Ulrike Stockmann / 15.11.2020 / 15:00 / 40 / Seite ausdrucken

Hauptsache non-binär: Die schöne neue Sprachwelt

Was ist das Themenfeld, das in einer Zeit, in der die Menschen vor einem Virus zittern, Existenzen vernichtet und Grundrechte ausgehebelt werden, am ehesten bearbeitet gehört? Richtig, der entscheidende und alles bestimmende Bereich der geschlechtergerechten Sprache. Hier schreitet die Stadt Frankfurt am Main nun mutig voran. Und wer weiß: Möglicherweise gereicht sie der restlichen Republik damit zum Vorbild.

Denn wie die FAZ meldet, will „die Frankfurter Stadtverwaltung durch die Verwendung von 'geschlechtergerechter Sprache' Klischees und Stereotype überwinden.“ Was ist damit gemeint? Ganz einfach: Die schnöde Unterteilung der Geschlechter in Männlein und Weiblein ist absolut rückschrittig, hinterwäldlerisch und – na klar – diskriminierend.

Das fängt schon an mit einer Anrede wie „Sehr geehrte Damen und Herren“. Machen wir uns nichts vor – wem ist es nicht schon einmal so gegangen, dass er ahnungslos einen Brief öffnete und sich angesichts dieser Ansprache dachte: „Moment mal, ich empfinde mich weder als Frau noch als Mann. Eine Unverschämtheit!“ Aus diesem Grund wird sich diese ausgrenzende Formulierung „in Zukunft auf keinem Dokument der Frankfurter Stadtverwaltung mehr finden“.

Da es in der Bevölkerung natürlich einige störrische Esel – und Eselinnen – gibt, die sich erwartungsgemäß nicht einsichtig in diese neuen Sprach-Maßstäbe fügen werden, wurde extra eine Broschüre mit dem Titel „Hilfreiche Tipps und gute Argumente für eine geschlechtergerechte Sprache“ entwickelt. Von den Grünen Rosemarie Heilig und Stefan Majer. Die Herausgeberin (!) dieser Handreichung, wie es im Impressum der Broschüre heißt, ist das Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main.

Personaldezernent und Autor Stefan Majer betont auf der Homepage der Stadt Frankfurt:

„Es ist wichtig, dass sich in der stadtinternen Kommunikation und auch nach außen in die Stadtgesellschaft hinein alle Menschen von uns angesprochen und eben nicht nur mitgemeint fühlen. Deshalb kann die Stadtverwaltung hier Vorbild sein und in ihren Briefen und Veröffentlichungen auf eine geschlechtergerechte Sprache achten. Das ist auch eine kleine Umgewöhnung für mich, aber das mache ich für mehr Geschlechtergerechtigkeit mit voller Überzeugung. Die hierfür entwickelte Handreichung bietet dafür wertvolle Vorschläge und Umsetzungsinstrumente.“ 

Die Vorgaben, um diesen Missstand zu beenden

In der Broschüre heißt es:

„Geschlechtergerechte Sprache hat viel mit einer inneren Haltung zu tun. Und mit der eigenen Entscheidung, auch mit unserer Sprache, mit unserer Wortwahl und den (Sprach-)Bildern, die wir benutzen, für die Werte unserer Gesellschaft einzutreten und zu Gleichberechtigung, Chancengleichheit und gelebter Vielfalt beitragen zu wollen. Werte, für die besonders die Stadt Frankfurt und ihre Stadtverwaltung stehen.“

Frauen und Männer sollen sich gleichermaßen angesprochen fühlen (was sie durch die allgemein gebräuchliche Pluralform grundsätzlich nicht täten, was damit implizit unterstellt wird) und außerdem jene Non-Binäre, die sich weder klar als Mann noch als Frau empfinden, miteinbezogen werden.

Die Vorgaben, um diesen Missstand zu beenden, sind klar: Die Verwendung von Doppel-Kurzformen („Unser Tipp“, wie die Bedienungsanleitung generös festhält) – also beispielsweise „Liebe Mitarbeiter*innen; liebe Mitarbeiter:innen“ oder etwa „liebe Mitarbeiter_innen“. Beim Sprechen kann man dann an der entsprechenden Stelle einfach eine Lücke lassen. Wie das geht, können alle Ungeübten in diesem Beitrag erfahren. Die Broschüre erklärt hierzu: „Bei Gender*stern, Gender_gap und Doppelpunkt wird der optische Zwischenraum mit einem kurzen Stopp beim Sprechen auch hörbar gemacht, etwa wie bei 'The-ater'.“

Ebenfalls zu empfehlen ist der Einsatz der berühmten nominalisierten Partizipien wie „Mitarbeitende, Studierende, Teilnehmende“. Das beste, wirkungsvollste und übersichtlichste, um die Gleichheit aller Geschlechter auszudrücken, ist natürlich die Praxis, einfach gar keine Personen mehr in seiner Rede vorkommen zu lassen. Das geht durch Passiv-Formen wie „Die Kurskosten müssen aus eigener Tasche bezahlt werden“ anstatt „Die Seminarteilnehmer bezahlen die Kurskosten aus eigener Tasche“ oder „Lehrkraft“ und „Fachkraft“ statt „Lehrer/-in“ oder „Fachmann und Fachfrau“.

Die schlaue Broschüre schlägt außerdem vor: „Und wie wär’s mal mit einem Adjektiv statt eines Nomens? Also 'ärztlicher oder fachkundiger Rat' statt 'Rat eines Arztes oder Fachmanns', wenn nicht gerade eine bestimmte Person damit gemeint ist.“ Die höchsten Weihen der schönen neuen Sprachwelt erreicht jedoch, wer das ganze noch eine Spur abstrakter angeht. „Professur“, „Präsidentschaft“, „Team“ oder „Leitung“ sind das Nonplusultra, um garantiert keine menschliche Geschlechtsform mehr auszuschließen.

Ich glaube ja ohnehin schon seit langem, dass das Problem für die permanente Ungleichheit in der menschlichen Natur begründet liegt. Was müssen wir auch alle so unterschiedlich und individuell auf die Welt kommen, dass man uns voneinander unterscheiden kann? Ich finde, Individualität gehört abgeschafft! Denn, wie erreicht man wahre Gleichheit? Genau, durch Gleichmacherei! Das hat schon der Sozialismus erkannt. Wir lernen einfach nicht dazu.

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Karlheinz Patek / 15.11.2020

Wer Post bekommt mit “Sehr geehrte Damen und Herren” oder “Lieber Leser, liebe Leserin oder etwas ähnliches , “liebe Eltern” geht auch und sich dann NICHT angesprochen fühlt sollte sich vor den Zug schmeissen, zum Wohle aller, mit Ausnahme des Zuges vielleicht. Punkt. Aber nicht den 99,9999% erklären/vorschreiben wie sie sich zu verhalten haben.

Emmanuel Precht / 15.11.2020

Das werden mohammedanische Bartträger*innen sicherlich begrüßen, wenn m/w/d (Schwedisch:hon) zum Amt eingeladen werden. Wohlan…

Edward von Roy / 15.11.2020

Man probiere sie aus, die weibliche grammatische Form zu Häftling - Insasse - Landstreicher - Gast - Anrainer. Hm, heißt es sehr geehrte Gästinnen oder sehr geehrte Gastinnen ...? Und welcher gute Nachbar (er oder sie) stammelt bei der Begrüßung: “Liebe Anrainerinnen und Anrainer”? Drei Frauen erwischt beim Klauen, verhaftet wurden alle “drei Einbrecherinnen, alle 3 Diebinnen”. Bemerkenswert, dass diejenigen, die in Deutschland so laut die geschlechtergerechte Sprache fordern, verstummen, wenn es um die Forderung nach gleichen Rechten von Mann und Frau in Pakistan oder im Iran geht - oder um gleichen Lohn für gleiche Arbeit in Europa.

Ellen Vincent / 15.11.2020

@ Christian Jensen , Zitat: “Auflösung nach Neudeutsch: Studierendevertretende”. Sehr schön!! Und bald müssen die Grünenden sich noch auf eine*n Kanzeldenkandidierende*n festlegen! Man darf ja niemand:e:n:s ausschließen. Ich hoffe, sie bleiben auch in dieser Ankündigung ihrem Neusprech treu, denn sonst werde ich sie unmittelbar bei der Neusprech-Behörde melden! Sind die Deutschen eigentlich das einzige Volk auf Erden, das sich freiwillig eine Sprachstörung auferlegt? Normalerweise sucht man bei einer Sprachstörung Hilfe…

Kurt Müller / 15.11.2020

Vorletztes Jahr musste ich dienstlich nach Frankfurt a. M. und bin mit der Bahn hingefahren (BahnCard seit 1990, die mir meine Großmutter gekauft hat, um mit mir in den Westen zu fahren, um zu gucken, wie es da aussieht). Ich musste zum VDMA (Verein deutscher Maschinen- und Anlagenbauer e. V. ) nach Frankfurt Niederrat, eine Sitzung für eine neue Norm. Und ich hatte mich ordentlich angezogen und so eine Art Aktentasche dabei, hatte geputzte Schuhe und diese Scheitelfrisur, die ich seit jeher habe, seitdem sie mir meine Mutter eben so hingekämmt hat. Ich bin in der S-Bahn vom Hautpbahnhof nach Niederrat und zurück echt noch nie so lange so oft so feindseeling angegesehen worden, hinwärts wie rückwärts, ich dachte, die gehen mir hier gleich an die Gurgel. Diese finsteren, minutenlangen Blicke der komischen Typen mit klebrigen Haaren und oft mit Bierflasche in der Hand in der Bahn - da hatte ich das einzige Mal im Leben wirklich Angst. Und dann bin ich mal vor der Abfahrt vor den Hauptbahnhof und etwas in die Stadt reingelaufen, weil mich die minütlichen Durchsagen ‘Passen sie auf ihr Gepäck auf’  genervt haben. Einen Bahnangestellten habe ich nach der Schalterhalle gefragt, der kannte das Wort nicht ... ich habe noch nie im Leben derarig viele verwahrloste Leute, widerwärtige oder sich wegschubsende Menschen und so viele offenkundige Drogenhändler gesehen. Der Kilometer vom Frankfurther Bahnhof ... völlig irre. Natürlich Polizeiansatz und mit einer Jagdszene und Verhaftung gleich an der ersten Ampel, was auch sonst. Die Stadt von Göthe - sehr lustig. Die Stunde der Abfahrt war die glücklichste Stunde meines Lebens, ich fahre dort niemals wieder freiwillig hin, auch nicht auf Einladung des VDMA’s, was eigentlich eine große Ehre im Ingenieursleben darstellt. Aber ich wünsche den Drogenhändlern in Frankfurt und ihren Verstehern in Berlin viel Glück, vielleicht finden sie mit einer gendergerechten Sprache im Neuen Deutschland doch noch zueinander und verstehen sich dann.

Marlies Schneider / 15.11.2020

Um niemanden zu diskriminieren, wurden in Schreiben der Bildungsverwaltungen zunächst die Begriffspaare „Schülerinnen und Schüler“ sowie „Lehrerinnen und Lehrer“ verwendet. Zunächst. Inzwischen ist vielfach (aus Schreibfaulheit?) nur noch von „SuS“ und „LuL“ die Rede.

Klaus Keller / 15.11.2020

An Ellen Vincent: Sie schreiben: Aber Moment, die Antifa geht ja mittlerweile auf die Strasse, um für die Einhaltung von Söders Corona-Regeln zu demonstrieren… Die Antifa war schon immer gegen das Vermummungsverbot. PS Ich würde allerdings die israelische Praxis übernehmen Steinewerfern ein Loch ins Bein zu schießen. Daran stirbt keiner man findet die Leute aber wieder und die Zahl derer die Steine werfen will könnte abnehmen. vgl Grenze zum Gazastreifen 2018.

giesemann gerhard / 15.11.2020

Wenn die das mit dem Moslem machen, dann schneiden die denen die Hälse durch - diesmal völlig zu Recht. Le sourire des Berbères. Wie läuft das so in Offenbach?

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