Chaim Noll / 25.09.2020 / 06:22 / Foto: Freud / 213 / Seite ausdrucken

Frankfurter Polizei ermittelt gegen beschimpfte Jüdin

Ana Agre, eine junge israelische Musikerin, lebt seit einiger Zeit in Deutschland, um hier zu arbeiten. Am 1. Juli 2020 stieß sie in der Nähe ihres Hauses auf eine Anti-Israel-Demonstration, veranstaltet von der pro-palästinensischen Organisation Samidoun. Sie ging hoch in ihre Wohnung, holte eine Israel-Fahne und stellte sich mit dieser auf den Platz, über den der Demonstrationszug der jungen Muslime und ihrer deutschen Sympathisanten zog. Wie auf dem Video, das eine Freundin aufnahm, zu sehen ist, war es nicht mal eine besonders große Fahne, etwa von der Größe eines Küchenhandtuchs.

Ana Agre gab weiter keine Statements ab, brüllte nicht, sprach nicht (schon weil sie kein Deutsch spricht, „nur“ Englisch, Hebräisch und Russisch), dennoch fühlten sich die Demonstranten offenbar von ihr angegriffen, vielleicht auch in ihrer „Würde“ beleidigt – „Würde“ ist, wie man auf ihrer Website lesen kann, eine der Grundforderungen der arabischen Bewegung Samidoun. Mehrere der marschierenden Gruppen näherten sich Ana und belegten sie mit Sprüchen, darunter auch „Nazis raus!“ In den Köpfen dieser jungen Muslime und sympathisierenden Deutschen ist eine israelische Fahne offenbar ein Nazi-Symbol.

Ein Frankfurter Polizist sprach Ana Agre auf Englisch an, nahm ihre Personalien auf und legte ihr nahe, den Platz zu verlassen, weil ihr Auftritt die jungen Muslime provoziere. Ana ließ sich offenbar auf eine englische Diskussion mit dem Polizisten ein, die dieser schließlich mit einem Platzverweis beendete. Als sie wissen wollte, warum sie hier in Frankfurt ihre Israel-Fahne nicht zeigen dürfe, antwortete der Beamte: „Because I don't like it.“ („Weil mir das nicht gefällt.“)

Ana Agre droht also „Verfolgung“

Ana zog sich schließlich zurück, wie polizeilich angeordnet, und glaubte, die Sache hätte damit ein Ende. Weit gefehlt. Wenige Tage später flatterte ihr ein Schriftstück ins Haus, eine polizeiliche Vorladung der Kriminaldirektion Frankfurt wegen „Beleidigung gemäß Paragraph 185 Strafgesetzbuch“ für den 7. Oktober 2020. Das Schriftstück mit dem Aktenzeichen ST 0697601/2020, gezeichnet von Polizei-Hauptkommissar J. Schmidt, endet mit dem Hinweis: „Sollten Sie zu Ihrer Vernehmung/Anhörung nicht erscheinen oder nicht rechtzeitig Hinderungsgründe benennen, wird davon ausgegangen, dass Sie bei der Polizei keine Angaben machen wollen. Der Vorgang wird dann an die zuständige Verfolgungsbehörde abgegeben (...)“

Ana Agre droht also „Verfolgung“, weil sie in Frankfurt am Main eine Israel-Fahne gezeigt hat. Wie selbstverständlich nimmt die Polizei die Seite der muslimischen Demonstranten und ihrer linken deutschen Unterstützerszene ein. Was wäre geschehen, hätten nicht sie, sondern Rechtsradikale die junge Israelin angebrüllt und beleidigt? Dann wäre der Vorfall ebenso selbstverständlich als „antisemitisch“ eingestuft und in die Statistik der „rechtsradikalen antisemitischen Straftaten“ aufgenommen worden. So entfällt der „Antisemitismus“-Vorwurf (obwohl das Geschehene durchaus so interpretierbar wäre: eine Jüdin wurde als „Nazi“ beschimpft, eine Israel-Fahne als Nazi-Symbol bezeichnet) und die Straftat wird der Jüdin zugeschoben. Deutschland im Jahre des Herrn 2020 unter der Herrschaft der Kanzlerin Angela Merkel.

Nachtrag auf vielfachen Wunsch:

Für unsere englischsprachigen Leser und zum weiterverbreiten hier eine Übersetzung dieses Beitrages ins Englische:

Frankfurt Police investigating against insulted Jewish citizen

by Chaim Noll.

Ana Agre, a young Israeli Musician, is currently living in Germany for professional reasons. On July 1st, 2020, she ran into an anti-Israel-demonstration close to her home, arranged by the pro-Palestinian organization Samidoun. She went upstairs into her flat to fetch an Israeli flag and took position on the square where the protesters were marching along, together with their German supporters. As can be seen on a video shot by a friend, it was not even a particularly large flag, rather about the size of a kitchen towel.

Ana Agre made no further statements, she did not shout (just for the reason that she does not speak German; "only" English, Hebrew, and Russian). Nevertheless, the protesters obviously felt assaulted by her, perhaps also insulted against their "dignity" - "dignity", as can be read on their website, is one of the basic demands of the Arab Samidoun movement. Serveral of the marching groups approached Ana and overdrew her with slogans, among them "Nazis out!" In the minds of these young Muslims and their German supporters, an Israeli flag apparently is a Nazi symbol.

A Frankfurt am Main police officer addressed her in English, recorded her identity and advised her to leave the location for reasons of her appearance being provocative to the young Muslims. Ana obviously indulged in a discussion with the police officer, in English, who finally ended the debate by officially ordering her to leave. When she would ask him why, here in Frankfurt, she was not allowed to display the flag of Israel, the officer responded: "Because I don't like it."

Ana Agre threatened by "legal prosecution"

Ana finally retreated, as ordered by the police, and she thought the case had been settled. Not even close. A few days later a paper hit her postbox, summoning her to the Frankfurt criminal police headquarters because auf "offense according to Criminal Code, paragraph 185", scheduled October 7th, 2020. The legal brief, filed under ST 0697601/2020, signed by chief police commissioner J. Schmidt, is ending with the note: "Should you not be appearing for your interrogation / hearing or not timely be naming reasons of being prevented it will be assumed that you are not willing to make any statements to the police. In this case, the matter will be handed over to the law enforcement agency in charge (...)."

Ana Agre therefore is threatened by "legal prosecution", because she has been displaying the flag of Israel in Frankfurt am Main, Germany. As if being granted, the police takes the position of the Muslim protesters and their German scene of support. What if not she but supporters of the extreme right had insulted and shouted at the young Israeli citizen? Then, and with the same casualness, the incident had been termed "anti-Semite" and classified into the statistics of "extreme right anti-semite crimes". This way, the reproach of "anti-Semitism" is dropped (even if the incident could well be interpreted as such: a Jewish woman was insulted as being a "Nazi", an Israeli flag was denoted a Nazi symbol), and the crime is put in the shoes of the Jew. This is Germany; shnat ha'jovel - in the year of the Lord, 2020, under the rule of chancellor Angela Merkel (Link: 

Translation/Übersetzung: Jesko Matthes. Anmerkung des Übersetzers/ Remark of the translater:  

Shnat ha'jovel ist Hebräisch für "im (Jubel-)Jahr, im Jahr der Gnade (des nicht genannten HERRN)". Ich erlaube mir hier zusätzlich, den Link der Knesset zu Angela Merkels "Staatsraison"-Rede am Ende einzufügen/ 

Shnat ha'jovel is Hebrew for "in the year of jubilee, in the year of grace (of the unmentioned LORD)" I take the additional liberty of inserting the link of the Knesset to Angela Merkel's "Staatsraison" speech at the end.

Nachtrag:

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Leserpost

netiquette:

T. Schneegaß / 25.09.2020

@Lutz Herzer: im D 2020 ist es sogar verboten, schweigend mit dem Grundgesetz im öffentlichen Raum zu stehen.

Charles Brûler / 25.09.2020

Wenn man bei Demos keine Maske trägt, wird die Demo aufgelöst. Wenn Araber anwesende Juden als Nazis beschimpfen oder “Juden ins Gas” rufen, werden die Juden aufgelöst.

Bernd Große-Lordemann / 25.09.2020

Auch “das beste Deutschland, das wir je hatten”, wirft einen langen, dunklen Schatten! Und je tiefer der vermeintliche Sonnenschein der Merkelära sinkt, desto länger wird der Schatten und desto heftiger wird der antiimperialistische K(r)ampf der Linken.

T. Schneegaß / 25.09.2020

@Dr. Jur. Gerhard Weimar: da Sie offensichtlich ein glühender Verehrer der Merkel-Diktatur sind, begrüßen Sie auch sicher solche “rechtsstaatlichen” Polizeieinsätze wie das absichtliche Verdichten eines Demozuges, um diesen dann aufgrund nichteingehaltener Mindestabstände aufzulösen. So geschehen in Berlin am 29.08. als “Rache” auf die gerichtlichen Niederlagen.

Dirk Jungnickel / 25.09.2020

Lieber Chaim Noll, ich könnte mir gut vorstellen, dass Sie daheim im stillen Kämmerlein manches Dankgebet gen Himmel seufzen. Dank dafür, dass Sie diesen Staat - ich schreibe bewußt nicht Land - nicht mehr direkt ertragen müssen. Als ehem. “DDR” - Bürger wie Sie, der viel riskiert hat, um in der BRD leben zu können,  ist wohl das Abtriften in den Massnahmen - Staat ( Ernst Fraenkel) ) und schlimmer besonders unerträglich.  Deshalb ertrage ich es nur noch mit Satire. (Womöglich haben Sie mein Mini - Kolumne “Absurdistan”  hier auf der Achse schon bemerkt. ) Mit Bitternis frage ich mich, was für Gefühle diese junge israelische Musikerin Ana Agre haben wird und wie man sie unterstützen könnte. Wohin nur ist sie geraten ?

Sebastian Weber / 25.09.2020

Hat schon jemand Herrn Maas gefragt, was er von dem Vorfall hält? Auf seine Antwort bin ich echt gespannt! - - -  übrigens: Frau Merkel wird das Ganze ziemlich egal sein - das Hochhalten einer israelischen Fahne ist vermutlich “nicht hilfreich” ...

Ilona Grimm / 25.09.2020

@Sara Stern: Eben weil die Nachbarländer Israels samt und sonders von Semiten bevölkert werden, ist die deutsche Regierung so scharf darauf, rudelweise „Antisemtismusbeauftragte“ durch Steuergeld zu mästen und gleichzeitig Israel zu verurteilen, wo immer sich eine Gelegenheit bietet. Statt Antisemitismus sollten sich der Wahrheit verpflichtet fühlende Menschen aussschließlich von Judenhass sprechen. Und wenn es um Antizionismus geht, muss von Israel-Hass gesprochen werden. Dann sieht man die Sachverhalte klarer.

Horst Scharn / 25.09.2020

Wäre der Polizist ein Herr gewesen, hätte er sich neben die jüdische Dame gestellt und ihr seinen Schutz geboten.

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