Henryk M. Broder / 24.05.2011 / 16:29 / 0 / Seite ausdrucken

Gesine glüht nicht

Gesine Lötzsch, die charmante, liebenswürdige und immer humorige Vorsitzende der Linkspartei, ist zum zweiten Mal mit ihrem Begehren gescheitert, der BZ eine EV reinzuwürgen. Gegenstand des Verfügungsverfahrens war ein Kommentar von Reinhard Mohr, in dem er sich mit der Einstellung zur Atomkraft in der DDR (gut) und in der BRD (böse) beschäftigte. Konkret ging es um den Satz, die Antragstellerin, also Frau Lötzsch, sei “zu DDR-Zeiten noch glühende Anhängerin des atomar gestützten sozialistischen Fortschritts” gewesen, dessen Verbreitung Frau Lötzsch der BZ und Mohr verbieten lassen wollte, da sie sich   in ihrem “Persönlichkeitsrecht” verletzt fühlte.

Die Pressekammer beim Berliner Landgericht wies ihren Antrag auf Erlass einer EV zurück, jetzt bestätigte das Berliner Kammergericht die Entscheidung der Vorinstanz. Von einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts könne keine Rede sein.

Nun ist es so, dass Frau Lötzsch von 1984 bis zum Ende der volkseigenen DDR-Party Mitglied der SED war und danach ihr Parteibuch nur umschreiben lassen musste, zuerst auf die PDS, dann auf die Linkspartei. Ihr vorzuwerfen, sie sei eine “glühende Anhängerin des atomar gestützten sozialistischen Fortschritts” gewesen, ist gleich aus zwei Gründen unzulässig. Erstens kann sich niemand Frau Lötzsch beim Glühen vorstellen, zweitens hat es in der DDR keinen sozialistischen Fortschritt gegeben, weder einen atomar gestützten noch einen anderen. Was es gab, war eine Diktatur durchgeknallter Kleinbürger, die eine religiöse Sekte namens RES (real exstierender Sozialismus) gegründet hatten, um nicht in der Produktion oder auf dem Bau arbeiten zu müssen. Dieses Privileg überließen sie dem Fussvolk des RES, das zum Nacktbaden mit einer Seifenkiste namens Trabant anrollen durfte.

Frau Lötzsch ihrerseits trat der SED nur bei, um die Partei zu unterwandern. Sie war schon immer für Reisefreiheit und gegen staatliche Willkür, für freie Wahlen und gegen Versammlungsverbote, hat zu Hause Biermann gehört, Ernest Mandel gelesen und am liebsten “Tatort” gesehen. Daran sollte jeder denken, der über sie schreibt, sonst droht eine EV.

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