutem Recht: „Einen Scheiß muss ich!“

Ich würde also dringend davon abraten, einen weiteren politischen Alleingang zwangsrequirierter Solidarität zu unternehmen und so schon wieder auf Kosten einer moralisch erpressten Allgemeinheit zu handeln. Zumindest solange, wie Politiker wie Roth oder Riexinger weder für die Kosten noch für die Spätfolgen ihrer Großherzigkeit aufkommen. Liebe Mantelteiler, seid doch bitte wie Sankt Martin, nicht wie Claudia Roth!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt

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Leserpost

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Andreas Glaesel / 10.09.2020

Naja, Schwierigkeiten sich in Deutschland zu integrieren, werden diese Neubürger jedenfalls nicht haben: Steine auf Polizisten zu werfen, gehört hierzulande inzwischen ja zum guten Ton, insofern ist ihre Aufnahme in Deutschland nur konsequent.

Rainer Niersberger / 10.09.2020

Wir wissen, wie es ausgeht… Oder glaubt tatsaechlich noch irgendjemand, dass aus den multipel Gehandicapten Verantwortungsethiker werden? Zumal, es sei zum x. Male wiederholt, hier Absicht vorliegt, wie man spaetestens seit dem Migrationspakt und aktuellen Aktivitäten der EU wissen sollte. Die Damen und ein paar “Herren” wissen, was ein Nachgeben gegenüber dem Erpresser zur Folge hat. Sie wissen auch, dass die Lager wieder “gefüllt” werden und das “Spiel” weitergeht. Sie wollen es so und brauchen das hierzulande aufgrund der besonderen Verfassung dieser Gesellschaft hochwirksame moralische Rettungsnarrativ. Das genügt zum Hereinlassen.

Rolf Mainz / 10.09.2020

Wenn das Zufall war, dann war der Reichstagsbrand im Dritten Reich ebenfalls Zufall. Bei allem Respekt, aber für wie dumm hält man die Wähler eigentlich? Es war ebenso wenig Zufall wie die vorab zur Publikation geplante Aktion Racketes zwecks Sturz Salvinis. Und es war ebenso wenig Zufall wie das Pushen des “Ibiza-Videos” mit dem Versuch, die Regierung Kurz zu Fall zu bringen. Zufall wie bestimmte Videoclips von deutschen “Aktivisten”, usw. usw. Es sind zu viele “Zufälle”, als dass man dies noch glauben könnte und glauben dürfte. Es sind moralische Erpressungsversuche, gesteuert durch demokratisch nicht legitimierte Kreise, bestimmt allein zur Durchsetzung ideologisch höchst zweifelhafter Zielsetzungen. Knallharte Interessen, lediglich soft und zuckersüss verpackt für den hypermoralisch Anfälligen. Die neue Form der Trojanischen Pferds. Und es funktioniert.

Joerg Haerter / 10.09.2020

Alle die fordern, diese Leute aufzunehmen, sollte man fragen, wieviele Leute sie persönlich aufnehmen werden. Wenn sie mit gutem Beispiel vorangehen, dürfen sie fragen, ob man ihnen folgen möchte. Möchte, wohlgemerkt. Alles andere heisst, im Namen Dritter zu sprechen und das Geld anderer auszugeben. Das ist leicht, bekanntermassen. Wer dem ohne nachzufragen zustimmt, will mein Geld ungefragt ausgeben, das nennt sich Diebstahl.

M. Haumann / 10.09.2020

Verehrter Herr Letsch, glauben Sie wirklich, dass die Selfies mit den 13.000 Stühlen und dem Reichstag als missbrauchter Kulisse nicht innerhalb weniger Stunden auf den Handys der Migranten in Moria gelandet sind? Etwa wie 2015 Frau Merkels Statements wie “keine Obergrenze”, “Grenzen kann man in Zeiten des Internets nicht mehr schützen” und ihre Porträts mit glücklichen Migranten in rasender Geschwindigkeit um den Erdball gingen und die Schlepper aller Länder zu Freudenfesten veranlassten?

Karl-Heinz Vonderstein / 10.09.2020

Hab ich mir auch schon gesagt, Bürgermeister von Städten wie Köln oder Ministerpräsidenten von Bundesländern wie NRW fordern die deutsche Bundesregierung auf mehr Flüchtlinge aufzunehmen und sind bereit selber welche aufzunehmen, auch schon länger vor Moria war das so.Aber ihre Bürger scheinen se nicht zu fragen, ob die das überhaupt wollen.Hab eben gehört Österreich und die Niederlande lehnen es ab, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen.Was jetzt auch kaum berücksichtigt wird bei dem Unglück in Moria, dass alle Indizien darauf hinweisen, dass Flüchtlinge selber den Brand gelegt haben, mit voller Absicht.Selbst beim Löschen des Brandes durch die Feuerwehrleute, sollen Flüchtlinge versucht haben diese daran zu hindern und sollen sie mit Steinen beworfen haben.    

Andreas Rochow / 10.09.2020

Da haben “wir” uns ganz schön was eingebrockt. Die EU als dysfunktionale, lähmende, komplett uneinige Allianz macht alles noch schlimmer! Der Frieden ist so weit weg, wie lange nicht mehr. Herzlosigkeit leisten sich unsere moralin-triefenden One-World-Politchargen nur gegen die verhassten Autochtonen, die Spinner und Menschenfeinde… Claudia Roth steht prototypisch für eine politische Kaste, die ihr Diätenprivileg dazu missbraucht, sich mit Moralgedöns vor ihren Amtspflichten zu drücken.

Petra Wilhelmi / 10.09.2020

Okay, die Zustände in Moria waren schlimm. Und wer hat diese Zustände verursacht? Man kann über Erdogan schimpfen, aber ursächlich darf sich vor allem die deutsche Regierung und die linksgrüne Gefolgschaft die Ursache dessen auf den eigenen Leib schreiben. Warum kann Erdogan alle nach Griechenland schicken? Es ist Merkel, die sich hat erpressen lassen und sich noch immer von diesen Möchtegernsultan erpressen lässt. Ich vergaß noch zu sagen, dass die UN ebenfalls eine große Aktie an den Zuständen in Moria hat. Würde Deutschland das schwer erarbeitete Geld seiner Bürger nicht diesen Leuten hinterher werfen, würde wohl keiner in Moria sitzen. Würde nicht die UN unter Federführung AMs von Umsiedelung sprechen und das noch in der Welt verbreiten, würde niemand in Moria sitzen. All diese Gutmenschen und NGOs, die im Schleppergewerbe mittelbar und unmittelbar sich betätigen, wurde noch nie auf die Finger geklopft. Im Gegenteil, man feiert Schlepper wie die evangelische Kirche oder die Rackete, das verzogene Töchterlein aus gutem Haus. Ohne all diese Typen, egal wo sie ihre geschleppten Menschen abkippen, würde es kein Moria oder irgendein anderes Lager geben. Und nun überschlagen sich deutsche Politiker bis in die Städte hinein, Brandstifter, die sich eine Reise nach Deutschland erzwingen wollen, übernehmen zu wollen. Dabei darf, wie im Radio zu hören war, auch der OBM von Leipzig, Jung von der SPD, nicht fehlen, als ob nicht schon genügend Viertel seiner Stadt von der Antifa oder den sogenannten Migranten annektiert worden wären. Was denkt man sich im Zeitalter von Smartphones, warum die Menschen aus ihren Ländern aufbrechen? Was wohl geht in die Welt hinaus: Komm her, hier bekommst du Geld ohne zu arbeiten, hier kannst du stehlen, morden, Frauen töten oder vergewaltigen, ohne dass einen die Polizei etwas groß anhaben kann. Das ist das Signal aus Deutschland. Warum? Man frage AM und die UN sowie Coudenhove-Kalergi.

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