René Zeyer, Gastautor / 06.08.2019 / 13:36 / Foto: Usien / 65 / Seite ausdrucken

Hau den Trump!

Seine Wahl bedeutete das Ende der Welt. Jedenfalls der Welt, wie sie der «Spiegel» kannte. Er ist ein Rassist, mit ihm hat der Faschismus in den USA die Macht ergriffen, wie Jakob Augstein schon früh erkannte. Jetzt ist Trumpr auch noch ein mitschuldiger Heuchler.

„Unsere Nation muss Rassismus, Fanatismus und White Supremacy verurteilen", also den Glauben an eine weiße Überlegenheit. „Hass hat keinen Platz in unserem Land", fuhr Donald Trump fort, er verurteile „Hassverbrechen" und „einheimischen Terrorismus". Zudem forderte er die Todesstrafe für Amokläufer wie den Massenmörder von El Paso; der andere Irre in Dayton war von der Polizei erschossen worden.

Seit den Zeiten von Barack Obama gab es keine so klare Distanzierung eines amtierenden Präsidenten, keine so klare Verurteilung von rassistisch motivierten Verbrechen. Dass der gleich präventiv mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Obama bis zum Ende seiner Amtszeit die Kill List weiterführte, was soll’s. Die war von Bush Junior nach 9/11 eingeführt worden. Einmal wöchentlich wird dem Präsidenten eine Liste von mutmaßlichen Terroristen vorgelegt, die er abnickt. Die werden dann überall auf der Welt, meistens durch den Einsatz von Drohnen, umgebracht. Oft mit Kollateralschäden, gelegentlich wird auch eine ganze Hochzeitsgesellschaft in die Luft gesprengt.

Über solche Widersprüchlichkeiten sah man bei der Hoffnung im Weißen Haus wohlwollend hinweg. Und bei Trump? Wie eigentlich immer bringt der „Spiegel“ alles auf den Punkt, woran der Haltungs-Journalismus krankt. Vor Häme triefend, das ist noch untertrieben als Beschreibung des Totalverrisses „Trumps leere Worte“. Einen Satz des Lobes ringt sich das Nachrichtenmagazin ab: „Seine Worte stimmen.“ Der geht aber völlig unter in einem Meer von Schmähkritik.

Trump habe versucht, die Rolle eines Trösters zu spielen, aber wie ein Roboter habe er seine Rede vom Teleprompter abgelesen. Mit seiner Rhetorik habe er den Boden bereitet für solche Verbrechen. In seiner Rede mache er alles Mögliche dafür verantwortlich, „nur nicht das von ihm selbst angeheizte politische Klima“. Damit „verweigert sich Trump jedoch sowohl dem ideologischen Kontext dieses nationalistischen Terrors, als auch seiner eigenen Mitverantwortung“, belehrt ihn das Blatt aus Hamburg.

Elmar Theweßens kühner Bogen  zur AfD

Die beste Methode, um die völlige Absurdität einer Kritik zu demaskieren, ist ihre Befolgung. Trump hätte also in freier Rede seine Mitverantwortung für diese Verbrechen eingestehen sollen, sie zudem in einen ideologischen Kontext – was immer das sein mag – stellen müssen, und am besten dann noch seinen Rücktritt erklären.

Aber der „Spiegel“ ist natürlich nicht alleine in der Verurteilung der „Lippenbekenntnisse“ des US-Präsidenten. Auch das ZDF sieht Trump „im Fokus“, erwähnt prominent die Kritik eines demokratischen Präsidentschaftsbewerbers, der zwar chancenlos ist, aber die Gelegenheit ergreift, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, indem er Trump vorwirft, der schüre den Rassismus. Und der vormalige Terrorismus-Experte und aktuelle Washington-Korrespondent des ZDF nennt das Massaker von El Paso „beim Namen: Es ist Terrorismus.“ Nicht etwa ein Akt der Feigheit, wie Trump formulierte, weist auch Elmar Theweßen den Präsidenten zurecht.

Aber der ist gar nicht Zielscheibe seines Kommentars. Über die Gefahr durch Terrorismus im Allgemeinen, die Taten der linken RAF im Speziellen schlägt er einen kühnen Bogen zur Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke, zur Pegida und natürlich zur AfD. Der US-Präsident sei „mitschuldig“ an den Massakern, der „rechte Terror“ sei derzeit „die größte Bedrohung der Demokratie“, weiß Theweßen. Und da dachte man doch, der Terror islamischer Wahnsinniger sei die größte Bedrohung; gut, dass einen der Terrorismus-Experte des ZDF aufklärt, dass das ein Irrtum ist, und an der wahren Bedrohung der Demokratie ist dann erst noch der US-Präsident mitschuldig, meiner Treu.

Auch die FAZ zeigt, dass nicht immer ein kluger Kopf dahintersteckt. „Demokraten machen Trumps Rhetorik für Attacke mitverantwortlich“, titelt das Blatt der tiefen Denke und Analyse. Die „Welt“ kritisiert, dass nach seiner Rede die „Einlassungen“ des Präsidenten „weit weniger staatstragend“ daherkämen. Wie das? Trump forderte auf Twitter, Berichterstattung müsse „fair, ausgewogen und unparteiisch sein“, dabei hätten die Medien „eine große Mitverantwortung für Leben und Sicherheit in unserem Land“. Damit schiebe er den Medien Mitverantwortung zu, kritisiert die „Welt“. Und dabei hat Trump nicht mal die deutschsprachigen Medien gelesen.

Nur die NZZ bewahrt, wie meist, einen kühlen Kopf und konzentriert sich auf Berichterstattung, „Schiesserei in Trumps Amerika“, das ist ein Titel, der die schrecklichen Ereignisse gültig zusammenfasst. Wer aber nicht die NZZ liest, und das ist in Deutschland doch die überwältigende Mehrheit, muss einen ganz anderen Eindruck gewinnen. Obwohl, „bild dir deine Meinung“, die immer noch auflagenstärkste Zeitung in Deutschland eher ausgewogen über die Versuche der Demokraten berichtet, Trump eine Mitschuld in die Schuhe zu schieben. So erwähnt „Bild“, dass deren momentan aussichtsreichster Kandidat, Ex-Vizepräsident Joe Biden, sich mit Schuldzuweisungen sehr zurückhält. Denn er wisse, dass die Wurzeln viel tiefer reichen und es schon „vor Trump in den USA Blutbäder dieser Art gab“.

Einäugige Demagogie als Analyse

Eigentlich unglaublich, dass ein Blatt mit den ganz großen Buchstaben auf Zusammenhänge und Hintergründe hinweist, die den Meistern der tiefschürfenden Analyse in den sogenannten Qualitätsmedien entgehen. Wer wie Theweßen sein eigenes Süppchen kochen will und die US-Massaker dafür missbraucht, gegen rechten Terror in Deutschland und seine mutmaßlichen Sympathisanten bei Pegida und AfD vom Leder zu ziehen, disqualifiziert sich selbst.

Der „Spiegel“ sollte endlich den Ausdruck „Nachrichtenmagazin“ streichen. Wenn er irgendwo „Analyse“ draufschreibt, dann ist einäugige Demagogie drin. Die allerdings so durchsichtig und flachbrüstig vorgetragen wird, dass der Autor alleine schon für diese Beleidigung der Intelligenz des Lesers zur Verantwortung gezogen werden müsste. Gegen das, was Marc Pitzke aus New York hier absondert, war die deutsche Frontberichterstattung im Ersten Weltkrieg geradezu ein Ausbund an unparteiischem und objektivem Journalismus.

Man möchte ihm wirklich fürsorglich zurufen: Das bringt doch nichts, dermaßen gegen die Wirklichkeit anzuschreiben, nicht zu sagen, was ist. Für wie dumm hält er denn den „Spiegel“-Leser? Aber nicht nur er, ach so viele lassen einen an ein Gedicht von Kurt Tucholsky denken. Tucholsky? Einfach mal googeln. Der schrieb als Theobald Tiger in der Weltbühne schon 1931 seherisch: „O hochverehrtes Publikum, bist du wirklich so dumm?“ Um zum Fazit zu gelangen: „Es lastet auf dieser Zeit, der Fluch der Mittelmäßigkeit. Hast du so einen schwachen Magen? Kannst du keine Wahrheit vertragen? Bist also nur ein Grießbrei-Fresser? Ja dann ... Ja dann verdienst du’s nicht besser.“

Damals waren nun alles andere als mittelmäßige Zeiten. Aber in den aktuellen Zeiten ersaufen wir in ganzen Grießbrei-Seen. Ich fordere daher, dass die ganze Haltungs-Journaille, die dem neuen Juste Milieu nach dem Mund schreibt und es mit Grießbrei einschmiert, in Andenken an den großen Kurt Tucholsky das Wort Brei im Namen seiner Publikation tragen muss. Ich weiß, fordern kann man viel. Aber das würde doch immerhin etwas die Verhältnisse klären.

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Leserpost

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margit kästner / 06.08.2019

Diese transatlantischen Waldorf Journalisten können den Namen Trump nicht tanzen , verständlich , O-BA-MA stampft sich einfacher .

P. F. Hilker / 06.08.2019

Pitzke, Thewessen und Co sind vom Hass auf Trump völlig zerfressen. Hier kann man zurecht von Instrumentalismus sprechen. Es wird blindwütig und völlig einseitig argumentiert und auf jemanden eingedroschen. Das ist Populismus und zwar in seiner übelsten Form. Es ist einfach widerwärtig, das mit ansehen zu müssen.

K.H. Münter / 06.08.2019

Da hat es doch in Deutschland jüngst einige “Vorkommnisse” gegeben z.B. an Gleis 7 oder im Fasanenhof. Blut ist da auch geflossen aber von einer Rede zu den “Vorkommnissen” von der Frau Dr. Merkel habe ich nichts mitbekommen. Diesbezügliche Forderungen aus den Reihen deutscher Qualitätsmedien vermisse ich. Aber so eine Rede käme inzwischen auch reichlich spät.

B. Ollo / 06.08.2019

Es gab da doch vor einiger Zeit den Terrorverdacht in Thüringen oder Brandenburg, wo ein Mitarbeiter der Partei die Linke im großen Stil Chemikalien bestellt hatte und aufflog? Nach seiner Verhaftung wurde er durch die Intervention des dortigen Justizministers auf freien Fuß gesetzt. Das kam mir gerade in den Sinn und die Frage, was aus dem eigentlich geworden ist? Bei Google kann ich den Fall nicht finden. Vielleicht kann mir da jemand helfen?

Frank Volkmar / 06.08.2019

Es stehen eben Wahlen in zwei Bundesländern an und es wird bis zum Wahltag ein fortgesetztes Stakkato an Propaganda geben. Die Kanzlerin wird fürsorglich herausgehalten, Verbrechen verniedlicht (siehe “Schubsen”) bzw. klein geredet oder ignoriert, wenn sie denn auf der falschen Seite stattfinden. Stattdessen Trump mit seinem “HASS” und der konstruierten Verknürfung mit der AfD. Propaganda in Reinstform. Am interessantsten sind zum Beispiel Moderatoren, die in ein Gespräch einleiten mit : “... viele sagen das”, dann auch “viele sagen das Trumps Rethorik sei mit vernatwortlich für die Taten”. Eine sachliche Analyse der Situation zwischen Republikanern und Demokraten ? Nein, stattdessen nur “viele sagen über Trump”. Julius Streicher wäre verzückt gewesen !

Frank Pressler / 06.08.2019

Findet sich bei den hier zitierten journalistischen Spitzenkräften eigentlich auch die Nachricht, dass der Attentäter von Dayton ein Gegner von Trump und ein Unterstützer von Elizabeth Warren sein soll?

Dr. Joachim Lucas / 06.08.2019

Das gleiche Spiel haben sie in den 80iger Jahren mit Ronald Reagan gemacht: “Der schlimmste Präsident”, “will den Atomkrieg” usw. Das historische Ergebnis ist bekannt. Damals, in jungen Jahren habe ich es dem Spiegel geglaubt; war ja ein Blatt für (gefühlte) Intellektuelle. Damals war die Zeitung was fürs linke Herz, aber fürs Hirn war sie damals schon nicht. Und so ist es bis heute nicht nur geblieben sondern sie ist total auf den Hund gekommen.

Johannes Schuster / 06.08.2019

Das Land der größten Rassenhetzer und Stammtisch - Antisemiten sollte doch bei sich die gleichen Maßstäbe anlegen, wie in der Bewertung der Außenpolitik. Und wenn man aufgehört hat Schwertschlächter und Kindermörder mit ICE als Tatwaffe zu importieren und Flüchtlingslager keine Amnestieanstalten für Kriegsverbrecher mehr sind, dann, und auch erst dann darf sich ein zärgliches deutsches Stimmchen mit einem dezenten Einwand erheben….

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