Henryk M. Broder / 02.02.2012 / 16:06 / 0 / Seite ausdrucken

Im Kindergarten

Die deutsche Aussenpolitik hatte immer etwas Infantiles an sich. Wie Kinder, die nicht erwachsen werden wollen, hingen die Deutschen am Rockzipfel der Verbündeten, liessen sich versorgen und beschützen, um bei passender Gelegenheit die Eltern vors Schienbein zu treten. Zuletzt hat sich Deutschland bei der Libyen- Abstimmung im Uno-­Sicherheitsrat der Stimme enthalten, was den deutschen Aussenminister nicht davon abhielt, nach Gaddafis Sturz nach Tripolis zu reisen, um sich dort als Co-Sieger zu präsentieren.

Diese Woche war Ruprecht Polenz, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, in Israel, um – so konnte man auf seiner Homepage lesen – an der «Herzliya»-Konferenz teilzunehmen, dem «wichtigsten Forum für nationale und internationale Politik» in Israel. Ausserdem wollte er zwei Kindergärten – einen im Norden, einen im Süden des Landes – besuchen und Politiker und Parlamentarier zu Gesprächen treffen. Allerdings, im Programm der «Herzliya»-Konferenz war Polenz nicht gelistet. Und in einer Aussendung der deutschen Botschaft in Tel Aviv hiess es, Polenz werde «im Rahmen seiner Reise» eine «Einrichtung für Kleinkinder» und einen «jüdisch-arabischen Waldorfkindergarten» besuchen, «der auch von Privat personen aus der Bundesrepublik unterstützt wird». Bei beiden Terminen waren Journalisten «herzlich willkommen». Von Treffen mit Politikern war in der Mitteilung der Deutschen Botschaft keine Rede.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages reist also nach Israel, um zwei Kindergärten zu besuchen, von denen einer «von Privatpersonen aus der Bundes republik unterstützt wird». Zu diesen Privat personen gehört Ruprecht Polenz, der auf seiner Facebook-Seite für einen obskuren, nicht eingetragenen Verein wirbt, der für den «jüdisch-arabischen Waldorfkindergarten» Geld sammelt. Wir werden also demnächst auf der Facebook-Seite von Polenz Bilder von Polenz zu Besuch in einem «jüdisch-arabischen Waldorfkindergarten» sehen. Das ist der deutsche Beitrag zur Befriedung des Nahen Ostens.

Und dafür ist dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses kein Weg zu weit.

Erschienen in der WELTWOCHE vom 2.2.12

Siehe auch:
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