Gemüsekunde statt Mathe – meine Schulerinnerungen

Egal, ob man gemütlich durch die Berliner Straßen läuft oder ob man einen Blick in die Nachrichten wirft, man sieht sie einfach überall: kleine, kreischende und hüpfende „Aktivisten“. Mein erster Impuls ist immer derselbe – ich will diese rotzfrechen Gören am liebsten anschreien und ihnen um die Ohren hauen, was für einen grandiosen Mist sie den ganzen Tag von sich geben. Doch dann überkommt mich schnell eine viel tiefere Wut, die sich nicht gegen die Kinder richtet. Im Gegenteil. 

Die können für diesen ganzen Mist nämlich überhaupt nichts. Die Kinder kommen doch nicht von sich aus auf die Idee, für die Rettung der Welt vor der Klimaapokalypse zu demonstrieren. Normale Kinder wollen spielen, lernen und die Welt entdecken. Nicht auf der Straße stehen, um Phrasen zu brüllen, die sie überhaupt nicht verstehen. Die Erwachsenen missbrauchen ihre Kinder, um ihren eigenen verrückten Idealen Ausdruck zu verleihen und machen sie so zu einer neuen Generation heranwachsender Gutmenschen.

Als ich in Berlin-Kreuzberg aufwuchs, musste ich diese Indoktrination am eigenen Leib erfahren. Das fing natürlich schon bei meinen Eltern an, die die links-grüne Kreuzberger Lebensart voll verinnerlicht hatten. So richtig überzeugt und geformt wurde ich aber vor allem in der Grundschule.                                 

Ich hatte ein ausgewachsenes Autoritätsproblem

Ich besuchte eine inklusive Schule, die für nichts mehr stand als Toleranz und Gleichheit – die wichtigsten Eigenschaften eines guten Menschen. Das bedeutete für mich zunächst, in eine Klasse zu kommen, die zur Hälfte aus ausländischen Kindern bestand. Das allein war nichts Neues, es entsprach einfach nur den Verhältnissen der Menschen, die – wie ich – rund um die Schule wohnten. Neu war aber, dass man sich von verhaltensauffälligen und behinderten Kindern in keiner Weise unterscheiden durfte. Anfangs fiel mir das sehr schwer, weil ich vorher noch nie Kontakt zu schwerbehinderten Menschen hatte. Das geistig und körperlich behinderte Mädchen in meiner Klasse, das weder sprechen noch laufen konnte, machte mir Angst.

Mit der Zeit gewöhnte ich mich an sie und war später, genau wie alle anderen, absolut scharf auf den „Selin-Dienst“. Paarweise durften sich nämlich alle Kinder mal um Selin kümmern, und das bedeutete Fahrstuhl fahren und Mittagessen in der Kantine! Mir ging es dabei keine Sekunde darum, dem behinderten Mädchen wirklich zu helfen, auch wenn ich es niemals zugegeben hätte und mich insgeheim dafür schämte. Ich wollte einfach auch mal Fahrstuhl fahren, das durften normale Kinder nämlich nicht mal in Ausnahmefällen. Als meine Schwester sich im Sportunterricht den Fuß brach, ließ man sie sogar unter großen Schmerzen erst in den dritten Stock und dann wieder runter humpeln.

Ob ich in meiner Klasse auch verhaltensauffällige Kinder hatte, wurde offiziell nie bestätigt. Rückblickend bin ich mir bei drei Mitschülern aber ziemlich sicher. Genauso sicher, wie das Integrationsprogramm zumindest in der Hinsicht funktionierte, dass sich das Klassenklima und das ganze Niveau den vorlauten und asozialen Kindern unterordnete. Als ich eingeschult wurde, war ich ziemlich ängstlich und traute mich kaum, anderen Leuten meine Meinung zu sagen – als ich die Grundschule verließ, hatte ich ein ausgewachsenes Autoritätsproblem und eine ziemlich große Klappe. 

Strenge Brotbüchsenkontrolle

Der bessere Mensch ist aber nicht nur allumfassend tolerant, er ernährt sich auch gesund und achtet auf nachhaltige Landwirtschaft. Um das zu lernen, machten wir – gefühlt – bei jedem existierenden Bildungsprogramm mit. Statt Mathe lernte ich in „Schulobst- und Gemüseprogrammen“, dass man das Grünzeug fünfmal am Tag in sich reinschaufeln muss, wenn man nicht mit 30 tot umfallen will. Nachdem mir eine Woche lang mit tausend verschiedenen Krankheiten gedroht wurde und ich x Bilder von faulen Zähnen und extrem fettleibigen Leuten gesehen hatte, bekam ich davor wirklich richtig Angst. Zur Belohnung bekam ich dann aber zumindest eine Auszeichnung zum „Fünf-am-Tag-Kid“. 

Dann folgte aber auch schon der nächste Schritt: Als beurkundeter Gemüseaktivist durften meine täglichen Portionen nämlich auf keinen Fall aus genmutierten und chemieverseuchten Mörder-Möhrchen bestehen. Nur das Beste, also ausschließlich Bio, sollte es sein. Meinen Lehrern reichte die Angst-Indoktrination allein nicht aus, ich sollte echten Kampfgeist entwickeln. Dafür setzten sie auf unseren kompetitiven Ehrgeiz, und das hatte auch Erfolg: Für den wissenschaftlich und intellektuell überaus wertvollen Wettbewerb „Bio find ich Kuh-l“ legten wir uns richtig ins Zeug. Wir fuhren extra auf einen Bio-Bauernhof in Dahlem und drehten dort ein Aufklärungsvideo für den dämlichen Otto-Normalbürger.

Plötzlich ging es nicht mehr nur um Obst und Gemüse, sondern vor allem um die armen kleinen Tierchen, die in der Massenproduktion gequält wurden. Ich war schon von klein auf vernarrt in Tiere aller Art und war schockiert über die grausamen Dinge, die mir auf diesem Bauernhof erzählt wurden. Die kleinen süßen Schweinebabys, die sich vor mir so vergnügt im Dreck suhlten, sollten von ihrer Mutter getrennt und dann zusammengepfercht gemästet werden? Die schönen großen Kühe wund gemolken und die putzigen Küken einfach lebendig geschreddert? Zu jedem Tier gab es eine andere grausige Geschichte, die mir fast das Herz brach. So sehr, dass ich weinen musste. Ich wischte mir die Tränen aber schnell wieder aus dem Gesicht, bevor sie jemand sehen konnte und meldete mich tiefentschlossen für eine führende Rolle in unserem Aufklärungsfilmchen. 

Um zu überprüfen, ob wir unser neu erworbenes Wissen dann aber auch wirklich verinnerlicht hatten und – wenn nötig – auch noch unsere Eltern ausreichend terrorisierten, gab es alle paar Tage eine strenge Brotbüchsenkontrolle. Sobald das Kommando kam, mussten wir uns in Reih und Glied aufstellen und unsere Brotbüchse vor uns halten, sodass unsere Lehrerin rumgehen und jede einzeln mustern konnte. Ich hatte höllische Angst vor diesem Prozedere, weil jedes Mal mindestens ein Kind angebrüllt und vor allen anderen gedemütigt wurde – wegen der kleinsten Leckerbissen wie Weißbrot, Nutella oder gar Süßigkeiten. Ich bekam eh nur olles Graubrot mit Salat, trotzdem zitterten meine Hände vor Angst, wenn ich meine leuchtend grüne Brotbüchse vor mich hielt, die ich als Einschulungsgeschenk von Vertretern der gleichnamigen Partei bekommen hatte. Als meine Lehrerin mit strengem Blick von meiner Büchse aufsah und weiterging, ohne etwas zu sagen, fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Schon im nächsten Moment zuckte ich aber wieder zusammen, als sie ein anderes Kind erwischte, das mit seinem Essen die Kollektivmoral der Klasse bedrohte.

Mitgefühl um jeden Preis 

Bei dieser Moral darf Großherzigkeit und Mitgefühl natürlich auch nicht fehlen – wir waren ja schließlich alle Gutmenschen in Ausbildung. Neben der üblichen Propaganda von armen hungernden Kindern in Afrika und unserer eigenen Konsumgeilheit und Verschwendungssucht wurden uns diese Tugenden dann aber mit wirklich brutalen Methoden aufgezwungen. Als 2004 der große Tsunami hunderttausende Menschen in Südostasien das Leben kostete, mussten wir uns im Unterricht eine kurz danach erschienene Reportage über das Unglück ansehen.

Sie zeigte nicht nur die tragischen Geschichten einzelner Menschen, die fast gestorben wären und ihre Angehörigen verloren hatten, sondern auch die zerstörte Umgebung. Ich werde den Moment nie vergessen, als der Sprecher sagte: „Es hängen tote Tiere und tote Kinder in den Bäumen.“ Diese Bilder haben sich bei mir tief eingebrannt, genau wie die Totenstille in meiner sonst so lauten Klasse. Sie wurde erst durchbrochen, als ein Mädchen anfing zu weinen. Ich war damals acht Jahre alt und genau wie die meisten anderen vorher noch nie mit dem Tod konfrontiert worden. Ich war erstarrt und schockiert – so sehr, dass ich viele Nächte lang immer wieder von den schrecklichen Bildern träumte. 

Die Absicht hinter dieser „Schocktherapie“ war, uns anschließend zu nötigen, sofort an den Spendenaktionen teilzunehmen. Statt mit uns über die fürchterlichen Bilder und Geschehnisse zu sprechen, gab es nur einen schlichten, aber fordernden Appell: Wir sollten entweder unser eigenes Schulmaterial spenden oder neues kaufen, was wir den Kindern in Thailand und Indonesien zuschicken konnten. Ich hatte in diesem Moment keinen Zweifel daran, dass dies das einzig Richtige war. Genauso wenig, wie ich bezweifelte, dass sie in dieser fürchterlichen Lage gerade unsere Federmäppchen, Stifte und Blöcke brauchten. Also warf ich beinahe alles in die Sammelbox – selbst eines meiner liebsten Plüschtiere. Die Anderen taten fast alle dasselbe. Wer auch noch sein Taschengeld opferte, wurde dann einzeln vor der Klasse für sein vorbildliches Verhalten gelobt. 

Diese Sammelaktion war unsere erste, aber nicht die letzte. Ich war irgendwann so überzeugt von den Spendenaktionen, dass ich einmal sogar nach der Schule loszog, um Geld für die Rettung des Kinderbauernhofs zu sammeln. Zusammen mit meiner Schwester und zwei Freunden lief ich den ganzen Tag durch Kreuzberg und bat völlig fremde Menschen um eine Spende. Wir ließen nicht locker, obwohl uns viele genervt, teils aggressiv wegschickten oder uns vorwarfen, dass wir nur Zigaretten kaufen wollten. Am Ende des Tages hatten wir so tatsächlich über hundert Euro gesammelt, und ich war stolz wie Bolle. Als wir das Geld am Kinderbauernhof abgaben, stießen wir allerdings auf wenig Begeisterung. Sie nahmen unser Geld, ohne sich auch nur zu bedanken. Ich war tief enttäuscht und verstand die Welt nicht mehr.

Ein blaues Auge hat noch keinem geschadet

Dem künftigen Rebellen schadet es nicht, ihn gegenüber dem Tod und der Gewalt abzustumpfen, das eigene Weltbild muss ja schließlich irgendwie erkämpft werden – so müssen zumindest meine Lehrer gedacht haben. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als direkt vor unserem Schuleingang ein Mann erschossen wurde. Kaltblütig, von zwei Jugendlichen, denen er kein Feuer für ihre Zigarette geben wollte. Während wir uns ganz aufgeregt zum Ort des Geschehens schlichen, um uns den Sandhaufen über der Blutlache anzuschauen, hielt es keiner der Erwachsenen für nötig, mit uns über den Vorfall zu sprechen. Stattdessen ließen sie uns – wie so oft – lieber allein mit unseren Hirngespinsten und Ängsten. Und das nahm bei unserer blühenden Phantasie sehr schnell absurde Ausmaße an. Am meisten Angst machte mir das Gerücht, dass aus dem Haufen eine Hand herausgeragt hatte, die sich noch bewegte und ihre langen blutigen Finger in Richtung der Kinder streckte.

Rund um unsere Schule gab es oft Gewalttaten und Übergriffe, die sich manchmal auch direkt gegen uns Kinder richteten. Nur zehn Meter vor meiner Schule auf dem Spielplatz, wurden drei Jungs aus meiner Klasse von älteren Jugendlichen mit Pfefferspray angegriffen und erlitten starke Augenreizungen, sodass sie mehrere Tage nicht zum Unterricht kommen konnten. Meine Lehrerin sagte uns das in einem Halbsatz, ohne auch nur ein paar warnende Worte fallen zu lassen. Trotzdem mied ich schweren Herzens den Platz, auf dem ich sonst so gerne Seilbahn fuhr, wenn die meist arabischen jungen Männer dort herumlungerten.

Doch auch hinter den Mauern unserer Schule war man nicht sicher. Nur kurze Zeit später hörte ich, dass die Jugendlichen sich auf den Schulhof schlichen und meine Mitschüler anpöbelten und bedrohten. Ich glaubte das erst nicht so recht, immerhin wurden viele Geschichten erzählt. Als ich vor meinem Fahrrad stand, wurde ich aber eines Besseren belehrt: Jemand hatte mir meine Reifen mit einem Messer aufgeschnitten, meinen Schlauch rausgeholt und ihn dann kunstvoll um mein Rad geknotet, sodass ich es keinen Zentimeter mehr bewegen konnte. Ich weinte vor Wut und vor Verzweiflung, während ich mein Fahrrad allein nach Hause schleppte. Das war sicher nicht das Werk eines Grundschülers.

Unser Gott Echnaton

Es gab niemanden, der uns vor der Gefahr von außen schützte, aber auch niemanden, der es im Inneren tat. Auf dem Pausenhof gab es ständig Schlägereien, die niemanden besorgten oder störten. Meine Klasse verabredete sich fast jede Pause für die große Schlacht der Geschlechter (zumindest die waren damals noch eindeutig, auch wenn viele Jungs lange Haare hatten). Wir marschierten dann gegeneinander auf, stürmten los und prügelten aufeinander ein. Für mich war das ein Riesenspaß und ein Adrenalin-Kick, bei dem keiner die Absicht hatte, wirklich jemanden zu verletzten – es enthemmte uns aber mehr und mehr. Bald kam es zu den ersten blutigen Nasen und dann zu echten Prügelattacken. Dass darauf keine Konsequenz folgte, merkte ich zum ersten Mal, als ein Junge aus meiner Klasse plötzlich auf meine beste Freundin einschlug und immer wieder auf sie eintrat, obwohl sie schreiend und weinend am Boden lag.

Ich rannte verzweifelt los, um eine Lehrerin zu holen, die nur ein paar Meter um die Ecke stand. Als ich sie aufgeregt und hastig bat mitzukommen, guckte sie mich erstmal nur genervt an, bequemte sich dann aber langsam doch noch, mit mir mitzukommen. Als wir zurück waren, war der Junge abgehauen, meine Freundin lag noch immer weinend am Boden. Trotzdem sah sie nur einmal verächtlich zu ihr, dann zu mir und sagte: „Ihr habt bestimmt auch was gemacht.“ Danach drehte sie sich einfach um und ging weg, ohne auch nur einmal zu gucken, ob meine Freundin verletzt war – von wegen Mitgefühl, das gab´s nämlich nur für Fremde.

Um meine Kreuzberger Erziehung abzurunden, fehlte nur noch ein einziges Element – meine spirituelle Ausbildung. Sie begann damit, dass wir jeden Morgen zusammen die Sonnenhymne des Pharao Echnaton aufsagen mussten. Und nicht nur einfach aufsagen, wir sollten fühlen, was wir da von uns geben. Das fand ich schon damals komisch, ich wollte keinen Gott anbeten, schon gar nicht einen, von dem ich noch nie zuvor gehört hatte. Schon bald sehnte ich mich aber zurück nach den schlichten Aton-Huldigungen. Plötzlich kam nämlich jeden Tag eine hässliche kleine Frau in merkwürdigen Klamotten in unser Klassenzimmer, die wir nur kurze Zeit später die „Pornononne“ tauften.

Warum dieser Name? Sie trug ein langes schwarzes Gewand, hatte lange graue Haare und nötigte uns, Atemübungen zu machen, bei denen wir immer wieder in die Hocke gehen und dabei laut stöhnen sollten. Wir fanden das extrem sexuell und damit super peinlich, auch wenn wir mit unseren neun bis zehn Jahren von echter Sexualität überhaupt noch keine Ahnung hatten. Das Wort Porno kannten wir aber schon lange. Mir selbst waren diese Übungen so unendlich unangenehm, dass ich alles tat, um sie ins Lächerliche zu ziehen und mich damit irgendwie aus der Situation zu winden. Es nützte alles nichts. Ich wurde angeschrien, und es drohten Strafarbeiten, mit denen ich leider schon mehrfach Bekanntschaft gemacht hatte, also fügte ich mich widerwillig. 

Schütze die Aura, ehre die Energie

Die Atemübungen waren letztlich aber nur die Vorbereitung für die eigentliche Lehre. Die Lehre von der Energie, die einem jeden Menschen innewohnt und von seiner Aura, die ihn umgibt. Ich war so verstört, wie ich fasziniert war, wenn die Esoterikerin ihre Augen weit aufriss und wild mit den Armen gestikulierte, während sie voller Inbrunst sprach: „Ihr müsst die Aura des Anderen schätzen und respektieren. Keinesfalls darf sie unerlaubt berührt, gar durchbrochen werden. Sonst verletzt ihr euer Gegenüber, seine Seele, sein Inneres, sein Sein.“ Als wäre das nicht schräg genug, sollten wir lernen, unsere Energie zu spüren, zu sammeln und durch unsere Brust zu unseren Händen zu bewegen, um sie mit Erlaubnis des Nachbarn an ihn weiterzugeben. Die Energie war ein herrliches, glückseliges Bündel Lebenskraft und wahrnehmbar als warme wandernde Quelle der Wonne. Ich fand diese Übung das erste Mal bescheuert, genau wie das zweite Mal und auch noch das fünfte Mal. Irgendwann war ich aber so gehirngewaschen, dass ich mir kurz einbildete, tatsächlich eine warme Energieübertragung zu spüren.

Wenn man all diesem Unfug jahrelang ausgesetzt wird, kann man gar nicht anders, als zu einem dieser nervigen Gutmenschen zu mutieren. Aber nur unter einer einzigen Bedingung: Verwahrlosung. Die Kinder glauben diesen Quatsch nur, wenn sie zu Hause niemanden haben, der sie aufklärt. Sie machen an den ganzen Aktionen nur mit, wenn sie sich haltlos fühlen und einsam sind. Wenn sie nach Nähe, Geborgenheit und Anschluss suchen, die sie in der Schule und in Aktionsbündnissen zu finden glauben. Die Erwachsenen müssen aufhören, die Verantwortung von sich zu weisen, denn sie machen ihre Kinder genau zu dem, was wir heute auf der Straße und in den Nachrichten sehen. 

Ich selbst hatte offenbar den nötigen Halt und die Aufklärung leider zu wenig. Diese sechs Jahre Grundschule konnten ihre Wirkung entfalten und haben mich geprägt. Als ich an die Oberschule kam, war ich ein vorlauter Öko, ein Hippie und sah überall Rassismus, wo keiner war. Wenn ich nicht irgendwann auf die Schnauze gefallen wäre, würde ich heute auch für Klimagerechtigkeit die Straßen blockieren oder bei der Antifa Steine schmeißen. 

Pauline Schwarz, 23, ist Berlinerin, studiert Psychologie und arbeitet in einem Betreuungsbüro.

Dieser Beitrag erscheint auch auf dem Jugend- und Schülerblog Apollo-News.

Foto: Fabian Nicolay

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Leserpost

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Geert Aufderhaydn / 18.10.2019

Mao hätte an diesem Bericht seine helle Freude gehabt. Drill und paramilitärische Tendenzen an der Grundschule, Hassen alles Andersartigen, Runterleiern totalitärer Parolen - wir sind auf dem Weg in den jakobinischen Tugendstaat.

Claire Müller / 18.10.2019

Ich, 31, bin wirklich danbkar, im Schulsystem Sachsens der 90er und 00er großgeworden zu sein. Lehrer, die noch die DDR drin hatten, aber keine Indoktrination. Schulgarten, Sexualkunde, alles gehabt, aber in Maßen, die völlig kindgerecht gewesen sind. Nicht umsonst ist Sachsen mittlerweile Spitzenreiter in so gut wie allen Bildungsrankings. Vermutlich wird sich das in Zukunft etwas anpassen, da es nicht mehr nur länderspezifische Unterschiede geben, sondern vor allem der Unterschied zwischen öffentlicher und privater Bildungseinrichtung eine Rollen spielen wird.

Robert Jankowski / 18.10.2019

Und ich dachte immer, dass die Alt 68er, die mich unterrichtet haben, schlimm waren. Aber das ist echt Hardcore. Was Sie mit Ihren Lehrern erlebt haben, wundert mich aber keineswegs. Nach 5 Semestern Lehramtsstudium wusste ich damals genau, dass ich mit diesen Leuten irgendwie nicht zusammenarbeiten könnte. Aus der Schule an die Uni an die Schule. Die Lebenserfahrung dieser Leute ist quasi gleich null, ihr Sendungsbewußtsein dafür aber um so größer. Und das haben Sie leider live miterleben dürfen. Dazu die wunderbare Idee zur Inklusion, mit der man in erster Linie dafür sorgte, dass die teuren Förderschulen abgeschafft wurden. Bedeckt wird das Ganze von dem Gutmenschen-Mäntelchen der Integration leistungsschwacher und psychisch gestörter Kinder, die dann die Klasse dominieren. Die Guten macht man dadurch nicht besser und die Schlechten werden, mangels adäquat ausgebildeter Sonderpädagogen, auch nicht besser. Aber Inklusion liest sich gut auf dem Papier. Das Schlimmste aber ist, dass die guten Lehrer mittlerweile durch sogenannte “Maulkorberlasse” an jeder freien Meinungsäußerung über die Zustände an ihren Schulen gehindert werden. Was Sie erlebten ist die Konsequenz aus jahrzehntelanger SPD-Bildungspolitik. Gleichmacherei pur und heraus kommt ein Abitur, was ziemlich wertlos ist und Studenten, die kaum in der Lage sind einfache Kopfrechnungen zu bewältigen. Aber dafür “wissen” sie, dass uns ein Klimakollaps bevorsteht.

Sabine Schönfelder / 18.10.2019

Glückwunsch, Pauline Schwarz, daß Sie sich be’FREIEN’ konnten, trotz strammer Indoktrination. Es lohnt sich immer selbst zu denken! Es formt den Geist und die Persönlichkeit. Alles Gute für die Zukunft! Stefan@Hofmeister, hört sich vielversprechend an! Sie sollten auf jeden Fall zurückkehren spätestens dann, wenn Ihre Töchter selbstständig sind. Sie werden gebraucht.

Th. Wagner / 18.10.2019

Und alles fängt mit einem völlig verantwortungslosen und verantwortungscheuen Elternhaus an. Leider ist diese Einstellung auch oft in der Wirtschaft und im Arbeitsleben anzutreffen: Schuld sind immer die anderen. Für eigene Fehltentscheidungen wird keine Verantwortung übernommen - nur das Gehalt wird dafür eingesteckt. Wer eine Entscheidungen treffen muss, engagiert Unternehmensberater. Diese oft gleich nach dem Studim eingestellten 1er-Abschlusskandidaten simulieren dann wieder Verantwortung. Diese ist denen jedoch meisten “schnurz egal”. Sie kassieren ihre horrenden Tageshonorare und sind dann weg. Geht das Unternehmen pleite, kräht eh kein Hahn mehr danach. Im übrigen hätten verantwortungsvolle Abteilungsleiter auch die Erkenntnisse so von ihrem Mitarbietern bekommen können - ohne den teuren Umweg der Unternehmensberater.

Michael Hillmann / 18.10.2019

Der Artikel hat mir so gut gefallen, das ich ihn noch einmal meiner Frau vorgelesen habe und gleich meiner Tochter als Link zusenden werde. Er ist unterhaltsam und regt zum Nachdenken an.  Ich gehe mit den Aussagen vollstens konform. Ich selbst habe deshalb immerhin schon zwei Mal das (gute sachliche) Gespräch mit dem Rektor und einer Lehrerin gesucht. Tenor; Schule und Lehrer sind nicht zur Indoktrination oder Weitergabe des eigenen Weltbildes da, sondern die Schüler zu befähigen, sich frei nach Immanuel Kant‘s „sapere aude“, den Mut zu haben, sich eine EIGENE Meinung zu BILDEN“ (was etwas anderes als ZU HABEN ist). Ganz abgesehen vom Neurtalitätsgebot. Offenbar war meine Gesprächsvorbereitung gut, weil sich danach die Situation in der Schule spürbar besserte. Wer darauf wartet, das links-grün versifte Elterhäuser doch nochmal aufwachen, wartet vergebens. Leider lesen links-grüne Sozialutopisten nicht achgut.com oder tichyseinblick. Schon das Magazin von Tichy auf meinem Gartentisch regte meinen letzten Links-Grünen Besucher (Dipl.Ing) zu strengen Kritik an. “Sowas liest Du? Weist du nicht das das ein neurechtes Medium ist?“ Leider ist es so, das solche Meinungsvertreter auch einfachste Zusammenhänge nicht mehr zur Kenntnis nehmen wollen, sobald diese ihren Sichtweisen widersprechen. Es ist eine weit um sich greifende Form der “intellektuellen Regression”,  Man kann diesen Vorgang im kognitiven Sinne aber auch als Abwehrmechanismus bezeichnen. Dieser aktiviert sich immer dann, wenn das eigene Weltbild einem regressiven Vereinfachungswunsch entspringt, der der intellektuellen Abschirmung gegen beunruhigende Aspekte der Wirklichkeit dient. Er aktiviert sich gerne dort, wo komplexes Denken Entscheidungen in Frage stellen könnte, die der Vereinfacher gerne zu seinen Gunsten treffen möchte

Günter Wagner / 18.10.2019

.Die Absolventen dieser Art von Bildung sind äußerst rege und entdecken neue Elemente (Kobold) oder erfinden Zukunftssicherndes (das Netz ist der Speicher). Mit solch Sensationellem stoßen sie dann auf ähnlich dämlich gebildete Medienvertreter, denen jedes Zusammenhangswissen fehlt, um solchen Unsinn aufzudecken, zu skandalisieren und die Frage zu stellen, warum sich solche Dummheit in die erste Reihe von Parteien ausdehnen kann. Im übrigen bin ich der Meinung, dass diese Entwicklung durch die Genderfeminisierung und (ein böses aber notwendiges Wort) Durchweibung der (Grund-)Schulen regelrecht befeuert wird. Der Terminus Technikus hierfür ist Verstuhlkreisung. Da war gestern eine SPD-Tussi, die sich aufgrund der Krise derAutomobilzulieferer (Brose) vor der Kamera über Transformation dieser Industrie ausgatzen durfte. Hohlheit und Wissensfreiheit in Perfektion. Und noch eines zum Schluß: eine Grundschule in Baden-Württemberg (Stadt ca 50000 Einwohner); die sogenannte Grundschullehrerin lädt zum Elternsprechtag und fordert die überraschten Eltern auf der Teilnahme an Friday for Future zuzustimmen. Zustimmung wird verweigert, aber diese Story kann man nur hinter verhohlener Hand hören. Der Grundschullehrerin, deren Berufsaufgabe es wäre, die Kleinen fit zu machen für die Zukunft wurde nicht auf die Finger geschlagen. Man lässt sie weiter stuhlkreisen, zum richtigen Kreisen wird’ es wahrscheinlich niemals reichen, womit sie dann allerdings für sich selbst Recht hätte: no future!  

Thomas Hechinger / 18.10.2019

Eigentlich kaum zu glauben, was Sie schreiben. Da ich selber Lehrer bin, versuche ich, dies mit meinen Erfahrungen in Einklang zu bringen. Zwar gibt es unter Lehrern schon den ein oder andern schrägen Vogel, die meisten von denen sind aber harmlos, sie haben ihre Marotten oder einen Spleen. Manchmal sind das auch echte Farbtupfer, und die Schüler mögen sie, wenn sie den grauen Alltag des simple past und der binomischen Formeln mit ihren kleinen Verrücktheiten aufhellen. Was man unter Lehrern häufiger als bei andern Berufsgruppen findet, sind die Weltverbesserer, die aus ihrer eigenen Sozialisation heraus ein bestimmtes Anliegen vertreten und das dann in ihren Unterricht mehr, als es der den Schülern geschuldeten Neutralität zuträglich ist, einfließen lassen. Früher waren das Themen wie Dritte Welt (darf man das heute noch sagen?) oder der Kampf gegen den Atomtod, heute geht es um gesunde Ernährung oder die Rettung des Weltklimas. Bei so vielen Kollegen, die mir in meinen Berufsleben begegnet sind, kann ich nicht für alle die Hand ins Feuer legen, aber die allermeisten, auch die Weltverbesserer, erledigen ihre eigentliche Arbeit gewissenhaft. Daß man sich als Lehrer, wenn man zu einer weinend am Boden liegenden Schülerin geholt wird, nicht darum kümmert, ist für mich unvorstellbar. Allerdings ist es mir selbst auch schon passiert, daß ich einen Konflikt zwischen Schülern falsch eingeschätzt und für harmloser gehalten habe, als er sich später herausstellte. Auch wenn das viele Außenstehende niemals verstehen werden: Lehrer ist ein Stressberuf. In kürzester Zeit muß man umschalten zwischen bürokratischen Aufgaben, der Organisation des Unterrichts, der Planung von Klassenaktivitäten oder der Konfliktlösung unter Schülern und vielem anderen. Was Sie erlebt haben, hängt sicher auch mit dem Kreuzberger Milieu zusammen. So verrückt wie Kreuzberg sind auch die Schulen dort. Aus Weltverbesserern werden dann harte Ideologen. Und das ist dann nicht mehr lustig.

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