Gemüsekunde statt Mathe – meine Schulerinnerungen

Egal, ob man gemütlich durch die Berliner Straßen läuft oder ob man einen Blick in die Nachrichten wirft, man sieht sie einfach überall: kleine, kreischende und hüpfende „Aktivisten“. Mein erster Impuls ist immer derselbe – ich will diese rotzfrechen Gören am liebsten anschreien und ihnen um die Ohren hauen, was für einen grandiosen Mist sie den ganzen Tag von sich geben. Doch dann überkommt mich schnell eine viel tiefere Wut, die sich nicht gegen die Kinder richtet. Im Gegenteil. 

Die können für diesen ganzen Mist nämlich überhaupt nichts. Die Kinder kommen doch nicht von sich aus auf die Idee, für die Rettung der Welt vor der Klimaapokalypse zu demonstrieren. Normale Kinder wollen spielen, lernen und die Welt entdecken. Nicht auf der Straße stehen, um Phrasen zu brüllen, die sie überhaupt nicht verstehen. Die Erwachsenen missbrauchen ihre Kinder, um ihren eigenen verrückten Idealen Ausdruck zu verleihen und machen sie so zu einer neuen Generation heranwachsender Gutmenschen.

Als ich in Berlin-Kreuzberg aufwuchs, musste ich diese Indoktrination am eigenen Leib erfahren. Das fing natürlich schon bei meinen Eltern an, die die links-grüne Kreuzberger Lebensart voll verinnerlicht hatten. So richtig überzeugt und geformt wurde ich aber vor allem in der Grundschule.                                 

Ich hatte ein ausgewachsenes Autoritätsproblem

Ich besuchte eine inklusive Schule, die für nichts mehr stand als Toleranz und Gleichheit – die wichtigsten Eigenschaften eines guten Menschen. Das bedeutete für mich zunächst, in eine Klasse zu kommen, die zur Hälfte aus ausländischen Kindern bestand. Das allein war nichts Neues, es entsprach einfach nur den Verhältnissen der Menschen, die – wie ich – rund um die Schule wohnten. Neu war aber, dass man sich von verhaltensauffälligen und behinderten Kindern in keiner Weise unterscheiden durfte. Anfangs fiel mir das sehr schwer, weil ich vorher noch nie Kontakt zu schwerbehinderten Menschen hatte. Das geistig und körperlich behinderte Mädchen in meiner Klasse, das weder sprechen noch laufen konnte, machte mir Angst.

Mit der Zeit gewöhnte ich mich an sie und war später, genau wie alle anderen, absolut scharf auf den „Selin-Dienst“. Paarweise durften sich nämlich alle Kinder mal um Selin kümmern, und das bedeutete Fahrstuhl fahren und Mittagessen in der Kantine! Mir ging es dabei keine Sekunde darum, dem behinderten Mädchen wirklich zu helfen, auch wenn ich es niemals zugegeben hätte und mich insgeheim dafür schämte. Ich wollte einfach auch mal Fahrstuhl fahren, das durften normale Kinder nämlich nicht mal in Ausnahmefällen. Als meine Schwester sich im Sportunterricht den Fuß brach, ließ man sie sogar unter großen Schmerzen erst in den dritten Stock und dann wieder runter humpeln.

Ob ich in meiner Klasse auch verhaltensauffällige Kinder hatte, wurde offiziell nie bestätigt. Rückblickend bin ich mir bei drei Mitschülern aber ziemlich sicher. Genauso sicher, wie das Integrationsprogramm zumindest in der Hinsicht funktionierte, dass sich das Klassenklima und das ganze Niveau den vorlauten und asozialen Kindern unterordnete. Als ich eingeschult wurde, war ich ziemlich ängstlich und traute mich kaum, anderen Leuten meine Meinung zu sagen – als ich die Grundschule verließ, hatte ich ein ausgewachsenes Autoritätsproblem und eine ziemlich große Klappe. 

Strenge Brotbüchsenkontrolle

Der bessere Mensch ist aber nicht nur allumfassend tolerant, er ernährt sich auch gesund und achtet auf nachhaltige Landwirtschaft. Um das zu lernen, machten wir – gefühlt – bei jedem existierenden Bildungsprogramm mit. Statt Mathe lernte ich in „Schulobst- und Gemüseprogrammen“, dass man das Grünzeug fünfmal am Tag in sich reinschaufeln muss, wenn man nicht mit 30 tot umfallen will. Nachdem mir eine Woche lang mit tausend verschiedenen Krankheiten gedroht wurde und ich x Bilder von faulen Zähnen und extrem fettleibigen Leuten gesehen hatte, bekam ich davor wirklich richtig Angst. Zur Belohnung bekam ich dann aber zumindest eine Auszeichnung zum „Fünf-am-Tag-Kid“. 

Dann folgte aber auch schon der nächste Schritt: Als beurkundeter Gemüseaktivist durften meine täglichen Portionen nämlich auf keinen Fall aus genmutierten und chemieverseuchten Mörder-Möhrchen bestehen. Nur das Beste, also ausschließlich Bio, sollte es sein. Meinen Lehrern reichte die Angst-Indoktrination allein nicht aus, ich sollte echten Kampfgeist entwickeln. Dafür setzten sie auf unseren kompetitiven Ehrgeiz, und das hatte auch Erfolg: Für den wissenschaftlich und intellektuell überaus wertvollen Wettbewerb „Bio find ich Kuh-l“ legten wir uns richtig ins Zeug. Wir fuhren extra auf einen Bio-Bauernhof in Dahlem und drehten dort ein Aufklärungsvideo für den dämlichen Otto-Normalbürger.

Plötzlich ging es nicht mehr nur um Obst und Gemüse, sondern vor allem um die armen kleinen Tierchen, die in der Massenproduktion gequält wurden. Ich war schon von klein auf vernarrt in Tiere aller Art und war schockiert über die grausamen Dinge, die mir auf diesem Bauernhof erzählt wurden. Die kleinen süßen Schweinebabys, die sich vor mir so vergnügt im Dreck suhlten, sollten von ihrer Mutter getrennt und dann zusammengepfercht gemästet werden? Die schönen großen Kühe wund gemolken und die putzigen Küken einfach lebendig geschreddert? Zu jedem Tier gab es eine andere grausige Geschichte, die mir fast das Herz brach. So sehr, dass ich weinen musste. Ich wischte mir die Tränen aber schnell wieder aus dem Gesicht, bevor sie jemand sehen konnte und meldete mich tiefentschlossen für eine führende Rolle in unserem Aufklärungsfilmchen. 

Um zu überprüfen, ob wir unser neu erworbenes Wissen dann aber auch wirklich verinnerlicht hatten und – wenn nötig – auch noch unsere Eltern ausreichend terrorisierten, gab es alle paar Tage eine strenge Brotbüchsenkontrolle. Sobald das Kommando kam, mussten wir uns in Reih und Glied aufstellen und unsere Brotbüchse vor uns halten, sodass unsere Lehrerin rumgehen und jede einzeln mustern konnte. Ich hatte höllische Angst vor diesem Prozedere, weil jedes Mal mindestens ein Kind angebrüllt und vor allen anderen gedemütigt wurde – wegen der kleinsten Leckerbissen wie Weißbrot, Nutella oder gar Süßigkeiten. Ich bekam eh nur olles Graubrot mit Salat, trotzdem zitterten meine Hände vor Angst, wenn ich meine leuchtend grüne Brotbüchse vor mich hielt, die ich als Einschulungsgeschenk von Vertretern der gleichnamigen Partei bekommen hatte. Als meine Lehrerin mit strengem Blick von meiner Büchse aufsah und weiterging, ohne etwas zu sagen, fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Schon im nächsten Moment zuckte ich aber wieder zusammen, als sie ein anderes Kind erwischte, das mit seinem Essen die Kollektivmoral der Klasse bedrohte.

Mitgefühl um jeden Preis 

Bei dieser Moral darf Großherzigkeit und Mitgefühl natürlich auch nicht fehlen – wir waren ja schließlich alle Gutmenschen in Ausbildung. Neben der üblichen Propaganda von armen hungernden Kindern in Afrika und unserer eigenen Konsumgeilheit und Verschwendungssucht wurden uns diese Tugenden dann aber mit wirklich brutalen Methoden aufgezwungen. Als 2004 der große Tsunami hunderttausende Menschen in Südostasien das Leben kostete, mussten wir uns im Unterricht eine kurz danach erschienene Reportage über das Unglück ansehen.

Sie zeigte nicht nur die tragischen Geschichten einzelner Menschen, die fast gestorben wären und ihre Angehörigen verloren hatten, sondern auch die zerstörte Umgebung. Ich werde den Moment nie vergessen, als der Sprecher sagte: „Es hängen tote Tiere und tote Kinder in den Bäumen.“ Diese Bilder haben sich bei mir tief eingebrannt, genau wie die Totenstille in meiner sonst so lauten Klasse. Sie wurde erst durchbrochen, als ein Mädchen anfing zu weinen. Ich war damals acht Jahre alt und genau wie die meisten anderen vorher noch nie mit dem Tod konfrontiert worden. Ich war erstarrt und schockiert – so sehr, dass ich viele Nächte lang immer wieder von den schrecklichen Bildern träumte. 

Die Absicht hinter dieser „Schocktherapie“ war, uns anschließend zu nötigen, sofort an den Spendenaktionen teilzunehmen. Statt mit uns über die fürchterlichen Bilder und Geschehnisse zu sprechen, gab es nur einen schlichten, aber fordernden Appell: Wir sollten entweder unser eigenes Schulmaterial spenden oder neues kaufen, was wir den Kindern in Thailand und Indonesien zuschicken konnten. Ich hatte in diesem Moment keinen Zweifel daran, dass dies das einzig Richtige war. Genauso wenig, wie ich bezweifelte, dass sie in dieser fürchterlichen Lage gerade unsere Federmäppchen, Stifte und Blöcke brauchten. Also warf ich beinahe alles in die Sammelbox – selbst eines meiner liebsten Plüschtiere. Die Anderen taten fast alle dasselbe. Wer auch noch sein Taschengeld opferte, wurde dann einzeln vor der Klasse für sein vorbildliches Verhalten gelobt. 

Diese Sammelaktion war unsere erste, aber nicht die letzte. Ich war irgendwann so überzeugt von den Spendenaktionen, dass ich einmal sogar nach der Schule loszog, um Geld für die Rettung des Kinderbauernhofs zu sammeln. Zusammen mit meiner Schwester und zwei Freunden lief ich den ganzen Tag durch Kreuzberg und bat völlig fremde Menschen um eine Spende. Wir ließen nicht locker, obwohl uns viele genervt, teils aggressiv wegschickten oder uns vorwarfen, dass wir nur Zigaretten kaufen wollten. Am Ende des Tages hatten wir so tatsächlich über hundert Euro gesammelt, und ich war stolz wie Bolle. Als wir das Geld am Kinderbauernhof abgaben, stießen wir allerdings auf wenig Begeisterung. Sie nahmen unser Geld, ohne sich auch nur zu bedanken. Ich war tief enttäuscht und verstand die Welt nicht mehr.

Ein blaues Auge hat noch keinem geschadet

Dem künftigen Rebellen schadet es nicht, ihn gegenüber dem Tod und der Gewalt abzustumpfen, das eigene Weltbild muss ja schließlich irgendwie erkämpft werden – so müssen zumindest meine Lehrer gedacht haben. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als direkt vor unserem Schuleingang ein Mann erschossen wurde. Kaltblütig, von zwei Jugendlichen, denen er kein Feuer für ihre Zigarette geben wollte. Während wir uns ganz aufgeregt zum Ort des Geschehens schlichen, um uns den Sandhaufen über der Blutlache anzuschauen, hielt es keiner der Erwachsenen für nötig, mit uns über den Vorfall zu sprechen. Stattdessen ließen sie uns – wie so oft – lieber allein mit unseren Hirngespinsten und Ängsten. Und das nahm bei unserer blühenden Phantasie sehr schnell absurde Ausmaße an. Am meisten Angst machte mir das Gerücht, dass aus dem Haufen eine Hand herausgeragt hatte, die sich noch bewegte und ihre langen blutigen Finger in Richtung der Kinder streckte.

Rund um unsere Schule gab es oft Gewalttaten und Übergriffe, die sich manchmal auch direkt gegen uns Kinder richteten. Nur zehn Meter vor meiner Schule auf dem Spielplatz, wurden drei Jungs aus meiner Klasse von älteren Jugendlichen mit Pfefferspray angegriffen und erlitten starke Augenreizungen, sodass sie mehrere Tage nicht zum Unterricht kommen konnten. Meine Lehrerin sagte uns das in einem Halbsatz, ohne auch nur ein paar warnende Worte fallen zu lassen. Trotzdem mied ich schweren Herzens den Platz, auf dem ich sonst so gerne Seilbahn fuhr, wenn die meist arabischen jungen Männer dort herumlungerten.

Doch auch hinter den Mauern unserer Schule war man nicht sicher. Nur kurze Zeit später hörte ich, dass die Jugendlichen sich auf den Schulhof schlichen und meine Mitschüler anpöbelten und bedrohten. Ich glaubte das erst nicht so recht, immerhin wurden viele Geschichten erzählt. Als ich vor meinem Fahrrad stand, wurde ich aber eines Besseren belehrt: Jemand hatte mir meine Reifen mit einem Messer aufgeschnitten, meinen Schlauch rausgeholt und ihn dann kunstvoll um mein Rad geknotet, sodass ich es keinen Zentimeter mehr bewegen konnte. Ich weinte vor Wut und vor Verzweiflung, während ich mein Fahrrad allein nach Hause schleppte. Das war sicher nicht das Werk eines Grundschülers.

Unser Gott Echnaton

Es gab niemanden, der uns vor der Gefahr von außen schützte, aber auch niemanden, der es im Inneren tat. Auf dem Pausenhof gab es ständig Schlägereien, die niemanden besorgten oder störten. Meine Klasse verabredete sich fast jede Pause für die große Schlacht der Geschlechter (zumindest die waren damals noch eindeutig, auch wenn viele Jungs lange Haare hatten). Wir marschierten dann gegeneinander auf, stürmten los und prügelten aufeinander ein. Für mich war das ein Riesenspaß und ein Adrenalin-Kick, bei dem keiner die Absicht hatte, wirklich jemanden zu verletzten – es enthemmte uns aber mehr und mehr. Bald kam es zu den ersten blutigen Nasen und dann zu echten Prügelattacken. Dass darauf keine Konsequenz folgte, merkte ich zum ersten Mal, als ein Junge aus meiner Klasse plötzlich auf meine beste Freundin einschlug und immer wieder auf sie eintrat, obwohl sie schreiend und weinend am Boden lag.

Ich rannte verzweifelt los, um eine Lehrerin zu holen, die nur ein paar Meter um die Ecke stand. Als ich sie aufgeregt und hastig bat mitzukommen, guckte sie mich erstmal nur genervt an, bequemte sich dann aber langsam doch noch, mit mir mitzukommen. Als wir zurück waren, war der Junge abgehauen, meine Freundin lag noch immer weinend am Boden. Trotzdem sah sie nur einmal verächtlich zu ihr, dann zu mir und sagte: „Ihr habt bestimmt auch was gemacht.“ Danach drehte sie sich einfach um und ging weg, ohne auch nur einmal zu gucken, ob meine Freundin verletzt war – von wegen Mitgefühl, das gab´s nämlich nur für Fremde.

Um meine Kreuzberger Erziehung abzurunden, fehlte nur noch ein einziges Element – meine spirituelle Ausbildung. Sie begann damit, dass wir jeden Morgen zusammen die Sonnenhymne des Pharao Echnaton aufsagen mussten. Und nicht nur einfach aufsagen, wir sollten fühlen, was wir da von uns geben. Das fand ich schon damals komisch, ich wollte keinen Gott anbeten, schon gar nicht einen, von dem ich noch nie zuvor gehört hatte. Schon bald sehnte ich mich aber zurück nach den schlichten Aton-Huldigungen. Plötzlich kam nämlich jeden Tag eine hässliche kleine Frau in merkwürdigen Klamotten in unser Klassenzimmer, die wir nur kurze Zeit später die „Pornononne“ tauften.

Warum dieser Name? Sie trug ein langes schwarzes Gewand, hatte lange graue Haare und nötigte uns, Atemübungen zu machen, bei denen wir immer wieder in die Hocke gehen und dabei laut stöhnen sollten. Wir fanden das extrem sexuell und damit super peinlich, auch wenn wir mit unseren neun bis zehn Jahren von echter Sexualität überhaupt noch keine Ahnung hatten. Das Wort Porno kannten wir aber schon lange. Mir selbst waren diese Übungen so unendlich unangenehm, dass ich alles tat, um sie ins Lächerliche zu ziehen und mich damit irgendwie aus der Situation zu winden. Es nützte alles nichts. Ich wurde angeschrien, und es drohten Strafarbeiten, mit denen ich leider schon mehrfach Bekanntschaft gemacht hatte, also fügte ich mich widerwillig. 

Schütze die Aura, ehre die Energie

Die Atemübungen waren letztlich aber nur die Vorbereitung für die eigentliche Lehre. Die Lehre von der Energie, die einem jeden Menschen innewohnt und von seiner Aura, die ihn umgibt. Ich war so verstört, wie ich fasziniert war, wenn die Esoterikerin ihre Augen weit aufriss und wild mit den Armen gestikulierte, während sie voller Inbrunst sprach: „Ihr müsst die Aura des Anderen schätzen und respektieren. Keinesfalls darf sie unerlaubt berührt, gar durchbrochen werden. Sonst verletzt ihr euer Gegenüber, seine Seele, sein Inneres, sein Sein.“ Als wäre das nicht schräg genug, sollten wir lernen, unsere Energie zu spüren, zu sammeln und durch unsere Brust zu unseren Händen zu bewegen, um sie mit Erlaubnis des Nachbarn an ihn weiterzugeben. Die Energie war ein herrliches, glückseliges Bündel Lebenskraft und wahrnehmbar als warme wandernde Quelle der Wonne. Ich fand diese Übung das erste Mal bescheuert, genau wie das zweite Mal und auch noch das fünfte Mal. Irgendwann war ich aber so gehirngewaschen, dass ich mir kurz einbildete, tatsächlich eine warme Energieübertragung zu spüren.

Wenn man all diesem Unfug jahrelang ausgesetzt wird, kann man gar nicht anders, als zu einem dieser nervigen Gutmenschen zu mutieren. Aber nur unter einer einzigen Bedingung: Verwahrlosung. Die Kinder glauben diesen Quatsch nur, wenn sie zu Hause niemanden haben, der sie aufklärt. Sie machen an den ganzen Aktionen nur mit, wenn sie sich haltlos fühlen und einsam sind. Wenn sie nach Nähe, Geborgenheit und Anschluss suchen, die sie in der Schule und in Aktionsbündnissen zu finden glauben. Die Erwachsenen müssen aufhören, die Verantwortung von sich zu weisen, denn sie machen ihre Kinder genau zu dem, was wir heute auf der Straße und in den Nachrichten sehen. 

Ich selbst hatte offenbar den nötigen Halt und die Aufklärung leider zu wenig. Diese sechs Jahre Grundschule konnten ihre Wirkung entfalten und haben mich geprägt. Als ich an die Oberschule kam, war ich ein vorlauter Öko, ein Hippie und sah überall Rassismus, wo keiner war. Wenn ich nicht irgendwann auf die Schnauze gefallen wäre, würde ich heute auch für Klimagerechtigkeit die Straßen blockieren oder bei der Antifa Steine schmeißen. 

Pauline Schwarz, 23, ist Berlinerin, studiert Psychologie und arbeitet in einem Betreuungsbüro.

Dieser Beitrag erscheint auch auf dem Jugend- und Schülerblog Apollo-News.

Foto: Fabian Nicolay

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Leserpost

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Frances Johnson / 18.10.2019

Verbesserung: Castellio gegen Calvin, Erasmus von Rotterdam: Bücher von Stefan Zweig natürlich.

Anders Dairie / 18.10.2019

Liebe Frau SCHWARZ, warum studiere Sie nicht Maschinenbau oder E-Technik?  Sondern ergreifen einen Beruf, den fast alle GRÜNE auch haben? Wenn schon nicht Soziologie, Kunst oder Wachsmalerei?  Dann werden Sie doch Leerer-Quereinsteiger.  LInke Landesregierungen suchen tausende Leerer, als Beamte ! Ein paar Jahre Kinder düxen,  dann lebenslang versorgt werden, das wäre es doch, was Eltern selig machte.

Albert Pflüger / 18.10.2019

Gibt es jemanden, der die gleiche Klasse besucht hat? Ich kann es nicht glauben!

Abid Hussain / 18.10.2019

Es ist ja schon in einigen Kommentaren angeklungen, ich wiederhole es gerne nochmal: dieser Text ist wunderbar geschrieben. Neben der Wut, die ich beim Lesen empfunden habe, gibt es mehrere Passagen, die brüllend komisch sind und Freude beim Lesen machen. Danke und mehr davon, Frau Schwarz!

Sabine Schönfelder / 18.10.2019

Thomas@ Taterka, habe heute meine wunde Seele bei der Bundestagsdebatte gepflegt, die ich gerne ‘zuschalte’, wenn ich gerade den Müll trenne oder ein wenig Zeh-oh-zwei schniefe beim Erbsenzählen. Da können Sie dem geistigen ( glatte Übertreibung) Überbau von Paulines Lehrkörper dabei zusehen, wie er demokratisches Basisverhalten zersetzt. Der AFD-Mann trägt seinen Faktencheck vor und die Altparteienmeute brüllte sich gegenseitig in moralische Höhenflüge mit der üblichen unsachlichen Replik, ‘unglaublich’, ‘unmoralisch’, er solle sich schämen usw.  Der Fernsehmoderator kommentierte angewidert den politischen Vortrag der AFD und ‘Pornotonne’ Roth wies die Fraktion bzw. den Abgeordneten kurzatmig und in gewohnt exaltierter bundestagspräsidentlicher Oberlehrer-Empörung wie ein Kleinkind zurecht. Hubertus Heil, noch so’ne Pornotonne, gab den Nero mit ‘Tränenflasche’ und wollte der AFD direkt etwas ins Stammbuch schreiben. Köstlich! Kein Wunder, daß die AFD bei der Wahl eines Bundestagspräsidenten ausgegrenzt wird. Es ist einfach zu schön, oben auf den gehobenen Plätzen. Das wird diktatorisch verteidigt. Schönes Wochenende!

A. Ostrovsky / 18.10.2019

Ilona G. Grimm / 18.10.2019 Wer in meiner Schulzeit mit so einem Haarschnitt rumlief, war entweder selber ein Nazi oder seine Mutter war beim BDM gewesen. Wer weder den Führer, noch den Kaiser wieder haben wollte, hatte damals lange Haare, gern auch mit dem Plastikkamm elektrisch aufgeladen, bis sie wie eine Löwenmähne nach oben standen. Und diese Zeit war bei mir hinter dem “Eisernen Vorhang”. Wer da solche Haare hatte , war Staatsfeind und wurde beobachtet. Deshalb kann ich Ihre ältere Nachbarin verstehen. Früher waren die Zugehörigkeiten am Aussehen festgemacht. Heute kann ich die Neonazis nicht von den Antifanten unterscheiden und selbst die Grufti- ond Gothic-Mädels haben das selbe schmuddelige Schwarz. Damals war irgendwie eine sonnige Zeit. Man trug stolz die Haarpracht des Staatsfeindes im Wind. Heute ist alles düster, die Linken und die Rechten sind gewalttätige Gruslinge und die Araber und Türken sehen aus, wie früher die SA. schlimme Zeiten. verlorene Zeiten. Flames turning blue!

Karla Kuhn / 18.10.2019

WENN diese Schilderungen der Wahrheit entsprechen sollten, dann ist das keine Schule sondern eine gefährliche SEKTE und die Eltern der jungen Frau müßten wegen Vernachlässigung von Schutzbefohlenen vor den Kadi !  Dr. Rachui, also ich bin auch in der DDR in die Schule gegangen und die “Diktatur des Proletariats”  die in Wirklichkeit eine “Diktatur der Diktatoren und ihren Arschkriechern” war, denn das “Proletariat”  und dazu zähle ich ALLE, die nicht Linientreu waren, hatten einfach das “Maul” zu halten, ansonsten wanderten sie entweder in den Knast oder in die Klapse. Aber SO eine Sekten Schule, gemischt mit Behinderten haben ich NICHT erlebt. Wir hatten einen sehr gut organisierten Lehrplan, kaum Fehlstunden und wer nicht im Unterricht mitgekommen ist, konnte nachmittags kostenlos Nachhilfe nehmen. Die Fächer, auch Literatur, waren weitestgehend ideologiefrei, außer Staatsbürgerkunde Rotlicht). Neben unserer Schule gab es eine Schule für Behinderte, eine “Hilfsschule” dort wurden die Kindern, je nach Behinderung, unterrichtet, von dafür extra ausgebildeten Lehrern. So etwas wie heute, Inklusion, gab es zum Glück nicht.  Behinderte Schüler, soweit sie schulfähig sind, gehören in eine Einrichtung, die extra für die Bedürfnisse dieser Kinder ausgelegt ist. Die DDR war wirklich vieles, ein Unrechts-und Verbrecherstaat, in dem Kinder auch zwangsadoptiert wurden, aber eins war die DDR nicht, eine SEKTE, wo Kinder statt Unterricht irgendwelche Phantasien der Lehrer ausleben mußten. In der “Erweiterten Oberschule” heute Gymnasium, welches man nach der achte Klasse, je nach Noten , besuchen konnte, wurde natürlich auf kommunistische Erziehung wert gelegt, trotzdem gab es immer einen sehr straffen, gut organisierten Unterricht. Bei allem anderen stimme ich Ihnen zu. SELBER DENKEN muß man lernen,  vor allem in einer Zeit, wo “Betreutes Denken” gewünscht und an der Tagesordnung zu sein scheint !!  Selber Denken ist gefährlich für die “Nomenklatura” und ihren Anhängern.

Andreas Möller / 18.10.2019

Erschütternd und Abstossend! Wenn das zutrifft, woran ich nicht im Geringsten zweifle, erklärt es vieles.

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