Jesko Matthes / 24.05.2017 / 13:00 / Foto: Hohum / 11 / Seite ausdrucken

Gleichmut ohne Wehrhaftigkeit ist Feigheit

Von Jesko Matthes: 

United we standtwitterte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel nach dem IS-Morden von Manchester. Angesichts eines Terroranschlags auf Kinder und Jugendliche bei einem Popkonzert ausgerechnet Popmusik zu zitieren, könnte noch als seine übliche Geschmacklosigkeit durchgehen, wüsste man nicht, dass musikalische Geschmacklosigkeiten anlässlich von IS-Terror bei der SPD nichts Neues sind: Auch Gabriels kongenialer Genosse Ralf Stegner hat sich anlässlich des IS-Mordens auf dem Berliner Breitscheidplatz durch Anis Amri schon in dieser Weise hervorgetan, als er in seinem täglichen Musiktipp „it's hard to say Goodbye“ von Michael Ortega empfahl.  

Der Kanzlerin neue Plattheiten

Zum Trost für die Genossen hat auch die Kanzlerin in der ihr eigenen, unnachahmlichen Art reagiert:

Mit Trauer und Entsetzen verfolge ich die Berichte aus Manchester. Es ist unbegreiflich, dass jemand ein fröhliches Popkonzert ausnutzt, um so vielen Menschen den Tod zu bringen oder ihnen schwere Verletzungen zuzufügen.  

Psychologen hätten mittlerweile genügend Anlass, über den oberflächlichen, impressionistischen Sprachstil einer Histrionikerin zu spekulieren. Denn man könnte meinen, es sei ihr, der Kanzlerin, auch schon auf dem Breitscheidplatz aufgefallen, als sie „die Berichte verfolgte“, wie „unbegreiflich“ das ist, einen „fröhlichen“ Weihnachtsmarkt für Zwecke des Terrors „auszunutzen“. Wäre der Terror also der Kanzlerin begreiflicher, wenn er ein trauriges Popkonzert oder einen traurigen Weihnachtsmarkt getroffen hätte?

Zynische Pilotenwitze

Gegen derartig widerliche verbale Geschmacklosigkeiten helfen eventuell alte zynische Pilotenwitze. Sie sind aus den späten 1970er und 1980er Jahren überliefert. Damals bediente sich der Terror der Entführung von Flugzeugen und besonders häufig traf es die „Trans World Airlines“, TWA. Unbegreiflich war das vor allem für die Piloten selbst und sie witzelten: TWA? Terrorists welcome aboard. Von Piloten der Deutschen Lufthansa ist dagegen folgende Auflösung des Namens der israelischen Fluglinie „El Al“ (wörtlich: „nach oben“) überliefert: Sie deuteten ihn als Akronym für Entführer landen als Leichen. Das ist der kleine, entscheidende Unterschied im Umgang von Sicherheitsbeauftragten mit dem Terror: Türen auf und „stoisch“ weiter den Terror an Bord lassen oder stoische Wehrhaftigkeit?

Vereint in Peripetie und Katastrophe?

Gleichmut ohne Wehrhaftigkeit ist Feigheit, nicht mehr als das Pfeifen in einem dunklen Keller, so leise, dass diese vorlaute, leisetretende Politklasse schon meinte, die Opfer am Breitscheidplatz vielleicht ganz ohne jegliches Gedenken abspeisen zu können.

Bei dieser verlogenen Variante stehe ich mit niemand vereint, schon gar nicht mit Sigmar Gabriel, Ralf Stegner oder Angela Merkel. Denn so lange diese Leute für sich vereint stehen, mache ich mir keine Hoffnungen: Ihre Reaktionen bleiben so selbstentblößend und ekelerregend wie sie nun einmal sind. Vereint stehen nur diejenigen, die erneut reichen Anlass finden, sich in ihrer Trauer und Hilflosigkeit im Stich gelassen zu fühlen.

Jesko Matthes ist Arzt und lebt in Deutsch Evern.

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Leserpost

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Dr. Inge Frigge-Hagemann / 24.05.2017

Wie wahr und gleichzeitig wie traurig es ist, dass sich die deutsche Politkaste weiter total feige und heuchlerisch artikuliert. Was muß noch passieren, damit sie ihr widerwärtiges Verhalten ab- legen und endlich HANDELN?

R. Kuth / 24.05.2017

Unsere Kanzlerin macht nur was sie immer macht: NICHTS! Sie lässt alles laufen, deshalb haben Linksradikale und grün-sozialistische NGOs überhaupt so viel Einfluss unter einer CDU (!) geführten Regierungskoalition gewonnen. Man versetze sich mal gedanklich in frühere Jahrzehnte unter Adenauer oder Strauss (obwohl man die auch nicht unbedingt toll gefunden haben muss) - selbst unter Helmut Schmidt hätte es so was aber nie und nimmer gegeben.

Marcel Seiler / 24.05.2017

Das angebliche Mitgefühl wirkt so unglaubwürdig, weil es sich so gar in Taten ausdrückt, die künftige Terroranschläge verhindern könnten. Diese Äußerungen des Mitgefühls wirken auf mich daher wie eine riesengroße Heuchelei. — Und wir brauchen natürlich nicht nur Mitgefühl, sondern ebenso, vielleicht sogar noch mehr, tatkräftige, hellsichtige Wut, die Anschläge wie diese in Zukunft unmöglich macht oder jedenfalls vermindert. Diese sehr natürliche, sinnvolle Wutreaktion hat sich unsere politische Klasse, ja das ganze Land, offenbar selbst ausgebaut. Das kann man in der Tat feige nennen. Oder einfach nur dekadent, sich selbst dem Untergang weihend.

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