News-Redaktion / 18.09.2019 / 06:22 / Foto: Remi Jouan / / Seite ausdrucken

„Globaler Umweltpakt“ vorerst gescheitert

Im Dezember 2018 wurde der „Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“ (kurz: UN-Migrationspakt) in Marrakesch von 164 UN-Mitgliedstaaten angenommen. Das Vorhaben war umstritten, einige Staaten stiegen aus, weil sie befürchteten, dass durch die internationale Vereinbarung unerwünschte Migration zusätzlich gefördert werden könnte. Die deutsche Bundesregierung unterstützt den Pakt, den das Außenministerium als „als rechtlich nicht bindend, aber politisch verpflichtend konzipiert“ bezeichnet.

Weniger bekannt ist ein ähnliches Vorhaben, an dem eine internationale Juristengruppe seit 2017 arbeitet. Der sogenannte „Globale Umweltpakt“ gilt als Herzensprojekt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und wird auch vom UN-Generalsekretär Antonio Guterres unterstützt.

Auf der Website der Initiative findet man in deutscher Sprache einen „Vor-Entwurf“ für das Abkommen. Das Dokument aus dem Jahr 2017 enthält ein Bündel an Maßnahmen, etwa eine Stärkung des Verursacherprinzips, indem künftig jene die Kosten für die Prävention und Sanierung von Umweltschäden tragen müssen, die dafür verantwortlich sind. Enthalten ist auch ein schwammiges „Recht auf eine ökologisch gesunde Umwelt“, außerdem soll „jeder Staat oder jede internationale Institution, sowie jede natürliche oder juristische Person öffentlichen oder privaten Rechts“ dazu verpflichtet werden, die Umwelt zu schützen. Dabei gilt offenbar die Losung „vorwärts immer, rückwärts nimmer“, denn der Entwurf sieht auch ein sogenanntes „Rückschrittsverbot“ vor, das die Abschwächung bereits geltender Umweltregelungen unterbindet.

Auch darf etwaiges „Fehlen von wissenschaftlicher Gewissheit“ kein Grund sein, Maßnahmen zum Umweltschutz aufzuschieben – die Autoren schreiben somit das umstrittene Vorsorgeprinzip fest. Der Passus „die gegenwärtigen Generationen achten darauf, dass sie durch ihre Entscheidungen und Handlungen die Fähigkeit kommender Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse decken zu können, nicht beeinträchtigen“, verankert eine geläufige Definition des Nachhaltigkeitsprinzips. Auch dieser Imperativ ist schwammig, denn wer könnte angesichts des technischen Fortschritts ernsthaft behaupten, die Bedürfnisse kommender Generationen zu kennen? Schließlich verpflichten sich die Vertragsstaaten, die Umsetzung des Paktes durch nichtstaatliche Akteure und die Zivilgesellschaft und „die Verbreitung von Informationen mit erzieherischem Charakter über Ökosysteme und über die Notwendigkeit von Umweltschutz und Umwelterhalt“ zu fördern.

Zunächst sah es so aus, als würde der Pakt Realität werden. Im September 2017 präsentierte Macron das Vorhaben bei der UN in New York und im Mai 2018 verabschiedete die UN-Generalversammlung die Resolution „Auf dem Weg zu einem globalen Pakt für die Umwelt“. Diese sah die Gründung einer internationalen Arbeitsgruppe vor, die unter anderem mögliche Lücken im internationalen Umweltrecht sowie „Notwendigkeit, Umfang, Parameter und Machbarkeit eines internationalen Instruments“ untersuchen und diskutieren sollte.

Nun ist das Vorhaben jedoch offenbar ins Stocken geraten. Im Mai 2019 veröffentlichte die Arbeitsgruppe ihren Abschlussbericht. Darin sprach sie sich gegen die Idee eines Globalen Umweltpakts und für eine Reihe anderer umweltpolitischer Maßnahmen aus. Am 30. August 2019 wurden diese Empfehlungen von der UN-Generalversammlung formal in einer Resolution angenommen.

Hauptgrund für das vorläufige Scheitern des Globalen Umweltpakts war laut einem aktuellen Bericht der „Baseler Zeitung“ die Tatsache, dass die Bestimmungen des Abkommens – anders als beim UN-Migrationspakt – rechtlich verbindlich seien sollten. Hierfür habe es unter den UN-Mitgliedstaaten kaum Unterstützung gegeben. „Der Pakt ist international vom Tisch“, zitiert die „Baseler Zeitung“ den Leiter der Abteilung Internationales beim schweizerischen Bundesamt für Umwelt, Franz Perrez.

Könnte das Projekt wiederauferstehen, etwa in Form eines Abkommens, das wie der Migrationspakt nicht rechtlich bindend, aber politisch verpflichtend, also eine Form von „Soft Law“, ist? Das befürchtet zumindest die konservative Schweizerische Volkspartei (SVP). „Denken Sie wirklich, dass diese Ideen vom Tisch seien? Wir sind nicht naiv“, zitiert die „Baseler Zeitung“ den Fraktionschef der SVP, Thomas Aeschi. Auch wenn die Resolution im Moment vielleicht nicht wie ursprünglich geplant verabschiedet werde: „Die darin aufgeführten Absichten werden mit Sicherheit anderweitig weiterverfolgt.“ Auch beim Migrationspakt sei wochenlang abgewiegelt worden. „Am Schluss präsentierte die Verwaltung dann trotzdem ein Abkommen, nahe bei dem, was sie sich ursprünglich vorgestellt hat.“

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